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Mehr Minderheitenschutz. Neues aus Seutsch-Südtirol . In Genf tagt jetzt der 7. europäische Minderheltenkongreß. Ein Standardwerk liegt ihm vor, dos den kulturellen und materiellen Zwang an diesen unglücklichen Bolksteilen urkundlich belegt. Ein« der wonigen Minderheitenvölter, die nicht einmal zu diesem Kongreß delegieren können, sind die deutschen Südtiroler . Wie das faschistische Italien diese Deutschen aus ihrem Volkstum bringt, zeigt folgend« Bericht. Die faschistische„Alpcnzeitung" in Bozen berichtet über ein« Romfahrt deutscher Kinder aus Slldtirol: Ein römischer Kollege sucht Iungfaschisten aus der Arbeiterklasse (beinahe alle stammen aus dieser Kategorie) und beginnt ein kleines Verhör:„Wie heißt du?"—„charrasser Giovanni."—„Woher bist du?"—„Aus dem Pustertal."—„Bist du zufrieden, in Roma zu sein?"—„Ja."— lind ein Leuchten in den Augen des Jungen be» stätigt die Aufrichtigkeit dieses Ja.—„Und warum bist du zu- frieden?"—„Weil ich den Ducc und Rom sehen werde, von dem olle sagen, daß es groß und schön sei." Nach sieben oder acht Verhören dieser Art gibt es der römische Kollege auf und meint:„Als ob sie olle ausgemacht hätten, dasselbe zu sagan." Dia folgenden Worte Mussolinis kennzeichnen das Eni- deutschungswerk am besten: „Ich bin sehr befriedigt von der militärischen Haltung der � Jungfaschisten, von ihren freudigen Gesichtern, aus denen Männlich. kcit und Güte spricht. Ich drücke ihnen mein Lob aus. Es kann nicht mehr von Italienern und Deutschen gesprochen werden. Im Alto Adi�e gibt es nur mehr Italiener . Das find die neuen Generationen, die vollständig in das Leben des Re- gimes eingereiht sind." Wie die Schulkinder ihre Muttersprache verlernen, ersieht man aus folgendem Brieflein an den heiligen Nikolaus, das«in südtiroler Schulbub schrieb: Haligher Niccolaus. Piccen Haine seist fir der mutier unt vasie farm fir mi Un ai sei gheoant. Piccen um totlln. Aus der italienischen Orthographie des südtiroler Dialekts über- setzt, lautet der Wunschbrief: Helliger Nikolaus! Bitt schön, eine Schüssel für die Mutter und Wasserfarben für mich und ein Skigewand(Skianzug). Bitt schön um Datteln. kommunistischer Bürgermeister in Boizenburg . Am Sonntag fand in Boizenburg die Stichwahl zwischen den beiden Bürger- Meisterkandidaten, dem Kommunisten Dr. Alexander und dem Hakenkreuzler Dr. Zeitler, statt. Aus der Stichwahl ging der Kam- munist Dr. Alexander mit 1772 Stimmen als gewählter Bürger- meister der Stadt Boizenburg hervor. Di« Wahldeteili- gung betrug SS Proz. Die Sozialdemokraten hatten die Parole ausgegeben, geschlossen für den Kommunisten Dr. Alexander zu stivimcn. Ein neues Kabarett. »Das Kabarett für Alle" in der Femina. / E« gehört Mut dazu, ein« neues Kabarett in Berlin zu gründen, denn die Erfahrungen der andern schrecken zumeist. Trotzdem ist in dem großen Etablissement der Femina in der Nürnberger Straß««in neues Kabarett gegründet morden. Es hat keinen literarischen Ehr- geiz, es will nicht Spott und Satire loslassen und Versuche mit neuen Leuten anstellen, sondern ganz einfach sein Publikum unter- halten und amüsieren. In dem von Hermann Krehan ausgeschmückten ehemaligen Eost, dessen Akustik noch nicht ganz einwandfrei ist. stieg gestern die Premiere. Die Honneurs macht Maria Ney in ihrer bekannten Motrosentracht, mit ihrer Hamburger Behäbigkeit, die es aber dick hinter den Ohren hat. Im bunten Wechsel— dos Programm hat noch keine richtige Komposition— werden Lieder gesungen und Schlager gespielt von Maria von Steiner und Willy Engel-Berger . Graziadei zeigt überraschend« Kartenkunststücke, die etwas Neues bieten und wirklich frappieren. Als Kanone präsentiert sich Walter Steiner, der mit nicht ganz neuen Methoden, ober auf wirksame Art das Publikum zum Lachen bringt. Die Parodistin Marta Hüb n e r kommt uns bald oft- preußisch, bald wienerisch und übertrumpft an Saftigkeit alle mann- lichen Konturrenten. Der wieder modern gewordene Cancan wird von Erika Renal schmissig getanzt, während der Sumatra sein« 7 Excentriktänze mit eigener Zwitschermusik begleitet. Zum Schluß heimst Willy Rosen mit seinen eigenen Schlagern, die er am Flügel aufs schlagendste begleitet, den Haupterfolg ein.
Bei den Hakenkreuzindianern.
Die Mindestgagen der(Schauspieler. Von der Bühnengenossenschaft wird uns geschrieben: Der Verband Berliner Bühnenleiter Hot unseren Antrag, da» bis zum 31. August befristete Abkommen über Mindestgagen für die Berliner Schauspieler auf«in weiteres Jahr zu verlängern, abgelehnt, ohne vorläusig nähere Gründe anzugeben. Diese Ab- lehnung ist um so erstaunlicher und rigoroser, al» der Verband bei den Verhandlungen über die Höchstgogen immer wieder erklärt hat. daß die Mindestgagen in keiner Weise tangiert würden. Wenn man bedenkt, daß die Mindestgage für einen vollwertigen Schau- spieler vom 3. Berufsjahr ab bisher 300 Mark Im Monat betrug, die meisten Schauspieler aber, wie bekannt, nur für die Dauer des Stücks, d. h. nur für einige Wochen engagiert werden, so ist es zu verstehen, welche katastrophalen Folgen der Beschluß des Verbandes gerade für die kleinsten und schlechtbezohltesten Schauspieler zeitigen inuß. Wenn auch die allgemeine Wirtschaftslage vieles entschuldigt, derartige soziale Härten müssen vermieden werden. Wie der Verband Berliner Bühnenleiter mitteilt, will er die Angelegenheit mit der Bühnengenossenschast gemeinschaftlich be- raten. Eine Kündigung ist danach noch nicht erfolgt. Sie wäre auch unverständlich.___ Tenor und Droschkenkutscher. In Hamburg ist Heinrich Bötet gestorben, der als Tenorsänger in ganz Deutschland bekannt wurde. Er saß noch auf dem Kutscherbock, al, man ihn entdeckte und cm&bilden ließ. Cr war dann lange in Hamburg das populärste Mitglied der dortigen Oper und trat auch in vielen Gastspielen im übrigen Deutschland auf. Er war wirklich volkstümlich, und wo immer er auftrat, gingen viel« Leute in« Konzert oder in die Oper, um den ehemaligen Droschkenkutscher, der ober ein durchaus aus- gebildeter Sänger geworden war, zu hören. So ist er auch in Berlin bekannt geworden. Vorzüglich in seiner Roll«, die ihm auf den Leib geschrieben zu sein schien, im„Postillon von Üonjumeou" Es war wohl das einzige Mal, daß diese Rolle von einem Fachmann dargestellt wurde. Der englische Romanschristsleller Tain« ist am Montag abend auf seinem Landsitz auf der Insel Man Im Alter von 73 Jahren gestorben. Die n reisten seiner Nomone, die man als Heimatsliteratur bezeichnen könnte, wurden ins Deutsche übersetzt.
„Sagen Sie mal, mein lieber Goebbels , wieviel Nichiungen haben wir eigentlich bis jetzt?"„Weiß ich nicht! Ich habe noch keine einzige eingehalten."
Strahlentherapie auf neuenWegen
Bestrahlung innerer Organe
Soeben veröffentlicht in der„Teutschen medizinischen Wochen- schrist" der Berliner Frauenarzt Dr. Dtepban W e st m a n n einen Bericht über seine Erfolge mit der Innenbesirablung von Körper- höhlen durch in ihnen selbst erzeugtes Licht. Da Dr. Westmann unserem Mitarbeiter interessantes Material über seine Arbeite» zur Beifügung gestellt bat, sind wir in der Lage, einen authentischen Ueherbltck über diese neue Großtat der medizinischen Forschung zu geben.. Daß die unabsehbaren Möglichkeiten, die in der medizinischeit Anwendung von Strahlen oller Art, von den Grenzstrahlen bis zu den ultravioletten Strahlen, bisher nur unvollkommen ausgenutzt werden konnten, lag iy der Schwierigkeit, die hellenden Strahlen wirklich an das zu heilende Organ heranzubringen. Man fetzte meist die künstliche Sonne an die Stelle der natürlichen und lieh sie auf die Haut des Körpers einwirke». Es ist selbstverständlich, daß es bei dieser Methode mochenlonger Bestrahlungen bedarf, wenn tiefer liegende Gcweb« ersaßt werden sollen.'Bei den inneren Organen vollends muh sie ganz versagen. Es war deshalb seit je der Traum aller Strahlentherapcutiker, mit der Quarzlampe direkt in die Körperhöhlen eindringen zu können. Man Hot das bisher auf höchst'moollkommene Weise mit Spiegelung versucht, wobei natürlich der größte Teil der Strahlenencrgie durch die Spiegel verschluckt wird. Nun ist es dem Berliner Gynäkologen Dr. West- mann in mehrjähriger Arbeit gelungen, dieses Problem zu lösen. Mit Unterstützung der Notgemeinschaft deutscher Wissenschaft hat Dr. Westmann eine Apparatur konstruiert, die es gestattet, Körper- höhlen durch eine in diese einsührbare Funkenstrecke zu bestrahlen. Zunächst mußte der Forscher in jahrelangen Tierversuchen mittels gewebanatomischer und baktcrialogycher Prüfungen die Un- schädlichteit solcher Jnncnbestrahluiigen feststellen. Dr. Westmann war dabei, wie er offen erklärte, aus die Möglichkeit schwerer Bcr- brennungen gefaßt. Er ging deshalb äußerst vorsichtig zu Werke und probiert« auch die verschiedenen Wirkungegrade des Quarzlichts und der anderen therapeutischen Strahlen aus. Es stellt« sich dabei heraus, daß man zur Bestrahlung nur den tausendsten Teil und weniger derjenigen Energie braucht, die bei einer normale» Außen- bestrahlung mittels einer Ouecksilberlamp« erforderlich ist. Erst nachdem mittels der Lorexperimente die Unschädlichkeit solcher Innenbestrohlung bewiesen und die Dosierung genau festgestellt war, ging danu Dr. Westmann zum weiteren Ausbau seiner Er- findung über. Di« gunkenstrecke selbst, elienso wie die Zusührungs- drähte, sind natürlich absolut sicher isoltert. Die Lichtquelle befindet sich in einer Quarzumhüllung. Durch Auswahl des Elektroden- Materials, durch die Gassüllung oder Zwischenschaltung von aicheren Elementen ist es möglich, Stralsten der verschiedensten Art aus- zusenden. Ferner sind selbstverständlich verschieden« Strahlungs- geräte entsprechend den Zugangsäfsnungen des Körpers konstruiert. So bedient sich Dr. Westmann z. B. zur Bestrahlung des Magen- inneren eines vollkommen biegsamen dünnen Mogenschlouchs. Während für die Innenbestrahlung der Harnblase eine Kombina- tion mit den gebräuchlichen Zystoskopen konstruiert ist. Um den Magen, der sich ja in zusammengefaltetem Zustand um die Quarzlampe herumlegcn würde, in allen Teilen dem Licht zugänglich zu mache,,. wird über die Lampe eine mit Luft, mit Wasser oder eine Borsäurelösung füllbare dünne Gummihaut ge- zogen, mit deren Hilfe sich der Magen ausdehnen läßt. Diese Summlsjaut wird nach einem besonderen Verfahren so hergestellt, daß sie strahlendurchlässig ist./ Schon bei den Tierversuchen stellte sich heraus) daß diese Innenbestrahlungen außerordentlich keimtötend wirken Die ver> schiedensten experimentell erzeugten Ertrankungen, besonders tuber- kulöser Art, konnten mit Hilf» der Imwnb-strohlung geheilt werdcn. Dr. Westmann konnte ferner in 46 Fällen chronische Blasenentzün- düngen und chronische Magenerlrankungen, besonders solche der Magenschleimhaut, mit außerordentlichem Erfolg behandeln. Es stellt« sich dabei auch herau«, daß der dl« Magenschleimhaut be- deckend« Schleim die Strahlenwirkung in keiner Weis« beein- trächtigt. Ausgedehnt« Anwendungsmoglichkeiten wird diese neue Heilmethode bei der Behandlung von Frauenkrankheiten haben. Dr. Westmann hofft, gerade bei der Heilung von Entzündungen der weiblichen Organ« besondere Erfolg« zu erzielen. Außerordentlich gering ist übrigens die Strahle»quo lüität, welch« die Apparatur etwa im Vergleich zu einer künstlichen Höhen- sonn« benötigt, weil die Strahlungsenergie ja im Quadrat der Eni- fernung des Bsstrahlungsobiekts zur Lichtquelle abnimmt, braucht man z. B. zur Innenbestrahlung der Blase, wobei man an den
Krankheitsherd bis auf 1 Zentimeter etwa herangehen kann, nur den zchntausendsten Teil der Strahlenmenge, die notwendig ist, wenn man mittels einer Quecksilberlampe aus einem Meter Ab- stand bestrahlt. Dr. Westmann ist sich darüber klar, daß es noch umsangrcicher Forschungen und mancher Ersahrungen bedürfen wird, bis diese neue Behandlungsmethode sicherer Besitz der Medizinischen Wissen- schaft geworden ist. Unzweifechaft handelt es sich aber hier um eins revolutionäre Tat, deren segensreiche Folgen für die leidende Menschheit vorläufig noch unabsehbar siiii. Dr. L. Albert
„Bomben auf Monte Carlo." Llfa-Palast am Zoo. Es gibt Leute, denen die zivilisierte Welt zu eng Ist. Sie gehen entweder mit kühner Abenteurormiene in die Tropen, oder stiften in Europa allerlei Unfug an. Dieser edle irrende Ritter wird nun für das Tonfilmlustspiel zurechtgeschminkt und erscheint trotz seiner bizarren Maske als Inbegriff männlicher Ideals. Aber Hans A l b e r s sprengt den Rahmen des heiteren Spiels. Es entsteht ein Bruch zwischen der großen, schauspielerischen Leistung und dem belanglosen Stoff. Dieser Craddok, der die Schifsskasse unterschlägt und das Kasino von Monte Carlo bombardieren will, wenn er nicht Ersatz für seinen Berlust erhält, weist aus einen tragischen Ausgang hin. Der Kommandant des Pontencronischen Linienschiffs ist der Mensch, der nur auf sich selber steht und aus Freude an der Oppo- sitian keine Autorität anerkennt. Gewaltmensch mit eleganten Allüren und treuem Herzen, Abenteurer, dem jedes Erlebnis Episode bleibt. Albers hätte in einem anderen Milieu spielen müssen, denn um ihn ist alles verniedlicht. Der Erfolg der„Liebesparade" und„Monte Carlos", Stoffe, denen Lubitsch künstlerische Prägung gab, wirkt sich hier abgeschwächt aus. Wieder eine balkanische Königin mit der Liebessehnsucht, dach Craddok zieht es vor. nach Hawai zu gehen, er verzichtet auf die Ehre des Prinzgemahls. Lubitsch erfüllte ein altes Schema mit neuem Leben, Hans Schwarz hat diesen Ehrgeiz nicht. Er liebt die breite Anlage. Jede Szene, bildhast empfunden und für das Auge komponiert, wird bis zur letzten Möglichkeit ausgespielt, aber sie dient bei ihm nicht nur der Handlung, sie soll auch bewundert werden. Nur in wenigen Szenen zeigt Schwarz dramatischen Impuls. Durchbricht Albers den Stil der Operette, findet er zwischen den in Chansonseligkeit schwelgenden Matrosen persönlichen Ausdruck, so kommt eine graziöse Begabung wie Anna S t e n zu keiner Ent- faltung. Das Schema erdrückt sie. Es ist endlich Zeit, daß der Film nach neuen Gestaden aufbricht. Man hat genug von Balkankönig- reichen, von herumreisenden Prinzessinnen, von Monte Carlo und ähnlichen schönen Dingen. Man hat genug von der Schablone der Figuren, von der Singfreudigkeit verkleideter Männerchöre. Seh.
Der Spielplan der Volksbühne 1931/32. Die Bolksbühne am Bülowplatz beginnt ihre neue Spielzeit am 16. September mit Martins Jnszenierung von Kaisers VolksstüS„Nebeneinander". Es folgt dann„Das vierte Gebot " von Anzengruber unter der Regie von Rudolf Beer . Die erste Urousführung(für ine Sonder- abteilungen) wird Martins Inszenierung von R. A. S t e m m l« s Schulstück„K a m p f um Kits ch" sxin. Das Schullebcn, speziell das der modernen Aufbauschule, wird hier mit seinen Schwierig- leiten und Kämpfen aufgezeigt. Als Sondervorstellung wird dann eine Inszenierung der Kainödic„Die U n ü b e r w i n d'l i ch e n" von Karl Kraus folgen. Noch in der ersten Spielhälfte sollen Marlins Inszenierungen von Shakespeares„T i m o n von Athen " mit Fritz Kortner als Lima » und G. Hauptmanns„Fuhrmann H e n s ch e l" mit Emil Jannings in der Titelroll« herauskommen Für die nächste Spielhälfte sind Schillers„Moria Stuart" mit Käthe Dorsch als Maria und zur Goethe-Fcier ,.E g m o n t" an- gesetzt. Vorgesehen sind weiter für die Sonderabteilungen Werke von Erich Kästner , Friedrich Wolf , Tretjakow und Weisenborn und für den allgemeinen Spielplan Shaw»„Androklus und der l Löwe" Nestroys„Freiheit in Krähwinkel" und Offen- bachs.Herzogin von Gerolstein". Das Wicderauftreten von Hans A l b e r s ist für den Januar geplant. Ter Berliner Uihmann-Chor, Mitgl. d. DATN., veranstaltet Senn- nl-evt', abends 6 Uhr, im Tanziing Bollepart Zieh de r««, cu» Werbekonzert bei freiem Emtriit.