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C. A. JCiesgem ttilCl
(Schluß) Drei Tk>g«ii in Reserve folgten zweiundsiebzig Todesstunden. und dann kaNien zweiundstebzig Stunden Ruhel Es ist ein Nebetmorgen, und wir sehen in der WegedieguNg auf zehn Schritt Adeleine und rufen in den Nebel:Adeleine!" Es stand ein Stein am Wege---- das war nicht Adeleine! Die Tür zum Quartier stand auf. Bei armen Leuten stehen immer alle Türen auf. Nebenan in der Stube hören wir ein Schnauzen und ein Kam- Mandiiren, und zur Antwort schlürfen Holzschuhe auf den rauhen Dielen hin und her. Ehe wir unsere Lippen zumBonjour!" bewegen können, füllt ein Feldgendarm den Rahmen der Stubentür. Wir reihen zögernd die Hacken zusammen, und ein Kreuzverhör kommt über uns. Sind wahrend eure/ letzten Ruhetage fremde Personen hier in das Haus gekommen?" Außer uns find keine Fremden hier ein- und ausgegangen, Herr Wachtmeister!" antworte ich Und verneine dabei mit dem Köpfe, um die angstlich dastehenden Bauersleute über meine Ant- wort nicht im Unklaren zu lassen. Sie sprechen doch französisch! Haben Sie nicht etwas Per- dSchtigez in der Unterhaltung der Bauern untereinander gehört?" >lon! Rien du tont! Berzeihung, Herr Wachtmeister, Verdächtiges habe ich nie gehört!" Er Ichrieb meinen Namen, vielleicht, weil ihm meine Sprach- kenntnisie verfänglich schienen. Die Bauersleute mußten' mit zur Kommandantur. Wie Granaten schlugen die Worte des Feldgendarmen gegen unser Trommelfell, und alles Denken quoll in unsern Adern zu den Fäusten... Wir starrten einander an, die Gewehre flogen mit beiden Fäusten gepackt gegen die Wand, die Tornister knallten hin, daß die Riemen von den Kochgeschirren sprangen. Ich rannte hinaus, irgendwo bei einemPaysan" zu erfahren, was di« plötzliche Verhaftung der Familie zu bedeuten habe. Mein dargebotene,» Tabaksbeutel dreht sich in einer gichtigen Vauernhand, und ich erfahre: Sie haben ihn gefangen! Im Steinbruch, oben hinter der Höhe, hat ihn der Feldgendarm gefangen!" Was...? Wen gefangen?" Sie wissen nicht? Den Sohn von Madame Ribot! Das wissen Sie nicht?" Der Alte steckte gemächlich seine Pfeif« an. Die Deutschen   haben vor einem Jahr alle militärpflichtigen Leute einfach fortgeholt. Den Lueien auch, trotzdem er noch nicht achtzehn war. Zum Rhein  , in Kohlengruben das ist Deportation"! Das ist schlimmer! Das ist Cayenne  ! Und Lucien ist ausgerückt! Sieben Wochen waren die Deutschen   hinter ihm her. Sieben Wochen, denken Sie! Das ist eine lange Zeit! Unter Waggons, zwischen den Ladungen, unter Zeltplanen versteckt, sieben Wochen! Seit acht Togen trieb er sich hi�r in den Wäldern herum, sein Vater brachte ihm heimlich Essen   hinauf in den Steinbruch. Sie haben ihn nicht eher gekriegt, bis er gestern nacht in das Darf kam, um sein« Mutter zu sehen!" Und nun?" Heute in der Frühe wollte er zurück, da faßte ihn der Feld- gendarm am Steinbruch! Und nun--- fte werden ihn er­schießen!" Dabei biß der Alte auf das Mundstück feiner Pfeife, als wollt« er es mit feinen Zähnen zerbeißen. Ich sah die Nachtszene auf der Treppe, das Schluchzen der Frau in der Nacht, der Korb und die Froschschenkel!... Ruhig erwiderte ich dem Alten:Man wird den Jungen nicht erschießen! Der Feldgendarm erschießt ihn nicht und wenn man hier am Ort Befehl geben würde, dafür stehe ich, daß keiner Meiner Kameraden schießen wird!" k�ui rirra...(Wer leben wird.. knirschte der Alte. Vorrs!(Wird sehen!)" lachte ich zurück. * Nachbarn brachten die Bäuenn ohnmächtig aus der Komman- dantur zurück ins Haus. Ädeleine lief zwischen den Menschen hin und her. Das Kind mied uns wie ein geschlagener Hund. Ein Sanitäter mußte kommen, und als die Frau erwacht«, flatterte sie wie ein Vogel mit zerbrochenen Flügeln hin und her und schrie:Mein Sohn! Mein Kind! Lucien!... Man erschießt ihn! Man erschießt ihn!" Mit blanken Zähnen torkelte sie hin und her und ritz sich in das Haar. Beim Dunkelwerden kam der Bauer auch zurück. Mawan! Man erschießt ihn Nicht! Lucien kömmt UNS morgen früh für den ganzen Tag besuchen. Es ist nicht so schlimm! Man hat ein Protokoll aufgenommen und Lucien hat morgen Urlaub." Wie eine Erlösung gingen die Worte durch das Haus. Der Qual der Mutter entsank alle Kraft, und der Freude ent- strömten alle Tränen bis zum letzten Tropfen. * Die Nacht löste das festgescheitelte Haar der Bäuerin in Jubel- girlanden. Nach einer Stunde waren Mutter Ribots Haiiis bis zu den Ellenbogen mehlbestaubt und teigbeklebt. Eine Teigkugel nach der anderen rollte und klatschte über den Tisch. Hin und her rannte die Bäuerin, vom Tisch zum Kamin, und legte vorsichtig, daß nicht ein Tropfen Fett verspritzte, einen Würfel Schmalz nach dem an- deren in dieKasserolle". Wie sich zum Trommelfeuer die Granaten um Geschütze häufen, s» stiegen in der Nacht die Kuchenberge in den Schüsseln hoch und höher. In Kuchen duftete die Freude durch das ganze Haue, und bei der Laterne saß Vater Ribot unter der Trepp« und rupfte die letzten Hühner für das Wiedersehen. * Kein Soldat, aus Nacht und Wahnsinn in den Frieden seiner Heimat gewirbelt, zog glücklicher als Lucien ins Elternhaus. Vielleicht entfesseln die seltenen Freudentage arme Bauern glühender! Das Hallo und Geschrei hallte zu uns hinauf auf den Berg Mm Exerzieren. Sprung auf! Marschmarfch! Sprung auf! Marsch- marsch l" Auf den Steinen in den Feldmarken schlug der Wind di« schwarzroten Hollunderbeeren blutig, daß die Kerne wie Därme herausflogen und herumspritzten... Sprung auf! Marschmarfch!" Dem Felddienst folgten Nachmittags Appells. Stieselappelll Rockappell I Gewehrappell! In mir appellierte es, Lucien zu sprechen.
Beim Gewehrreinigen kam Adeleine an der Hand des großen Bruders lachend mit einer Schüssel Kuchen zu uns herem. Ich war erstaunt über Sie festen Augen in dem jungen Gesicht. Die Kameraden fetteten die Läufe und Beschläge der Gewehre ein und setzten ouseiNändergeNoMmene Schlohteile Stück für Stück wieder zusammen. Lucien sah dem Hantieren der Soldaten schweigend zu. Neben Mir säuberten Leute die breiten Messer der Seitengewehre. Mir würgt« däs Geklirr der Waffen jedes Wort im Haise ab. Adeleine und die Mutter hoben mir von Ihnen erzählt. Ich habe eins Bitte an Sie: Soge» Sie meinen Eltern, daß es nicht schlimm ill in Deutschland   Sagen Sie. daß«s mir gut gehen wird! Sie glauben Ihnen mehr als mir!" Dabei standen ihm die Tränen in den Augen. Ich gab ihm zur Erukiderung meine Hand. An den GrenzpsähleN schlägt man Unsere Schädel ein und sagt CS geht um Gott   und Heimat! Es geht Um Kohle, Erz und Dividenden, die IN den Dunkelkammern der Parlamenie und Ka- lernen söviel giftiges Schlagwetter ausgespsichert haben, daß der offene Mörd zUM"Gotteswunder wird! Die Erde wird solange zittern, solange diese Sümpfe Fiebergifte kochen!"
Der«bendzug nach Charlevill« ging planmäßig wie jeder. andere Zug..__ fjinfer den roten Schlußlichtern sah ich die Schrank« oo, schwörend wie zwei Finger in die Höhe gehen! * Vier Wochen später kam das Regtment zersprengt und auf- gerieben aus der Front. Adelsine lief uns am Wegekreuz mit ossenm Armen entgegen. Ein Brief von Lucien war angekommen. Die Buchstaben standen nicht krumm und schief wie die vergasten Reste unserer Kompagnie. Wie Pflänzlings in unkrautsauberen Reihen standen die Buchstaben in dem Brief.   Aus Magdeburg   schrieb Lünen  . In einer Zuckerfabrik lernte ihm ein einarmiger Ingenieur:m Laboratorium die Chemie. Die letzten Deutschen   mußten an die Front. Es ging ihm gut! Ein großes, dickes Ausrufungszeichsn stand bekräftigend dahinter., Und eine deutsche Mutter, deren Söhne irgendwo in Frankreich  lagen, gab ibm das Bett von ihrem Jüngsten. Zum letzten Mals   schleppte SldeleiNe den Wasserkruz hinter das Haus. Zum letzten Male zählte ich dem Kinde die weißen Stücke Zucker hin....... Der Herbstwind jamMerte über den Weg, und hmter uns fegte Vater Ribot das Laub des wilden Weirts wie rote Spuren Blut von feiner Türe weg...
A. Weraiow:
Sin diftinguierter
Der junge Schauspieler Fedja hatte eine Taute, die sich im Ausland aufhielt. Volle sechs Jahre erhielt er von ihr keinen Brief. kein Schreiben, keine Nachricht. Eines schönen Tages kam uner- wartet wie ein Blitz aus heiterem Himmel ein mächtiges Paket für Fedja an. Der Inhalt bestand aus einem Ueberrock und einem weichen Hut Der Ueberrock war nach der neuesten Mode: eng in der Taille, mit wattierten Schultern und mit einem Riegel im Rücken. Der Hut war breitkrempig und von mausgrauer Farbe. Als Fedja Rock und Hut anlegte und vor den verstaubten Spiegel des Speisezimmers trat-- prallte er zurück. Er erblickte einen lächelnden jungen Mann, der seiner ganzen Erscheinung nach unzweifelhaft ein distinguierter Ausländer war Solche Leute sieht man sonst nur in ausländischen Filmen, oder wenn man ihrer innerhalb Rußlands   ansichtig wird, so handelt es sich ausschließlich um Industrielle, die sich um eine große Konzession bewerben. Nachdem sich Fedja von seinem Erstaunen einigermaßen erholt hatte, beschloß er auszugehen. Elastischen Schrittes begab er sich auf den Korso. Mit einem Wonnegefühl sing er bewundernde Be- merkungcn der Vorübergehenden aus. Vergessen waren die Miseren des täglichen Lebens, die unbezahlten Rechnungen und die lästigen Proben. Aus einem in der Nähe gelegenen Restaurant drangen die Klänge eines schmissigen Foxtrott. In bester Laune betrat Fedja ein Lierrenmodegejchäft. Der Chef und zwei Kommis eilten dem distinguierten Ausländer ent- gegen. Ein beleidigter Käufer, dem man keine Beachtung mehr schenkte, verließ brummend den Laden. Fortan stand Fedja im Mittelpunkte des Interesses de« Chefs, der Kommls und der drei Verkäuferinnen. Ktägen, Krägen," radebrecht«der distinguierte Ausländer" und machte dabei«Me kMend« um den Hals. Alsbald türmten sich Berge von Kragen auf dem Verkaufstische. Sogar die Frau des Chefs kam aus einem rückwärts gelegenen Zimmer und brachte noch eine Schachtel Mit Kragen. Fedja betrachtete lange und eingehend die Wäre. Sieben Augenpaäke vsrfölgten aufmerksam und gespannt jede seiner Be- wegungen. Nee!" sagte der Käufer endlich.Nix gut Krägenl In Europa   nicht tragen was! Dort Krügen labradoniert!" Den letzten Satz verstand Fedja selbst nicht. Der Chef jedoch sagte entschuldigend:Aber, mein Herr, sehen Sie doch! Welch eine Ware! Geradezu herrlich!" Die dicke Verkäuferin, die vor lauter Anstrengung schwitzte, bemühte sich, gebrächen zu sprechen, weil sie glaubte, daß sie aus diese Weise eher oerstanden werde:dto money! Pas d'argent! Kein Geld! Wie armes Land!" Lang« ging Fedja in den Straßen Moskaus   spazieren. Er betrat zahlreiche Läden, photographische Ateliers und ließ sich in Grammophongeschäften die neuesten Platten vorspielen. Schließlich kaufte et mit großartigen Gebärden in einer Apotheke ein Aspirin- pulver. Gegen Abend war er müde und hungrig und stieg in die Tram- bahn, um Nach Haus« zu fahren.
Kaum hatte er den Waggon betreten, als er geradezu Furore machte. Mit größtem Interesse beobachteten sämtliche Passagiere. wie Fedja einen Fahrschein löste.Acht Pfennig! schrie ein Student, der zeigen wollte, daß er deutsch   verstehe. Andere, weniger gebildete, hoben der Reihe nach die Finger ihrer Hände und zählten dabei laut bis acht. Im Waggon herrschte grenzenlose Aufregung. Einer erzählte dem neben ihm Sitzenden, sein Schwager wäre seiner- zeit in Deutschland   in Kriegsgesangenschast gewesen und hätte dort gelernt, wie man Frankfurter   Würstchen macht. Da plötzlich schallte mitten durch die Atmosphäre der guten internationalen Beziehungen eine mächtige vereinzelte Stimme. Fedja'" rief fröhlich der Schauspieler Butilktn und klopfte ihm auf die Schulter.Du bist ja angezogen wie Lord Brummell" Ein bleiernes Schweigen trat ein. Sogar die Schaffnerin blieb wie versteinert stehen und vergaß, einem Passagier den Rest heraus- zugeben. Ich nix russisch verstehen," murmelte Fedja erbleichend. Der Schreck war ihm in die Glieder gefahren,.und er klapperte mit den Zähnen.Ich wirklich nicht verstehen!" Butilkin schüttelte sich vor Lachen.  Na, Fedja, dich hat wohl das Schaf gebissen! Wie kann bloß-in vernünstiger Mensch dorthin gehen, wo einem Schafe beißen?" Mit diesen Worten riß Butilkin seinem Freund« d« Hut vom Kopfe. Alle Passagiere waren statt vor Erstaunen. Was soll das?" rief endlich«inet.»Sie find wohl toll ge- worden! Einem distinguierten Ausländer reißt er den Hut vom Kopf! Wo bleibt denn dt« Intelligenz?" Eine wahre Affenschande!" schrien and««.Was«erd« die Deutschen   von uns denken? Da kommt fo'n fein« Mann zu uns. und Sie benehmen sich wie ein Rüpel!" Butilkin war wie vom Dann« gerührt. Es konnte tew Zweifel darüber bestehen, daß der vornehme Fremde kein ander« als Fedja war, zumal da er eine Hofe Butilkins trug, die« ihm eine Woche früher geliehen hatte. So'n Lump!" dachte Butilkin. Dann kam ihm Mötzlich, wie es immer zu fein pflegt, ein genialer Einfall. Nicht umsonst kannte er Fedja innen und außen. Der Rock sieht gut aus," sagte Butilkin und befühlte mit den Fingern den Stoff.Nur wird et nicht lange halten! Denn der Stoff besteht zu SO Proz. aus Papier." Gelogen," sprudelte Fedja mit reinstem Moskauer  Akzent hervor.Mindestens 45 Schafe haben die Wolle dazu geliefert." Zu spät erkannt« Fedja, daß er aus der Rolle gefallen war... HUliganI" schrie ein dicker Bürger.Gemeinheit!" von allen Seiten prasselte ein« FlUt von Schimpfworten auf Fedja nieder. .�zochstaplerl Sie Niemandl..." Gesenkten Hauptes suchte sich der Entlarvte der Volksmut durch die Flucht zu entziehen. Er stieg aus. Erregte Stimmen drangen an fei» Ohr. Selbst der Lausejunge  , der auf dem Trittbrett kauerte, sprang ab, um ihm noch einen FußtrUt zu versetzen...
-Dr. Christian atodegg: Scribes gelehrigster Schüler Sunt 100. Qeburlstag ron Sardou Victorien Sardou   war der letzte aus der stattlichen Reihe der Autoren, die dem französischen   Theoier des zweite» Kaiserreiches und der ersten Jahrzehnte der dritten Republik Glanz verliehen und sich die Wcltbühnc erobert hoben. Wie Labiche  , Augier und der jüngere Dumäs war er der Erbe der taufend Künste des Hexen- Meisters Seribe, die er noch zu überstetgern und im Sinne einer raffinierten Bühnenarithmetik zu einer sinnverwirrenden Theatralik zu oerwerten wußte, die zwar nicht das Leben widerspiegelt, ober doch etwas gibt, was dem Leben täuschend ähnlich sieht. Keiner hat wohl auf dem Theater so überlegen Theater gespielt wie dieser größte Techniker, den die französische   Bühne je gesehen hat. Ueberoll spürte er Wirkungen Und Bild« auf: beim Lesen einer Zeitungs- Notiz, beim Anhören ein« Anekdote stand vor seinem geistigen Auge sofort die Situation, die sich um dos Grundthcma herum auf die schlagkräftigste Wirkung zuspitzte. Diese Findigkeit im Aus- spüren eines Stoffes und die erstaunliche Leichtigkeit der Gestaltung lassen es begreilich erscheinen, daß es Sardou in einer fünfzig- jährigen Schaffenstatigkeit auf 90 Bühnenstücke bringen konnte, ohne daß dies« B>elschk«iberei d« Erfolg auch nur einmal versagt geblieben wäre. Man hat SardouS PuppentheStek, seinen künstlerischen Mecha- Nismus, seine Spekulation auf das Sensationsbcdürsnis und die SpaNnungSbegierde des großen Publikums mit Recht'vcrspottet und ihn bestenfalls nur als ein Genie der Mache gelten lassen wollen. Aber diese Vorwürfe beschränken sich im Grunde nur ans die eigent- lichcn Requisitendramen und die szenischen Reißer aus der letzten Schafsenspttiäde, die Mit ihren Tricks, Mit ihrem schwindelnd kecken und sicheren Aufbau nur die unfehlbaren Künste des Theaterröutiniers bewundern lassen. Aber wenn man Sardou gerecht beurteilen will, wird man von den krassen, in blutigen Marterszenen schwelgenden Schauer-
drämen absehen müssen, die, wieF e d o r g",T o s c a" und Theodora" ein Spectaculum entrollen, dos nur von der Dar- stellungstunst der Vertreterinnen der Titelrollen lebt, und dafür an die Zeit zurückdenken müssen, in der Sordäu die feinsten Sitten­komödien schrieb, die ihn zumindest als den glänzendsten Artisten der französischen   Bühne kennzeichnen.N o s Intimes",R a b a- gas",C y p r i e n n e",M a r q u i i e" und derLetzte Brief", um nur einige der erfolgreichsten Komödien zu nennen, hoben mit ihrem treffsicheren Witz, der Grazie und der geistreichen Ironie auch bei uns ihre Wirkung nicht verfehlt, und von der fron  - zösifchen Bühne werden die besten dieser Komödien nicht so bald verschwinden. Dazu steckt in ihnen viel zu gutes Theater, das trotz dem veränderten Geschmack der Zeit seiner Wirkung sicher ist. Sardou hotte sich als dröiundzwanzigjähriger Student der Medizin vom Seziertisch zur Kulisse betehrt. Der Heiterkeitscrsolg, den seine erste Tragödie fand, hatte ihn-nicht entmutigt, sondern mir darüber belehrt, daß auf der französischen   Bühne bei aller dramatischen Begabung ohne Technik kein Erfolg zu erringen sei. Diese Technik hat der junge Dramatiker dann in ständigem Ver- kehr mit dem Bühnonbetricb und den großen Schauspielern seiner Zeit zu einer Virtuosität ausgebildet, die ihn zum Beherrscher des Theaters werden ließ. Im Bewußtsein seiner bühnentechnischen Unfehlbarkeit wurde er im Verlauf seiner lauten Erfolge, die ja diese Unfehlbarkeit nur bestätigten, lässiger in der Sorg« um die künstlerische Gestaltung. Er wollte schließlich mir mehr Schauspieler­stücke mit Bombenrollen schreiben, und wie gut ihm diese Absicht gelang, dafür ist seine unterhaltendeM adame sans Gene" der beste Beweis. Sardou  , der 77 Jahre alt wurde, starb am 8. November 1908: feine theatralische Sendung war damals freilich schon vorbei er hätte sich selbst überlebt. vckschenktes Erbe". Zu unserem Artikel in Nr. 411 fügen wir eraänzenb hinzu, daß die BestiMMUngeli nur däNN rechtsgültig. olfv unanfechtbar stnd, wenn erst Datum und Ortsangabe uixb dann der volle Name stehen.