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Morgenausgabe

Nr. 391 A 197

48.Jahrgang

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Der Bormärts erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend". Illustrierte Beilage Bolt und Zeit". Ferner Frauenstimme. Technif", Blid in die Bücherwelt, Jugend- Borwärts" u., Stadtbeilage

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Sonnabend

22. August 1931

Groß- Berlin 10 Pf.

Auswärts 15 Pf.

Die einfpalt. Nonpareillezeile 80 1. Reflamezeile 5,- RM.., Kleine An zeigen" das fettgebrudte Wort 25 Pf. Guläffig zwet fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche bas erste Wort 15 Pf. jebes weitere Wort 10 Pf. Worte über. 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pf. Familien. anzeigen Zeile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, mochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Bartei Deutſchlands

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Die Bluttat am Bülowplatz Die wichtige Aufgabe.

Aufklärung.

Der Mord an den Polizeibeamten vor der Aufklärung. Waffenlager in Berlin entdeckt.

Wie der Berliner Polizeipräsident mitteilt, hat die Arbeit der Politischen Polizei die Ermordung der beiden Bolizeihauptleute Anlauf und Lenk sowie die schwere Verletzung des Polizeioberwacht. meisters Willig der Aufklärung nahe gebracht. Außer den am Tatort ergriffenne Arbeitern Thunert Außer den am Tatort ergriffenne Arbeitern Thunert und Zachow find unter dem dringenden Verdacht der und Zachow sind unter dem dringenden Verdacht der Täterschaft festgenommen der Stellmacher Otto Schlicht, Lackierer Gerhard Voigt und Schneider Paul Pap. rocki. Gegen diese fünf Personen hat der Untersuchungs­richter Haftbefehl erlassen.

Im Zusammenhang mit der Mordtat steht offenbar die Tätigkeit von Malkolonnen, von denen vor und nach der Mordtat Häuser, Zäune und Straßenpflaster mit heherischen Anschriften beschmiert worden sind. Als Mitglieder dieser Malkolonnen hat die Polizei 11 Per­sonen ermittelt und dem Untersuchungsrichter vor­geführt, der auch gegen diese Personen Haftbefehl er­

fämpferbundes besteht, deren Mitglieder zum Teil bereits mit Waffen versehen waren. Auch erwies sich, daß das verbotene Organ des Rotfrontkämpferbundes, die Zeitschrift Rotfront", in letzter Zeit in Wuppertal verbreitet wurde.

Nach der Baseler Zwischenlösung.

Die Baseler Beschlüsse bedeuten, daß der deutschen Wirt­Neue kommunistische Neue kommunistische schaft für sechs Monate eine Atempause gewährt worden ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dieses Er­gebnis von Basel wird sich als sehr gering erweisen, wenn Deutschland nach sechs Monaten wiederum vor der Gefahr des Abflusses aller ausländischen Kredite stehen wird, also dort, wo es bis jetzt stand. Das gleiche Ergebnis wird aber von ganz großer Bedeutung sein, wenn es gelingt, während der uns gewährten Atempause die Vertrauenskrise des deutschen Kredits zu überwinden. Es ist selbstverständlich völlig ausgeschlossen, daß Deutschland im Laufe von sechs Monaten auf irgendwelche Weise die Mittel und Wege findet, die Rückzahlung von 5 bis 6 Milliarden vorzubereiten. Es wären für die deutsche Wirtschaft auch verhängnisvoll, einen beträchtlichen Teil dieses Kapitals zurückzahlen zu müssen. Die Umwandlung aller oder des größeren Teiles der kurz­fristigen Kredite in langfristige Anleihen kommt in dieser Frist gar nicht in Frage, auch wenn man annimmt man annehmen darf, daß sich die Aussichten für lang­fristige Anleihen unter dem Einfluß der Entwicklung günstiger gestalten können. Auf jeden Fall muß aber dafür gesorgt werden, daß die Furcht der ausländischen Kredit­geber, ihre Anlagen in Deutschland verlieren zu können,

Bei 20 Personen, die verdächtig waren, der neuen Organisation anzugehören oder verbotene Waffen zu befizen, sowie die verbotene Zeitschrift vertrieben zu haben, wurde am heutigen Freitag eine Durchsuchung vorgenommen. Es wurden mehrere Schußwaffen mit Batronen, Seitengewehre, Dolchmesser, Totschläger sowie einige Stücke der neuesten Ausgabe der verbotenen Zeitschrift beschlagnahmt. Vorläufig festgenommen wurden 16 Personen, von denen sich eine Anzahl wegen Hochverrats, Geheimbündelei und wegen Verstoßes gegen das Republitschutzgesetz zu verantworten haben werden.

Wuppertal , 21. Auguft.

Die Polizeiattion gegen Mitglieder einer Nachfolgeorganisation des aufgelösten Rotfrontkämpferbundes in Wuppertal hat sich in der

Lassen hat. Es befinden sich demnach unter dem Verdacht Gemeindearbeiter lehnen ab.

der unmittelbaren und mittelbaren Täterschaft 16 Per­sonen in Untersuchungshaft.

Waffenlager in der Tilsiter Straße.

Diefer Tage beobachtete ein Flurschütze in dem Forst bei Neuen­ hagen drei junge Burschen, die Schießübungen veranstalteten. Der Flurfchüße benachrichtigte sofort die Polizei, die die wilden Schüßen jeffnahm. Bei der Bernehmung der Burschen stellte sich heraus, daß

fie Mitglieder der KPD. find.

Einstimmiger Beschluß.- Neue nächtliche Verhandlungen. Nachdem der Bertreter des Reichsarbeitsministers Mi­nifterialral Dr. Meves fich vergebens bemüht hatte, die Parteien in dem Konflikt um die Gemeindearbeiterlöhne zur gemeinsamen Annahme einer Einigungsformel zu bringen, machte er in später Abendstunde einen Vorschlag, zu dem die Parteien fich bis 111 Uhr nachts erklären sollten. Die Reichstariffommiffion des Gesamtverbandes berief eingehend den Vorschlag, der in 3 wei Etappen einen weiteren einschneidenden Lohnabbau vorjah, wenn er auch nicht so weit ging wie der erste Vorschlag. Nach genauer 2b­wägung aller Umstände kam die Reichstarifkommission zu dem einstimmigen Entschluß, den Vorschlag ab­

Einer verwickelte sich bei seinem Verhör in sehr starke Wider­sprüche. Als man ihm auf den Kopf zusagte, daß in dem Keller des Hauses, in dem er wohnt, ein Waffenlager fei, gab er dies zu. Die Politische Polizei veranstaltete daraufhin am Freitag nachmittag um 2 Uhr eine Razzia. Von 40 Beamten, die überraschend in mehreren Ueberfallwagen antamen, wurden fämtliche Ein- und Aus- zulehnen. gänge des Hauses Tilfiter Straße 85 abgeriegelt. Schon nach kurzer Zeit war das Waffenlager entdeckt.

Die Waffen waren in zwölf Kiften verpadt. Sie enthielten 17 Handgranatenföpfe, 33 Flaschen mit Chemikalien, ferner Chemi­talien in Tüfen. Außerdem wurden fünf Kisten Para- Maschinen­piftolen, eine große Menge Munition, Sprengstoff und Ersatzteile, jowie Munition- Füllgurte gefunden.

Die Politische Polizei hat fofort Untersuchungen darüber an­stellen lassen, ob der in der Tilsiter Straße aufgefundene Spreng­

stoff etwa der gleiche ist, wie der bei dem Jüterboger D- 3ug­

Attentat benutte.

Munition auf der Straße.

Durch einen Straßenpaffanten wurde der Polizei von einem weiteren Munitionsfund Mitteilung gemacht. Der Mann fah auf dem Fahrdamm Göhrener Straße 4 einen Kasten. Er hob ihn auf und stellte fest, daß er mit 40 Schuß S- Munition, 100 Stück deutscher und 14 Stüd ausländischer Armeepistolenmunition, 10 ruffifchen geschoß 3,7 ohne Pulver gefüllt war. Er übergab seinen Fund der Polizei, die den Fall untersucht.

Granatzündern, mehreren Leuchtraketen und einem Tanfabwehr­

Kommunistisches Sprengstofflager. 3m Hause eines Grubenfchießmeisters entdeckt. Bitterfeld , 21. August. Gemeinsam mit der Landjägerei nahm die Grubenpolizei der Grube Golpa der Elektro- A.- G. Tschornewitz im Hause des Grubenschießmeisters Hermann Richter in Gremmin in dessen Ab­wesenheit eine Haussuchung vor.

Es wurden auf dem Dachboden und im Garten vergraben 37 Pfund Sprengstoff gefunden, den Richter nach und nach an der Arbeitsstätte unterschlagen hatte. Richter, der bei der Heimkehr sofort vernommen wurde, bestritt zunächst den Besitz von Sprengpulver. Er wurde verhaftet und dem Bitterfelder Amts­gerichtsgefängnis zugeführt. Zu welchem Zweck der Sprengstoff Diebstahl erfolgte, steht noch nicht fest. Im Hause des Richter wurden mehrere Mitgliedstarten der Kommunistischen Partei ge= funden, die offenbar Richter und seinen Söhnen gehören.

Getarnte Rotfrontkämpfer. Betraffnete Geheimorganisation im Wuppertal . Wuppertal , 21. August. In den letzten Tagen hatte die Polizei festgestellt, daß in Wupper tai eine geheime Nachfolge organisation des aufgelöften Rotfront

Die Unterhändler des Gesamtverbandes begaben sich darauf um 11 Uhr nachts in das Reichsarbeitsministerium, um diesen Beschluß und seine Gründe persönlich zu über­mitteln. Im Anschluß daran kam es zu weiteren Berhand­lungen.

Um 1 Uhr morgens lag ein Ergebnis dieser Berhand­lungen noch nicht vor.

Hauptsache auf die im Stadtteil Elberfeld wohnenden ver­

dächtigen Personen erstreckt.

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was

behoben wird. mit anderen Worten: in den nächsten sechs Monaten muß die Wiederherstellung des normalen Kredit­verkehrs zwischen Deutschland und dem Ausland vorbereitet werden. Dies ist aber nicht bloß eine wirtschaftliche, sondern vor allem und überwiegend eine politische Aufgabe.

So wenig mir dazu neigen, die Verantwortung der so­genannten deutschen Wirtschaftsführer" für die Er­schwerung der Wirtschaftskrise in Deutschland zu unterschätzen, noch weniger dürfen wir übersehen, daß für die außerordent­liche Zuspizung, die zu der vollkommenen Erschütterung des ganzen deutschen Kreditsystems führte, politische Um­Stände ausschlaggebend waren. Die innenpolitischen und die außenpolitischen Gründe darf man in diesem Falle

nicht voneinander trennen. Die internationale Vertrauens­

frise Deutschland gegenüber ist nach den September­wahlen atut geworden, sie wurde durch die andauernde Unsicherheit der innenpolitischen Verhältnisse, durch die ver­hängnisvolle Wandlung der deutschen Außenpolitik und schließlich durch die ungeschickten Methoden zur Einleitung der Aus diesem neuen Reparationsverhandlungen verschärft. Zusammenhang ergeben sich absolut zwangsläufig auch Schlußfolgerungen für die Zukunft.

Es ist gewiß notwendig, die Liquiditätsverhältnisse der Kreditpolitik zu zwingen; es ist notwendig, durch die Ein­deutschen Banken zu bessern, die Banken zu einer soliden Die bisherigen Ermittlungen haben der Polizei wertvolles Ma- richtung einer wirksamen Bankenaufsicht zu zeigen, daß alles terial über die verbotene Organisation in die Hände gespielt. Die geschieht, damit neue Mißwirtschaft auf diesem Gebiete ver­festgenommenen 16 Personen werden noch eingehend verhindert werde. Es wird wohl auch notwendig sein, manche nommen. Im Interesse der weiteren Untersuchung gibt die Industrieunternehmungen zu dem beschleunigten Berkauf Polizei nähere Einzelheiten noch nicht bekannt. Sonnabend und Sonntag in Wuppertal stattfindende Sport und Das scharfe Durchgreifen der Polizei hat auf die am fommenden Kulturtagung der Kommunisten, zu der man etwa 50 000 Teilnehmer aus dem mittleren und Niederrheingebiet erwartet, großes Aufsehen erregt. Ob die Polizei die Aufdeckung der kommunistischen Geheim­organisation zum Anlaß nehmen wird, die Tagung zu verbieten, steht noch nicht feſt.

Die Reichseinnahmen im Juli. Verzugszinsen fördern Steuereingänge. Im Monat Juli 1931 stellten sich die Einnahmen des Reichs aus den Besitz- und Verkehrssteuern auf 550,2 Millionen Mart, aus den Zöllen und Verbrauchsabgaben auf 278 Millionen Mart, 3 u sammen auf 828,2 millionen Mart.

Das Aufkommen aus der veranlagten Einkommensteuer, der Körperschaftssteuer und der Umsatzsteuer wurde erheblich durch die Vorauszahlungen, die im Juli fällig waren, und durch Abschlußzahlungen für 1930 beeinflußt, das Aufkommen aus den Zöllen durch die vierteljährlichen Zollagerabrechnungen.

Das Aufkommen im Juli 1931 ist gegenüber der Vorschäzung, wie bereits mitgeteilt, um 186 Millionen Mart, gegenüber Juli 1930 mit 1097 Millionen Marf um etwa 268,8 millionen Mart zurüdgeblieben. Dies ist zum großen Teil auf die Banten trise und die dadurch hervorgerufene Stockung des Zahlungs- und Ueberweisungsverkehrs zurüdzuführen. Im übrigen wirken die Berzugszuschläge und die erhöhten Verzugszinsen jezt fördernd auf das Auflommen, so daß die Steuereingänge im laufen den Monat sich verbessert haben. 01, 2010 11

ihrer Lagerbestände zu bewegen, damit die ,, eingefrorenen" gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, daß durch eine schematische Kredite wieder flüssig werden. Es wird notwendig sein, Durchführung der Krediteinschränkungen und namentlich durch eine neue Drosselung der Kaufkraft die Produktion nicht über das Maß des Unvermeidlichen hinaus zusammenschrumpft. Es müssen vielmehr endlich durch das entschiedene Vor­gehen gegen die monopolistischen, fünstlich hochgehaltenen Preise und durch den energischen Abbau des ins Phantastische hochgetriebenen Protektio= nismus für die Agrarprodukte die Voraus­segungen für die Erweiterung der Produktion geschaffen werden. Auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik ist schon allerhand zu tun, und jedem einigermaßen wirtschaftlich denkenden Menschen muß es klar sein, daß nicht Wirt­schaftsführer" wie Herr Bögler, geschweige denn Herr Schacht, dazu berufen sind, alle diese Aufgaben zu lösen.

Alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen werden aber nur wenig Erfolg haben, wenn nicht zugleich die notwendigen allgemeinpolitischen Voraussetzungen für die Behebung der Bertrauenstrife geschaffen werden. Wie bei dem Entstehen der letzten akuten Zuspizung der Krise innenpolitische und außenpolitische Umstände in einer denkwürdigen Solidarität zusammengewirkt haben, so ist auch für die Behebung dieser Zuspigung die gleiche Solidarität der deutschen Innen- und Außenpolitik unerläßlich. Wir brauchen einen eindeuti= gen außen und innenpolitischen Kurs, aber nicht im Sinne non Hugenberg- Hitler oder dem von in