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BERLIN  Dienstag is. September 1931
10 Pf. Nr. 432 B 216 48. Jahrgang
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Die Niederlage der KpO  .
Die kommunistischen   Kührer jammern über Pogromhetze Geflüchtet oder verhastet
Künstler hat gekniffen! Wahrhastig, so steht es fett über derRoten Fahne" von heute morgen zu lesen. Für wen wird das eigentlich zusammengelogen? Die zehntausend Sozialdemokraten, die gestern im Sportpalast waren, werden über diese Entdeckung derRoten Fahne" in ein Hohn» gelächter ausbrechen. Die Kommunisten aber werden selbst wissen, wer gekniffen hat: das war Herr Heinz Neu- mann, der nach seinem Korreferat aus dem Saale  lief, auf Diskussion und Schlußworte verzichtete und seinen Schlägerkolonnen es überließ, statt der Argumente die Fäuste zu gebrauchen! Für wen lügt also dieRote Fahne"? Sie lügt für die Auftraggeber, denen sie den hundert- prozentigen Erfolg des kommunistischen   Einheitsfrontschwin- dels vortäuschen muß. Sie erzählt deshalb von einemh u n- dertprozentigen Erfol g", den die KPD. in der Sportpalastversammlung davongetragen habe, von der Wir- kung derzündenden Cinheitsfrontparole der KPD.  ", von derroten Einheit des Proletariats". Hundert- prozontiger Erfolg: die zehntausend Sozialdemokraten, die gestern im Sportpalast den Phrasen des Kommunisten Heinz Neumann   einen einzigen Schrei des Zornes, der Empörung und der Verachtung über die kommunistischen   Bundesgenossen des Stahlhelm und der Hitlerpartei entgegensetzten die sind natürlich gestern alle zu Kommunisten bekehrt worden und haben sich, Franz Künstler an der Spitze, dem Kommando von Heinz Neumann   und Konsorten in derroten Einheits- front" unterstellt. Sie begeistern sich besonders deshalb für die rote Ein- heitsfront, weil die Kommunisten ihnen begreiflich machten. worin sie besteht: in Prügeln für sozialdemokratische Arbeiter, die nichts von dem Treiben und den arbeiterverräterischen Manövern der Kommunistischen Partei wissen wollen! Gestern haben Kommunisten im Sportpalast s o z i a l d e m o- kratischeArbeiter nach dem Korreferat von Neumann überfallen und zu Boden geschlagen und heute erzählt dieRote Fahne" von dem hundert pro» zentigen Sieg der E i n h e i t s f r o n t p a r o le! Kann man dreister lügen? Es ist die Lüge der Unterlegenen, der Versuch, den grandiosen Mißerfolg der kommunistischen  Führer zu verdecken! Sie schreien Einheitsfront, weil sie die Einheitsfront in ihrer eigenen Partei kaum noch de- haupten können, weil sie sich nicht verteidigen können gegen- über der Anklage, daß sie die Arbeiterinteressen durch ihr Bündnis mit dem Faschismus verraten haben. Gibt es etwas Lächerlicheres als diese kommunistische Einheitsparole der kommunistischen   Führer, die eben erst eine Einheits- front mitHitler undHugenberg gegen die Sache der Arbeiterschaft hergestellt haben? Was die Einheitsfrontparole der Kommunisten wert ist, dos lehrt das Scharfmacherorgan, dieDAZ.", die über die Sportpalastkundgebung schreibt: Unter starkem Andrang fand gestern im Berliner   Sportpolast eine Auseinandersetzung zwischen Sozialdemokraten und Äommu- nisten statt. Es ist an sich, vom Standpunkt der b ü r g« r- licheN Politik aus g e s e h e n, natürlich n u r erfreulich. wenn sich die beiden roten Brüder kräftig in die Haare geraten, und in der Tat hat dies« S e l b stz« r s l ei s chu n g j innerhalb des Sozialismus dem Bürgertmn seit 1918 bereits wesentlich« Dienste geleistet." Die Kommunistische Partei   ist die Freude der Scharf- macher, die Hoffnung der bankrotten Wirtschaftsführer! Das verlogene kommunistische Geschrei gegen die Sozialdemokratie ist den bankrotten Kapitalisten willkommen« Ablenkung von der Schuld der bankrotten Wirtschaftsführer, Ablenkung vom wirklichen Kampf für den Sozialismus! Die Sozialdemokratie wird deshalb die Abrechnung mit den Kommunisten unerbittlich weiterführen. Die Sportpalast» kundgebung Hot g-zeigt, daß die kommunistischen   Führer der Anklage nur Phrasen und Verlegenheüsausreden entgegen» zusetzen haben, dieRote Fahne" von heute morgen lehrt, daß sie sich fürchten vor der Empörung der Arbeiterschaft.
Das Ende des Heimwehrpuisches
Wien  , 15, September.(Eigenbericht.) Da ein Bruder des Putschverlierers Dr. P f r i e m e r als Wein- Händler in Marburg   a. d. Drau   lebt, dos jetzt zu Südslawien   ge- hört, vermutet man, daß der abgetane Heimwehrführer im Auto dorchin geflüchtet ist und auch seine Familie dahingekommen ist. Das Fluchtauto erlitt eine Panne, Pfriemer fuhr mit einem Privatwagen weiter, seinStabschef" R a u t e r kehrte nach Graz   zurück und wurde dort verhaftet. Da zwischen Deutschösterreich und Südslawien der Visumzwang aufgehoben ist und der Haftbefehl der österreichischen Grenzkontrolle vielleicht nicht bekannt war, dürfte Pfriemer unge- hindert die Grenze überschritten haben. Unter den auf einem Schloß des Starhemberg beschlagnahmten Papieren ist auch ein», aus dem hervorgeht, daß der Putsch 24 Stunden später geplant mar. Pfriemer jedoch vorzeitig lo». geschlagen hat. als er die Nachricht erhielt, daß der Putsch den sozialdemokratischen Führern verraten worden sei. Starhemberg   hatte mit seinem neuen Stabschef, General a. D. Englisch  -Poworstsch, und dem General a. D. Puchmayr(beide zur Zeit in Haft) seit mehreren Tagen den Putsch auch in Oberösterreich  
bis in die kleinsten Einzelheiten vorbereitet. Am Montagmorgen wurden die Ortsgruppen in Niederösterreich   alarmiert und in Am- stellen versammell. Dort sollten sie auf den Zuzug der Klosterneu- burger Gruppe warten, die jedoch vorher von der Polizei verhaftet worden war. Als um 3 Uhr nachmittags Starhemberg vom Miß- lingen des Putschs erfuhr, f l o h er aus das Schloß des Eoreth nach Eferding  , wo beide verhaftet wurden. Die Wiener   sozialdemokratische Vertrauensmännerversammlung forderte scharfes Einschreiten gegen alle Schuldigen. Der ch r i st- l i ch- s o z i a l e Landeshauptniann von Niederösterreich  , R e i t h e r, forderte in einer Parteisitzuug äußerst energisch die Auflösung sämtlicher Selbstschutzformationcn. Surgenland.Heimwehr rückt ab. Wien  . 15. September. Die Landessührung des durgenländischen Heimatschutzes teilt mit, daß sie der Aktion Dr. Pstimers vollkommen fern- stehe und diese unverantwortlichen separatistischen Mani­pulationen auf das Entschiedenste verurteile.
Verkleinerung des Reichstages. Ein Entwurf eines neuen Wahlgesetzes. Der Reichsregierung liegt zur Zeit der Entwurf eines neuen Wahlgesetzes vor, der«ine Erhöhung der Wählerquote von(50 000 auf 70 000 vorsieht. Es sind Bestrebungen im Gang«, diese Quote zu erhöhen.
Spur der Eisenbahnaiien<äier? Noch keine Verhaftung. Budapest  , 15. September. wie die Polizei mitteilt, ist im Lause der Untersuchungen über den Eifenbahuonschlag bei V i a- T o r b a g y. die Tag uod Rocht fortgesetzt werden, heule früh eine wichtige Wendung eingetreten. Die Polizei verdächtigt einen Mann, der sich zur Zeit im Auslande aufhäli. früher aber des öfteren mit der Polizei in verschiedenen Angelegenheiten zu tun gehabt hat. Der Verdacht sollt begründet sein, denn eine Reihe von Angaben weisen daraus hin. daß der Mann au dem Eisenbahnanschlog irgendeinen Anteil hat. Die Polizei hofft, über diese Spur die Urheber bzw. die Täter ausfindig machen zu können.
Oer Schreiber des Zettels ermittelt. Bei dem von der Polizei als Schreiber des bei dem in die Lust gesprengten Eisenbahnviadukts aufgefundenen Zettel verdächtigten Kommunisten handelt es sich um den nach Deutschland   zuständigen Elektrotechniker Ludwig(oder Stefan) L e i p o i k. der nach den Feststellungen der Polizei noch in der Nacht des Attentats nach der Tschechoslowakei   geflüchtet ist. Nach einer polizeilichen Mitteilung soll er sich im Auftrage Moskaus   in den letzten Zahren sehr oft als kommunistischer Agitator in Budapest   aufgehalten haben. Seine Photographie ist im Laus« des Heuligen Vormittags allen europäischen   Polizeidtrektionen zu­gestellt worden. Großer Sprengstoffdiebstahl. Einbrecher erbeuten 70 Kg Sprengstoff und 400 Spreng- kapseln. Geseke  (Westfalen  ), 15. September. Aus dem von den. beiden Zemenlwerkea Fortuna und Westfalen  gemeinsam benutzten Pulperhaus wurden gestern nacht durch Einbruch 70 Kilogramm Sprengstoff und mehr als 400 Sprengkapseln gestohlen. Von den Tälern fehlt bis zur Stunde jede Spur.
DieRots Fahne" behauptet, daß Künstlers Referat darauf angelegt gewesen sei, eine Pogromstimmung gegen die Kom- munistische Partei und Heinz Neumann   zu erzeugen. Pogrom st immung! Sie treiben Schindluder mit den Interessen der Arbeiterschaft, sie schließen Bündnisse mit den Faschisten, sie erstechen sozialdemokratische Flugblattver- breiter, sie prügeln sozialdemokratische Arbeiter, und wenn ihnen dann ihre Schande ins Gesicht geschrien wird, dann jammern und winseln sie: Pogromstimmung. Frech gegen- über dem Langmut der sozialdemokratischen Arbeiter, jäm- merlich gegenüber ihrer Empörung! Pogromstimmung: dies Wort verrät das böse Gewissen, es ist ein Schuldbekenntnis, aus bleicher Furcht vor Abrechnung geboren! Diese bleiche Furcht soll verdeckt werden durch die Lüge: Künstler hat gekniffen. So liest man es in derRoten Fahne": .Künstler kniff zum zweiten Male. Trotzdem jeder Partei noch drei Diskussionsredner laut Verabredung zustanden, und auch dem Genossen Heinz Neumann   ein Schlußwort von 20 Minuten, ebenso wie Künstler, schlössen die Veranstalter plötzlich die Versamnilung." Herr Heinz Neumann   hatte soviel Interesse an einem Schlußwort, daß er nach seinem Referat fluchtartigden
Saal verließ! Seine Anhänger aber provozierten eine Schlägerei, um der Diskussion zu entfliehen. Sie zeigten beide, der Führer wie die Anhänger, daß sie eine sachliche Abrech­nung nicht aushalten können. Die Flucht ihres Führers und die Provokation der Anhänger waren das Eingeständ- nis derNiederlage. Die Sozialdemokratische Partei   hat daraus die Konse­quenzen gezogen, und der Vorsitzende der Sportpalastkund- gebung erklärte: Mit einer Partei, die, wie sie soeben gezeigt hat, Versprechen zur Sachlichkeit und Friedlichkeit nur abgibt, um sie im gleichen Zeitpunkt zu brechen, kann ein« Diskussion nickst geführt werden." Erst die großspurige Ankündigung, daß sie diskutieren wolle, dann die Flucht vor der Diskussion in die Provo- kation das ist die KPD.! Erst die Begeisterung für den Schlagring und das Messer, dann das Gewinsel überPo­gromhetze" das sind die kommunistischen   Führer! Und dos redet von Einheitsfront! Die sozialdemokratischen Arbeiter pfeifen auf das Einheitsfrontgerede dieser kommunistischen  Führer. Die wahreEin heitsfront dost st die deutsche Sozialdemokratie!