Reichsreform mit Reichskrach. Höpker-AschoffS �Vorschläge" eine Indiskretion? Der„Demokratische Zcitungsdienst" hatte am Donners- tag in großer Aufmachung Auszüge aus einem Artikel wieder- gegeben, die der preußische Finanzminister chöpker-Aschoff im „Deutschen Volkswirt" veröffentlicht. In diesem Artikel sind als„Vorschläge" des Verfassers auch gewisse Verwaltungs- reformen— Zusammenlegung preußischer mit Reichs- Ministerien— behaildelt und deren Durchführung aus dem Wege der Notverordnung empfohlen. ' Die Veröffentlichung Höpker-Aschoffs wird nun im Reichsministerium des Innern— und nicht nur dort— als eine Indiskretion empfunden. In Wirklichkeit— so wird gesagt— seien die wesentlichsten dieser„Vorschläge" einem Referentenentwurf entnommen, der in letzter Zeit Gegenstand vertraulicher Beratungen auf beiden Seiten der Wilhelmstraße, also sowohl im Reich wie in Preußen, ge- wesen ist. Hierzu läßt uns Herr Höpker-Aschoff folgende Erklärung übermitteln: Der Aufsatz des preußischen Finanzministers bringt keine Der- ösfcnilichung des Refereatenentwurf» de, Reichsinnenministeriums. sondern erwähnt nur einige Bestimmungen dieses Eni- murfs, die(ich mit den Beschlüssen der Länderkonfereirz decken. Der preußische Finanzminister empfiehlt in seinem Aufsatz keineswegs eine Verabschiedung der Reichs- reform durch Notoerordnung. Sein Dorschlag geht viel- mehr dahin, zur Vorbereitung der Reichsreform eine Derständi» g u n g zwischen dem Reich und Preußen über Derwaltungsgemein- ichaftcn auf gewissen Gebieten herbeizuführen und dies« Verwal- lungsgemeinschoften bei der Rot der Zeit durch Rotverord- nu n g zu ermöglichen. Der„Demokratische Zeitungsdienst", der dem preußischen Finanzminister parteipolitisch doch sehr nahe steht und durch Verbreitung dem Aufsatz erst eine größere Beachtung ver- schafft hat, verteidigt nun Höpker-Aschoff , indem er die obige Erklärung geradezu widerlegt: Der von Höpker-Aschoff im„Deutschen Volkswirt" mitgeteUte Eniwurf des Reichsinuenministerium» gliedert sich in zwei Teile, in die Aenderung der Reichsverfassung und in die Ueberleitung..- Es war feit einiger Zeit bereits bekannt, daß die Fragen der Verwaltungsvereinheitlichung sehr ernsthaft erörtert wur- den. Die Bemerkung Otto Brauns in der Verfaffungs- seftnummer des„Vorwärts" über die Bereitwilligkeit Preußens, einer solchen Reform die Wege zu bahnen, betonte nur, was in den Reichsministerien nicht unbekannt war. Eine Veröffentlichung aber, die Höpker-Aschoff als„Privatarbeit" vornimmt, ist nicht gerade geeignet, die Verhandlungen zu erleichtern. Auch wenn man den gemeinsamen Schritt der Hugenberg- und Hitler-Abgeordneten in Preußen, die die so» fortige Einberufung des Landtags wegen drohender„Zer- schlagung Perußens" fordern, als eine parteipolitische H a r l e k i n a d e ansieht, muß man doch sagen, daß der Ruf nach der Nowerordnung in diesem Falle alle vernünftigen Vereinbarungen über den Haufen werfen könnte. Wenn das nicht geschieht, so hat der preußische Finanzminister das sicher nicht auf sein Konto zu buchen.
Herabsetzung der Pensionsgrenze. Die Sparaktion in Hamborg . Hamburg , 21. August.(Eigenbericht.) Der Senat hat der Hamburger»ürgerschast tm Zusammenhang mit der kürzlich eingeleiteten Sparaktion eine Gesatzesoorlage zu- gehen lasten, die die P« nsi on»g r« nze für die Beamten auf 63 Jahr« herabsetzt. Ferner wird festgelegt, daß die sür die Staatsangestelltei, übliche Versorgung aus dem Ruhegeld- gesetz und aus der hamhurgifchen Angestellte rrncrfichcrnng nicht erst mit der Vollendung des SS., sondern schon mit der Vollendung des 63. Lebensjahres eintrete» kann. Die Hamburger Bürgerschaft wird die Vorlage mn 26. August annehmen. Schwerindustrie und Hauszinssteuer. Was ist es mit dem bevorstehenden Wirtschastsprogramm? Der Zweckoerband der niederrheinischen Industrie- und Handelskammern hat zur Durchführung des bevorstehenden Wirt- schaftsprogramms der Reichsregierung folgende Anträge unter ausführlicher Begründung an den Reichskanzler gerichtet: Senkung der Hauszinssteuer um den bisher für W o h- nungsbauzweckc verwandten Teil. Bei der gegen- wärtigen Finanznot kann die Verwendung öffentlicher Gelder für den Wohnungsbau im bisherigen Ausmaß nicht mehr verantwortet werden. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß«s heute nur noch Aus- gäbe der Gemeinden sein kann, für die sozial schwächsten Schichten den notwendigsten Lebensbedarf zu decken, entsällt die Notwendig- keit, Ländern und Gemeinden künftig au» dem Hauszinssteuer- auskommen für Wohnungsbauzwecke Mittel zur Verfügung zu stellen. Zur Erfüllung der noch verbleibenden Aufgaben müssen die Rückflüsse aus den Hauszinssteuerhypotheten ausreichen Darüber hinaus ist auch der für Finanzzwecke bestimmte An- teil der Hauszinssteuer fühlbar zu senken, was durch Sparmaßnahmen bei Ländern und Gemeinden zu ermöglichen ist. Ungeachtet dieser Vorschläge hält der Zweckverband an seiner seit Jahren vertretenen Forderung nach völliger Beseitigung der Hauszinssteuer nach wie vor fest. Doch ist dies« ein Bestandteil de, endgültigen Finanz, und Lastenausgleich, und als solcher erst damit zur Entscheidung zu bringen. Die Anträge dieses Handel, kammerzweckverbande» von Ruhr und Rhein wird mau als den Willen der Schwerindustrie betrachten dürfen. Gegenwärtig ist Herr D r. v ö g l e r in verlln. Man wird den Anträgen deshalb eine besondere vedenluag zu- Ichreibea dürfe«. Möglich, daß das politische Aeqnivalent eine« Elsenpreissenkung beraten wird. Daß der Zweckverband van dem „bevor st ehenden Wirtschaft, Programm" spricht— woher weih man da» an der Ruhr?—, erscheint uns besonders be- achtlich. Sollte sich die Vesfentlichkeit ans Ueberraschungen gesaßt machen müssen?_ Am Tage nach der bulgarischen Thronrede, die Aufrechterhal- tung von Ordnung und Sicherheit ankündigt«, wurden in der Haupt-
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stadt Sofia Mei Mazedonier in ihrem Hause von Unbekannten durch Revolverschuste schwerverletzt. Abb et Krim , der Führer des langwierigen Riffkabylenaufstan- des, soll nach einem Madrider Gerücht, da, Reuter verbreitet, von der ostafrikanischen Insel Reunion, wohin er von Frontreich ver- bannt wurde, entflohen sein: man befürchte einen neuen Marokko - Aufstand, zumal das spanisch« Heer unzuverlSstig und kommunistische LMatum am Werte s-s.
Die Sudelküche.
, Haben Sie geschrieben: Wie uns der Verband der Bahnschuhpolizisten mitteilt, find die D-Zugs-Attentäter Reichsbannerleute?� , Sollten wir nicht doch noch mal anfragen, ob das wirtlich wahr ist.� ,Wo wollen Sie anfragen, der Verband der Bahnfchuhpolizisten existiert doch gar nichts Ernste Krise in England. Konflikt zwischen Regierung und Gewerkschasten.
London , ZI. August.(Vige«beruht.) Die Krise der Regierung Mnedonald hat sich in» Lauf« deck Abereds bedeutend zugespitzt. Der Vorschlag einer zehnvrozentigen Erhöhung der Zölle ist im Kabinett enbgiiltig abgelehnt Wörde»». Die entschiedene Ablehnung der soziale« Eparmatz- nahmen deck Kabinetis durch die Gewerkschaften hat dazu geführt, daß einzelne Minister sich mit dem Gedanken trage«, zurückzutreten, falls das llabürett sein« vor- schlüge nicht entsprechend abändert. Zunächst sollte das Kabinett nützt vor Montag wieder zusammentreten. Angesichts der Zuspitzung der Lage wollte jedoch Macdonald heute abend ein« neue Kabinetts- schling abhalten. Da aber verschiede»»« Mitglieder nicht mehr erreichbar waren, mußte er sich damit begnügen, eine außerordentliche Kabinettckschnitg auf Gonnabeud- vormittag 9.30 Uhr einzuberufen. Der konservative Führer Baldwin kehrt heute abend in aller Eile aus Paris noch London zurück. Hochspannung in England. London . 21. August. Die innerpolitisch« Lag« hat sich infolge der ableh. nenden Haltung des Gewerkschaftzratss zu den Regierungsvor- schlägen im Laufe des heutigen Tages derart verschärft, daß allenthalben die Möglichkeit eines Rücktritts des Kabinetts Macdonalo erörtert wird. Das Kabinett hat seine heutige Sitzung am Nochmittag beendet, ohne daß bekannt geworden wäre, warum die Besprechungen vertagt wurden. Reuter weiß zu berichten, « sei ausgefallen, daß mehrere Minister mit sehr besorg» tem Gesicht von der Sitzung, gekommen seien. Er meldet weiter, daß die Regierung mit sehr ernsten Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Arbeiterpartei rechnen müsse. Die Zlbendprefle ergeht sich in Kombinationen darüber, wie die
Dinge ihren Lauf nehmen würden, wenn Macdonald nicht imstande sein sollte, die Lage zu entwirren. So schreibt„Evening Standard", es sei wahrscheinlich, daß Baldwin als Führer der zweitgrößten Partei vom König mit der Regierungsbildung be> auftragt würde, falls Macdonald zurückträte. Und dies sei der einzige Weg. der Macdonalo blieb«, wenn er nicht etwa ver- suchen wollte, sein Programm gegen einen Teil seiner eigenen Partei»nit konservativer und liberaler Unterstützung durchzu- drücken. Ein Kabinett Baldwin, so argumentiert das Blatt weiter, müßt« entweder als Minderheitsregierung aufgezogen werden, die für die Beratungen über die finanziellen Notftandsmaßnahmen der Unterstützung Macdonalds und Lloyd Georges sicher sein müsse. Oder aber, es würde als K o a li rto n s r c g i e ru n g Bald-- win-Macdonald-Lloyd Georg« ins Amt kommen. Keine dieser beiden Regierungen hätte freilich viel Aussicht, den augenblicklichen Notstand zu überdauern. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden «och vor Zahre»ende Neuwahlen stattfinden. Daß vom Rat 0es Gewerkschaftskongresse» beschlosten wurde, die Entscheidung über die Notstand-mahnohmen der Regie- rung, bi» zum Zusammentreten des Gewerkschaftskongresses am 7. September aufzuschieben, Hab« die politische Krise nur noch weiter verschärft. Wie„Evening Standard" erfahren haben will, soll der Generalrat der Gewerkschaften die Regierung davon in Kenntnis gesetzt haben, daß er unbedingt gegen die geplanten Sparmaßnahmen sei. Es soll der Regierung inoffiziell mitgeteilt worden sein, daß die Gewerkschasten einen Finanzzoll der Einschränkung der Sozialfürsorge oder einer Abänderung der Unterstützungssätze vor- ziehen würden. Der liberal« und freihändlerisch eingestellte„S t a r" will misten, daß die Liberalen mit den Vorschlägen des Kabinett» im allgemeinen einverstanden seien. Es würde auch nicht schwer fallen, die von den Konservativen erhobenen Einwände zu überbrücken. Di« Gewerkschaften hätten gewiss« Alter- nativvorschläge ausgearbeitet, die«inen Finanzzoll jedoch nicht enthalten sollen. Da» Blatt fordert den Rücktritt de» Kabinetts und Neuwahlen.
Mussolinis Zeitelungen. Mit dem Kriegckmacher Berchtold und Vechta , für Habckbvrg Prag, 21. August.(Eigenbericht.) Der sozialistische„P r a v o L i d u" meldet, daß der Bruder d«, italienischen Ministerpräsidenten, Arnolds Mussolini, Chef- redakteur eines Malländer Faschistenorgans, kürzlich längere Zeit bei dem habsburgijchen Außenminister und Kriegsmacher Berch- told auf Schloß Buchlau in Mähren war. Der Aufenthalt sei streng geheimgehalten worden, schltehlich aber dadurch belannt g«. worden, daß Mussolinis Frau erkrankt fei und der Arzt gerufen werden mußte. Mussolinis Bruder soll vor dem Besuch bei Berchtold in Ungarn gewesen sein und sich bei Lethlen für die Aus- rufung der Monarchie mit dem Habsburger Otto aus- gesprochen haben. Der Habsburger soll eine italienische Prinzessin heiraten._ Kuliurkamps in Spanien . Veräußerung von Kirchengütem verboten. Madrid . 21. August.(Eigenbericht.) Die Regierung hat durch Dekret den B e r k a u f und jede weitere hypothekarische Belastung der Kirchen, Klöster und anderer religiöser Institute verboten. Die monarchistische Zei- tung„Nation" fragt unter Bezugnahme auf den Erlaß der Regie- rung, ob Spanien im Begriff steh«, die Beziehungen zum Vatikan abzubrechen.
Reichsgarantie auch in Aegypten ! Dresdner Bant übernimmt Orientbank-Nlialen. Der Kreis der Banken, für deren Einlagen das Reich die Garantie übernehmen muß. wird innner weiter. Vor einigen Wochen hatten die ägyptischen Filialen der Deut- schen Orientbant A.-G., Berlin , die Schalter schließen wüsten. Di« Deutsche Orientbant wurde bisher kontrolliert von der Dresdner Bank und der Donot-Bonk. Jetzt wird bekanntgegeben, daß die Dresdner Bank die ägyptischen Filialen der Orientbank über» nehmen wird. Sie wird ihnen die erforderlichen Beträge über- weisen, damit sie die Schalter wieder öffnen können. Man hofft, daß die Gläubiger der Bank mit Abziehungen zurückhalten werden. Diese Geschäftsausdehnung der Dresdner Bant erfolgt„mit Billigung des neuen Großaktionärs, also der Reichsregierung". Letzten Endes muß also der deutsche Steuerzahler auch für die risikoreichen Filialgründungen deutscher Privatbanken im Auslande geradestehen. Ein Beweis mehr für die Notwendigkeit der Banken- tontroll«. Kaffeetausch gegen Weizen. vi« brasilianisch« Regierung Hot mit der zuständigen amerito. nischen Bundesbehörde«inen festen Vertrag abgeschlossen, auf Grund dessen sie berechtigt ist, l 050 006 Sack Kaffee gegen 26 Millionen Bushel Weizen einzutauschen. Zunkprogrammaustausch Amerika Sowjetrußlaud, jedoch nur musikalischer Darbietungen, ohne Politik oder Propaganda, ist oerei» Kart worden«od soll am S. Oktober beginnen.