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o.s.meinridi: Jim ftovc des Ortenis

Fahrt durch die Pußta . Endlose Strecken und immer nur wieder, wohin man schaut, rechts oder links, Maisfelder: die dicken Stauden, von der Sonne ausgesogen, leuchten wie Fackeln, deren Feuer erstarrt ist. chin und wieder«in Streifen Tomaten oder Wein. Dann traft- los« Steppe und wieder Mais... Mais. So geht es von Lötöschaza tiefer hinein, den Karpathen zu. Gelten ein Dorf, nur oerstreute Gehöfte mit ihren charakteristischen Alehbrunnen, tu der Ferne Viehherden zu dichtem Knäuel zusammen- geballt. Heiße Sonne kocht die Lust über den weiten Flächen. Rauch steigt auf... Flammen«in Maisfeld brennt. Hastig bauen braun« Burschen ein« Basse hinter das Feld. Der Zug rast vorüber. Dann wird es Abend. Jäh flicht der Tag, und ein Gürtel weMger Hügel schließt uns ein: während sie zu Bergen anwachsen, ist es völlig Nacht gen orden. In langsamer Fahrt geht es durch dos ehemalige Siebenbürgen . * Der erst« Schaum des emportauchenden Tages umkränzt die Höhen bei B r a s ch o w(K r o n st a d t). Schwer keuchend rollt der Bukarester Zug durch den Predeal-Paß. Grünes Land in tiefen Tälern und schroffe Höhen über dunklen, duftenden Wäldern er- wachen im kühlen Lichte des jungen Spätsommermorgens. Auch in diesen friedlichen Tälern knatterten einst die Gewehre, und über die alten Fichten zischte glühendes Eisen. * Rast in P l o e st i. Der Schnellzug nach Osten ist längst weg. Rumänische Fahrpläne sind Märchen: man kann sie immer anders hören. Der Fahrplan des Zugführers differierte mit dem meines rumänischen Abteilgenossen um etwa eine Biertelstunde. So kam ich auf diese Weise zu dem Genuß, sechs Stunden im Bummelzug« zu- zubringen: unsere deutschen Personenzüge sind Raketenvehikel da- gegen. Und gemütlich geht es zu: die Türen stehen offen: die Bauern sitzen während der Fahrt auf dem Trittbrett und kauen Weintrauben oder vertilgen riesige Melonenscheiben, deren Saft von den Mund- winkeln nach dem Kinn herunter eine Staubschmelze verursacht. Man springt auf und ab, ohne daß ein Beamter auch nur ein Wort verliert. Der Fahrdienstleiter erscheint(schwarze Jacke, Kragen. Schlips, weiße Hofen, braune Halbschuhe und rote Mütze) und winkt ab. Der Zug fährt aber nicht. Irgendein Bauer holt sich von der Lokomotive warmes Wasser, deshalb... Nun kriecht der Zug wieder ein Stück, wartet aber dann demütig auf einem Nebengleis auf den Rußlandexpreß. der hochmütig vorbei- saust und dem kleinen Pinscher eine Fahne von Dreck und Staub in die Flanke wirft. Wieder ist es Abend geworden. Nur noch einige Kilometer bis zum Ziel. Am Horizont verschwimmt weiches Rot, überschwemmt eine fast gräserlose Steppe, die den Abendtrunk gierig aussaugt. Schafherden, in Staubballen gehüllt, tauchen unweit der Bahnlinie auf. Bauern winken einem Soldaten zu, der auf dem Trittbrett hockt. Ihre weißen Zähne blitzen aus schwarzen Stoppelbärten.... und wieder leuchtet das Meer der Steppe. Ich stehe am Fenster und

lausche: irgendwo müßte jetzt eine Schalmei ertönen, von dort drüben, wo Erde und Wolken die Nacht grüßen, so ganz leise, aus der Ferne müßt« es herüberwehen... G a l a tz, terrassenförmig aus einer Bodenwelle erbaut, trägt fast orientalisches Gepräge. Die Häuser, außer den öffentlichen Gebäuden, flach, niedrig, niemals höher als«in Stockwerk; die Straßen eng, steil; ein Basar stößt an den anderen. Händler mit Trauben, Melonen, Nüssen, die sie in schalenartigcn Körben an einer Stange über die Schultern gelegt tragen, rufen ihre Waren aus, ziehen von Straße zu Straße. Auf dem Markte liegen Hunderte von Melonen an der Erde, und besonders die Jugend beißt mit Wollust in die srischen Scheiben.(Man zahlt etwa 40 bis 50 Pfennig für eine Riesenmelone. Auch die Trauben sind billig; das Pfund kostet 15 bis 20 Pfennig.) Hier auf dem Markte treffen sie sich: die dunkeläugigen Orien- talen, russische Arbeiterinnen mit ihren Stubsnasen und kindlich- blauen Augen, Matrosen von den Donaudampfern, Bauern in ihren weihen, rotgestickten Hemdkitteln. Türkisch, Rumänisch, Ungarisch. Armenisch, Französisch, Russisch alles wirbelt in buntem Sprach- gewirr durcheinander. Im Hafenviertel dicke Staubwolken: der Kai ist nicht gepflastert. Dort, wo die Schiffe in der Sonne dösen, stehen junge Burschen und Kinder in langer Kette: sie schauen auf die Wasserfläch« hinaus, als ob sie etwas erwarteten. Borgestern standen sie so da, gestern, heute wieder. Jenseits der Hafenstraße auf staubiger Terrasse liegen die Hütten der Hafenarbeiter.Hütten"... ist schon zuviel gesagt; baufällige Holzschuppen: man kann sie so sieht es von unten aus wohl umpusten. Der Wind mag es bisweilen auch tun. Zerlumpte Kinder sitzen vor den klapprigen Holzwänden, und ihre schwarzen Augen schauen fragend in die ander« Welt, die zwei Schritte weit von ihrem armseligen Leben entfernt liegt, die immer an ihnen vorüberhastet, in die sie aber nie kommen werden. * Bor der Klosterpforte Notre Dame de Sions, am Rinnstein, hockt«in Kind, in der einen Hand ein Stück Brot, in der anderen einen großen Holzlöffel, aus den Knien eine Schüssel mit dünner Suppe. Ein paar Schritte weiter«in alter Mann. Dasselbe. Bor der Gartentüre langen magere Frauenhände nach den Schüsseln. So kommen sie täglich und beugen sich schützend über das Essen, wenn ein Hund nach ihren Schätzen schnappt. Der Alte: sein Bart ist grau, verworren, die Augen noch nicht trübe genug, um blind zu sein für das Leben der Reichen es gibt nur Reiche und ganz Arme hier im Osten, aber er hat noch einen l Schimmer in seinem Blick, den ich in den Augen des Kindes neben ihm wiederfinde; was es ist, weiß ich nicht. Bielleicht: es war ein- mal ein alter Mann und sein Enkelkind. Sie fanden eines Tages einen Zauberstab und konnten sich wünschen, was sie wollten... Sonne umspielte das krause Haar des Greises, der im Rinnstein der Strada Domneasca saß. Wann wird er einmal nicht mehr kommen? Wer wird nach ihm fragen? Vielleicht ist er dann im Zauberland aus Tausendundeiner Nacht , denn in unserer Welt gibt es wohl keine Märchen mehr.

plötzlich wieder ohne den Bater bleiben sollte, nun er ihn ein» mal hat. Unmöglich diesen Kamps zu führen gegen die Zuversicht eines kleinen Kindes. Es vielleicht gewaltsam zurückdrängen, ihm Tränen und seelische Erschütterungen zufügen. Unerwartet wie er gekom- men, oerschwindet der Vater von der Bildfläche. Das Kind sucht ihn und findet ihn nicht. Auf einmal ist der Vati weg, auf einmal hat es keinen Vati mehr. Es kann es nicht fassen, nicht begreifen. Weshalb ist der Vati auf einmal fort? Wo ist er hin? Wann kommt er wieder? Der Kleine ist ruhelos tagsüber, schläft unruhig in der Nacht, will kaum essen. Und immer wo, warum und weshalb? Die Mutter ist trostlos. Was beginnen? Das Kind wird noch krank vor Aufregung. Da hilft keine Ablenkung, sie berichtet dem Vater: er bangt nach dir Tag und Nacht. Der Mann ist außer sich. Wie soll er seinem Kinde den Vater wiedergeben. Nun hat er die Un- ruhe. Tag und Nacht. Endlich findet er den Ausweg. Er schreibt schlichte, leicht verständliche, liebevolle Worte an seinen kleinen Sohn. Gebraucht Kosenamen, mit denen er ihn benannt hat. Und er solle ganz ruhig sein, eines Tages würde der Vati wieder da fein. Wie damals. Da ist ein Brief für dich! Den schickt dir der Vati!" Und sie liest dem Kleinen vor. Das Kind strahlt. Vom Vati! Noch mal lesen und noch mal. Vom Vati!" Fest preßt er die Karte an sich ein Stück vom Vati. Wenn Mutti es liest, spricht es auch wie der Vati, und man muß dann lachen. Wie wenn Vater einen hochschwang. Er trägt tagsüber die Karte mit sich, nimmt sie abends ins Bett. Und ist ruhig. Und dann kommt ein kleiner Teddybär vom Vater. Und nun hat Vatis Anwesenheit fast menschliche Form und Gestalt angenommen. Er preßt den Teddy in seine Arme, umfaßt in ihm den Vater. Mit dem Kuß, den er aus Teddys wolliges Gesicht drückt, küßt er lieb- kosend den Bater. Er identifiziert das Spielzeugwesen mit ihm, und so ist der Vater gegenwärtig, ist neben ihm. Teilt mit ihm seinen Tag, sein Spiel, seinen Schlaf. In längeren und kürzeren Abständen kommen nun Karten vom Vater, und dazwischen mal wieder«in Spielzeug. Und jedes Stück birgt den Vater in sich. Umgeben von lauter Vaterdingen kann das Kind nun ruhig spielen, essen und schlafen. Bis es eines Tages feine Liebesfälle zurückfließen lassen kann von den Dingen zum leibhaft gegenwärtigen, wirklichen Mensch-Vater.

Strieg und Cholera vor 100 Sahren Krieg und Krankheit sind unzertrennliche Bettgenossen, Krank- heit im Sinne von Massensterblichkeit durch Entbehrungen und Epidemien. Vor hundert Iahren war es der r u f s i f ch- p o l n i s ch e Kriegsschauplatz, der sich zu einem Cpidemiezentrum gestaltete, von dem aus jene mörderisch«eholera asiatica" zum erstenmal ihren Weg durch Mittel- und Westeuropa nahm. Sie löste damit die Pest und andere früher gekannte Epidemieformen ab, die übrigens in den vergangenen Jahrhunderten auch meist im Gefolge von Kriegszügen erschienen waren. Auf europäischem Boden war die Cholera zuerst in Astrachan festgestellt worden. Von hier aus ergriff sie weitere Wolgaorte und Städte Rußlands , wütete jedoch in Innenruhland in geringerem Maße als auf dem polnischen Kriegsboden, wo auch die russischen Oberkommandierenden, die Feldmarschälle Diebitsch-Sabalkanski und Groß- für st Kon st antin von ihr weggerafft wurden. So kam es, daß das Volk die Krankheit alsFeldmarfchallseuche" bezeichnete,- besonders nachdem auch Feldmarschall Gnei- se n au und sein Generalstabschef von C l a u s e w i tz, der berühmte Militärschriftsteller, ihr erlegen waren. Gneisenau hatte im Jahre 1831 die an der Ostgrenze mobilisierten vier preußischen Korps zu kommandieren. Er fand zwar keinen Anlaß zum kriegerischen Ein- greifen, aber die über den dichten Militärkondon' kühn hinweg- gesprungene Cholera besiegte ihn in wenigen Stunden(24. August 1831.) Sprungweise, wie ein Riesentiger, näherte sich nun das Un- geheuer der preußischen Hauptstadt. E» ist bekannt, daß die Cholera. die aus den fieberheißen Sümpfen des Ganges stammt, die Fluß- und Wasserläufe als Bazillenträger und Fortleiter benutzt. Nach­dem Ende Juli und Anfang August Danzig und Königsberg von ihr ergriffen waren, wird sie am 19. August im Landsberger und Friedeberger Kreise, am 22. August in Garz bei Stettin , am 24. August in Zerpenschleuse am Finowkanal festgestellt. Am 3. September 1831 meldete diePreußische Staatszeitung" mit einer Vertuschungsverspätung von vier Tagen, daß am 31. August in hiesiger Residenz drei Personen unter choleraverdächtigen Um- ständen erkrankt und eingeliefert sind". Von jenem Tage ab er- scheint in den Zeitungen die tägliche Cholerarubrik mit Angabe der Erkrankungen und Todesfälle. Ueber heroische Leistungen von Aerzten und Sanitätsmannschaften ist aus jenen Tagen berichtet worden, aber auch über viel Fälle von Angst und Feigheit. Mehrere Damen der hoffähigen Gesellschaft wurden wahnsinnig. Einer der ersten, die damals in Berlin Reißaus nahmen, war Arthur Schopenhauer , während sein Lehrer und Antipode Hegel zu den letzten Todesopfern der Seuche zählten. Am 7. Dezember 1831 konnte dieBerliner Cholerazeitung", ein die Aufklärung mit dem Geschäft verbindendes Presseunternehmen, von ihren Lesern mit dem Wunsche Abschied nehmen,daß für ewige Zeiten die Ver- anlassung zur Herausgabe einer ähnlichen Zeitung von unserem theueren Vaterlande fern gehalten werde". Insgesamt erkrankten damals in Berlin an der Seuche 2230 Personen, davon starben 1407. Besonders heimgesucht wurden außer den genannten Städten Danzig und Königsberg noch Breslau (682 Tote), Hamburg (893). Magdeburg (449). In Preußen insgesamt sind damals bei rund 80 000 Erkrankungen an Cholera 40 000 Per- sonen der Seuche erlegen. Ueber die Elbe hinaus ist die Cholera des Jahres 1831 nicht wesentlich vorgedrungen. Auch Süddeutschland , abgesehen von Oesterreich und Wien , blieb verschont. Dagegen gelangte die Krank- heit auf dem Seewege von Hamburg nach England(Hafenort Sun- derland). Im Februar 1832 brach sie in London aus. Dann über- schritt sie den Kanal und wütete namentlich furchtbar an der Seine (13 000 Tote in Paris ). Auch für Deutschland ging der fromme Wunsch derBerliner Cholerazeitung" nicht in Erfüllung. Wiederholt wurde es späterhin von Choleraepidemien heimgesucht, namentlich in den Jahren 1846 und 1848, sowie während des Krieges von 1866. Erst als nach Ent- deckung des Choleraerregers durch Robert Koch (1883) die Her- stellung immunisierender Impfstoffe gelang, wurde der Cholera end- gültig der Weg verlegt. H. D.

Exotische Leckerbissen. Heuschrecken, in Honig gekocht, werden noch heute in Algier und anderen Gegenden Norhafrikas gegessen. Manche Araberstämme sammeln die Heuschrecken, trocknen sie an der Sonne und zerstoßen sie dann in Mörsern, um sie mit Kamel- milch und süßen Datteln zu mischen. Sonst werden sie auch in Salz- wasser gekocht wie bei uns die Krabben. In Brasilien und Mexiko ißt man die roten Ameisen geröstet, bisweilen aber auch getrocknet und zerrieben als Gewürz.

Spinale �Kinderlähmung

Die spinale Kinderlähmung, eine der gefährlichsten und unheim- lichsten Krankheiten des Kindesalters, ist eigentlich erst eine Geißel d«s 20. Jahrhunderts. Borher waren auch wohl vereinzelte Fälle aufgetreten, aber in so langen Abständen, daß höchstens der Ortho- päd« etwas von diesen Erscheinungen wußte. Mit einem Male aber änderte sich der Charakter der Krankheit. Sie trat in großen, schreckenerregenden Epidemien und Endemien aus und zeigte sich als wahre Volksseuche in den Ländern der weißen Rasse, in Schweden , Norwegen . Deutschland , Oesterreich, den Ver- einigten Staaten und Kalifornien , wo eine epidemische Welle auf die andere folgte. Die Wandlung der früher nur vereinzelt aufgetretenen Krank- heit zur ansteckenden Seuche gab den Anlaß zu ihrer näheren Er- forschung und führte zu dem Ergebnis, daß es sich bei den Kinder- lähmungen um eine auch durch gesunde Zwischenträger übertragene Infektionskrankheit handelt, die an den Verkehrswegen entlang sich ausbreitet und in den betreffenden Orten in Gestalt von Herden auf- tritt. Oft beschränkt sie sich auf ein einzelnes Haus oder einen Kom- plex benachbarter Häuser, wobei das platte Land im allgemeinen stärker betroffen wird als die Städte. Di« Natur des Erregers ist bis heute noch nicht völlig geklärt. Sicher ist nur, daß er im Gehirn und Rückenmark derErkrankten enthalten ist. Der unheimliche Charakter der Erkrankung tut sich nicht nur darin kund, daß sie mit Vorliebe junge Kinder, ja, oftmals Säuglinge befällt, sondern vor- nehmlich darin, daß die Krankheit sich ganz plötzlich, mitte» im völligen Wohlbefinden, meldet und die Kinder aus fröhlich st em Spiel herausreißt. Wie ein belie- biges akutes Leiden beginnt sie mit Fieber, Unruhe und Erbrechen, an das sich bald allgemeine Benommenheit und Schlafsucht schließen. Das Kind liegt immer mit geschlossenen Augen, gerötetem Gesicht, teilnahmslos da. Blickt es auf, so stiert es gerade vor sich hin; Zuckungen überlaufen das Gesicht; allgemeine Krämpfe stellen sich ein und mitunter heftige Schmerzen in Armen und Beinen. Das Fieber ist nicht ganz hoch, etwa 39,3 Grad, und hält oft nur eisten oder zwei Tage an. Erst nachdem es abgeklungen ist, merken die Eltern zu ihrem Schrecken, daß das Kind gelähmt ist. Und wenn auch die total« Lähmung allmählich zurückgeht, so bleiben in fast allen Fällen auf einzelnen Muskelgruppen beschränkte Lähmungeerscheinungen zu- rück. Viele Fälle verlaufen auch tödlich. Eine ganze Reihe verschiedener Behandlungswege find seit einigen Jahren angesichts der letzten großen Epidemien beschritten worden, mit wechselndem, niemals aber gesichertem Erfolge. Wäh- rend der Leipziger Epidemie>927 wurde vielfach Rekonvaleszenten- serum angewandt, wobei nach Möglichkeit Blut vdn drei verschiedenen Genesenden oerwandt wurde. Die Resultate gestalteten sich ziemlich günstig, sobald die Krankheit rechtzeitig erkannt wurde und die Be- Handlung gleich in den ersten Tagen einsetzte. Petit am Pariser Pasteurinstitut ging andere Wege: Stücke vom Rückenmark infizierter und getöteter Affe» wurden in Glyzerin aufbewahrt, dann gewaschen, in einen Brei überführt und einem Pferd eingespritzt. Diesem Pferde wurden dann alle drei bis vier Monate einige Liter Blut entnommen. Das Serum wird von den Bshring-Werken!n Marburg vorrätig gehalten, kann also schon bei den zuerst Betroffenen einer Epidemie Anwendung finden, wenn noch kein Rekonvaleszentenserum vorhanden ist. Die Serumeinspritzungen haben natürlich nur Zweck im ersten fieberhaften Stadium der Erkrankung. Daran schließt sich im all­gemeinen eine mit Diathermie kombinierte Röntgenbehandlung: das wichtig st e aber bleibt die Nachbehandlung des

späteren chronischen Lähmungszustandes: vorsichtig« Massage und eine vorsichtig« elektrische und orthopädische Uebungs- behandlung, eine ärztlich geleitete aktive und passiv« Bewegung?- behandlung. Gegen das Austreten der Seuche können wir uns nicht schützen, einer Sturzwell« gleich überflutet eine epidemische Welle spinaler Kinderlähnrung einen Häuserblock, einen Landstrich, ein ganzes Volk. Wir können nur einiges dazu tun, das Umsichgreifen der Seuche ein- zudämmen. Im Säuglingszimmer eines Kinderheims erkrankten einmal während einer Epidemie sämtlich« dort untergebrachten Säug- ljnge, wie man später feststellte, infolge Verabreichung der Milch einer kranken Kuh. Der Gesundhaltung des Darms ist also in Ge- genden und zu Zeiten, in denen Kinderlähmung auftritt, besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Ebenso müssen aus Kinderheimen und Internaten beim Auftreten der Krankheit sofort alle noch nicht an- gesteckten Kinder entfernt, die infizierten dagegen in strenger Quarantäne gehalten werden. Erst ein noch sicherer wirkendes Serum aber wird uns der launenhaften Krankheit gegenüber wirk- kamen Schutz verleihen!

Safcha Xofenlhal:

tröiüicher Wo ist mein Vati?" fragt der Dreijährige die Mutter. Die anderen Kinder haben einen Vater. Also muß er doch wohl auch einen haben. Und er will ihn haben. Der Vater ist verreist", sagt die Mutter.Eines Tages wird er kommen." Aber der Kleine soll nicht wissen, daß der Vater im Gefängnis ist. Wann isteines Tages"? Ist es morgen? Ist es über- morgen? Das Kind schläft ein und wacht auf. Den nächsten Tag, den übernächsten und es muß erfahren:eines Tages" ist nicht morgen und nicht übermorgen. Es ist noch lange, lange nicht. Es ist, als ob es nie sein würde. Viele, viele Tage sind nun schon um, und noch immer will der Vati nicht kommen. Ja!Eines Tage" liegt weit, weit weg und verliert sich in unabsehbare Fernen. Als das Kind zur Welt kam, war der Vater bereits im Ge- fängnis. Nun ist der Kleine dreiundeinhalb Jahre alt, und endlich erhält der Vater Urlaub heinzukehren zu Weib und Kind für kurze Zeit. O der Jubel, der Jubel! Endlich ist er da, der so sehnsüchtig erwartete Vati! Sein Vati! Eine Familie verlebt glücklichste Tage. Die Frau hat dem Mann verziehen, und sie hat ihn wieder, und er hat sie wieder und hat ein glückliches Kind, und sie haben einander alle drei.- Dieser große Vati, was der nicht alles kann. Er kann mit einem lachen und spielen unfeinen hochschwingen und alle Fragen beantworten und das kaputte Spielzeug wieder ganz machen. Und er hat gemacht, daß die Mutti froh ist. An ihm emporklettcrn kann man und auf seiner Schulter sitzend fast die Decke mit den Armen er- reichen. Und dann ist die Mutti s o klein und die Stube und alle Dinge so interessant und so komisch von oben gesehen. Auch auf Vaters Knien zu sitzen und sich schaukeln zu lassen ZumHopp hopp Pferdchen" ist eine gar feine Sache. Das Kind kann sich kaum finden vor Glück. Und immer wieder muß es aussprechen:Ach, undeines Tages" ist endlich gekommen und der Vati auch." Vater und Mutter hören das Kind ihr Glück unterstreichen und lächeln. Aber es ist ein Lächeln der Wehmut. Nur sie wissen, daß diese Begegnung den Abschied in sich birgt. Und eines Tages wieder spricht der Bater vom Fortfahren. Der Kleine ist nicht traurig. So fährt er eben mit dem Vati. Was anderes kann er sich gar nicht denken. Wie könnte es auch möglich sein, daß er