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BERLIN  Montag 17. Auguft

1931

Der Abend

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Nr. 382

B 191 48. Jahrgang

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Die Kreditverhandlungen stocken

Neue Schwierigkeiten in Basel  - Die Reichsregierung berät

Das Reichskabinett nahm am Sonntagnachmittag in einer mehrstündigen Sigung einen Bericht über den Stand der Baseler   Stillhalteberatungen entgegen. Die Baseler Verhandlungen haben sich am Sonnabend und Sonntag ziemlich zugespigt, so daß den deutschen   Dele­gierten neue Instruktionen der Reichsregierung zugehen mußten. Die Schwierigkeiten gehen hauptsächlich von den französischen, schweizerischen und holländischen Delegierten aus. Welcher Art diese Schwierigkeiten sind, ergibt sich aus dem nachfolgenden Bericht aus Basel  , der zwar einen gewissen Optimismus erkennen läßt, der zur Zeit in Berlin   aber nicht geteilt wird. Man spricht hier bereits von der Möglichkeit eines Auslandsmoratoriums für den Fall, daß die Bajeler Verhandlungen nicht so schnell zu einem positiven Ergebnis gelangen wie es Deutschland   wünscht.

Die Neue Züricher Zeitung  " erhält über die Sonntagsverhand­lungen aus Basel   folgenden Bericht:

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Am Sonntag wurde in Basel   intensiv gearbeitet. Die Romitees der Experten und der Banfiers hielten lange Sigungen ab. Die Berständigung zwischen den ausländischen und den deutschen  Bantiers ist noch nicht in vollem Umfange gesichert, es wurden aber immerhin merkliche Fortschritte erzielt. Besonders zwei Punkte bereiten Schwierigkeiten: Die deutschen Banken ver­langen die Einbeziehung der kurzfristigen Verpflichtungen, die ihre Filialen im Ausland eingegangen sind, in die zu verlängernden Kredite. Würde diesem Begehren Rechnung getragen, so beliefe sich die Gesamtsumme der um 6 Monate zu verlängernden Kredite auf diesen Zeitraum hat man sich nun geeinigt auf etwa 5 Milliarden Mark. Die ausländischen Banfiers wider­sehen sich jedoch diesem Begehren wie auch einer Sperrung ihrer Martguthaben bei den deutschen Banten. Da wir diese Kredite nicht als Darlehen zur Verfügung gestellt haben fagen die ausländischen Bankiers haben wir das Recht, frei darüber zu verfügen." ,, Das ist im wesentlichen richtig ant­worten die deutschen   Vertreter aber wenn ihr diese Gelder jetzt zurückzieht, wenn ihr sie in ausländische Devisen umwandelt, ge­fährdet ihr die deutsche Währung." Zwecks Lösung dieser beiden Fragen muß also eine elastische Formel gefunden werden, die die Interessen der ausländischen Banfiers nicht allzu sehr schädigt und für die deutschen Banken tragbar ist. Hinsichtlich der Ver­zinsung der zu verlängernden Kredite einigte man sich auf einen Zinssaß, der etwas über dem für die ursprünglichen Kredite be­ftimmten Zinssatz liegt.

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Man hofft nun, sehr bald zu einer Einigung zu gelangen. Das Studienfomitee hat die Ausarbeitung eines Berichts an die Regierungen bereits übernommen, und zwar auf Grund eines Borentwurfs von Sir Layton.

Wie der Korrespondent des Soz. Pressedienst" erfährt, wird der Bericht etwa folgende Schlußfolgerungen enthalten: Deutschland   wird sofort sehr scharfe Maß= nahmen ergreifen müssen, um das Budget des Reichs, der Länder und Gemeinden ins Gleichgewicht zu bringen. Ganz erhebliche Ersparnisse sind zur Erzielung des finanziellen Gleichgewichts notwendig, das für die Sanierung der deut­ schen   Finanzen unerläßlich ist. Man wird daher die Aus­wirkungen der Maßnahmen abwarten müssen, die unbedingt zu treffen sind. Eine ausländische Finanzhilfe mird notwendigsein. Aber die ausländischen Finanz­märkte werden trotz der Maßnahmen, die in Deutschland  getroffen werden sollen, wenig geneigt sein, neue Kredite ohne weitgehende Garantien zu gewähren.

Berhandlungen mit Bankfachverständigen.

Die Beratungen der Regierung über die notwendigen Maßnahmen zur Behebung der Wirtschafts- und Bankenschwierigkeiten werden fortgesetzt. Da dabei auch die notwendigen Schritte zur Sicherung der Reichsgarantien für die Bantenkredite zur Besprechung kommen, wird wahrscheinlich ein Kreis von Sachverständigen hinzugezogen merden. Als solche werden u. a. genannt: der Nationalökonom Adolf Weber, Bernhard Dernburg  , Rudolf Hilferding  und Bankdirektor Reinhardt.

D- 3ug- Katastrophe in Desterreich

Zwölf Paffagiere getötet, elf verletzt

Wien  , 17. August.( Eigenbericht.)

Am Sonntagmorgen gegen 4 Uhr ist der D- 3ug Rom  - Wien   bei der Einfahrt in den Bahnhof Göß  bei Leoben  ( Steiermark  ) auf einen Güterzug auf gefahren. Die Lokomotive und die ersten drei Wagen des 3uges entgleisten und stürzten über entgleisten und stürzten über die Böschung. Zwölf Personen wurden getötet, sieben schwer und vier leicht verletzt.

Anprall auf den Güterzug.

bisher noch nicht festgestellt werden. Der Güterzug war etwa Die Umstände, die zu dem schweren Unglück führten, fonnten gegen 3.45 Uhr morgens, unmittelbar vor der Station Göß, zum Halten gebracht worden, so daß die Einfahrt für den D- Jug versperrt war, ohne daß ein entsprechendes Signal gegeben worden wäre. Der D- Jug Rom- Wien rafte in voller Fahrt heran. Als der Lokomotivführer plötzlich hinter einer Kurve die roten Schluß­lichter des Güterzuges bemerkte war es bereits zu spät. 3mar ver­suchte er noch, mit aller Kraft zu bremsen, aber er fonnte die Geschwindigkeit des D- 3uges nicht genügend herabmindern. Go faufte die Maschine mit aller Gewalt auf die Güterwagen auf, ent­gleiste und stürzte um, indem sie drei weitere Wagen, den Bostwagen, einen Wagen zweiter Klasse und einen Wagen dritter Klasse mit sich riß.

Die beiden Verkehrsbeamten der Stationen Göß und hinter berg sind unter dem Verdacht, das Unglück durch unvorsichtig teit verschuldet zu haben, bis auf weiteres in Haft genommen worden. Beide bestreiten jede Schuld.

Der Lokomotivführer des verunglückten D- 3uges und der Heizer der Maschine, die beide kurz vor dem Unglück den Zug übernommen hatten, blieben unverletzt. Auch die Postbeamten des Schnellzuges kamen wie durch ein Wunder davon. Sie wurden durch die Wucht des Zusamemnpralls in den Gepäckraum des Post­wagens geschleudert und dort unter Poſtſtüden förmlich begraben. Einzelne erlitten Nervenchods, andere leichte Gehirnerschütterungen. Die Opfer der Katastrophe sind ausschließlich De sterreicher und Ungarn  . 80 aus einem Adriabadeort heimkehrende Kinder blieben verschont.

Mörder KPD.

www

Berlin

Leipzig

Stalin

" Haben wir' ne neue Parole aus Mostau?" Rein, du kannst ruhig weiter abstechen!"

Von der Gewalt, mit der der Zusammenstoß erfolgte, fann man sich einen Begriff machen, wenn man bedenkt, daß die zwölf Toten in einem Raum von nur zwei Meter Breite zusammengehäuft waren. Die Körper waren furchtbar entſtellt und durch die Ausströmungen des Gasteſſels vollkommen geschwärzt. Unglücklicherweise waren auch drei Telegraphen maste umgerissen worden, so daß zunächst die Verbindung

Lohnstreit bei den Gemeinden.

Leberraschende Wendung.

Der Reichsarbeitgeberverband fommunaler und anderer öffent­licher Betriebe hat das von ihm erlassene einstimmige Lohndiktat vorläufig telegraphisch inhibiert. Wahrscheinlich ist das im Hin­blick auf die heutigen Verhandlungen im Reichsarbeitsministerium zwischen den Parteien gefchehen.

Heute vormittag 11 Uhr begannen im Reichsarbeitsministerium die Verhandlungen in dem Konflikt, der durch die Nolverordnung vom 5. Juni zwischen den Gemeinden und ihren Arbeitern hervor­gerufen worden ist. Die Verhandlungen fanden auf Einladung des Reichsarbeitsministers statt.

daß sie die Verantwortung für den von ihr hervorgerufenen konflikt Nachdem damit die Reichsregierung zu erkennen gegeben hat, nicht mehr allein auf die Gemeinden abwälzt, hat der Reichsarbeit­geberverband der öffentlichen Verwaltungen telegraphisch seine An­weisung, die Löhne um 9 Proz. zu fürzen, zurückgezogen. Mit dieser Zurückziehung der Anweisung sind die Verhandlungen im Reichs­arbeitsminifterium erst möglich gemacht.

Die heutigen Verhandlungen.

In der heutigen Berhandlung unter dem Vorsitz des Reichs­arbeitsministers Dr. Stegerwald machte ein Vertreter des Reichsfinanzministers den Parteien einen Vorschlag zur Beilegung des Konflikts. Ueber diesen Vorschlag wird in den nächsten Stunden beraten werden.

mit der nächsten größeren Station Leoben   unterbrochen war. In folgedessen kam die Unglücksnachricht erst um 16 Uhr auf dem Um­wege über einen in der Nachbarschaft wohnenden Eisenbahnbeamten in Leoben   an. Den Hilfsmannschaften der Eisenbahn und der Feuerwehr, die auf drei Rettungswagen zur Unfallstelle famen, bot sich ein furchtbares Bild. Die Bergungsarbeiten ge­stalteten sich besonders schwierig, da die Trümmer die an dieser Stelle sehr schmale Schienenanlage vollständig bedeckten.

Die Verletzten mußten fast eine Stunde in ihrer entfehlichen| Lage zubringen, bevor ihnen Hilfe gebracht werden konnte. Die Berunglückten wurden dann in Kraftwagen nach Leoben   ge­bracht. Die übrigen Wagen des D- 3uges sind glücklicherweise un beschädigt geblieben. In dem dichtbesetzten Schlafwagen, der dem zertrümmerten Wagen folgte, sind nur einige Fensterscheiben zersprungen. Die Aufräumungsarbeiten sind noch in vollem Gange; sie dürften erst in der Nacht abgeschlossen werden. Bis dahin wird der Verkehr durch Umsteigen unter Zuhilfenahme von Kraft­omnibussen der Bundesbahn durchgeführt.

Die beiden Fahrdienstleiter der Stationen, zwischen denen fich das Unglüc ereignete, find verhaftet und dem Kreisgericht zugeführt worden. Warum der Güterzug auf offener Strecke stehen blieb und warum gleichzeitig der D- Zug das Fahrt­signal erhalten hat, muß erst die weitere Untersuchung ergeben. Außer mehreren Direktoren der Bundesbahnen hat sich auch Landes. hauptmann Dr. Rintelen an die Unglücksstelle begeben. Lediglich der Geistesgegenwart eines Eisenbahnbeamten, der in dem verunglüdten Zuge mitfuhr, ist es zu verdanken, daß sich nicht noch ein zweites Unglüd ereignete. Unmittelbar auf dem D- 3ug folgte nämlich ein beschleunigter Personenzug. Der Eisenbahnbeamte fonnte im Dauerlauf die Station Hinterberg noch recht. zeitig erreichen, so daß der Personenzug aufgehalten werden fonnte.

Das Eisenbahnunglüd in Steiermark   hat in Wien   große Auf­regung verursacht. In dem Unglüdszug befand sich, wie mitgeteilt, auch ein Transport von 80 Wiener   Kindern, die aus einem Ferienheim zurückkehrten. Die Eltern hatten sich reichlich früh am