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BERLIN  Mittwoch 2. September 1931

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 m. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin   SW68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Donhoff( A 7) 292-297

Spätausgabe des Vorwärts"

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Nr. 410

B 205

48. Jahrgang

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Das gebrochene Hakenkreuz

Geradezu erschreckende Wandelbarkeit" der Hitler  - Partei

Braunschweig  , 1. September.

Eine Erklärung, die der bisherige Führer der nationalsozialisti-| schen Landtagsfraktion, Abgeordneter Groh, zu seinem Austritt aus der NSDA P. abgegeben hat, lautet u. a.:

Die Auseinandersetzungen mit der Reichsleitung der NSDAP  . bzw. deren Beauftragten in der Rücktrittsangelegenheit des Ministers Dr. Franzen haben

in geradezu erschredendem Maße die Wandelbarkeit und Unent­fchiedenheit der Partei

nicht nur auf dem Gebiet der Taftit, sondern vor allem in Fragen

Neues im Westen!

Der vielumstrittene Kriegsfilm freigegeben. Die Deutsche Universal Film- Gesellschaft hat den zu­ständigen Reichsbehörden eine Erklärung übermittelt, daß die Weltfassung des Films Im Westen nichts Neues" mit der in Deutschland   für geschlossene Veranstaltungen freigegebenen Fassung in Uebereinstim mung gebracht werden wird. Der Film wird künftig auch im Ausland ausschließlich in der gekürzten deutschen  Fassung gezeigt werden. In Uebereinstimmung mit den Gutachten der zuständigen Behörden ist der Film darauf hin von der Filmprüfstelle heute zur öffentlichen Vorführung in Deutschland   freigegeben worden.

der Zielsetzung und Programmatit bewiesen. Die Art der Erledi gung der Ministerfrage in Braunschweig   durch die Reichs. leitung und deren Beauftragten, Gauleiter Rust, hat mir den Glauben an die NSDAP  , deren Kurs mich ohnehin jeit langem mit ernster Sorge erfüllte, refflos genommen.

Die Erklärung Grohs beschäftigt sich dann näher mit der Be­gründung der Forderung der Parteileitung, in Braunschweig   wieder den zweiten Minister zu stellen, die als eine unglaubliche Irreführung der Parteigenossen bezeichnet wird, und kommt zu dem Schluß:

" In Wahrheit glaubt man damit offensichtlich, den langersehnten Ausweg gefunden zu haben, der Partei den Ministersessel zu erhalten, ohne gezwungen zu sein, gegen Dr. Franzen und mich selbst vorzu­gehen. Da ich den Glauben nicht mehr habe, daß die NSDAP., wie sie sich, entgegen ihrer programmatischen Zielsetzung, heute verhält, die Idee des Nationalsozialismus, für die ich kämpfe und fämpfen werde, verwirklichen wird, trete ich hiermit aus der Partei aus."

Briefe, die nicht beantwortet wurden... Der Gauführer Bernhard Rust   stellt in einer längeren Gegenerflärung dem Landtagsabgeordneten Groh gegenüber 1. a. fest, daß seines Wissens eine schriftliche Auseinander setzung mit der Reichsleitung niemals stattgefunden habe, es handele sich nur um eine Anzahl Briefe des Herrn Groh an die Reichsleitung, die niemals beantwortet worden seien. Mit seiner Bemerkung ,,, daß die Länderregierungen Befugnisse er­halten hätten, welche die eines Zwangs- und Konkursverwalters bei weitem überschritten", habe Herr Groh selbst die beste Begründung für die Behauptung des Abgeordneten Rust   und damit für die Stellungnahme der Partei zur Ministerfrage gegeben.

Ueber Dr. Franzen besagt die Erklärung Rusts: Da Dr. Franzen als Grund für seinen Austritt die Enthebung des Herrn Groh von seinem Amt als Führer der Landtagsfraktion mit ange­führt hat, stellen wir fest: Herr Groh fonnte nach seiner öffent lichen Auslassung gegen die Partei fein anderes Schidsal erfahren. Jeder wird das selbst anerkennen und sich danach sein Urteil bilden."

Wer als Frattionsführer" der Nazis an den großen Adolf schreibt, bekommt einfach teine Antwort. Das erfordert das Führer: schreibt, bekommt einfach teine Antwort. Das erfordert das Führer. prinzip". Benn er aber dann öffentlich etwas davon sagt, wird er abgesetzt. Das folgt aus dem Führerprinzip". Und wenn er dann den ,, Glauben" verliert, dann gibt es genug Dumme, die ihn noch nicht verloren haben.

Der Dank der Banken.

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Tagesordnung Besetzung der Aufsichts rats posten

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,, Gehr nett von Ihnen, daß Sie unser Haus wieder instand gesetzt haben. Bitte, nehmen Sie Platz."

Ein Opfer fiel...

Parteisekretär Bilinski von Hafenkreuzlern ermordet. In der Königsberger Boltszeitung" lesen wir: Erich Zilinsti, unser lieber Kampfgenosse, der unter bezirtssetretär der Sozialdemokratischen Partei für Elbing  , weilt nicht mehr unter den Lebenden. An den Folgen eines Ueberfalls nationalsozialistischer me udhelmörder ist er, erst am Anfang feines dritten Lebens jahrzehnts stehend, in Deutsch  - Enlau verstorben, seine Frau und zwei fleine Kinder und seine Parteifreunde in tiefstem Schmerz zurücklaffend.

Unsere Erinnerung greift zurüd in das Jahr 1924. In einem fleinen Zimmer des Flughafens Seerappen saßen fünf Menschen, die den Stamm unserer dortigen Parteiortsgruppe bildeten. Hier begann Erich Zilinski, der als junger Elettromonteur nach Ost­entwickelten sich seine Fähigkeiten, Hunderte von Anhängern scharte preußen gekommen war, feinen Dienst am Sozialismus. Rasch er in seinem Wohnfiz um die rote Fahne, und mochte er selbst auch manchmal nicht fatt zu essen haben, er war stets der erste, der zur Stelle war, wenn es galt, für die große Idee zu kämpfen.

In raschem Flug eroberte er die Gemeinde, wurde Gemeinde­und später Amtsvorsteher und zeigte hier seine eminenten Fähig feiten auf fommunalpolitischem Gebiet. Zur vollsten Entfaltung feiner Talente tam er aber erst, als er in den Fischhausener Kreistag und später in den Kreisausschuß eintrat. Hier wurde aus ihm ein Führer der Arbeiterschaft, der zu schönsten Hoffnungen berechtigte. In raftloser Arbeit hatte er sich immer um die mate­rielle Eriftenzgrundlage schwer ringend ein reiches Wissen an­Fischhausen und fand auch beim politischen Gegner stets Aufmerksam geeignet, hatte bald die unbestrittene Führung der Partei im Kreis feit und Achtung. Als er von Fischhausen   schied, um ein neues ver­antwortungsvolles Amt anzutreten, begleiteten ihn nicht nur beste Wünsche und aufrichtigster Dant vieler hunderter Arbeiter, sondern auch ein Führer der Deutschnationalen gestand: Wir haben Sie ge­

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fürchtet und gehaßt, aber wir ziehen unseren Hut aus Anerkennung vor einem so anständigen Kerl!"

Mit großem Erfolg wirfte Genosse Zilinski in seinem neuen Arbeitsfeld, dem Unterbezirk Elbing  . Daneben war er im Vorstand des Landgemeindeverbandes tätig. Auf die Bitten der Seerappener Genossen tam er noch einmal dorthin, erlebte einen Ueberfall des Nazigesindels auf diese Versammlung und wurde, als er sich schützend vor die Frauen stellte, niedergeschlagen. An den Folgen der hier erlittenen Verlegungen ist er in Dt.- Eylau verschieden.

Deutsche   Schulnot in Polen  . Beschwerde in Genf  .

Die deutsche Minderheit in Polen   hat an den Völkerbund zwei Petitionen gesandt, in denen die trostlose Lage des deutschen   Schul­dargelegt wird. Das unter Rußland   in Kongreßpolen mit un­wesens in Kongreßpolen und den ehemals preußischen Gebieten endlicher Mühe errichtete deutsche Schulwesen hat der polnische Staat nahezu restlos zertrümmert. Die früher vorhandenen 560 deutschsprachigen Schulen sind auf ein Zehntel ver­ringert. Auch in Posen und Pommerellen   muß die Hälfte der deutschen Kinder polnischsprachige Schulen besuchen.

Nach dem Fortgang des Leiters des deutschen Gymnasiums in Dirschau   sieht das polnische Schulfuratorium in Thorn   diese Schule als aufgehoben an und macht die Erteilung einer neuen Ronzeffion von Bedingungen abhängig, deren vollständige Erfüllung Gymnasium besuchen, mußten am Mittwochmorgen bei Beginn des unmöglich ist. Die etwa 150 deutschen Kinder, die das neuen Schuljahrs nach aufe geschickt werden. Die polnische Schulbehörde hat bereits Maßnahmen getroffen, um die noch schul­pflichtigen Kinder( unter 14 Jahren) in die Volksschule zu überführen..