OerffövS ergeben.— Zeuge Reichstags-Abgeordneter Lütgenau»'ar bei den verschiedenen Münter-Prozcssen als Zeuge undBerichterstatter zugegen. Zeuge giebt eine Schilderung des Ver-laufes des Essener Meineidsprozesses, hebt das Widerspruchs-volle und Wechselnde der Aussagen M ü n t e r' s hervor;auf Veranlassung des Vertheidigers erzählt Zeuge den Verlaufeines Beleidigungsprozesses, den Munter gegen ihn wegen einesGerichtsberichts angestrengt hat. In diesem Prozeß ist vom Gerichtanerkannt worden, daß Munter mit dem Eide leicht»fertig umgegangen sei.— Verth.: Ist dem Zeugen be-rannt, daß die Redaktion der„Thür. Tribüne" wegen M ü n t e r-beleidigung angeklagt und daß dieser Strafantrag zurück-gezogen wurde?— Zeuge: Nein.— Verth.: In einemProzeß gegen eine Hcrner Zeitung ist nachgewiesen worden, daßMünter im Amt einen Metzgermeister mißhandelt hat.—Zeuge: Dergleichen ist dem Münter in vielen Fällennachgesagt und in diesem besonderen Falle auch nachgewiesenworden.Zeuge Kommissar Brockmeyer(Herne): Am fraglichenTage fanden drei Versammlungen zur Gründung eines christ-lichen Bergarbeiter-Verbandes statt; zu der in Baukau hatte ichdie beiden Gendarmen Münter und Müller geschickt. In dieserVersammlung kam es durch das Eindringen vo» Sozialdemokratenzu Unruhen. Die Unruhestifter wurde» zur Ruhe, und als sie nichtstille waren, zum Verlassen des Lokales aufgefordert, da siebereits in Herne dasselbe Manöver verübt hatten. Vorher hatteich die beiden Ueberivachenden ermahnt, ja niemanden anzufassen,und stand während des Vorganges am Kassenlisch an der Thür;den Fall Schröder's habe ich gesehe», von einem Angreifen desHallenden durch Münter habe ich nichts bemerkt, bin auch über-zeugt, daß Münter den Schröder nicht angefaßt oder gar an-gestoßen hat.— Verth.: Hat Münter, als er rief: Nun aberraus! eine Armbewegung gemacht?— Zeuge: Das istmöglich, wie es überhaupt die Art Münter's ist, bei seinenBefehlen und Acußerungen den Arm vorzustrecken.—Staatsanwalt: Wenn Münter gestoßen hätte, müßten Siedas gesehen haben?— Zeug«: Ja, aber er hat nicht gestoßen.Zeuge K e r k h o f f, Bergmann aus Baukau, weiß nicht, wieSchröder zu Falle gekommen ist.— Verl h. läßt den Zeugenfragen, ob er in Gesellschaft verschiedener anderer Mitglieder deschristlichen Verbandes am Tage der Versammlung gesagt hat:Das ist recht, daß der Münter den Schröder hingeworfen hat;hätte der verdammte Kerl nur den Hals gebrochen?— Zeuge:Davon ist mir nichts bekannt.— Zeuge K e i m h o f f(Herne)war ebenfalls Kassirer i» der Baulauer Versammlung. Er er-klärt, daß Münter den Schröder nicht angefaßt, giebt aber zu,daß er ihn mit dem Körper berührt habe. Schröderist auf den Rücken gefallen, drehte sich dann um undrichtete sich mit den Händen auf. Munrer hat Schrödernicht gestoßen, das hätte ich sehen müssen.— Verth.:Schröder ist, das ist zweifellos festgestellt, nicht aus den Rückengesallen; es ist doch ausfallend, daß die Aussagen der Zeugen,denen eine objektive Unwahrheit nachzuweisen ist. so bestimmtkauten.— Zeuge Bchrmann nimmt an, daß Münter denSchröder mit dem Körper gedrängt und zu Fall gebracht hat.— Zeuge Schneider, Bergmann aus Wanne(noch nicht ver-nommen), war in der Baukauer Versammlung und befand sich direkthinter Münter. Dieser versetzte dem Schröder ander Kasse einen Stoß in den Nacken, so daß SchröderÜber das Podium fiel. Darauf habe ich mich entfernt, um einemgleichen Schicksal zu entgehe».— Vors.: War das Anfassenvon einer heftigen Bewegung begleitet?— Zeuge: Ja, es warein Stoß, von dem Schröder fallen mußte; von einemzweiten Fall und einem zweiten Stoß habe ich nichts gesehen, daich gleich nach dem ersten Fall hinausging. Gesehe» habe ich aller-dings, daß Münter die Hand zu einem zweite» Stoß erhob.—Verth, stellt den Antrag auf P r o t o k o l l i r u n g der Aus-sage dieses Zeugen. Das Gericht giebt diesem Antrage nichtstatt.— Gendarm Müller war mit Münter zur Ueberwachungder Baukauer Versammlung bestellt. Ich befand mich etwa achlSchritte von dem Orte, wo Schröder fiel; die Hand hat Munternicht erhoben, das hätte ich sehen müssen; von einem zweitenFall Schröder's weiß ich nichts.— Zeuge C o h n- Holzhause»,Schneider, bekundet, daß er von einem Stoß nichts gesehen hat.Das hätte ihm nicht entgehen können.— Zeuge R ü s e n-berg, Bergmann in Herne: Am Kassentisch trat Münterganz nahe an Schröder heran, berührt hat er ihn aber nicht.—Zeuge Eckart, Bergmann in Herne: An der Kasse sprangMünter auf Schröder zu, erhob den A r ni zum Stoß,so daß Schröder stürzte.— Vors.: Hat Münter de»Schröder wirklich gestoßen?— Zeuge: Mit hocherhobenemArm versetzte Munter dem Schröder einen kräftigenStoß.— Vors.: Haben Sie nicht in der Vorvernehmnnggesagt, daß Sie den Stoß nicht gesehen, sondern denselben nuraus der Bewegung gefolgert hätten?— Zeuge: Das muß einMißverständniß sein oder auf einer falschen Redewendung oderVerwirrung meinerseits beruhen.— Vorsitzender: SindSie Sozialdemokrat?— Zeuge: Ja.— Vors.:Sehen Sie den Vorgang nicht durch die Parteibrille, oderhaben Sie sich durch das Schicksal Ihrer Parteigenossen inIhren heutigen Aussagen beeinflussen lassen?— Z e n g e:Nein, Münter h a t den Schröder wirklich ge-stoßen.— Zeuge Keller. Bergmann in Herne, befand sichin nächster Nähe des Kassentisches. Münter ging direkt hinterSchröder her, am Podium versetzte Münter demSchröder einen heftigen Stoß, so daß dieserfiel. Schröder wollte sich erheben und erhielt vonMünter sofort einen zweiten Stoß. Zeugeniarkirt die Bewegung Münter's, die einem heiligenRuck gleich sieht.— Auf Vorhalten des P r ä s i-denken, ob seine Aussagen nicht auf bloßen Folgerungenberuhen, wiederholt Zeugt, daß er die beiden Stöße b e-stimmt gesehen habe.— Zeuge E i e l i n s k y, Bergmannin Herne, hat den Fall Schröder's gesehen, kann aber nichtangeben, wodurch er zu Fall gekommen ist. Münter hatSchröder nicht gestoßen, auch nicht de» Arm erhoben, er halteim Gegentheil seine Arme schlaff herunterhä n ge n.—euge W a m s b a ch, Berginvalide, Herne, sagt in gleicheminne aus.— Zeuge Mucka, Bergmann in Baukau weiß überdie Ursache des Falles Schröder's nichts zu bekunden. Münterhat nicht gestoßen oder sonst eine Bewegung gemacht, wodurchder Fall verursacht werden konnte.— Zeuge W a g e m e y e r,Bergmann, Herne, bekundet, wie der vorhergehende.— Der Ver-theidiger macht darauf aufmerksam, daß alle diese Zeugen voneinem energischen Herantreten des Münter auf Schröderreden; befragt, was sie darunter verstehen, wollen die Zeugendamit das laute Sprechen und das feste Auftreten Münter'skennzeichnen.— Zeuge Paul, Schneider in Baukau; auch dieserZeuge redet vom„energischen" Herantreten. Münter habe denSchröder nicht gestoßen, einen Stoß hätte Zeuge sehen müssen,nicht aber eine bloße Berührung.— Zeuge S a w i tz k i-Bergmann-Baukau: Munter hat, während er den Schröder ausdem Saale begleitete, in der Mitte des Saales den Schröder an-gefaßt und geschoben, daß Schröder siel. Am Kassentisch hatMünter dann den Schröder wieder gefaßt und zur Thürhinaus gedrückt oder geworfen.— Vors.: HatMünter seinen A r m erhoben?— Z- n g e: Münter hat in i lbeiden Händen den Schröder angefaßt.— V o rs.:Gehören Sie der Sozialdemokratie an?— Zeuge: Nein.Ich war Mitglied des christlichen Bergarbeiter- Verbandes undbin wegen Nichtzahlung der Beiträge ausgeschieden. Zeuge bleibttrotz Ermahnens seitens des Vorsitzenden bei seiner Aussage, diein vielen Punkten von den bisherigen Bekundungen abweicht.— Zeuge Kiefer. Bergmann in Herne: Als Schröder seinEintrittsgeld wiederforderte, trat Munter auf ihn zu, s a ß t eihn in den Nacken, sodaß Schröder nach vorn siel.— Aufdie Frage des V o r f i tz e n d e n. welcher Partei er angehöre.giebt Zeuge an. duß er beabsichtigt habe, dem christlichen'Bergarbeiter-Verband beizutreten, aber mit Rück-ficht auf seine Vernehmung noch nicht beigetretensei.— Der Äertheidiger giebt die Erklärung, daß dieseBedenken berechtigt seien, da in der dortigen Gegend vielfach dieMeinung herrsche, die Zugehörigkeit zu dieser oder jener Parteibeeinträchtige die Glaubwürdigkeit vor Gericht.—Vors.: Das mag dort vorkommen, hier in Köln giebt es soetwas nicht.Es wird nunmehr auf Antrag des V ert h eidig ers dieVerlesung der kommissarischen Vernehmung des Münter vor-genommen; darin wird die Möglichkeit zugegeben, daß erden Schröder vor dem ersten Fall mit dem Körper be-rührt haben könne, beim zweiten Fall sei das nicht ge-schehen; ob die mögliche Berührung den ersten Fall verursachthabe, kann der Vernommene nicht sagen.Zeuge Fürstenau soll zur Kennzeichnung der Glaub-Würdigkeit des Münter über folgendes Vorkommniß Zeugnißablegen:Dem Kaufmann Holzhändler K. in Bochum war ein Pferdgestohlen worden. Dieb und Pferd wurden aber von einemBergmann ermittelt und in einem Stalle untergebracht.Das Pferd aus dem einem Gemeindevorsteher der Nähegehörigen Stalle dem Eigenthümer wieder zuzuführen, wurdeder Gendarm Münter, damals in Weitmar, beauftragt. Er kamdiesem Austrage räch in der Begleitung zweier VochumerPolizisten. Munter erzählte nun dem Eigenthümer Herrn K.eine Geschichte, wonach er mit seinem groben Scharfsinne denDieb entdeckt habe; die beiden Bochumer Polizisten könnten soetwas nicht; das seien Schafsköpfe, mit ihm verglichen; erdeutete an, daß er auch Auslagen gehabt habe; endlich als denGlanzpunkt seiner Leistung stellte er hin, daß er den Dieb, den erin Wirklichkeit überhaupt nicht gesehen hatte, derb durchgeprügelthabe. Der Kaufmann K. wollte deshalb dem Münter eineklingende Anerkennung spenden; er sollte bv M. bekommen,und zwar, um ihm keine Ungelegenheiteu zu machen, durch Ver-Mittelung seines vorgesetzten Brigadechefs. Da Münter abermeinte, er ivürde gar nichts bekommen, wenn das Geld erst andie Brigade ginge, Herr K. möge es ihm daher lieber direktgeben, so erhielt er die SO M sofort. Als Herr K. später denSchwindel erfuhr, forderte er brieflich vonMünter Rückgabe und drohte andernfallsmitAn zeige. Daraus sandteMünter das Geldzurück.Zeuge bekundet diesen Vorfall, den er durch«inen HerrnMeising erfahren hat. Ten Abschnitt der Postanweisung,womit Münter die SO M. zurückschickt, legt Zeuge dem Ge-richte vor.Zeuge Josef Küper, Kaufmann in Bochum, ist derjenige,dem das Pferd gestohlen ist. Zeuge sagt aus, wie oben ge-schildert. Münter renommirte dem Küper gegen-über sogar, daß er in der Verfolgung desDiebes von seinem Revolver Gebrauch ge-macht und den Dieb vom Pferde geschossenhabe.Auf die Vernehmung einiger Zeugen, darunter BergmannBrust, wird verzichter.Damit ist die Beweisaufnahme geschlossen.Staalanwalt Olbrich nahm das Wort zur Vertretung derAnklage. Er erörierl zunächst den von der Verlheidigung an-getretenen Wahrheitsbeweis, den er als vollständig mißlungen be-zeichnet, da die Entlastungszeugen mit sich selbst im Wider-spruch ständen, während die anderen Zeugen mit fast absoluterUebereinstimmung Bekundungen gemacht hätten. Es ergebe sichdeshalb, daß die Angaben über den Gendarm Münter indem Artikel unwahr seien. Zur Verurtheilung bedürfe es jedochdieses Nachweises gar nicht, da der Artikel üble Nachreden imSinne des s IM enthalte. Die Person des Gendarmen Münterscheide vollständig aus; es fei zwar eine Reihe Thalsachen gegendessen Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit vorgeführt worden.die aber zum theil auf einem ganz anderen Gebiet lägen. Daes sich um einen abwesenden Beamten handle, müsse er an-führen, daß ein klarer Beweis, daß der Gendarm Münterwider besseres Wissen gehandelt habe, nicht erbracht sei.Der Umstand, daß er sich 50 Mark habe zahlen lassen, schließeallerdings eine gewisse Pflichtwidrigkeit«in. Der Vorfall werdenäher untersucht und eventuell von der Militärbehördeweiter verfolgt werden. Ohne in die Glaubwürdigkeitder Zeugen Zweifel setzen zu wollen, müsse er dochsagen, daß dieser Vorfall nicht genügend aufgeklärt sei.Zu gunsten des Angeklagten sei anzunehmen, daß er nicht widerbesseres Wissen gehandelt habe und daß er falsch unterrichtet seiAndererseits falle erschwerend ins Gewicht die Größe der Vor-würfe und der Umstand, daß der Angeklagte wegen Beleidigung bereits wiederholt bestraft sei. Auch die Haltung seinesBlattes sei in betracht zu ziehen. Deshalb beantrage er eine Ge-fängnißstrafe und zwar von 4 Wochen zusätzlich zu der noch nichtverbüßten Strafe von 3 Monaten vom 21. Dezember v. I. in demBrauweilerprozeß. Ferner beantragt der Staalsaiiwalt Pnbli-kationsbeiugniß.Der Verlheidiger, Nechtsanwalt Deubel, betonte in seinemPlaidoycr, daß die Verlheidigung lediglich das Bestreben habe,aufzuklären und die Wahrheil zu erforschen, sowie alles zu ver-meiden, was auf politischem Gebiet liege. Man stehe hiernicht vor der Frage, ob ein Zeuge glaubwürdigeroder weniger glaubwürdig sei, wenn er Sozialdemokratoder Christlich-Sozialer sei. Wie der Vorsitzende heute Vormittaggesagt habe, sei es gleichgiltig. welcher Partei ein Zeuge an-gehöre, der vor dem Eide stehe. Der Gendarm Münter seileicht bei der Hand mit Strafanträgen. Wenn er im Rechtgewesen wäre, hätte er sich nicht ruhig schreiben lassen:„IhreBehauptungen sind unwahr, Sie haben das Trinkgeld von50 M. nicht verdient", und er hätte nicht stillschweigend dasGeld zurückgeschickt. Bei Münter habe man es im übrigen miteinem gewaltlhätigen Manne zu thun, der seine Körperkrafl gernbelhäligte. Bei einem solchen Manne sei eine That, wie sie ihmder Artikel vorwerfe, eine Mißhandlung, sehr wahrscheinlich.Der Verlheidiger geht im einzelnen die Beweiserhebung durchund beantragt schließlich die Freisprechung des Angeklagten.Nach halbstündiger Beralhnng des Gerichtshofes publizirteder Vorfitzende folgendes Urlheil: Ter Angeklagte hat demGendarm Münter Thatsachen vorgeworien, in welchen eine schwereAmlsverletzung liegt. Sache des Angeklagten war es, die Wahr-heit nachzuwetseu. und wenn die Sache nicht aufgeklärt wird,fällt es zu Ungunsten deS Angekllagten aus, da bei tz 186der Satz in dubio pro reo dem Beleidigten zu gute kommt.Das Gericht hält den Beweis nicht- für erbracht. Jeder Zeugehat von dem Vorgang, der sich in kurzer Zeit abgespielt, einanderes Bild gegeben, zum therl wohl auch weil sechzehnMonate verflossen sind; außer beim Zeugen Schneider läßt sichvon keinem Zeugen behaupten, daß seine Aussagen unglaubwürdigsind. Das Gericht ist zu dem Resultat gekommen, daß derGrund, durch den Schröder zu Fall gekommen ist, nichtaufgeklärt ist, daß die Möglichkeit vorhanden, daßSchröder durch körperliche Berührung zu Fall gekommen ist.Wenn Münter ein Geschenk annahm, war es nicht schön;unehrenhaft hätte er aber nur dann gehandelt, wenn er durch seineAngaben einen Vortbeil zu erzielen beabsichtigt hätte. EtwasUnehrenhaftes ist ihm nicht nachgewiesen. Dem Angeklagten kanntz 133 nicht zugebilligt werden, dagegen hat das Gericht an-genommen, daß er in gutem Glauben gehandelt hat; auch warstrafmildernd, daß er zur Zeit der Thal noch nicht vorbestraftwar. Er ist deshalb zu 50 M. Geldstrafe, im Eventualfälle5 Tagen Haft, nnd zur Tragung der Kosten verurtheilt worden.Dem Gendarm Münter wird die Publikationsbefugniß zu-gesprochen.GenrevksihÄflliihes.In bezug auf die von der Lohnkommissio» der Tabak»arbeiter seinerzeit veröffentlichte Liste derjenigen Fabrikanten,die den Tarif nicht bewilligt haben, geht uns von Herrn Neu-mann, W a s s e r l h o r st r. 73, die Berichtigung zu, daherseit Jahren garnicht fabrizirt und seinen Bedarf aus einer Fabrikbezieht, die sofort die erhöhten Löhne bewilligte. SeineAufnahme ist deshalb in der betreffenden Annonce zu unrechterfolgt.Achtung, Schuhmacher! Folgende Geschäfte haben bisherunsere Forderungen nicht anerkannt: Bock, Französischestr. 13;Pape, Kochstr. 5; Kalb, Neue Wilhelmstr. 8»; Herzberg.Friedrichstr 250, und Bötlinger, Kanonierstr. I. Wir ersuchennochmals diejenigen, welche im Besitz von Sammellisten sind, die»selben unverzüglich an A. Adamczek, Taubenstr. 4, v. 3 Tr.,abzugeben. Gleichzeitig machen wir auf die im Annoncentheilangekündigte öffentliche Schuhmacher-Bersammlung aufmerksam.Die Agitatio n skom Mission.In Velten i. d. Mark sind die Tabakarbeiter ineine Lohnbewegung eingetreten, sie fordern pro 1000 Zigarren9,50 M. inkl. Wickelmacher(bisher erhielten sie 3 M. proTausend). Bewilligt haben die Fabrikanten I. Gericke,R. B r ä u e r, A. Schulze, O. H u l e ck. Nicht bewilligthaben S e l i ck e und L ö f f l e r, bei letzteren haben die dreidort beschäftigt Gewesenen die Arbeit eingestellt; leider hat sicheine Person gefunden, welche für den alten Lohn arbeitet. UmFernhalten des Zuzuges wird ersucht.Weberausstaiid im Eulcngcbirge. In Langen»b i e I a u, wo vor 50 Jahren das Trauerspiel der„Weber"spielte, befinden sich seit 14 Tagen ca. 500 Weber und Weberinnender Firma B. Neugebauer Söhne im Ausstand e. Die tief-gedrückte Lebenshaliung der Arbeiterbevölkerung im Eulengebirgeist ja leider sprichwörtlich geworden, aber gerade in der Neu-gebauer'schen Fabrik sind die Löhne und sonstigen Arbeits-bediugungen noch schlechter als in den meisten anderen Fabrikender dortigen Gegend, und diese Firma soll ihre Konkurrentenam Platze verschiedentlich in niedriden Preiset unterboten haben.An dem Streik sind alle Weber und Weberinnen der betreffendenFirma bis auf ganz wenige betheiligr und die Streikenden haltenfest zusammen. Die Forderungen der Streikenden bestehen ineiner geringfügigen Lohnerhöhung und in dem Verlangen ausAbstellung der drückendsten sonstigen Uebelstände in der Fabrik.Wenn jemals eine Arbeilseinstellung berechtigt war, so ist esdiese, ebenso sind die gestellten Forderungen höchst bescheidene.Diese Thatfache, in Verbindung mit dem Umstände, daß die Ar-beiterschaft des Enlengebirges trotz ihrer so traurigen Lage seitJahrzehnten sich rege an den Emanzipationekämpfen der ziel-und klassenbewußten Arbeiterschaften betheiligt, auch bei Arbeits-einstellungeii in anderen Gegenden Deutschlands und für denpolitischen Klnssenkampf der Arbeiter stets ihre Scherflein bei-getragen, dürfte wohl genügen, fden im Kampfe stehenden Eulen-gebirgs- Webern die möglichste Unterstützung der gesammtenArbeiterschaft zu sichern. Die nichtstreikenden Arbeiter Langen-bielaus und des übrigen Enlengebirges haben in dem ihnenaufgezwungenen Kampfe, trotz ihrer so gedrückten Lage, ihrenkämpfenden Brüdern das denkbar möglichste an klingenderHilfe geleistet und werden dies auch weiter thun, aber leiderkann diese Hilfe nicht genügen, ihren kämpfenden Brüdern denSieg über die kapitalkräftige Firma sie sichern, und es darf des-halb wohl die bestimmte Hoffnung ausgesprochen werden, daßdie übrige Arbeiterschaft Deutschlands und darüber hinaus,diesen Aermsten der Armen in dem entbrannten Kampfe aus-reichend beistehen wird.Welcher Geist gegen die Arbeiter bei der„christlichen"Firma Neugebauer herrscht, erhellt unter anderen aus dem Um-stände, daß ein allerdings inzwischen verstorbenen Theilhaberderselben vor zirka 2 Jahren den verheiratheten Arbeiterinnen,welche die ihnen durch die Gewerbe- Ordnung gewährleisteteiVzstündige Mittagspause beanspruchten, erklärte:„Ja in derGewerbe-Ordnung steht das allerdings, aber wenn ihr darauf be-steht, werde ich Euch alle entlassen!" Sendungen für dieStreikenden sind zu richten an H. Kr e tz i g, Weber, Langen-b i e l a u, 4. Bezirk, oder an die Expedition des„Proletarier auSdem Euleugebirge", Ober-Langenbielau.Der Maurerstreik in Dresden dürfte bald zu gunsten derArbeiter beendet sein. Die meisten Firmen haben bereit? diegeforderten 43 Pf. Mindestlohn bewilligt, so daß überhaupt nurnoch eine geringe Zahl von Gesellen im Ausstand sich befindet.— In Zwickau haben die Maurer, nachdem ihnen der gefordert«Stundenlohn von 33 Pf. bewilligt worden, beschlossen, nunmehrsofort lO'/estiuidige Arbeitszeit und Erhöhung der Akkordlöhne,sowie der Löhne für Ueberstunden zu erstreben.Die Maler und Lackirer Dresdens bereiten fürs nächsteJahr eine Lohnbewegung vor.Die Schieferdecker Münchens sind, wie wir bereit? ge-meldet, zur Erringung der neunstündigen Arbeitszeit in eine Be-wegnng eingetreten. Die Unternehmer versuchen direkt oderdurch Agenten Ersatz heranzuziehen. Die Schieferdecker werdendaher ersucht, bei Arbeitsangeboten nach Bayern sich zunächst mitder M ü n ch e n e r Lohnkommission. A. Z s ch i e g n e r, Walther-straße 13, in Verbindung zu setzen.In Lemberg streiken noch die Tischler. Die protzigeAblehnung ihrer Forderungen seitens der Meister veranlaßt« dieBauarbeiter, durch Arbeitsniederlegung die Streikenden zu unter-stützen. Andere Gewerke wollen solgen. um den Tischlern zumSiege zu verhelfen.Ter Streik der Glasarbeiter in M a a st r i ch(Holland)gewinnt an Ausdehnung. Tie Streikenden genießen dieSympathie der gesammten Bevölkerung. Ein Ausruf zu gunstender Streikenden, der vor einigen Tagen erschien und in dem einesehr scharfe Sprach« gegen die Unternehmer geführt wurde, warvon vielen hochangesehenen Personen aus bürgerlichen Kreiseniinterzeichuet.Tie schweizer Braucreibesitzer erklärten auf ihrer General-versamuiliing die im Frühjahr mit ihren Gehilsen vereinbarteArbeitsordnung für aufgehoben nnd beschlossen ferner, 25 pCt.ihrer organisirten Gehilfen sofort zu entlassen. Diese brutal«Maßregel soll eine Repressalie sein gegen die Verhängung deSBoykotts über eine der Ringbrauereien.Vepesrhett und letzte Nacheichkeu.Vriisscl, 20. Juni.(W. T. B.) Gestern Abend gab einberauschter Soldat in der Grenadier-Kaserne etwa zwei Stundenhindurch aufs Geratbewohl Schüsse ab. Die andern Soldateneiiistohen, von Furcht ergriffen, durch die Fenster. Ein Polizei-beamter wurde getödtet, ein anderer Polizeibeamter erhielt einenSchuß in die Schulter und ein Unlerosfizier wurde an der Handverwundet. Schließlich gekang es, de» Rasenden zu fesseln undeinzusperren, nachdem derselbe 50 Schüsse abgegeben hatte.Paris, 20. Juni.(W. T. B.) Der Ministerpräiideni Melin«empfing heute den Staatssekretär der Transvaal- Republik vonBoeschoten, welcher die Genugthuung seiner Regierung überdie zwischen Transvaal und Frankreich besteheuven und sichimmer mehr ausbreitenden Handels- und Freundschafsbeziehungenzum Ausdruck brachte.London, 20. Juni.(W. T. B.) Der Staatssekretär für dieKolonien Chamberlain erhielt ei» Telegramm, in welchem eineDepesche aus Bulawayo vom 13. d. M. mitget heilt wird d«ZInhalts, daß eingedorene Boten, welche von Tuli aus der vonViktoria kommenden Abtheilung entgegengesandt worden waren,durch die Matabele, deren Streitkräfte zwischen Gondokwe undBelingwe stehen, zur Umkehr gezwungen worden seien. Die eng»lischen Abtheilungen sollen einen drei Tage dauernden Kampf zubestehen gehabt haben.Verantwortlicher Redakteur: August Jacobey, Berlin. Für den Jnseratenlheil verantwortlich: Th. Glocke in Berlin. Druck nnd Verlag von Max Vading in Berlin. Hierzu S Beilage«.