10 Pf. Nr. 384 B 192 43. Jahrgang
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Lleberfall auf �eichsbankfiliale
Bankbeamter schwer verletzt, Passanten angeschossen, Täter geflüchtet
Auf die Reichsbankfiliale Vosiverg-, Ecke Innsbrucker Straße wurde heute mittag gegen 1 Uhr ein Raubüberfall versucht. Ein Beamter wurde verletzt, die Täter flüchteten in Richtung Martin-Luther-Ttraße. Bei der Verfolgung haben die Täter auch ein Kind angeschossen und eine weitere Person verletzt. 30 000 Mark erbeutst. Bei dem gemeldeten Raubübcrfall auf die Reichsbank- filiale in der Jnnsbrucker Straße sind den Räubern etwa 3000 0 Mark in die Hände gefallen. Auf der Flucht verloren die Diebe ein Paket mit 3000 Mark des ge- stohlenen Geldes, die der Bankfiliale wieder zugestellt werden konnten. Feuergefecht auf ber Straße. Wie wir weiter erfahren, drangen um die Wittagslunde zwei maskierte Räuber in die Filiale ein. Es kam zu einem Feuergefecht, bei dem der SZjöhrige Obergeldzähler Karl Kreie durch einen Bauchschuß schwer verletzt wurde. Bei ihrer Flucht durch die Rlartin- Luther. Straße sehten die Täter da» Schießen fort, wobei ein ver- folgender Chauffeur und ein Sind verletzt wurden. Die Polizei hat sofort alle Wahnahmen zur Verfolgung der Räuber aufgenommen. Im ganzen wurden auf der Straße etwa zwanzig Schüsse abgegeben. Die beiden Räuber flüchteten in den Schöneberger S l a d t p a r k und werden von der Polizei verfolgt. Die Verfolgung wurde etwas verspätet ausgenommen, da man sich in erster Linie um den verwundeten Obergeldzähler kümmerte. Die Räuber flüchteten aus einem Motorrad. Mehrere Autos haben die Verfolgung aufgenommen.
Oer Bankenausschuß. Heute erste Sitzung. Der Bankenausschuß, der aus dem Wirtschaftsausschuß der Reichsregierung, dem Reichsbankpräsidenten, Vertretern des preußi- lchen Finanzministeriums und den bereits bekannten neun Sachver- ständigen besteht, tritt heute um IS Uhr zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die Besprechungen werden voraussichtlich mehrere Tage in Anspruch nehmen. Tote über Tote. Ausdehnung der Lleberfchwemmungen in China . Schanghai , 18. August. Die Ueberschwemmungskatastrophe in H a n k a u nimmt infolge weiteren Steigens des Hangt sekiangs immer größere Ausmaße an. Am Montag gaben mehrere Dämme in der Nähe von Wutschau dem Druck der Wasser» massen nach, wodurch sich die Lage in Hankau wesentlich verschlechtert hat. Eine weitere Anzahl Häuser ist durch das neuerliche Steigen des Flusses eingestürzt und Hunderte von Personen, die sich vor den Fluten in die oberen Stockwerke flüchteten, wurden unter den Trümmern begraben.
Liebesiragödie aus den Schienen. Brautpaar wirst sich unter die Räder. Beelitz , 18. August. 3n der Rächt zum Dienstag schieden der erst 21 Jahre alte Kutscher Karl Rolf und seine 2Zjährige Braut Emma Groß gemeinsam aus dem Leben. Die beiden zogen sich ihre Sonntags- kleider an und warfen sich, nachdem sie sich Blut angetrunken halten, vorden Eisenbahnzug zwischen Beelitz undTreuen- b r i e h e n. Das Mädchen war sofort tot. Dem Kutscher Rolf wurden beide Beine abgefahren. Er wurde noch lebend in das Beelitzer Krankenhaus gebracht, wo er hoffnungslos dar- viederliegl.
Klage über Terror Oie„starken Männer" beginnen über Vergewaltigung zu flennen
Der äußere Vorgang beim Volksentscheid ist der gleiche wie bei jeder anderen gesetzlichen Wahlhandlung: Am Wahltisch amtiert der Wahlvorstand, der die amtlichen Wählerlisten vor sich hat und die Wahlumschläge in Empfang nimmt. Jeder Wähler ist berechtigt der Abstimmungshandlung beizuwohnen, auch wenn er nicht selbst abstimmt. Er darf auch kontrollieren, wer an der Abstimmung teilnimmt und wer ihr fernbleibt. Bei den Wahlen pflegen die Parteien, wie allgemein bekannt, sogar Schlepperlisten zu führen, um säumige Wähler rechtzeitig an ihre Wahlpflicht zu erinnern. Das alles ist bekannt und landesüblich. Also haben auch diesmal beim Volksentscheid sowohl die veranstaltenden Parteien wie— wenigstens an einzelnen Orten— auch die Gegner eine Kontroll«
Rationale Opposition total bankrott
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„Unsere Geschäfte gehen schlecht. Unsere Parteikassen sind leer. Unsere Politik geht in die Brüche--.* „Es wird eben höchste Zeit, daß wir zur Regierung kommen
veranstaltet. Das geschah besonders von der politisch regsamen Sozialdemokratie. Es bestand an manchen Orten für sie zweifellos ein großes Interesse, kommunistische oder Nazi-Wähler kennenzu- lernen. Aber die Tatsache, daß die Abstimmungshandlung auch von anderen als Stahlhelmern. Hitlerleuten und Thälmännern über- wacht wurde, hat bei der sonst so„deutschbewußten" und groß- mäuligen Gesellschaft ein bemerkenswertes Bibbern hervorgerufen. Hauptsächlich die Möglichkeit, daß man sich die Beamten und Ge- schäftsleute einmal etwas näher ansehen könnte, die das„Dritte Reich" oder Sowjetdeutschland über diesen Volksentscheid herbei- führen wollten, hat es den Herrschaften angetan. Ausgeregt meldet man, daß in einzelnen Orten die Sozialdemokratie mit der so er- langten Kenntnis nicht hinter dem Berge halte und man fordert ausgerechnet von der so oft beschimpften Preuhenregierung Schutz gegen den erwarteten„Terror. Da wir nun einmal bei diesem Thema sind, wird es die Hilfe- flehenden gewiß interessieren, noch einige Daten mehr für ihre Be- schwerden zu erhalten. Aus K y r i tz wird uns z. B. das folgende geschrieben: Am Sonntagmorgen(16. August 1931) war an einem Tclegraphenmast auf dem Marktplatz in Kyritz , der Kreisstadt des
Kreises Ostpriegnitz, ein Anschlag zu finden, der bezeichnend ist für den Terror der nationalistischen Gruppen in ostelbischen Landstädten. In diesem Pamphlet wurden, unter wüsten Schmähungen der preußischen Regie- rung, die Namen einer Reihe Kyritzer Bürger ge- nannt, die sich nicht an der Abstimmung zum Volksentscheid beteiligt hatten. Diese Bürger, die sich in ihrer Heimatstadt poli- tisch indifferent verhalten, wurden mit Ausdrücken wie„Ge- sinnungslumpen, Volksverbrecher, Zuhälter des jüdisch-marxistischen Systems" bedacht. Soweit es sich um Geschäftsleute han- delte, forderte man zum Boykott gegen sie aus. An der Spitze der Reihe wurde der Name des L a n d r a t s genannt. Wahrscheinlich wird man dieses. Flugblatt, daß in Ma« schinenschrift von einer Platte abgezogen war. auch auf dem Lande und in den Häusern der Stadt verteilen. Vor uns liegt um in der nächsten Umgebung Berlins zu bleiben— eine Ausgabe des„S o n n e n b u r g e r Anzeigers", der sich als„Zeitung für das Warthebruch" bezeichnet. Darin finden wir(Nr. 126 vom 15. August 1931) folgendes liebliche„Eingesandt". Es wird uns niemand übelnehmen, wenn wir noch nicht ganz abgestumpft sind und uns über manche Vorgänge doch noch wundern! In unserem Städtchen hat sich nämlich herum- «sprachen, daß neben anderen auch der Fischer- ' u l z e sich am Volksentscheid nicht beteiligt hat. Hier wird also unter 1972 Nichtabstimmenden ein einzelner Mann mit Namen der Oeffentlichkeit preisgegeben; was das in einer Stadt wie Sonnenburg bedeuten kann, darüber braucht man wohl nicht erst zu reden. Das sind nur einige Fälle unter Hunderten ähnlich liegender, die uns vom Lande und aus Kleinstädten gemeldet wurden. Die Junker haben es ja schon vor der Abstimmung angekündigt, daß sie sich die Nichterscheinenden„merken" würden. Sie und ihre Gefolgsmannen handeln nur konsequent, wenn sie das Terrorsystem aus der Dreiklassenzeit wieder einführen möchten. Aber sie sollen sich nicht lächerlich machen, indem sie durch ihre Presse und durch „Kleine Anfragen " im Landtage über Terror der anderen klagen und dagegen republikanischen Schutz fordern!
Absage an Hitler . Das Zentrum prüft seine Papiere. Köln , 18. August. Zu dem Appell Hitlers an das Zentrum bemerkt die „Kölnische Volkszeitung": Hitler übersieht eins, nämlich, daß es sich jetzt nicht um parteipolitische Fragen einer Regierungsbildung handelt, sondern um sachliche Aufgaben. Zu diesen wird er Stellung nehmen können, wenn das Notprogramm der Reichs- regierung vorliegt. Darauf wird die Regierung in aller Ruhe warten können. Im übrigen ist sestzustellen, daß gerade der Volks- entscheid bewiesen hat, daß dem nationalsozialistischen Vor- marsch Grenzen gesetzt sind. Die U e b e r h e b l i ch k e i t, mit der Hitler für sich in Anspruch nimmt, daß hinter ihm„das ganze Volk" stehe, wirkt nach dem Scheitern des Volksentscheids einfach l ä ch e r l i ch. Was auch Hitler immer proklamieren mag, die Mehrheit des Volkes steht hinter Brüning. Wenn Hitler der Wahrheit die Ehre geben will, dann möge er zunächst einmal den„Völkischen Be- obachter" veranlassen, die Worte Mussolinis über Brüning. die das nationalsozialistische Blatt mit deutschem Mannesmut aus der Rede Mussolinis herausgestrichen hat. nachzu- holen._ „Zeppelin" nach England gestartet. Das Luftschiff„Graf Zeppelin " ist mit 22 Fahrgästen um 7.91 Uhr zur Englandfahrt aufgestiegen. Es wird noch heute abend im Flughafen London landen und dann sofort zu einem 24stllndigen Flug über England aussteigen. Für diesen Flug stellt die Royal Aeronautical die Fahrgäste. Mittwochabend fährt dann das Luftschiff die Nacht hindurch mit 24 Fahrgästen nach Friedrichshafen zurück. Am Donnerstagfrüh jchlieht sich unmittelbar nach der Landung, etwa gegen 7 Uhr, eine achtstündige Schweizer Fahrt an, für die auch sämtliche verfügbaren Plätze gebucht sind.