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Beilage

Mittwoch, 2. September 1931

allingbarotoM- ops Der Abend

Spalausgabe des Vorwärt

Unser Leben 1931: Kleine Scherenschnitte aus unserer Epoche

Erich Preuße:

schmaler Fahrtrinne unserem Ziel, Swinemünde  , zu. Vom Hafen fahren wir in wenigen Minuten durch prachtvolle Promenaden­

Deutschlands Liederbuchanlagen sum

Der Verlag Willi Pintert, Berlin- Reinickendorf  , gibt außer einer Der Verlag Willi Pinkert, Berlin- Reinickendorf  , gibt außer einer sogenannten humoristischen Zeitschrift ,, Der Grillentöter" und einer Sammlung von Zehnpfennigbänden, die ,, Deklamationen für Eis­beinessen und Schlachtefeste" enthalten, unter dem Namen ,, Deutschlands Liederbuch" jene Schlagerterthefte heraus, die von Straßenhändlern und fleinen Papiergeschäften an an die, die nicht alle werden, vertrieben werden. In Band 1 dieser Hefte findet sich folgendes Machwert:

Onkel Mar ist arbeitslos! Neuester Stimmungsschlager.

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nun,

1. Gute Zeiten überall auf dem Erdenball, allen geht es jetzt famos, weil sie arbeitslos. Auf dem Lande, in der Stadt jeder sein Vergnügen hat, das Stempelgeh'n ist auch ganz schön, man geht nur hin, hält auf die Händ', wenn eine Woche ist zu End', nimmt seinen Lohn haut ab, denn alle Arbeit ist knapp. Auch unsern Onkel Mag, den lieben, sieht man in dem Gedränge schieben, hat auch nur einer ihn erblickt, schreit alles gleich wie verrückt: Refrain: Der Onkel Mar ist arbeitslos( lachend), ha, ha, ha, ha! Drum ist bei ihm der Dalles groß, ha, ha, ha, ha! Werm er muß zum Stempeln gehen, spricht er stets Auf Wiedersehen", in dem Lokal Zum blauen Affen" laßt uns das bißchen Geld verpaffen, juchhe!

2. Auf dem Ballsaal geht es zu wie im Gänsestall, feiner legt fich mehr zur Ruh', eh' das Geld nicht all'. Sonntags geht's mit Saus und Braus nach der Hasenheide raus, dort wird geschwoft die ganze Nacht, gezecht, geherzt, geliebt, gefüßt, bis daß der nächste Tag erwacht. Geh'n die Moneten dabei auch flöten, es gibt ja frischen Ries" bald wieder, man sieht dann alle Stempelbrüder, auch Onkel Mar ist wieder da; sofort ertönt es ,, Hurrah!". Refrain. 3. Wer das Stempeln hat erdacht, war ein weiser Mann, ihm zu Ehren stimmen wir heut ein Loblieb an. Ach, wie ist das Leben schön, überall sie müßig stehn: wer sich nicht drückt, der ist verrückt. Laßt doch die andern schuften gehn, wir bleiben lieber draußen stehn, erhalten unser Geld auch ohne Arbeitsfeld. Am End' der Woch' gehn wir tassieren, worüber wir auch gern quittieren, man trifft hier jeden wieder an und alles singt, Mann für Mann: Refrain.

Worte und Musik von May Lüschow, Opus 234 Verlag Mar 2üschow, Bismark  ( Provinz Sachsen  ). Abgesehen von der Bergewaltigung der deutschen Sprache, die

Strand.

Die See! Was wir noch mit uns geschleppt hatten an heim­lichen Sorgen und Nöten, das fällt hier von uns ab. Bergessen ist unser trauriges Los, wir werden freie unbeschwerte Menschenkinder dieser ruhigen großen Natur. Wir leben, ist das nicht genug?

Und wer von diesem Gefühl einmal überwältigt worden ist, der hat Sinn und Zweck dieser Ferienfahrt schon erreicht. Seeli sche Erholung! Wer hätte sie nötiger als der Erwerbslose! Er bedarf ihrer noch mehr als der förperlichen Auffrischung, die ihm die wenigen Tage bringen können.

In den großen Badeorten ist Nachtquartier nicht unter 1,50 Mart zu haben. In den Fischerdörfern findet man wohl gelegentlich billigen oder gar tostenlosen Unterschlupf, muß dann aber fast immer täglich ein Stüd mit dem Rade von und selbe ist natürlich auch bei den Herbergen der Fall, die übrigens zum Strand fahren und ist an eine bestimmte Zeit gebunden. Das auch 60 bis 80 Pfennig pro Nacht verlangen. Mir persönlich ist es lieber, meine Hängematte zwischen zwei Bäumen anzuknüpfen, oder mein Zelt irgendwo am Strand aufzuschlagent, mich vom Zauber der Nacht gefangennehmen und von der Bran­bung der See einschläfern zu lassen.

Der Rückweg führt uns quer über die Insel Usedom  , vorbei am Kleinen Haff, über Anklam   und Basewalt durch die fruchtbare pommersche Tiefebene weiter nach Prenzlau   in das seenreiche Ge­biet der Udermart. Die Bilder der Landschaft wechseln, die Men­schen sind andere, und wer Augen und Ohren offen hält, lernt auf seiner Fahrt ein Stück deutscher Heimat kennen.

Irgendwo bleiben wir zur Nacht. Wer seine Stempel. tarte bei sich hat, kann im Dorf beim Gemeindevorsteher um einen Quartierschein bitten und dann kostenlos im Dorf­wirtshaus übernachten.

Am nächsten Morgen führt unser Weg durch hügeliges Land nach Angermünde  , wo auf der Hinfahrt die Straße nach Stettin  abzweigte. Bald tommen wir vorbei am Kloster Chorin   und durch das ,, Märkische Wuppertal" nach dem freundlichen Eberswalde  . Die Straße führt durch schönen Wald über Melchow   und Biesenthal  nach dem alten Bernau  .

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Noch fahren wir durch Felder und Wiesen. Dann tritt die Natur zurück, Häuser wachsen nur noch aus dem Boden, da, ein gelber Fleck, die erste Straßenbahn Berlin  ! Berlin  , das wir vor wenigen Tagen hinter uns ließen mit zwei lachenden Augen, und das wir jeßt wieder grüßen, trotz allem und dennoch, wenn auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

der Herr Lüschom betreibt was soll man zu seinem Opus" Kofra:

fagen? Es wird sich jeder Mensch fragen, wie wohl ein mensch­Fiches Gehirn aussehen muß, daß derartige Betrachtungen über eine der schrecklichsten Plagen, die je die Menschheit gequält haben, an­stellen kann. Opus 234 und wer weiß, wie viele solcher ,, Opuse" noch folgen werden, also davon leben heute ganze Verlage? Daß solche Kreaturen ungestraft ihre Produkte vertreiben dürfen, daß so eiwas geduldet wird!

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Ach, man soll nicht pathetisch werden. Dieser Lüschom vertritt in seinem ,, Opus" eben nur die Ansichten jener Kreise, die in ihrer Phantasielosigkeit und Gleichgültigkeit gar nicht daran denken, sich um die Not ihrer Mitmenschen zu kümmern. Lüschom ist ein wenn auch einer der minderwertigsten Klopffechter für die, denen die Sozialunterstützungen ein Dorn im Auge find. Für die, die Staatsgelder verspekulieren, anstatt sie den Wohlfahrtskaffen zuzuführen, fo daß man sich immer gewundert hat, weshalb alle Leute auf die kirchlichen Wohlfahrtseinrichtungen schimpfen, z. B. auf die Herbergen zur Heimat, deren Schlafräume mit ihren stinken­den Wolldecken auf Holzpritschen in feuchten, falten Kellern liegen. Fluch ihnen allen!

Herbert Fritzsche:

| Gedankens zum Wohle unseres deutschen Boltes". Die Freie Ver­einigung" nimmt nur jeden deutsch   denkenden und fühlenden Zinn­figurensammler" als Mitglied auf, sofern er eine Mark Eintrittsgeld und zwei Mark Jahresbeitrag blecht. und zwei Mart Jahresbeitrag blecht. Für sie ist die Zinnfigur nicht materialistischer Selbstzwed, sondern idealistisches Mittel zum 3wed", nämlich: der Propagierung des Wehrgedankens und der Kriegsidee durch den Zinnsoldat.

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Ihre Vereinszeitschrift heißt ,, Der standhafte Zinnsoldat". Und so lange der noch steht-

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Lieb Baterland, mach ruhig Staat", Fest steht und treu der Zinnsoldat!

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Und mit dem Spionageverfahren, Herr Oberreichsanwalt, ist es nichts; denn es handelte sich ja nur um Zinnsoldaten. Oder fallen die auch unter das Spionagegesetz von 1914? Eugenie Buchwald:

Preise zum amüsieren!"

Poesie, Politif, Geschäft, früher streng voneinander geschieden, werden in diesen Zeiten der Bankfeiertage, der Notverordnungen, der Ausverkäufe und der Steuereintreibungen durch den Gerichts­vollzieher merkwürdig miteinander vermengt.

Am Kurfürstendamm   vor einem der vornehmsten Schuhläden war ein Riesenplafat im Borgarten aufgestellt, darauf ein Gedicht in kindlich anreißerischer Form zu lesen war, so, wie in meiner Kindheit im Sonntagsblättchen ein Herr zu dichten pflegte. Dies als Reflame im Jahre 1931 vor einem Geschäft des vornehmen" Westens!

Inhaber darauf aufmerksam gemacht, daß nicht jeder Schuster Poet dazu ist? Dafür fordert ein neues Schild in Prosa auf, einzutreten, ganz wie vor einer Jahrmarktsbude, und auszusuchen unter den letzten Schuhpaaren! Preise zum Amüsieren!"

Jetzt ist das Gedicht verschwunden. Hat vielleicht jemand den

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Ach, sie ist gar nicht zum Lachen, diese Aufforderung, sich über die niedrigen Preise zu amüsieren, dieser durch die Not der Zeit geborene Rüdfall der Reklame ins Primitive, nur um aufzufallen um jeden Preis!

Als der Gerichtsvollzieher in ein Engros- Haus fam, um Steuern zu holen, mußte die Firma ihre Kunden auf Zahlung drängen. Einer, der lange schon schuldete, und der sicher die Rundfunkrede eines Ministers nicht gehört hatte, daß nämlich jeder seine Schuldner bedrängen soll, schrieb als Antwort folgendes:

Im Besize Ihrer gesch. Zuschrift vom 1. ds. frage ich er­gebenst an, seit wann Berlin   in Hinterpommern liegt, daß dort von den verschiedenen Notverordnungen nichts befannt ist? Oder

Ein Generalstab für 5 M.! lagen Sie die Zeit über im Dornröschenschlummer, dann beneide

Es ist sehr schwierig, darüber zu reden. Ich weiß nicht, ob mich nicht der Oberreichsanwalt wegen vollendeten Berrats mili­tärischer Geheimnisse beim Kragen nimmt und auf die Anklagebant des vierten Straffenats beim Reichsgericht setzt. Aber sei es darum!

Es handelt sich da nämlich um den nächsten Krieg, den hurra­patriotische Revancheschreier im Berein mit Nazis und Stahlhelm so sehr herbeiwünschen, zu dessen Führung aber die Helden" dieser nationalistischen Wehrverbände" nicht ausreichen würden. Es wäre daher um den nächsten Krieg nicht gut bestellt, wenn es nicht einige " echte" Deutsche   gäbe, die in der Rüstungsindustrie Hervorragendes schaffen und leisten.

Da habe ich zufällig einen Katalog in die Hand bekommen, der Aufschluß gibt über das Vorwärtsschreiten der Kriegsvorberei tungen. Angeboten werden darin Kriegswasserflugzeuge für 3,50 Mart und Eindeder mit Transportauto zu 6 Mart das Stüd. Ein 21- Zentimeter- Mörser fostet mit allem Zubehör 26,25 Mart, während ein Minenwerfer 3,50 bis 4,20 Mart tostet. Ein MG. ist schon für 45 Pfennig zu haben, und auch eine Gasflasche für Gasangriffe foftet ebensoviel. Sogar einen Badezug mit Ent­

ich Sie um das Glück. Diesen Mittwoch werden wohl die bei den Banten eingezahlten Guthaben freigegeben werden, so daß auch Sie in den nächsten Tagen zu Ihrem Geld fommen werden. Wenn Sie nun noch ein übriges tun wollen zur Vermeidung derartiger Zustände, wie wir sie jezt erlebt haben, dann stimmen Sie fom­menden Sonntag für die Auflösung des Preußischen Landtags  , damit wir endlich wieder Männer mit dem nötigen Weitblid in die Regierung bekommen.

Hochachtend

H. G.

Der Preußische Landtag   blieb bestehen, der Kunde hat ohne die Männer mit dem nötigen Beitblid" nicht bezahlt, und der Gerichtsvollzieher macht im Interesse seiner Mitbürger täglich seine Besuche. Es ist zum... Amüsieren!

Der Schmock und die Frau

Auf Stempelurlaub laufungswagen fann man für 14 Mart erhalten. Alle übrigen zur Welt kommen. Sporen und Sättel find bildlich gemeint, alfa

Urlaub vom Stempeln! Das mag fomisch flingen, ist aber gar nicht so tomisch. Wer viele Monate hindurch zur Untätigkeit verurteilt war, wer die nervenzermürbende Arbeitslosigkeit fennt, wer unzählige Male den hoffnungslosen Gang zum Arbeitsnachweis gegangen ist, in dieser langen Zeit nichts als Entbehrung und Not gekannt hat, der empfindet nur zu oft das Bedürfnis, aus zu spannen von der erzwungenen Untätigkeit, den Gedanken einmal eine andere Richtung und damit den Nerven Entspannung und Erholung zu geben.

Freilich, die Zeit der Erholung wird stets furz bemessen sein, denn nicht immer wird sich das Arbeitsamt bereit zeigen, den Kon­trollstempel vor bzw. nach dem vorgeschriebenen Kontrolltage zu geben, wenn dazu keine triftigen Gründe vorliegen. Das hängt ganz und gar von der Einsicht und mehr oder weniger bürokrati­schen Einstellung des betreffenden Beamten ab, von denen aber nicht jeder hinter ein oder zwei nachgesuchten Urlaubstagen einen ge­heimnisvollen Nebenverdienst wittert.

Die Frage der Finanzierung der Urlaubsreise ist schnell gelöst. Wir haben kein Geld, um uns den Lurus einer Eisenbahn­fahrt leisten zu können; eine Fußwanderung bis zur Ostsee  ist ein wenig weit und unsere Zeit dafür zu knapp. Also bleibt nur noch die Reise per Fahrrad übrig. Uebrigens lassen sich mit dem Fahrrade in verhältnismäßig furzer Zeit ganz nette Ent­fernungen zurücklegen. So kommt man bequem in zweiein= halb Tagen ins Riefengebirge, und in eineinhalb Tagen an die See. Wer den kürzeren Weg bis Stettin   wählt ( 150 Kilometer), fann es sogar in einem Tage schaffen, muß dann allerdings des Nachts fahren, um den um 11 Uhr in Stettin   ab­gehenden Dampfer nach Swinemünde   noch zu erreichen, ist dann aber auch schon um 14 Uhr an der See.

Zur Fahrt mit dem Dampfer rate ich jedem, der den Fahr­preis( 2,50 Mart einschl. Rad) erübrigen fann. Sie führt durch den Stettiner Hafen vorbei an Werften und anderen industriellen Be­trieben, die zum größten Teil stillgelegt sind, und uns auch hier ein erschütterndes Bild unserer industriellen Niederlage geben. Die Schiffsbefagung gibt auf Fragen gern Auskunft und macht auf manches aufmerksam, was uns sehr nachdenklich stimmt. Langsam weitet sich die Wasserfläche zum Großen Haff, in rascher Fahrt geht es vorwärts, Dampfer gleiten vorüber, weit vor uns taucht Land auf, das unendlich langjam näher rüdt, und endlich steuern mir in

Kriegs- und Hilfsmittel wie Waffen, Wagen, Geräte usw. für die deutsche Armee erhält man für einen Spottpreis.

Fehlten also nur noch die Mannschaften. Auch dafür ist ir diefem Katalog gesorgt. Allerdings sind die Mannschaften nicht so billig wie im letzten Krieg zu haben, wo ein Mann nur eine Dreipfennigpostkarte fostete. Heute muß man schon für 20 Mann, allerdings mit einem Offizier zu Pferd, 2,75 Mart ausgeben. Dafür erhält man natürlich erste Qualität. Die zweite Qualität, für Kanonenfutter sehr geeignet, fostet dieselbe Menge nur 1,20 Mart. Ein einzelner Offizier oder Wachtmeister, ohne Pferd, wird für 35 Pfennig angeboten. Selbstverständlich ist der gewöhnliche In fanterist billiger und für 20 Pfennig zu haben. Die Leute von der Kavallerie sind pro Stück um 7% Pfennig teurer.

Mannschaften und Offiziere wären also ebenfalls da. Wo aber bleiben die oberen Führer? Keine Angst, auch dafür ist ge= sorgt! Da erhält man schon ein ganzes Generalstabsauto, besetzt mit Kaiser Wilhelm   II oder dem Kronprinzen oder mit Kaiser Wilhelm   II oder dem Kronprinzen oder einem anderen hohen Tier" für nur 3,50 Mark.

war. Wie er aber bis Der

Manche Leute sind der Meinung, daß der ganze Generalstab im letzten Krieg nicht viel wert heute im Preise gesunken ist, ist geradezu katastrophal. ganze deutsche Generalstab mit Kaiser Wilhelm II  ., Ludendorff, Mackensen, Graf Haefeler usw., sowie sämtliches zu behör fostet- sage und schreibe 5( in Worten fünf) Mart!

Ein Standal!

Doch wer mit diesem Generalstab allein nicht zufrieden ist, der erhält für wenige Pfennige noch den alten Blücher, York   und Gneisenau dazu. Auch der ,, Alte Frig", Ziethen, Seydlik, Schwerin  , Wartenberg sind nicht zu teuer und sollen ebenfalls vom Krieg­führen etwas verstehen. Der SA. sei jedoch für ihre Landsknechts ideale Wallenstein  , Pappenheim   und Tilly empfohlen.

Und wenn mit diesem Aufgebot der nächste Krieg nicht ge­wonnen wird, dann ist die Freie Bereinigung deutscher 3innfigurensammler" daran schuld, auf deren Banner zu lesen steht: Pro Patria est, dum ludere videmur!" Auf deutsch  : Es ist fürs Vaterland, während wir zu spielen scheinen!" Von dieser Vereinigung habe ich auch den Katalog mit den vor Zinnsoldaten in die Hand ge­stehenden Kriegsrüstungen für drückt bekommen. Diese Zinnfigurensammler haben sich zusammen­gefchloffen zweds Hebung und Stärkung des nationalen deutschen  

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Befanntlich gibt es von Geburt zwei verschiedene Menschen­raffen und-klassen; Voltaire   drückte es so aus, daß die einen mit Sporen an den Beinen, die anderen mit Sätteln auf dem Rücken unsichtbar, aber ein sichtbares Kennzeichen der geborenen Herren und der geborenen Knechte ist der Gang. An ihrem Gange sollt ihr sie erkennen! Erinnert man sich nicht aus der Vorkriegszeit der stehenden Zeitungsformel, darin der Monarch Soundsound fei ,, elastischen er uralt wie Methusalem   oder Franz Josef Schrittes" seinem Salonwagen entstieg; wo hat man je gelesen, daß ein Bergarbeiter elastischen Schrittes einem Vierter- Klasse- Wagen entstiegen sei? Aber auch unterhalb der steilen Höh', wo Fürsten  So gibt eine stehen, prägt sich der Unterschied im Gang aus. große Berliner Zeitung   in einem Artikel Bon Frauen und ihrem Gang", das Lob der modischen langen Kleider singend, folgender

Erkenntnis Raum:

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Während der kurzen" Mode konnte man manchmal sehr leicht das nette Dienstmädchen mit der Gnädigen ver wechseln. Heute? An ihrem Gange wirst du sie er­tennen!"

Wie scharf gesehen! Wie gut beobachtet! Wie wahr! Es iſt so, daß, wenn ein weibliches Wesen dank der Einkommensstufe ihres Mannes eine Hausangestellte halten kann, das veredelnd auf ihren Gang einwirkt. Da Ordnung in der Weltenschöpfung herrscht, be gibt es sich nie und nimmer, daß eine Gnädige" watschelt wie eine Ente und die Zofe daherschreitet wie Artemis  , bewahre! Auch Dichter haben das gewußt; Richard Dehmel   hat, wenn er es auch nicht ausdrücklich sagt, eine Gnädige", tein Dienstmädchen". im Auge gehabt, als er die schönen Berse schrieb:

Ich habe dich Gerte getauft, weil du so schlank bist, Und weil mich Gott mit dir züchtigen will, Und weil eine Sehnsucht in deinem Gang ist, Wie in schmächtigen Pappeln im April. Verblüffend ist nur einigermaßen, daß sich obige Erkenntnis nicht in Kreuz- Zeitung  "," Deutsche Zeitung" oder einem ähnlich aristokratischen" Blatte findet, sondern im Feuilleton der Bera zeihung! demokratischen Bossischen Zeitung".

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Aber auch das hat sein Gutes. Niemand achtet schärfer auf solche Entgleisungen, um sie unnachsichtlicher anzuprangern, als der Mann mit den fünf Namen, auch Peter Banter genannt; was hat er nicht schon alles der sozialdemokratischen Presse auf­gemußt! Peter Panter   wird auch der Tante Voß schön eins auf aber nicht doch! den Hut geben. Oder sollte ihn der Umstand abhalten, daß er Mitarbeiter dieses doch nicht ganz sowjetistischen Blattes ist?

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hw.