noch einmal die Elbe da, dort in Magdeburg , wo die Barteigenoffen qus der Festung eine Wohnstatt gemacht haben. Diese Erinnerungen find für emig eingeschlossen in die Herzen der jungen Wanderer, und tach zwanzig Jahren wird der Hradschin oder die Nudelsburg oder der Naumburger Dom noch vor ihnen stehen wie am gestrigen Tag. Da faßen in Berlin ein junger Tischler und ein junger Buchdruder und das Gespräch fam auf Kopenhagen . Ach, Kopen hagen , da hatten wir uns mal verlaufen," sagte der eine ,,, wir famen vom Tivoli und fanden nicht mehr in unfer Quartier. Dann fragten wir einen Dänen nach dem Weg, der nahm uns bei der Hand, führte und fagte ihm, wo er uns hinausschmeißen sollte. So find die Dänen. Giner, der schleppte uns in seinen Keller, da hatte er einen kleinen Heizkessel für seine Zentralheizung. Alles zeigte er uns, von oben bis unten, sicher dachte er, die Deutschen heizen noch mit Torf. Und meißt du, das mit den Fahrrädern, das gibt es wohl nirgendwo mehr auf der Welt, kein Mensch nimmt die abends mit ins Haus, draußen, an die Bäume gelehnt, lassen sie ihre Räder stehen. Fahrrad und Motorrad gleichermaßen. Am nächsten Morgen steht noch alles da. Ganz ehrliche Leute sind das." So erzählten sie vor der Tür ihrer Stempelstelle.
Die Leute vom Mordsturm 33
Alle Angeklagten der Täterschaft überführt
uns zur Straßenbahnhaltestelle, gab dem Schaffner das Fahrgeld der Angeklagten prallen an den Tatsachen, wie sie sich wirklich abge- luchungsrichter die Situation mit voller Bestimmtheit dargestellt. Er
spielt haben, ab. Wenn irgendein nationalsozialistischer Totschlagsprozeß die Gefahr der Naziverkehrslokale für die öffentliche Sicherheit und Ordnung offenbart hat, so dieser.
Hier waren nicht Andersdenkende die Opfer des SA.- Ueberfalles geworden. Die Mitglieder des SA.- Sturms 33 und die Mitglieder des Sparvereins, zu dem der angeftochene Riemenschneider gehörte,
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Der vierte Prozeß gegen den Mordsturm 33 geht| Domning mit von der Partie sein: er schoß auf Riemenschneiders seinem Ende entgegen. Die Hauptzeugen find bereits vernommen, Kollegen Liere. der Sachverhalt ist hinreichend geklärt, die Berdunkelungsversuche Dr Angeklagte Friede hat bei der Polizei und beim Unterhat geschildert, wie Foyer auf Riemenschneider eingestochen, mie er auf ihn geschoffen hat. In der Gerichtsverhandlung dichtet er aber das Messer dem großen Unbekannten zu und will nicht wissen, wer den Schuß abgefeuert hat. Foyer beruft sich auf einen patholo gischen Rauschzustand: was an jenem Abend gewesen, fönne er nicht sagen. Er ist von Aerzten wiederholt untersucht, sechs Wochen in der Irrenanstalt Wittenau beobachtet morden, das Alkoholexperiment ist negativ ausgefallen. Laut Gutachten der Sach. verständigen ist er für seine Taten verantwortlich. Franz Domning haben aber seinen direkt gegen Liere ausgestreckten Arm gesehen. Der angeklagte Führer des Sturms 33, Hahn, hat es, wie bereits berichtet, vorgezogen, der Verhandlung fernzubleiben. Er befand sich in Haft. Das Landgericht hatte seine Haftbeschwerde ablehnend beschieden, das Kammergericht ihr stattgegeben. Jetzt wird man ihn lange suchen tönnen.
Anno 1950 werden sie vierzigjährige Männer sein. Wenn fie Heute Herbstfest des Reichsbanners in Schreckschüsse abgegeben haben. Einwandfreie Zeugen
sich dann wiedersehen und sie sprechen von Kopenhagen , meint einer: ..Ach, Kopenhagen , da hatten wir uns mal verlaufen. Wir waren den Abend im Linoli ." Bierzigjährige wandern nicht mehr. Die fahren nur noch abends wie morgens zur Siemensstadt oder nach Hennigsdorf . Darum muß man die 3manzigjährigen mandern laffen, alles dafür tum, daß sie es können.
Eine dunkle Tat.
Mord an einem zurückgekehrten Auswanderer.
Das rätselhafte Verschwinden eines vermögenden Mannes hat bei seinen Angehörigen den Berdacht aufkommen lassen, daß er ermordet und beraubt worden fei. Wir erfahren dazu: Im Jahre 1902 wanderte aus Burtersdorf in Sachsen der gelernte Fleischer Mag Turpe, ein Mann von damals 18 Jahren nach Amerita aus, um dort sein Glück zu machen. Es muß ihm auch gelungen sein, denn im März 1930 schrieb er nach Deutschland , daß er sich rund 20000 Mart erspart habe und jetzt in die Heimat und zu seinen Leuten zurückkommen wolle. Bergeblich wartete die Familie auf seine Ankunft oder ein weiteres Lebenszeichen, sie hörte nie wieder etwas von dem Auswanderer. Nach langen Nachforschungen fonnte man endlich feststellen, daß Türpe im April 1930 mit einem gewissen Walter 2. zusammengetroffen war. L. verbüßt zur Zeit eine langjährige Zuchthausstrafe. Er hat die Bekanntschaft mit Türpe zwar zu gegeben, leugnet aber, ihn beraubt und ermordet zu haben. Das soll vielmehr ein aus Pirmasens gebürtiger Wilhelm Glominka getan haben, der mit Türpe und L. zusammengewefen ist. Glowinkq fonnte über die Beschuldigung nicht mehr befragt werden, da er fich im Mai 1930 erschossen hat. Ob 2. tatsächlich über den Verbleib des Fleischers nichts weiß oder abfichtlich mit der Wahrheit zurückhält, hat sich nicht feststellen laffen. Es foll aber eine Freundin des erschossenen Glowinfa, die sich in Bolen eufhält, genau Bescheid missen. Diese Frau war bisher nicht zu ermitteln. Nach den letzten brieflichen Angaben des Türpe müßte er im April oder Mai in einem deutschen Seehafen angefommen jein. Der Name des Schiffes, des er benust haben tönnte und der Landungshafen sind den Angehörigen nicht bekannt.
Nachmittags um 15 Uhr, im Stadion an der Avus Programm: Aufmarsch der Wassersportler, leichtathletische Weitkämpfe. Um 16 Uhr marschiert je eine Kameradschaft Schufa und Jungba auf, die Radfahrerformationen schließen sich an. Uebungen der Sanitäter und der Aufbau eines Zeitlagers vervollständigen das Programm. Außerdem 10- Kilometer- Gepäckmarsch, Handballspiele. Aufzug von 1000 Spiellenten und großer Fackelreigen mit Feuerwerk und Zapfenstreich.
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hatten gegenseitig Besuche abgestattet-jelbst noch in der Tatnacht Dom 31. Januar zum 1. Februar. Die Sparvereinler gerieten aber in den Berdacht, kommunistisch zu sein; die SA.- Leute hatten in jener Nacht eine Menge Bierstiefel gefeert, so angefeuert stürzten sich Foyer und Friede ohne jeden Grund auf den friedlich dasich Foyer und Friede ohne jeden Grund auf den friedlich da hinradelnden Riemenschneider, Foyer versezte ihm drei Stiche. Als Grüneberg, der mit seinen Kollegen des Weges kam, dem bedrängten Riemenschneider zu Hilfe eilte, erhielt er von dem flüchten den Foyer den tödlichen Schuß. Natürlich mußte auch Konrad
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Auch in Schöneberg fam es am geftrigen Abend wieder zu Zusammenstößen. Hier versammelten sich gegen 7 Uhr vor dem nationalsozialistischen Berkehrslotal in der Steinmehstraße 45 mehrere hundert Kemmunisten. Anfangs begnügten sich die Demonstranten mit dem Abfingen von Liedern, bald machten sie aber Miene, das Nazi- Lokal zu stürmen. Inzwischen waren so starke Bolizeikräfte angerüdt, daß ohne bemerkenswerte Zwischenfälle die Steinmeßstraße von den Nandalierenden gefäubert werden konnte. Einige Zeit später sammelten fich in der Eisenacher Straße erneut ungefähr 80 tommunistische Demonstranten. Diese 30gen nach dem Lokal Danziger Boofte", das ist ein neues, vor furzem eingeweihtes Verkehrslotal der Nationalsozialisten in der Hauptstraße 116 in Schöneberg . Auf diefes Lokal wurden zwanzig Minuten nach 7 Uhr zwei Schüffe abgegeben, die allerdings niemand verlegten. Ein Beamter von einer zufällig verbeikommenden Bolizeistreife hatte aber den Revolverschüßen erkannt und feste ihm nach, mährend der andere Beamte angesichts der lebermacht der Kommunisten stärtere Bolizeifräfte herbeirief. Der verfolgende Beamte sprang über das Geländer der Straßenbahn und gab auf den fliehenden Schüzen drei Schüsse ab. Durch einen dieser Schüsse murde der Mann an der Mühlenstraße ergreifen fonnte. Es handelt sich um einen Baul Ferse vermundet, so daß der Polizeiwachtmeister ihn an der
Von den 787 Cholerafällen, die feit Anfang Auguft hier vor gekommen sind, haben 415 einen tödlichen Berlauf gemisch aus der Potsdamer Straße 26b. Inzwischen war das Ueber: nommen. Bier Fünftel der Todesopfer hatten eine Behandlung im brififchen Krankenhaus abgelehnt.
Heute lehter Tag der„ 3ba". Die Internationale 7. Büroaus ftellung( 3ba 1931) schließt am heutigen Sonntag endgültig ihre Pforten. Die Ausstellung ist von 10 bis 21 Uhr geöffnet.
Der Vorstand der Betriebskrankenkasse der Stadt Berlin erläßt im Inseratenteil dieser Ausgabe eine Einladung zur qußerordentlichen Ausschufizung am Freitag, dem 25. September, 14 Uhr, im Bertiner Rathaus.
WENN DER
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ROMAN
VON
KURSMAL
Foly Scherret
Wie frech die Tippje ist, mißbilligt Herr Ziege im Stillen. Der muß der Star gestochen merden. Wir werden überhaupt alle pon jetzt an leberstunden machen müssen", sagt er diftatorisch, als ob diefe Idee seinem Hirn entsprungen ist. Die Zeiten sind ernst. Ich muß mir mal ganz intensiu durch den Kopf gehen laffen, wer entlassen werden kann. Ich sage Ihnen das nur im Bertrauen, damit Sie einsehen, mie not emjige Arbeit tut. Sparen, liebes Fräulein, sparen! Auch in der Portakasse!" Herr Ziege blickt Fräulein Hinzelmann be deutungsvoll an, die rot anläuft und ein wenig die Faffung verliert. Es sind da kleine Mitteilungen als Briefe ins Ausland abgegangen, die auf einer Postkarte Plaz gefunden hätten, wie ich nachträglich aus der Kopie ersehen habe." Er firiert Fräulein Hinzelmann scharf.
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In der Stenotypistin sammelt sich Wut. So ein Aas! Den kleinen Schmu mit dem Porto will er mir nicht gönnen. Sie spießt die Nase in die Luft und sagt:„ Es handelte sich dabei immer um Mahnungen, und die darf man bekanntlich nicht auf offener Karte verfchiden." Das stimmt nun feines falls. Fräulein Hinzelmann hat die Differenz zwischen Karte und Brief für sich eingezogen. Zusammen mit dem Porto für diejenigen Briefe, die nie abgeschickt wurden, sind nach dem Rezept Kleinpieh macht auch Mist" im Laufe des Monats immer ein paar Mart zusammengekommen.
Es ärgert Herrn Ziege, daß er auf die Einwendungen nichts zu ermidern weiß. Er fönnte eine strenge Revision vornehmen, aber dadurch müßten dann die Eleinen Betrügereien offiziell herauskommen, was auch nicht das richtige ist. Herr Ziege hat als Stift felbft eine Bortofaffe verwaltet. Er weiß, daß es eine liebe, alte Sitte ift, falsche Eintragungen zu machen. Es sind Unterschlagungen im winzigsten Format, ein Bürochef hat sie nicht mehr nötig. Man geht still schweigend darüber hinweg, und nur in Momenten, in denen man fich als Vorgesezter behaupten will, wird zart angedeutet, mie man alles durchschaut.
Herr Ziege raufperi fich. Seine feine Naje glänzt jettig,
fallkommando gekommen und zerstreute die Demonstranten. Dabei wurde der Hauptschreier, der Kellner Albert Bull aus der Uhlandstraße 82 in Charlottenburg festgenommen. Bull ist Funt
tionär der RGO.
Eine Stunde vorher, um 47 Uhr, war es auf dem Stettiner Borortbahnhof zu einem Zwischenfall getommen. Ein Trupp von vierzig Nationalsozialisten wollte nach auswärts fahren. Als sie aber auf dem Bahnhof einen
In der letzten Sigung fiel aus dem Munde des Landgerichtsdireftors Rambte über Grüneberg ein Ausdruck, der nicht böse gemeint, jedoch zu Mißverständnissen Anlaß geben fonnte und deshalb besser unterblieben wäre, Um das schneidige Eintreten des Verstorbenen für den bedrängten Riemenschneider zu charakterisieren, richtete er an einen der Zeugen die Frage, ob der Berstorbene nicht ein schnei diger Hund" gewesen sei ein Ausdruck, der etwa bedeuten sollte, ein forscher Stert", Der Vorsitzende wollte damit sagen, daß Grüneberg wohl ohne viel nachzudenken schnell entschlossen gegen den Foyer und Friede losgegangen war, obgleich der eine ein Meffer in der Hand hatte. Dem Borfizenden ist der Ausdruck von den Kommunisten jehr übel genommen worden.
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Reichsbannertameraden erblickten, fielen die pierzig Helden über den einen Mann her, um ihm seine Abzeichen zu rauben. Das alarmierte Ueberfallkommando nahm einen Rationalsozialisten feſt.
Gasometerexplosion bei Paris .
3wei Lehrlinge getötet, fünf Arbeiter schwer verlegt. In einer Kesselfabrik in dem Pariser Borort ubervilliers, dessen Bürgermeister Ministerpräsident Laval ift, explodierte am Donnerstag nachmittag ein Azetylen- Gasbehälter. 3 mei Lehrlinge wurden auf der Stelle gelätet, fünf Arbeiter wurden zum Teil schwer verlegt. Einer der Berlegten wurde durch den starten Luftdrud in die Höhe geschleudert und blieb an einem Bafferbehälter hängen. Das Dach und die Wände der Fabrik wurden stort beschädigt. Da der Gasbehälter in tausend Stüde geriffen worden ist, wird sich die genaue Ursache der Kataftrophe taum feststellen laffen.
Ein brutaler Agrarier.
Schießt einen Arbeiter wegen Lohnforderung nieder. Ein neuer Roheitsalt eines Agrariers wird ans
Beilau bei Canth in Schlesien gemeldet. Dort schoß der Gutsbefizer Stelzer auf einen Landarbeiter, als dieser feinem Arbeitgeber eine Lohnforderung überreichte. Der Arbeiter trug erhebliche Verlegungen an Rüden und Beinen davon, Der Be fizer, gegen den bereits ein Verfahren megen Körperverletzung schwebt, weil er fürzlich den Gemeindevorsteher mit dem Messer hearbeitete, äußerte nach der Tat:„ Schade, daß ich ihn nicht in den Bauch getroffen habe."
Lotte, so sei'n Sie doch vernünftig." Frau Caspari führt die Schluchzende zu einem Rohrsessel. Beruhigen Sie sich, vielleicht wird die Kündigung zurückgenommen
,, Um auf die bevorstehenden Entlassungen zurückzukommen",| nicht...! Ich will nicht stempeln...!" schreit sie hysterisch er macht eine Pause und weidet sich an Fräulein Hinzel- und weint fassungslos. manns Schreck, so ist es leicht möglich, daß einer oder der andere der Speicherarbeiter überflüssig wird." Diese Idee fam ihm soeben. Vielleicht lönnte man dem Chef damit imponieren. Halten Sie also die Invalidenkarten auf dem laufenden. Es muß alles bis zur legten Woche geklebt sein, Heutzutage machen diese Leute schnell Standal, wenn man sie auf ihre Papiere warten läßt." Herr Ziege flopft Fräulein Hinzelmann jovial auf die Schulter und geht schwingend hinaus.
Die Tasten des amusischen Achtstundenklaviers flappern knallend, von nervösen Fingern angetrieben.
,, Sie faufen ja förmlich", bewundert Frau Caspari, die foeben das Zimmer betritt, Sie war so lange in der Buchhaltung beschäftigt. Frau Caspari ist in der legten Zeit immer munter und vergnügt. Die Hoffnung auf beffere Beiten, prophezeit von dem Freund Manfred, läßt sie auch äußerlich aufblühen.
..Ich werde entlassen", jammert Fräulein Hinzelmann gellend auf und haut zwischen zwei Tasten, die aneinander= geraten und meder vorwärts, noch zurückgehen. ,, Versluchter Dreck!" Sie beschmiert sich die Finger an den geschmärzten Typen.
Was reden Sie da?"
Sie werden auch entlassen! Wir werden alle entlassen!" Fräulein Hinzelmann hat eine Angstpfychoje. Das Gespenst der Arbeitslosigkeit geht um und läßt die verängstigte Steno typistin nicht zur Ruhe kommen. Sie raft sich über der Ma: fchine aus. Die Tasten hämmern unmelodisch und grell. Aber es llingt der Angestellten Lotte Hinzelmann mie eine liebe, vertraute Musit. Immer so schreiben dürfen! Immer tippen! Roch schneller, noch fehlerlofer! Nur nicht entlassen werden! Sie möchte die blißende Maschine streicheln, wenn dazu im Moment Zeit wäre.
Bitte, fagen Sie doch, was ist poffiert?"
Frau Caspari will ihre Hand auf die hin- und herflie gende Walze legen. Unmöglich, das autfesselte Fräulein Hinzelmann zum Anhalten zu bringen. Mädchen und Mafchine sind verschmolzen einem einzigen jagenden Rhythmus. Baffen Sie mich Ihnen diftieren", versucht Frau Caspari, eine Pause zu erzwingen und nimmt den Brief in die Hand.
Fräulein Hinzelmann blickt verstört auf. Dann erhebt sie fich wie im Schlaf und macht ein paar Schritte. Ich gehe
Ich bin ja noch nicht gekündigt", schüttelt Fräulein Hinzelmann den Kopf. Aber der Meckerer" hat gedroht, daß Entlassungen stattfinden. Und mich fann er nicht leiden!... Und die Rosolf kann mich auch nicht leiden! Die werden das schon zusammen befatern!"
Jezt erschricht Frau Caspari. Entlassen! Vielleicht noch bevor Manfred hilft. Und was dann? Sie bekommt so leicht feine Stelle mit ihren 33 Jahren. Wovon leben? Die 200 Mart, die ihr Manfred heimlich gab, sind für Läpperfchulden draufgegangen.
Sie lehnt sich an die runde Lotte Hinzelmann, die sich die Tränen aus den Augen wischt und hin und wieder zufammenzuckend aufschluchzt. Zwei kleine, fummervolle Geschöpfe hocken nebeneinander und haben entsetzliche Angst, ausgestoßen zu werden aus dem Paradies der Arbeit.
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Auf dem Münzplatz steht Lilis Kiost. Er ist von außen lustig anzusehen, ein fleines, buntes Häuschen, das mitten im Lärm der Großstadt unangefochten sein eigenes Leben führt.
Bor der angeschlossenen Telephonzelle wartet ein landlicher Jüngling. Bersunken betrachtet er das ausgehängte Heft von Liebe und Ehe", auf dessen Titelbild ein unbefleidetes junges Baar der Sonne entgegenjauchzt. Quer über die für Liebe und Ehe notwendigen Körperteile geht unbarmherzig ein breiter, gelber Streifen mit der Aufschrift: Letzte Nummer". Der ländliche Jüngling ärgert sich über diesen Streifen, Er weiß nicht, daß Bilder, die vielleicht Anstoß erregen tönnten, niemals in einem auf Sittlichkeit haltenden Sinstfenster zur Schau gestellt werden dürfen, worauf ein Blafat an der Innenwand des Zeitungshäuschens eindringfich hinmeift
Lili fieht auf die Uhr. Halb fieben. Gott sei Dant, gleich ist der Rummel hier zu Ende. Sie hat schlechte Baune. Ein langweiliger Abend liegt vor ihr. Gert ist mit Mama eingeladen. Sie studiert die Kinoinferate des Generalanzeigers". Ob ich noch ins Odeon" gehe? Conrad Beidt in der Hauptrolle als franzöfifcher Offizier. Aber allein macht es feinen Spaß, man bekommt nur Sehnsucht nach Gert. Frollein, habe Se noch' ne Morgenzeitung?" 3manzig Pfennig!" ( Fortfehung folgt.)