lUax-Dorf 11:
Steife durch W
3>oH in Auilralien
Seht ihr den schwarzsilbemen Schwan — auf goldenem Grunde? Das ist das Wappen vom Bundesstaat Südaustralien . Zweimal so groß als ganz Deutschland , dieses Südaustralien — aber es hat nur 600 000 Einwohner, die Hälfte davon wohnen in der Landeshauptstadt Adelaide . Ei, was is denn los mit diesem Lande? So groß und so wenig Einwohner? Hat das Land keine Bahnen? Ja, Bahnen sind da. Zwei große Lahnen durchschneiden Südaustralien . Einmal die von Port Augusta — nach Port Darwin in Nordaustralien vorstoßende Süd-Nord-Kontinentalbahn, die in fünf Jahren vollendet sein wird(der Telegraph ist schon längst gezogen)— und dann die West-Ost-Transkontinentalbahn, seit 1S17 vollendet— von Fremnitle-Perlh in Westaustralien nach Adelaide , Melbourne und Sydney in Ostaustralien. Diese Bahnstrecke ist die große Blutarterie Australiens . In Fremantle laufen die schnellen Postdampfer aus Europa und Bombay und Singapur ein, die Eildampfer von Marseille und Brindisi geben ihre Post in Fremantle ab— von da sausen die Transkontinentalexpreßzüge mit der Post von London »ach Melbourne und Sydney . Der Landweg kürzt ab. Die Post fliegt immer die kürzeste Linie: zwischen zwei Punttenl Our. Ja. Pes. Stimmt. Aber Südaustralien , warum fehlen die Menschen? Darum, weil das Land noch zu jung ist. Erst seit 1836 ward es von England aus besiedelt. Erst vor hundert Jahren ward es britische Kolonie. 1856 bekam Slldaustralien ein« eigene Per- fassung, und anno 1901 reihte es sich in den australischen Bund als autonomes Staatengebilde ein. Südaustralien ist jung, aber es hat Demokratie und Freiheit. Es ist ein glückliches Land. Nur eins fehlt— die Menschen, Mensche», Menschen. Doch sie werden kommen! Sooo, weiter.— Hier sind wir an der Bahnstrecke Perth — Adelaide . Hier sind wir an der Bahn- und Wasserstation Pidinga— mehr als hundert Kilometer von der Küste. Das Land ist wasserarm, nur artesische Brunnen geben Wasser, und artesisch« Brunnen wollen gegraben sein: das braucht Zeit und Technik und Geld und Arbeits- kraft. Aber die Zeit ist geduldig— Slldaustralien wird erschlossen, Grundwasser ist da, dos ist die Hauptsache, alles andere bringen die Menschen schon in Schwung— Kultur und Fruchtbarkeit. Der Mensch kann vieles— zwar nicht alles— Slldaustralien wird dereinst von vielen Millionen Menschen bevölkert sein, es mögen ruhig ein oder zwei Jahrhunderte drüber hingehen— das Zeitalter der sozialistischen Weltgemeinschaft wird SUdaustrolien für gelbe und braune und weiße Völker zu einem Gartenparadics uneschofsen. Grundwasser ist der goldene Schlüssel— Wasser ist der Feind der Steppen und Wüsten. Wir schließe» durch den Wasserschlüssel die Tore des sandigen und salzigen Südaustraliens auf. Nur Zeit, nur ZeitI Ja, hier sind wir auf der Post-, Bahn- und Wasserstation Pidinga, Zluftraiien-Süid. Durch die Blaudäum« braust der Monsun- wind, vom Großen Ozean herauf. Es Ist australischer Winter, der Wind ist feucht und fruchtbar. Schafe und Rinder gehen auf den Weiden — große Herden, viele viele taufend Stück. Pidinga-Post: South Australia . Stehst du dort das rote Auto? Ei, gewiß s«h«n wir das, ein alter klapperiger Kasten, das rote Auto dort. Des, unser Postauto, wohl alt— aber immer noch brav im Lauf. Dieses rot« Postauto bringt Briese und Pakete auf die weit verstreuten Farmen, an die artesischen Brunnensiedlungen, bis an die Küste hinab. Und einmal im Monat fährt unser rotes Postauto nord- wärts, hin ins No Man's Land. Was du nicht sagst? Nv Man's Land? Niemands Land? Gibt es denn sowas noch auf dem übervölkerten Stern Erde? Pes, Lire, in Südaustraiien gibt es ein No Man's Land, ein Niemands Land, viermal so groß als Sachsen ist es— und nur ein paar hundert Menschen bewohnen dieses Land, noch nicht lange, früher war überhaupt keiner da, noch vor fünfzehn Jahren war No Man's Land vollkommen menschenleer. Und nu; comc on, steig ein, ins rote Postauto: Wir fahren nach Ouldabinna, zweihundert Kilometer nordwärts, Fahrt mit Post und Zeitungen ins No Man's Land..All riglit, gib Gas. Wir saufen. Eukalyptenbäumc. Verstreute Gruppen. Weideland. Rinder. Steppe. Schafe. Und dann nichts mehr. Wir fahren keine Straße— wir sind schon im No Man's Land drin, wir fahren durch einen Ereek, der ist unsere Straß«, ein ausgetrockneter Flußlauf— wenn's alle halbe Jahr mal regnet, droben, im Bergland vor uns. dann ist dieser leere Fluß, und Steingrund ein reißender wilder Strom. Ab«r bald dörrt er aus— und er versackt in die Tiefe, ins große australische Reservoir, Grundwasser ist da, welch ein Glück!
Das rote Postauto von Pidinga. Es geht durch Busch. Durch den Strub. Dichtes Akaziengesträuch und harter Dornbusch— da guck, die Beutelratten, wie sie hüpfen I Busch, Skrub,— mit der Axt ist so'ne Art Lichtung hindurchgeschlagen, über Baunsttumpen holpert unser alt«s rotes Auto: Post ins No Man's Land! Im Gebirge. Noch hundert Kilometer Fahrt. Brunnenstation. Und verlassene Minen. Kupferminen, die sich nicht mehr rentieren. Kupfer war zu billig. Und die Arbeitskraft ist teuer. Im Gebirge Ooldea-Ranfge, South Australia . Di« Luft ist klar und gläsern, grün ist die Luft, und heißer Wind steht nun von Norden her, herab von den Salz- und Sandwüften des ineren Australiens . Weiter, mit der roten Post, das Auto, Fahrt ins No Man's Land. Das Gebirge flacht ab. Salzsteppe, ohne Straße saufen wir über das verdorrte Stachelgras, über den Tcppich des Spinifexgrafes. Rings am Horizont sehen wir vereinzelte Baumgruppen, die Steppeneichen— wir passieren so eine Baumgruppe— in rasender Flucht hüpft eine Herde Känguruhs davon— burrz- up, wie sie springen, di« Langbeiner, die Kingoroos— Flucht vor der Post, das rote Auto. Jetzt find wir mitten im No Man's Land drin— natürlich— keine Menschen. Ab?r Salz— viel viel Salz, wir sind im Gebiet der ausgetrockneten Salzseen. Unten drunter ist süßes Grundwasser, filtriert. Das Gfück wartet auf die Menschen. Salz gibt als Mutter- lauge— Dünger! Die Salzgebiele, teils noch versumpft, aber fieberfrei, Schnabeltier und Straußenvogel Emu haben hier ihr ungestörtes Paradies— huuu, diese flinken Eidechsen. Und der wilde Fuchshund, der braune Dingo: der scharf« Jäger auf die Kaninchen! Im Schachtelholmbaum lärmen di« weißen Kakadus. Salzgebiete im No Man's Land. In hundert Jahren ist hier olles von Menschen kultiviert, vielleicht— schon früher. Kalt, Salzlauge, Schieferstaub und Granitsand— und süßes Grundwasser dazu, es gibt keinen besseren Mutterbcden, eine glückliche Mischung. Zeit und Menschen— sie werden aus No Man's Land, aus dem Kein Mann's Land— ein Viel Mann's Land schaffen. Jawohl— da» wird! Die erste Kultur ist unser Auto, die rote Post. Am Ziel, in der„Hauptstadt" von No Man's Land.— In Ouldabinna, eine Siedlung von etwa 100 Pionieren. Mit Familien. Ehemalige Kupferbergleute aus dem Ooldea-Gebirge. Hier haben sie sich angesiedelt— die einstig«» Bergleute — artesische Brunnen— Gärten mit Obst und Gemüse und Reben— Viehweide: vom Grundwasser: auf den Steppen die Schafherden. Export von Wolle und Fellen, per Auto an die Bahnstrecke— nach Pidinga. Ouldabinna, erste Siedlung im Kein Mann's Land. Wir sitzen bei der Postmeisterin zu Gaste, beim dustenden Tee und beim ge- räucherten Honmielschinken. Miß Lily, dreiundzwanzig Jahr« alt— Postmeisterin und Lehrerin In der Kolonie Ouldabinna. Dreißig Kinder. Dreißigtousend Schafe. 185 Mämur, 185 Frauen— 10 Brunnen und eine Poststation. Die erste Kultur in Kein Mann's Land, dreihundert Menschen— in einem Gebiet: groß wie viermal Sachsen . Soo, thank you. Miß Lily— Donk für di« gute Gastlichkeit— den Posbbeutel her, und Wolle und Felle nehmen wir mit— und auf Wiederschauen nächsten Monat, da bringen wir euch wieder einige Pack neu« Zeitungen, eure einzige Berbindung mit der groß«» weiten Welt. Ouldabinna im No Man's Land, die Siedler sind frei und sie werden reichlich satt— und dennoch: sie sind nicht ganz glücklich— sie haben im Herzen eine tief« Sehnsucht, Sehnsucht auf andere Menschen. Sehnsucht auf Mensch«» hat das ganze weite Salz- und Steppenland— das No Man's Land tritunt schon von seinem der» einstigen fruchtbaren Erwachen. Millionen von glücklichen Menschen werden hier leben— Bahnen, Straßen, Baumwolle, Weiden, Rinder, Butter, Mais, Weizen— die erste, Kulturoevbindung ist da, die rote Post— das Auto von Pidinga nach Ouldabinna— einmal im Monat kommen die Briese. No Man's Laird ist bereits ein Post- land— der erste Schritt zum Viel Mann's Land ist getan. Wir fahren im roten Auto, die Sterne gel)«,, auf— über uns leuchtet das Südliche Kreuz: das Wahrzeichen am Himmel der australischen Nacht— in den Sternen steht das Schicksal der Menschen: Gesetz, Fortschritt, Schönheit, Wandel! Alles stießt. In der Tiefe fließt das Grundwasser— am Hnmnel fließen die Stern«. Welch ein Glück, zwischen all dem als arbeitender Mensch mit zu fliehen. Wir sausen— die Post!
3>r. Wilhelm Stmso:
Organifalionen des Sichfindens
Wie alles in dieser Welt ist auch das„Sichfinden" für die Lebensgemeinschaft der Ehe organisiert. Es gibt eine ganze Reihe von Organisationen, die sich darum bemühen, ihren Mitglieder» geeignete Gatten oder Gattinnen zu verschaffen. Fast alle arbeiten sie mit„Listen", Herren- und Damenlisten, die in regelmäßigen Ab- ständen den Heiratslustigen zugehen.„Unsere regelmäßig erscheinen- den Listen bringen jedesmal eine neue reichhaltige Auswahl von Ehegesuchen mit Angaben über Person. Charakter und Vermögen. so daß«in jeder, der heiraten will, in unseren Listen den ihm zu- sagenden Ehekameraden finden muß," heißt es in dem Prospekt einer dieser Organisationen. Zweifeln Sie?„Zahlreiche Anerkennungs- schreiben" bezeugen es:„Ihre Art der Vermittlung gefällt mir über- aus und� habe ich die Hoffnung, durch Sie zum Ziele zu kommen, nachdem schon verschiedene Versuche fehlgeschlagen sind," schreibt ein Pfarrer, der offenbar hier den letzten Versuch macht.„Ich bin aus- richtig erfreut, in ganz kurzer Zeit eine große Anzahl Angebote erhalten zu haben, darunter mir eine Dame ganz besonders zusagte und es bestimmt zu einer baldigen Eheschließung kommen wird!" schreibt ein„selbständiger Kaufmann aus Berlin-Schöneberg ", zwar in nicht ganz einwandfteiem Deutsch, aber es kommt offensichtlich von Herzen. Auch on ermunterndem Zuspruch lassen die Listen es nicht fehlen. Oben oder unten auf jeder Seite steht ein Verschen oder eine Mahnung, die dem Sichfinden dienlich sein können.„Das Glück ist die Liebe, die Lieb' ist das Glück. Ich Hab' es gesagt und nehm's nicht zurück."—„Porto zur Weiterleitung von Brieden immer nur lose beilegen!"—„Krone des Lebens, Glück ohne Ruh', Liebe bist du!"—„Zögern Sie keine Minute und senden Sie un» den An- «eldeschein noch heute zu!"—„Es gibt kein Glück durch die Liebe a�in der Ehe."
Die Damen werden getrennt von den Herren registriert. Die Einheiraten werden gesondert aufgeführt. Man macht konkrete An- gaben, denn man ist unter sich und braucht nichts zu verheimlichen. Es fällt schon etwas aus dem Rahmen, wenn eine heiratslustige Dame die unkontrollierbare Bemerkung nicht unterdrücken kann, sie sei„der Sonnenschein" in ihrem Elternhause. Meist bleibt man sachlich auch bei der Charakterangabe— sowohl bei der eigenen wie bei der Ausmalung dessen, den man sucht. In der Regel ist man „gebildet" oder„mit Herzensbildung", manchmal auch— zumal die Damen —„wirtschaftlich und musikalisch", eventuell auch„mit Sinn für alles Schöne". Selbstverständlich ersehnt man eine„harmonische Ehe". Aber damit ist die Kennzeichnung des seelischen Tatbestandes meist auch schon erschöpft. Detaillierter Ist dann die Angabe der äußeren Merkmale. Die Damen, wenigstens soweit sie über 26 sind, sehen fast durchweg„bedeutend jünger" aus oder sind„von jugend- licher Erscheinung". Sonst die üblichen Angaben: die Größe in Zentimeter, die Farbe der Augen und des Haares, die Schlankheit oder die Vollschlankheit. Sehr häufig wird auch chie Maximalgröhe des Zukünftigen angegeben: eine ostfriesische Haustochter, 1,50 Meter groß, hat sich in stiller Stunde ausgerechnet, daß der Freier nicht größer als 1,70 Meter sein darf, und es steht zu besürchten daß sie Ihm mit gezücktem Zollstock entgegentreten wird. Eine vollschlanke Bremerin zu 1�65 Meter sucht einen Partner nicht unte- 1,65 Meter und 500 Mark im Monat: eine sechsundzwanzigjährige Haustochter, 1,72 Meter groß, wäre schon zufrieden, wenn der Mann wenigstens 1,60 Meter groß wäre. So kompliziert ist das Leben. Aber am kompliziertesten ist e» doch in Sachen des Geldes. Da heißt es aufpassen, wenn man nicht sehlgreifen will. Eine schuldlos geschiedene' Fünfundzwanzig««!» aus dem Allgäu besitzt 10 000 Mark,
zwei reizende Knaben und Möbel-, daraufhin beansprucht sie, daß der Gesuchte ideal denkt und in guter Levensstellung ist. Eine edel- gewachsene Kunstgewerblerin, im Haushalte tüchtig, von ernst- heiterem Wesen(auch das gibt es...), bietet 300 Mark monatlich und später 50 000 Mark, wofür sie einen„gediegenen Mann" ver- langt. Eine mecklenburgische Generalswitwe, bedeutend jünger aus- sehend, mit Pension und Zinsgenuß, sucht einen distinguierten Herrn, der aber kein Mitgiftjäger sein darf, sondern im Gegenteil 8000 Mark im Jahr« verdienen soll. Und außerdem noch Neigungsehe. Die Herren schreiben häufig:„Damen ohne Bubikopf bevorzugt." So sind die Männer: die verschiedenen Freundinnen vor und neben der Ehe können den Bubikops gar nicht keß genug haben, aber der künftigen Gattin kann der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Dutt nicht hoch genug Mgen. So sind die Männer. Im übrigen: Vermögen erwünscht, jedoch nicht Bedingung. Häufig ist es aber bedingungslos erwünscht. Ein älterer Apotheker mit eigenen Erfindungen sucht zur Ausbeutung dieser Erfindungen einige tausend Mark in bar und eine Dame möglichst ohne Bubikopf. Ein Fabrikant im Anhaltischen sucht eine Dame mit etwa 10 000 M. und einem branchekundigen Schwiegervater Neben den alltäglichen Organisationen gibt es auch solche, die sozusagen überm Alltag stehen. Meist sind sie auf eine Reform ein- geschworen, auf irgendeine Heilslehre, und suchen nun die Verbin- düngen herzustellen zwischen den Anhängern. Fast immer spielt der Sternenglaube eine gewichtige Rolle, und deshalb ist auch tn den Gesuchen sehr häufig angegeben, unter welcher Konstellation man geboren ist.„Jungsraugeborene Merkur",„Sonne— Widder— Löwe",„Horoskop zum gegenseitigen Austausch vorhanden"— so oder ähnlich heißt es da. Im übrigen betont man das Seelische mehr und benennt es mit den ausgefallensten Vokabeln. Der Stil ist inniger als etwa der in den Heiratsannoncen der Zeitungen.„Mein Glaube an das Gute im Menschen ist unerschütterlich", beginnt da eine zweiunddreißigjährige Vegetarierin. Ein„Bewegungs- und Empfindungs-Typ" weiblichen Geschlechts schreibt ausdrücklich:„liebt seelisch".—„Wo lebst Du, liebes Mädchen, komm, gib mir Deine Hand—", leitet ein Erziehungsgehilfe, 1,60 Meter groß, sein Gesuch ein. Ein Direktor mit 26 000 Mark Jahreseinkommen möchte eine Ehe ausgerechnet im Geiste der Lehre Bo Pin Ra's führen. Ein siebenundzwanzigjähriger„Mystiker und Naturfreund" mit beträcht- lichem Vermögen sucht eine Lebensreformerin, die nur zwischen 19. Februar und 19. März. 20. April und 20. Mai, 23. Oktober und 21. November geboren sein darf. Ein„Vegetarier und Lichtmensch", im Elektrofach tätig, also in jeder Beziehung ein Lichtmensch, möchte mit einem blau-blo«den Mädel ein Stück Heide besiedeln. Ein junger Lebensreformer sucht„für sein vollständig fertiges Nestchen ein braves Frauchen", was voraussichtlich eine etwas kitschige Angelegen- heit werden dürfte. Ein schuldlos geschiedener Frischköstler sucht eine Ehetameradin: Siedlerin oder Reformverkäuferin bevorzugt, aber nicht Bedingung. Jemand wünscht eine vollschlanke und blauäugige Blondine kennenzulernen, die„dem Lichtgedanken huldigt". Blond, blauäugig und vollschlank sind überhaupt die drei gefragtesten Attribute. Die Seele allein tut es also auch in diesen Bezirken nicht. Und nicht zu vergessen: die älteren Damen sehen auch hier bedeutend jünger aus!_ fteichlümer am Vleeresgrunde Die Nachricht, daß es den Tauchern des italienischen Bergung-- schiffes„Artiglio II" gelungen fei. den Schiffstresor der „C g y p t" zu sprengen, die vor neun Jahren im Nebel der bre- tagnischen Küste, von einem Lastschiff gerammt, mit angeblich einer Million englischen Pfunden In Gold und Silber an Bord, gesunken ist, ruft die Erinnerung an die zahlreichen vergeblichen Versuche, den Meerestiesen versunkene Schätze zu entreißen, wach. Durch mehr als drei Jahrhunderte hielt das Kriegsschiff der spanischen Armada„A l m I r a n t e de F l o r e n c i a", das im Jahre 1588 in der Tobermory-Bay an der Küste Schottlands gc- scheitert war, das Interesse der Schatzsucher der Tiefe wach, da man annahm, daß es mit dem Kriegsschatz der stolzen Flotte Spaniens gesunken sei. Auch zwei Frauen beteiligten sich vor wenigen Jahren an der Schatzsuche, und ein Abgeordneter des englischen Unterhauses hat einmal erklärt, er wolle seine Osterferien damit verbringen, der Reichtümer des„Almirante de Florencia" habhaft zu werden. Unweit der Küste der Bretagne wurde im Jahr« 1917 die„E l i- z a b e t h v i l l e" von einem deutschen II-Boot torpediert. 10 000 ungeschliffene Diamanten, die gesamte.Jahresausbeute des belgischen Kongos— so sagte man—, befänden sich in einem Safe im Schiffs- körper. Die belgische Regierung finanzierte die Bergungsarbeiten. Ein Jahr wurde mit dem Absuchen des Meeresgrundes zugebracht. Jubel herrschte, als man das Wrack endlich auffand, und noch grö- herer, als es nach übermenschlichen Anstrengungen gelang, das Safe an die Oberfläche zu bringen. Es wurde an die Küste gebracht und in Gegenwart von Vertretern des belgischen Staatsschatzes feierlich geöffnet. Es enthielt— etwa 300 belgische Fronten in Banknoten und vier englische Sovereigns in Gold. Noch harrt das Wrack der„Lutina", die im Jahre 1799 mit Mann und Maus und angeblich Goldbarren im Werte von 30 Mil- lionen Mark vor der holländischen Küste unterging, des erfolgreichen Schätzesuchers. Immer wieder hat man versucht, ihre sagenhaften Reichtümer der Tiefe zu entreißen. Der einzige Erfolg war— vor mehr als 70 Jahren— einem niederländischen Kapitän beschieden, dem es gelang, die Schiffsglocke an die Oberfläche zu bringen. Er machte sie L l o y d in London zum Geschenk, und jedesmal, wenn dort die Nachricht von einer Schiffskatastrophe eintrifft, oder ein Schiff als lange überfällig aufgegeben wird, ertönt unheilverkündend das Läuten der Schiffsglocke der„Lutina". Den verlockendsten Schatz birgt zweifellos der White-Star- Dampfer„L a u r e n t i c", der 19l7 an der Nordküft« Irlands torpediert wurde— mit 300 Menschen, die den Ertrinkungstod fanden. Die„Laurentic" hotte etwa 7 Millionen englische Pfund an Bord, und mehr als fünf Jahre währender Bergungsversuche tonnte nur ein kleiner Teil dieses gewaltigen Vermögests geborgen werden. Kein Taucher dagegen ist noch bis zu den gewaltigen Wracks der„A r a b i c" und der„L u f r t a n i a", deren Torpedierung durch deutsche II-Boote den Eintritt der Vereinigten Staaten in den Welt- krieg entscheidend mitbestimmte, vorgedrungen. Beide Schiffe hatten sehr große Beträge in Gold und Silber an Bord, aber allzu tief sind die Wellengräber der beiden Dampfer, als daß Bergungsversuche heute Aussicht aus Erfolg hätten. Wohl sir�d die amerikanischen Forscher William B e e b e und Otis B a r t o li bei den Bermudas- Inseln in eine Meerestiefe von 442 Meter, tiefer als j« ein Mensch zuvor, hinabgestiegen. Aber ihr Unternehmen diente der Wissenschaft und nicht der Schätzesuche. Gewaltige Glasplatten gestatteten ihnen wohl einen ungehinderten Ausblick, aber nicht die Berührung irgendeines Gegenstandes der Meerestiefe. Hätten sich die beiden auch unvermutet einem Goldschatz wie dem der Bank von England gegenüber gesehen, sie wären doch nicht imstande gewesen, auch nur eines Pfennigs Wert an die Oberfläche zu bringen. Die Technik muß erst eine Taucharbeit schaffen, der die Erreichung großer Meeres- tiesen und Tiefenarbeit zugleich ermöglicht, damit sie dem Meeres- gründe seine Schätze entreißen kann. L.K.