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Konkursskandal Geprellte Angestellte. Das( Gegen das bekannte Seiden- und Stoff-Kaufhaus Gustan Cords ist vor kurzem Konkursantrag gestellt worden. Der Zusammen- bruch dieses Unternehmens wäre trotz der Bedeutung, die die Firma in der Berliner   Wirtschaft besaß, in heutiger Zeit kein Anlaß, aus das Ereignis näher einzugehen, wenn nicht Sie Person des Allein- inhabers und gewisse Manipulationen einenFall Cords", oder besser gesagt, einen FallSchmidt-Lorenzen" hätten entstehen lassen, der nicht nur die Oefsentlichkeit, sondern auch die Gerichte lebhaft interessieren dürfte. Zunächst einmal erscheint es notwendig, sich etwas eingehender mit der Person des Herrn Günther Schmidt-Lorenzen, Allcininhaber der Firma Gustav Cords, zu befassen. Herr Schmidt- Lorenzen schied nach dem Kriege Äs Oberleutnant aus der A>mee aus und trat in die Firma Gustav Cords ein, die sein Vater, Kam- merzienrat Schmidt, zu einem angesehenen Unternehmen entwickelt hatte. Von dem feudalen Kasinoleben her schon an großen Aufwand gewohnt, entwickelte der junge Herr Schmidt-Loenzen, nach dem Tod« seines Vaters Alleininhaber, Lebemannallüren und ver- schwenderische Neigungen, die nicht zum wenigsten dazu beigetragen haben, den soliden Boden der Firma zu unterhöhlen. Herr Schmidt- Lorenzen nennt in der teuersten Gegend der Grunewald  -Kolonie. unmittel. bar am See, eine Luxusvilla mit nicht weniger als?S Zimmern sein eigen. ein Besitztum, das vor dem Schloß der Brüder Lahusen wohl bestehen kann. Je noch der Laune des Herrn wurden die kost- spisligsten Umbauten und Innendekorationen ohne Rücksicht auf die Kosten vorgenommen. Außerdem wurde mit dem dazugehörigen Bereiter und Iockey ein Rennstall von sechs Pferden unterhalten. der gleichfalls Unsummen verschlang. Aber mit diesem Luxus allein waren die Neigungen des Herrn Schmidt-Lorenzen noch nicht erschöpft. Der Inhaber des Hauses Gustav Cords hotte auch politische Neigungen, die ihn eine schöne Stange Geld kosteten. Bei den Nazis glänzte er als große.Spruderkavane", und es find recht hübsche Summen, die für nationalsozialistischeSport. feste" und anderestreng legale" Veranstaltungen der Faschisten absprangen. Natürlich durften auch die Freunde vom Stahlhelm nicht zu kurz kommen, und bis vor kurzem fanden die Klagebriese und Kollekten des Stahlhelms bei dem Herrn und Gebieter der Firma Cords stets ein williges Ohr. Die jährlichen Entnahmen des Herrn Schmidt- Lorenzen erreichten bei derart kostspieligem Lebenswandel bald eine schwindlige höhe und sollen bis zum letzten Zahr einige Hunderl. lausend Mark jährlich betrage« haben. Im August war Herr Schmidt-Lorenzen so weit, daß er sich und damit die Firma Gustav Cords für zahlungsunfähig erklären mußte. Dieser Erklärung folgte der Konkürsantrag deü Gläubiger, dem stattgegeben wurde. In die Tage der Erklärung der Zahlungsunfähigkeit fällt nun die sehr merkwürdige Gründung einer Textil- Finanzierung?- G. m. b. H. durch mehrere Geschäftsfreunde des 5?errn Schmidt-Lorenzen. Dies« Gesellschaft hat aber nur ein ganz kurzes Dasein gehabt und ist sehr bald in
um Nazi-Cords frunewaldschloß mii Zknnstatt eine neu gegründeteOffene Handelsgesellschaft   in Firma Gustav Cords" übergegangen, in die Herr Schmidt-Lorenzeri einen großen Posten Warenvorräte man spricht von einem Werte von SO 000 bis 60 000 M. sowie den alten Firmennamen einschoß. Da sich Herr Schmidt-Lorenzen uud die Firma Gustav Cords in Konkurs befinden, kann das Einbringen dieses beträchtlich'« Warenpostens in die neue Eords-Firma nur aus der Konkurs- mäste der alten zusammengebrochenen Firma ermöglicht sein. wodurch natürlich den Gläubigern ein ganz gewalliger Schaden erwächst. Will der Konkursverwalter diesem dunklen Spiel tatenlos zusehen? Auch eine weitere Frage bedarf dringend der Klärung. In der Betrnbsversammlung der Belegschaft der alten Firma Gustav Cords am 3l. August kam zur Sprache, daß Herr Schmidt-Lorenzen, der sich seitdem im Geschäft nicht mehr sehen ließ, in den letzten Augusttagen SO 000 M. angeblich für Abdeckung von Schulden flüssig gemacht habe. Da die Zahlungsunfähigkeit bereits erklärt war. bleibt auch dieser Zahlungsposten von.50 000 M. zunächst in mystisches Dunkel gehüllt. Ein Skandal sondergleichen stellt die Behandlung, die die Belegschaft der Firma Gustav Cords erfahren mußte, dar. Seit dem lS. August ist den Angestellten und Arbeitern kein Geholk mehr gezahlt worden und erst am lv. September hat der Konkursverwalter für vier Tage Lohn, also bis zum 14. September ausgezahlt. Die Geschästsverwaltung der alten Firma Gustav Cords hat sich zunächst einen glatten Verstoß gegen das Betriebs rätegesetz zuschulden kommen lassen, indem sie es nicht für nötig hielt, die Vertreter der Belegschaft über den Konkursantrag und die Grün- dung der neuen Firma Cords zu informieren. Als der Betriebsrat sich wegen der noch nicht gezahlten Gehälter an die Direktion wandte, wurde ihm zynisch erklärt, daß die neue Firma Cords überhaupt keine Angestellten unterhalte und sie sich inegen ihrer fälligen Gehaltsforderungen an den Gläubigerausschuß(!!) wenden sollten. Zu dem Schaden fügte die Direktion auch noch den Spott hinzu, indem den Angestelltenvertretern höhnisch erklärt wurde, sie könnten sich ja wegen ihres Gehalts an hindenburg wenden. Dies« Behandlung der Angestellten, deren Vertreter sofort Klage beim Arbeitsgericht eingereicht hoben, ist um so unglaublicher, als die gesamte Belegschaft, die aus 250 kaufmännischen Angestellten und etwa 80 Arbeitern besteht, nach wie vor in dem bekannten Keschäftshause der alten Firma Cords ihren Dienst tut, tatsächlich aber infolge der Winkelzüge der Geschäftsleitung nicht weiß, wer gegenwärtig ihr Arbeitgeber ist. Dieses frevelhafte Spiel mit dem Schicksal von Hunderten von Arbeitnehmern macht schnellstes Durchgreifen des Arbeitsgerichts er- forderlich, denn es ist selbstverständlich, daß sich der Angestellten, die seit rund einem Monat auf ihr Gehalt warten, von Tag zu Tag eine stärkere Unruhe bemächtigt. Außerdem hat die Oefsentlichkeit ein Recht, auf schnellstem Wege von dem Konkursverwalter über die dunklen Vorgänge im Zusammenhang mit der Gründung der neuen Cords-Firma unterrichtet zu werden.
Elsktwboykoti in Damaskus  . Auflehnung in ganz Vorderasien. Syrien   und Mesopotamien   erlebten seit einiger Zeit die eigen- artigsten Streiks und Boykottbewegunzen. So protestieren viele Bauern gegen die Steuerlasten, indem sie es aufgeben, mehr Land zu bebauen als die Fläche, die für ihre private Versorgung genügt. In diesen Ländern liegen die Getreidepreise weit unter dem Welt- marktstand und die Bauern bekommen, wenn sie das Getreide in die Stadt bringen, kaum die Transportkosten ersetzt. In den Städten des französischen   Mandatsgebietes Syrien   war vier bis fünf Tage alles stillgelegt zum Protest gegen die städtische Steuereintreibung. In den mesopotamischen   Städten dauerte der Streik sogar zwanzig Tage, und er traf namentlich die Europäer sehr schwer, weil sie, im Gegensatz zu den Eingeborenen, nicht gewohnt sind, Vorräte im eigenen Hause anzusammeln. Der N a t i o n a l e i d verpflichtet viele Eingeborene, nur einheimische Waren zu kaufen und man versucht, obwohl man nur sehr geringe Geldmittel hat, eine ein- beimische Industrie ins Leben zu rufen. In Beirut   wurde gar 81 Tage gegen das franzöfisch-belgische Elektromonopol ge- streikt, die Straßenbahn und das elektrische Licht boykottiert. 3n Damaskus   dauert dieser Streik bereits Monate, und die verkehrsgesellschaft mußte, obwohl sie von der Regierung unterstützt wird, die Tarife bereits um 50 Proz. herabsehen. Die Arbeitslosen der Verkehrsgesellschaft werden von der Bs- völkerung unterstützt. Demonstrationen sind in Damaskus   ver- boten, der Autoverkehr wird von der Regierung lahmgelegt. Die Straßenbahnen sind jetzt, nebst dem Fahrpersonal mit zwei Polizisten und einem Verwaltungsbeamten besetzt und bieten jedem Fahrgast einen Frank Lohn an, wenn er nur mitfährt. Aber die Wagen bleiben leer und Terrorakte gegen die Straßenbahn sind nicht selten. Die Eingeborenen haben jetzt in Massen dem sran.zösisch-belgischen Monopol schriftlich mitgeteilt, daß sie als Abnehmer von Elektrizität nicht mehr in Frage kommen! Dr. M. Epstein gestorben. In München  , wo er fest nahezu einem Menschenalter eine. umfassende ärztliche Tätigkeit ausübte, starb kurz nach Vollendung seines 63. Lebensjahres Genosse M. Epstein an einem schleichenden Leiden. Von frühester Jugend an in die Rechen der sozialisti- schen Bewegung engste Freundschaft verband ihn während seines Berliner   Studiums mit den ihm im Tode vorausgegangenen Genossen Zadek   und Blaschko blieb er der einmal gefaßten Welt- onschauung bis zu feinem Lebensende treu, und wenn auch seine politische Tätigkeit im wesentlichen auf kommunales Wirken gerichtet war, so war seine öffentliche und publizistische Arbeit innerhach des Gesamtgcbietes der sozialen Hygiene um so fruchtbarer. In der frühen, jedes Tatsachenmaterials noch ermangelnden Entwicklung dieser Disziplin schuf Epstein eine Reihe von einschlägigen Beob- achtungen, aus Grund deren die Zusammenhänge zwischen Arbeit und Ermüdung, die Bedeutung der Gewerbehygiene für die Kranken- kassen, der Einfluß der Erwerbstätigkeit auf die Frau, die Krank- heiten der Bäcker und Schneider, die Unfälle der Holzarbeiter und vieles andere mehr dar« und klargelegt wurden. An dem Weylschen Handbuch der Arbciterkrankheiten wie an der von Zadel   herausgegebenen Arbciter-Gesundheitsbiblio» t h e k war er einer der hervorragendsten Mitarbeiter, an seinem Wohnort München   begründete er im Zusammenhang mit der Ein- führung der freien Arztwahl eine Kommission für soziale Hygiene, eine Ortsgruppe des Vereins sozialistische!.' A c r z t e sowie den zu reicher Entfaltung gelangten Arbeiter- Somariterbund. Die letzten Jahre beschäftigte er sich vor- nehmlich mit dem Problem der Sozialisierung der Heil- künde sowie mit der Abfassung eines Werkes über den Einfluß der Arbeiterbewegung auf die Entwicklung der sozialen Hygiene. Epsteins menschlich« Güte, opferbereites .Helfertum und Gesinnungstreue sichern ihm im Herzen seiner Freunde wie der Partei treueste Erinnerung.
Oer Hellseher." primus-palast. Kiloweise kaust beim Alchändler Max Malbert als Büro- Vorsteher die Prozeßakten, damit wenigstens rein äußerlich das Büro des Herrn Dr. Agerty nach dem Raum eines Rechtsanwalts aussieht. Aber was nützt die Maßnahme? Man bleibt allein auf weiter Flur, bis der pfiffige Bürovorsteher sich nebenamtlich als Hellseher betätigt. Nun treibt er dem Rechtsanwalt die Klienten zu und die glücklich Liebenden einander in die Arme. Eugen Thiele   baute aus vielen schon so und so oft da- gewesenen Szenen einen neuen Film. Das macht er recht geschickt zur Freude der Menschen, die in heutiger Zeit nur leichte, völlig problemlose Entspannung wollen. Der unverwüstliche Max Adalbert   spielt, fern jeder Ausdringlichkeit, seine Bombenroll«. Glänzend unterstützt wird er von Kurt Lilien   als Portier. Es sind Kabinettstücke der Komik, wenn die beiden sich, einander ins Ohr flüsternd, ihren Ausbeutungsplan überlegen und wenn her- nach, Lilien im Talar, dem Herrn Wahrsage-Professor die Kunden zuführt. Die Liebhaberrollen sind bei der zarten Marianne Winkel st ern und der kessen Trude Berliner  , dem über- legenen Johannes R i e m a n n und dem gerissenen Ernst V e r e b e s gut aufgehoben. Einen Sondererfolg holt sich die mehr als draus- gängerisch liebende Senta S ö n e l a n d. Leo L e u x ist für die Musik verantwortlich. Er übt mitunter die musikalische Illustration nach Muster der amerikanischen   Zeichen- filme, verfällt dann aber auch in das allgemein übliche Schlager- gcwinsel. e- b' Abschluß des internationalen Aerztekongresses. Die Beratungen des Internationalen Aerzteverbandes, der seine 6. Tagung in B u d a p e st abhielt, wurden gestern beendet. Die Tagung trat für die Durchsetzung des Prinzips der freien Aerztewahl ein« Intendant Carl Cbert hat Janaceks OperI e n u f a" und OffcnbachS M a d a m c L' A r ch i d u c" in der textlichen Neufasiung van Karl Kraus  zur Erstausführung in der Städtischen Oper angenonnnen. ..Ein Mann hat sich erhängt." Alfred Herzogs Zeitstück gelangt m der Inszenierung von Dr Hans Altmann, Königsberg  , durch das Z-ittheater am 16. September im W a l l n e r- Th e a t c r zur Uraufführung. Im Tiugel-Taugel findet die für heute angesagt- Premiere erst am Donnerstag statt. Das Museum der StaatScheater(Oberwallstrahe 22. Kronprinzen- palaiSi veranstaltet anläßlich des Goethe-Jahres im Winter-ine Sonder- avsstellnng:Berliner Bühnen". Iarmila Aovotna übernimmt ab Mittwoch wieder die von ihr kreierte Rolle derSchönen Helena" im Kurfürstendamm-Theater, Wetter für Berlin  : Etwas milder, trocken bei wechselnder Be- wälkung. mäßige westlich« Winde.   Für Deutschland  : Im Küsten  - gebiet veränderlich, im gesamten Binnenland« beständiges und am Tage etwas milderes Herbstwetter, nur im Süden strichweise Nachtfrost.
Schließung des Schiller-Theaters? Die Oefsentlichkeit wird durch die Mitteilung überrascht, daß das preußische Finanzministerium den Plan Hab«, das Schiller-Theater sosort stistzulegen. Der Bertrag, den der preußische Staat mit der Schiller-Theater-A.-G. geschlossen hat, läuft noch bis 1932. Es war nun wohl seit längerer Zeit bekannt, daß bei gewissen Stellen der preußischen Verwaltung die Absicht bestand, den Vertrag nicht wieder ,zu erneuern, also den Betrieb des Schiller-Theaters mit Mlaus dieser Spielzeit einzustellen. Die Mitteilung, daß man das Schiller-Theater sofort schließen wolle, kommt höchst überraschend. Offenbar verspricht sich das Finanzministerium von seiner Idee namhafte Ersparnisse. Diese werden aber kaum zu erzielen sein. Bekanntlich wird das Schiller-Theater von dem gleichen Ensemble bespielt, das auch die Vorstellungen im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt bestreitet. Dies Ensemble und der gesamte Verwaltungsapporat sind auf die Bedürfnisse beider Häuser abgestellt. Es wird kaum möglich fein, noch Schließung des Schiller-Theaters innerhalb der Spielzeit, dos heißt vor Ablauf der Engagementsverträge, nennenswerte Mbau- maßnahmen durchzuführen. Auch die Miete für das Schiller-Theater würde natürlich bis zum Ablauf des Vertrages weiter ,zu.zahlen fein. Mit anderen Worten: Wesentliche Ersparungen wären nicht möglich, andererseits aber würden die gesamten heutigen Einnahmen des Schiller-Theaters fortfallen. Wie denkt sich außerdem dos Finanzministerium die Ausein- andersetzung mit den zahlreichen Abonnenten des Schiller-Theaters, die doch verbrieften Anspruch auf ihre Vorstellungen bis zum Schluß der Spielzeit haben? Wie will es sich mit den Besucherorganisa- tionen(Volksbühne und Bühnenoolksbund) auseinandersetzen, die für da? ganze Jahr Plätze im Schiller-Theater belegt und in ihre Orgoni- sationspläne eingeordnet haben? Gerade diese Besuchcrorgoniso- tionen würden bei einer Schließung des Schiller-Theaters eine emp- findliche Schädigung erfahren. Unter diesen Umständen ist es durch- aus verständlich, wenn, wie es heißt, dos Kultusministerium dem Plan des Finanzministeriums entschiedenen Widerspruch entgegen­setzt. Das Kultusministerium wird dabei die gesamte Oefsentlichkeit hinter sich haben. Es handelt sich um eine Bühne, die unter dem Gesichtspunkt volkstümlicher Kunstpflege einstweilen nicht entbehrt werden kann. Es ist dringend notwendig, daß die Zuschüsse zum staatlichen Schauspielbetrieb auch jenen Schichten mit zugute kommen, die sich die teuren Plätze am Gcndarmenmarkt nicht leisten können. Nachdem der Staat schon die Kroll-Oper stillgelegt hat, wäre die Auf- gäbe des Schiller-Theaters ein völliger Abbau der sozialen Kunst- pflege in Preußen. Wenn die Staatsverwaltung noch die Absicht hätte, an Stelle des SchillerTheaters andere Maßnahmen zur Förde- rung der volkstümlichen Kunstpflege zu treffen, etwa durch eine engere Verbindung mit der Volksbühne und finanzielle Unterstützung ihrer Bestrebungen! Aber davon ist natürlich nicht die Rede.
Kunst in dieser Zeit." Daß in der allgemeinen Depression und Krisenstimmung die Kunst nicht nur unterhaltend und ablenkend, sondern im besten Sinn« vorwärtsweisend und ermutigend wirken kann, erwies sich Sonntag in einer Wcrbeveranstoltung der Sonderabtci» lungen der Bolksbühne in den Kammersälen. Da» war ein wahrhaft volkstümlicher Abend. Saal und Galerie gedrängt voll von jungen Arbeitern, jedeNummer" des Programms ein Treffer. Di« Künstler durch den Beifall des Publikums zu den
besten Leistungen angefeuert. Dos Ensemble der Volksbühne mit Karlheinz Martin   an der Spitze stand mit kollektiver Gesinnung im Mittelpunkt des Abends Der Akt aus Döblins BühnenwerkD i e E h e", in dem das Schicksal einer Arbeiterfamilie dargestellt wird, hinterließ in diesem Bersommlungssaal auf einem Podium ohne Dekoration fast nock? einen tieferen Eindruck als im Theater. Dabei wurde durch die Mitwirkung des Sprechchors der Sozia- listischen Arbeiterjugend die Einheit von Zuschauern und Dichtung noch unterstrichen. Außerdem wurde E r n st Busch als moderner politischer Bänkelsänger immer wieder bejubelt. Rechtsanwalt Stemmte las Teile aus dem Arbeiterorotorium Mann im Beton", das er gemeinsam mit G. W e i ß e n b o r n gedichtet. Es handelt sich nach den Proben, die man hörte, um ein Werk, das an dem Schicksal eines Opfers der Arbeit System und Profitgier demonstrieren und anklagen will. Ein Werk, das für die Kulturveranstaltungen der Arbeiterschaft auch durch seine Form bahnbrechend wirken kann. Schließlich wies Karlheinz Martin  in einer eindrucksvollen Rede auf die Notwendigkeit der Kunst in dieser Zeit und auf die Bedeutung hin, die die Volksbühne und ihre Sonderabteilungen gerade jetzt für die Arbeiterschaft haben. Die Sonderabteilungen haben durch diesen Abend, der als erster seiner Art angekündigt war, bewiesen, daß in ihnen die Kraft lebendig ist, durch positive Leistungen die Verbindung von Kunst und junger Arbeiterschaft abseits vom Literatengeschwätz zu ver- tiefen. L. Oer lächelnde Leuinani." Eapitol. Dos Thema Wien   mit seinen feschen Madeln und den herzen- knickenden Leutnants(natürlich in der guten alten Borkriegszeit) ist vorderhand immer noch unsterblich. In stummer Form hatte Berger mit seinemWalzertraum  " nach der Straußschen Operette den Vogel obgeschossen, aber die Hollywooder wollten ihren eigenen Walzer- traum haben, und so hat Lubitsch denselben Stoff noch einmal geformt als Tonfilm. Wieder erobert der Leutnant die süße Geigerin aus der Damenkapelle, wieder verliebt sich die Prinzessin (von Liechtenstein  ) in ihm, es erfolgt Zwangsheirat und Uebersiedlung in das stille Nest. Die Prinzessin muß erst von der Liebhaberin lernen, wie man Männer fesselt, che sie den Leutnant gewinnt. Lubitsch kennt sein Wien   und kennt das militärische und höfische Milieu und weiß es mit der leisen Ironie, die es allein noch erträglich macht, zu gestalten. Er hat wie immer Regieeinfällc, er sieht in Bildern und läßt sich durch die Singerei nicht aus dem Takt bringen. Obwohl die Darsteller Amerikaner sind, kommt doch der Wiener  Lotolton ganz gut heraus, freilich der König von Flausenthurm und seine Tochter sind durchaus amerikanische Typen. Vor allem hat Maurice E h e v a l i e r. der Held derLiebesparade", die Beweg- lichkeit und den verführerischen Charme, die ihn für solche Rollen geeignet machen. Franzi von der Damenkapelle ist die entzückende Elaudette Colbert, und Miriam Hopkins   ist ein spießbürger- liches Gänschen, das die Leute zum Lachen bringt. Ende gut, alles gut. Nun aber definitiv Schluß mit Wien  , den Leutnants und den Prinzessinnen! Als Ueberraschung präsentierte dos Capitol eine leibhaftige Kapell«, die zur Einleitung Straussche Melodien aus dem .. Walzertraum" mst größter Delikatesse spielt« und lauten Beifäll errang. r-