Mittelalter im Schwesternheim
Wie lange soll der Skandal noch dauern?
Seit dem 1. Juli ist die gewerbsmäßige Stellenvermittlung perboten. Man sollte annehmen, daß die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung als oberste Aufsichtsbehörde nunmehr streng darüber wacht, daß dieses Verbot nicht verlegt wird. Niemand wird jedenfalls annehmen, daß die Reichsanstalt entgegen den gesetzlichen Bestimmungen das Weiterbestehen der gewerbsmäßigen Stellenvermittlung duldet oder sie sogar noch fördert. Einen so skandalösen Zustand gibt es aber in Berlin , und die von der Reichsanstalt geduldeten gewerbsmäßigen Stellenvermittler sind die Inhaberinnen der ge= werbsmäßigen Schwesternheime.
Die Reichsseftior Gesundheitswesen im Gesamtverband hatte zu Mittwochabend nach dem Plenarsaal des Reichswirtschaftsrats eine öffentliche Schwesternfundgebung einberufen, in der von der Hauptreferentin, Genoffin Karola WedI, über diese Schwesternheime Dinge berichtet wurden, die man einfach nicht geglaubt hätte, wenn sie nicht von der Referentin durch Akten und vor allem in der Diskussion durch die Schwestern selbst bewiesen worden wären. Diese Schwesternheime suchen durch Inserate in den be= fannten Zeitschriften ,, Daheim" usw. Krankenschwestern, den sie ,, gute Privatpflegestellen" versprechen. Aus den entferntesten Winkeln Deutschlands kommen dann stellungslose oder gerade erst geprüfte Krankenschwestern nach Berlin , in der Hoffnung, hier bald eine Stellung zu erhalten.
Den Inhaberinnen der Schwesternheime fommt es aber zuerst darauf an, ihre 3immer zu vermieten. Pflegestellen können sie nur selten vermitteln. Den Schwestern werden für eine Schlafstatt monatlich 45 bis 60 Marf abgenommen. wobei sie selten ihr Zimmer für sich allein haben, sondern es mit vier bis zehn anderen Schwestern teilen müssen! Die Beföftigung ist selbstverständlich in diesen Preis nicht einbegriffen. In den meisten Fällen müssen sie sogar ihre Bettwäsche und teilweise sogar die Federbetten mitbringen. Die Miete für den Heimplaß" muß im voraus bezahlt werden. Damit schon fängt das Sklaventum der Privatkrankenschwester an. Arbeit findet sie nur selten; bekommt sie wirklich Beschäftigung, muß fie für die Schulden arbeiten, die inzwischen bei der Heiminhaberin schon wer weiß wie hoch angelaufen sind. Die Krankenschwestern werden genau so an diese Ausbeuterinnen gefettet wie früher die Bodellmädchen an die Bordellwirtin. Wollen sie sich von der Umklammerung der Schwesternheime mit Gewalt freimachen, behalten die Inhaberinnen ihre Sachen und Papiere zurüd.
Da die Unternehmer schon im Laufe des Nachmittags dem Borschlag des Schlichters zugestimmt hatten, ist somit der Friede im Speditionsgewerbe wieder hergestellt.
Hoffnung auf Stegerwald?
Schlesische Metallindustrielle wollen freie Hand. Breslau , 27. August.
Der Verband schlesischer Metallindustrieller mit seinen Untergruppen Breslau , Neiße und Ratibor hat die Lohntarife vom 27. Februar 1931 zum 30. September dieses Jahres gekündigt. Forderungen sind noch nicht geltend gemacht. Die Kündigung erfolgte, um sich freie Hand zu schaffen für die wirtschaftliche Entwicklung, die im Laufe des Herbstes erwartet wird.
RUNDFUNK
AM ABEND
Rückschau.
Praktische Fürsorge für Jugendliche" behandelte Kurt Großmann in einem Vortrag der Funkstunde. Der stärkerem Maße auf die Fürsorgeerziehung gelenkt. Der VorScheuen Prozeß" hat die Aufmerksamkeit der Deffentlichkeit in tragende, der die Fortschritte der heutigen Fürsorge gegenüber den gleichen Erziehungsformen der Vergangenheit hervorhob, betonte, daß es durchaus vorbildlich geleitete Anstalten gäbe; aber gerade mißgriffen und lebergriffen der Erzieher besonders geschützt werden, der in Fürsorgeerziehung befindliche Jugendliche muß vor allen geliefert ist. Stärkere Aufsicht über die Fürsorgeheime, die auch der weil er, wie die Praxis immer wieder lehrt, ihnen oft wehrlos ausStaat zugestanden hat, ist deshalb dringend erforderlich. Aber die Kasernierung, die bei der Fürsorgeerziehung ja nicht zu vermeiden ist, birgt trotz ihrer technischen Vorteile manche Gefahren. Der Zögling, der vielleicht nur wegen ungünstiger sozialer Verhältnisse mit anderen, die in ihrem Kampf mit der Welt es schon zu einer in ein Erziehungsheim gekommen ist, lebt in ständiger Gemeinschaft erfolgreichen Verbrecherlaufbahn gebracht haben. Nur durch vor= ich aften fann verhindert werden, daß solche Böglinge ihren Einsichtige Gruppierung fleiner Erziehungsgemein fluß auf andere geltend machen. Die Prügelstrafe, die, wenn auch lässig ist, muß unbedingt abgeschafft werden; nur durch ein ver in begrenztem Maße, in Knabenerziehungsanstalten immer noch zutrauensvolles Verhältnis zwischen Schüler und Erzieher fann wirf
Der Reichsanstalt sind diese gemeinen Ausbeutungsmethoden seit langem bekannt. Das Arbeitsamt Berlin = Mitte hat den Schwesternheimen bescheinigt, daß sie gewerbsmäßige Stellenvermittlungen sind, die nach dem 1. Juli nicht mehr existieren dürfen. Die Reichsanstalt läßt sich jedoch mit den In- chaften fann verhindert werden, daß solche Zöglinge ihren Einhaberinnen der Schwesternheime in Berhandlungen ein, um nach einer Möglichkeit zu suchen, die seriösesten" von ihnen bestehen lassen zu können.
In der gestrigen Protestkundgebung wurde mit Recht verlangt, daß auch gegen diese gewerbsmäßigen Schwesternheime genau jo vorgegangen werden muß wie gegent jede andere gewerbsmäßige Stellenvermittlung. Ganz besonders wurde an den Reichs= arbeitsminister, der bekanntlich über die Reichsanstalt die Aufsicht führt, der Appell gerichtet, der standalösen Haltung der Reichsanstalt gegenüber diejen Schwesternheimen schnellstens ein Ende zu bereiten.
Einigung im Speditionsgewerbe.
Der Borschlag des Schlichters angenommen. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung der im Gesamt verband organisierten Speditionsarbeiter nahm gestern Stellung zu dem Vorschlag des Schlichters, den dieser bei den Nachverhandlungen über den Antrag auf Berbindlichkeitserklärung des Schiedsspruchs den Parteien gemacht hat.
Wie erinnerlich, fah der Schiedsspruch einen Cohnabbau von 4 Proz. vor und die Berlängerung des Lohn- und Manteltarifs bis zum 30. September 1931. Der Schlichter schlug dagegen den Parteien vor, den Lohnabbau auf 3 Proz. zu begrenzen und die Caufzeit des Cohn- und Manteltarifs bis zum 31. März 1932 auszudehnen.
Nach eingehender Diskussion beschlossen die Speditionsarbeiter mit großer Mehrheit, den Borschlag des Schlichters anzunehmen.
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Wiederbeginn der Verstellungen am Sonnabend, d. 29. August
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liche Erziehung zustande kommen. Der Vortragende redete außerdem fehr der Schuh aufsicht das Wort: von sechs gefährdeten Knaben, die er betreute, brauchte nur einer in Fürsorgeerziehung übergeführt zu werden; die übrigen verblieben in ihrer häuslichen Gemeinschaft. Der Deutschlandsender übernahm eine Gedenkstunde für Ludwig Thoma aus München . Es war gir zur erwarten, daß Bayern dem vor zehn Jahren Verstorbenen eine besonders pietätvolle Feier ausrichten würde. Der Hörer erfuhr viel von dem Dichter Thoma, denn er sah seine wesentlichsten Züge: sein ernstes Wissen um das menschliche Herz und sein Lächeln über menschliche Schwächen. Aber von dem Menschen Thoma erfuhr er gar nichts. Das war sehr schade; denn bet Thoma gab es feine Trennung zwischen dem Dichter und dem Menschen, sondern aus seiner mensch| lichen Stärke wuchs sein Wert. Aus der Ertenntnis alles Mangelhaften und Unzulänglichen dieser menschlichen Gemeinschaft rang cr sich durch zum Lächeln. Aber mit beißender Satire verspottete er üble Zeiterscheinungen, die er nur darum nicht haßte, weil er fie verachtete. Man hätte diesem Zeitfritifer Thoma in der Gedenkstunde auch ein Plätzchen einräumen sollen.
Im Programm der Deutscher Welle sprach) Dr. Arno Schirotauer über Leipzig ". Die Klippen einer Bädekerschilde rung oder einer historischen Betrachtung vermied er glücklich. Aus einem etwas verschnörkelten feuilletonistischen Stil, der gegenüber dieser sachlichen Stadt nicht ganz angebracht war, formte sich ein Bild vom Wachsen und Sein dieser Stadt, die vor dem Hörer als
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lebendige Vision erstand: eine Stadt, die aus eigener Kraft, aus dem eigenen Streben nach Entwicklung groß wurde. Ihrer Größe nach müßte die 700 000- Einwohner- Stadt Leipzig die 5. Stelle der deutschen Spizeneinkommen einnehmen; sie steht jedoch an zweiter. 33 Einkommen von über eine Viertelmillion werden hier versteuert. Dabei ist der in Leipzig zusammengeschlossene Besizreichtum durch aus nicht besonders groß, gemessen an dem der übrigen Städte; seine Einkommen sind Handelseinkommen. Tes.
Donnerstag, 27. August.
16.00 Aus Sinfonien von Haydn . Dir.: Dr. Wolfgang Herbert. 17.00 Werkzeuge des Urmenschen: Dr. Otto Hauser.
17.20 Albert Reinicke: Eigene Arbeiten.
17.45 H. K. Rose: Kundenwerbung.
18.10 Hawalin- Duos.
18.30 Mitteilungen des Arbeitsamtes.
18.35 Herbert Ihering : Die Salzburger Festspiele . 19.00 Unterhaltungsmusik.
20.00 Aktuelle Abteilung.
22.00 Wetter-, Tages- und Sportnachrichten; Tanzmusik.
Königswusterhausen.
17.00 Schulr. G. Wolff: Lehrerinneninternationale.( Kongreß in Stockholm 1931.) 17.30 Dr. Joh. Günther: Landschaftsdichtung.
18.00 Frhr. v Bülow: Die Luftpolitik der großen Staaten.
18.30 Dr. Artur Dix: Spanisch- Afrika.
18.55 Wetter für die Landwirtschaft.
19.00 Englisch für Fortgeschrittene.
19.25 v. Colmar : Kartoffelernte, Verwendung der Kartoffel in der eigenen Wirtschaft.
19.45 Würzburger: Vorschau auf das Septemberprogramm.
20.00 Reinhold v. Walter: Das Eheproblem in der Sowjetliteratur.
Berantwort!. für die Redaktion: Herbert Lepere, Berlin : Anzeigen: Th. Glode. Berlin . Berlag: Vorwärts Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Borwärts Buch bruckerei und Verlagsanstalt Baul Singer& Co., Berlin GW 68, Lindenstraße 3. Sierzu 1 Beilage.
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Pfd. 132 u. 100 Pf.
Pfd. 132 Pf.
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Kotelett
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Schulterblatt
Bauch
Rückenfett
Eisbein, ganz
Kopf, ohne Backe
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ab Pfd. 115 Pi. Pfd. 105 Pt.
ab Pfd. 95 Pf.
•
Pfd. 85 Pf.
. Pfd. 85 Pf.
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