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BERLIN Mittwoch 16. September

1931

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin SW68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Donhoff( A 7) 292-297

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Nr. 434

B 217 48. Jahrgang

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Der Lohnkampf der Matrosen

Heute Debatte im Unterhaus

Condon, 16. September. Ueber die Bewegung unter den Mannschaften der Atlantischen Flotte berichtet Daily Telegraph " aus dem schottischen Hafen Invergordon, wo die Hauptmacht der Flotte liegt: Daß große Erbitterung über die Herabsetzung der Löhnung herrschte, war schon bekannt, aber sie fand erst am Sonntag in der Seemannskantine dieser Stadt alarmierenden Ausdruck. An diesem Tage waren ungefähr 700 Urlauber an Land. Von verschiedenen Schiffen wur­den darauf Wachtabteilungen gelandet, was die erwünschte Wirkung hatte. Als aber die Urlauber sich am Pier versammelt hatten, um auf ihre Schiffe zurückzulehren, gab es eine weitere lärmende Kundgebung. Am Montag dauerten die Proteste an. Eine Bersammlung in der Kantine wurde aufgelöst, und 600 Seeleute begaben sich darauf zum städtischen Sportplah, wo die Frage erörtert wurde, in welcher Weise der Lohnver­minderung Widerstand geleistet werden könne.

Am Dienstag erhielt niemand Urlaub, aber Gesänge und ge= legentliche Beifallskundgebungen waren an der Küste hörbar, woraus geschlossen wurde, daß zum mindesten auf einigen Schiffen die Manschaften ihre Beschwerden erörterten.

Daily Mail" meldet: Als am Montag um 22 Uhr das Signal ,, Lichter aus!" gesetzt wurde, weigerten sich die Mannschaften, in d Hängematten zu gehen und blieben noch an Ded, von wo aus noch eine Stunde lang Gesang und Beifallsrufe hörbar waren. Im übrigen scheint es feine Unordnung gegeben zu haben. Es verlautet, daß der stellvertretende Oberbefehlshaber Konter­admiral Tomlinson sich gestern nach London begeben hat, um mit der Admiralität zu beraten.

Pfrimer sieht Verrat

Wien wollten sie aushungern

Wien , 16. September. ( Eigenbericht.)

Pfrimer scheint von der südslawischen Polizei nicht verhaftet worden zu sein, sondern deswegen nach Laibach , der Hauptstadt worden zu sein, sondern deswegen nach Laibach , der Hauptstadt Sloweniens , gefahren zu sein, um dort die Entscheidung der Banats­regierung über die Gewährung des Asylrechts abzuwarten, das er in Anspruch nimmt. Dieser ,, Antipolitiker" gibt sich nämlich jezt als politischer Verbrecher" aus und seine Todfeindschaft gegen die Demokratie hindert ihn nicht, vom slawischen Erbfeind" das demokratische Asylrecht zu begehren, um nicht vor das Gericht jenes Volkes zu kommen, das ihn, wie Pfrimers Aufruf behauptete, zum Staatsführer berufen hat!

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Er hatte sich in Marburg im Hotel Meran" einquartiert und war vollfommen niedergeschlagen. Auf Befragen er­flärte er einem Bressevertreter, man fönne ihm je de Frage stellen, nur teine über den Putsch, da er das nicht ertragen fönne. Er erklärte lediglich: Lassen Sie mich in Ruhe, ich fann nur

fagen, daß an allem, was geschehen ist, Berrat schuld ist." Pfrimers Sohn, der gleichfalls nach Marburg geflüchtet ist, sagte einem Berichterstatter der Neuen Freien Breffe": Der Butsch märe zweifellos gelungen, wenn nicht die ganze Bewegung ver­raten worden wäre. Wir hatten in Steiermart allein 10 000 Mann. Wir besezten den Semmering ( Unwahr! Sie trawallierten nur in Mürzzuschlag am Südabhang. Red.) und die ganze Eisen­bahnlinie. Salzburg und Oberösterreich hätten wir leicht in die Hand bekommen. Unser Hauptziel war, uns dieser Länder zu be­

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schließt und für Gewalttaten gegen den Staat hohe Strafen vorsieht( die man aber auch schon an Hand des bestehen­den Strafgesetzes ausreichend bestrafen kann. Red.).

Bundespräsidentenwahl am 18. Oftober.

Wien , 16. September. Bundespräsident Miklas teilte dem christlichsozialen Partei­vorstand mit, er habe sich entschlossen, die Kandidatur für die Bundespräsidentenwahl anzunehmen. Die Wahl des Bundes­präsidenten erfolgt am 18. Oftober durch das ganze Volk. Kandidat der Sozialdemokratie ist Nationalratspräsident Dr. Karl Renner . Die Großdeutschen und Landbündler haben ihre Stellungnahme noch nicht bekanntgegeben.

Allgemeine Entwaffnung!

Wien , 16. September.

Wie die chriftlichsozialen Wiener Neuesten Nachrichten" von unterrichteter Seite erfahren, wird die Regierung nunmehr zur Entwaffnung der Heimwehren schreiten, wobei es als selbstverständlich gelte, daß auch diejenigen Heimwehrverbände, die sich nicht an dem Putsch beteiligt haben, sowie alle bewaffneten Formationen, insbesondere auch der Republikanische Schußbund, in die Entwaffnungsaktion einbezogen werden!

Daily Herald" zufolge herrscht auch in dem Marinestüßpunkt mächtigen und sie zu beſetzen. Dann wollten wir tonzentrisch auf Flugzeugunglück in Rumänien .

Rosyth im Firth of Forth Unzufriedenheit. 375 Seeleute des nicht zur Atlantischen Flotte gehörenden Schlachtschiffes Iron Duke" hätten ihrem Kapitän ein Gesuch gegen die Verminderung der Löhnung überreicht. Der Kapitän habe ihnen erklärt, die Ab­triche seien nicht auf Befehl der Admiralität, sondern entsprechend der Sparpolitik der Regierung vorgenommen worden.

Die Atlantische Flotte besteht einschließlich der Hilfsfahrzeuge aus ungefähr vierzig Schiffen mit einer Besatzung von 16 000 Offi­zieren und Mannschaften. Sie umfaßt u. a. fünf Schlachtschiffe, zwei Schlachttreuzer, fünf Kreuzer, ein Flugzeugmutterschiff, zwei 3er­störerflotillen und eine Unterseebootsflotille. Was die Löhnung betrifft, so ist sie beispielsweise bei Unteroffizieren. sieben auf sech s Schilling und bei Vollmatrosen von vier auf drei Schilling pro Tag herabgesetzt worden.

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Im Unterhaus wird heute der Erste Lord der Admiralität, Sir Austen Chamberlain , von einem Arbeitermitglied über die Angelegenheit befragt werden.

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Nach weiteren Meldungen sollen die Landurlauber unter dem Einfluß von Alkohol recht geräusch voll geworden sein, so daß Patrouillen an Land geschickt wurden, um Ausschreitungen zu verhindern. Ein hoher Offizier der ,, Daily Mail" zufolge der Stellvertretende Flottenchef flog nach London , um der Admiralität Bericht zu erstatten. Alle Schiffe verblieben im Cromarty Firth. Das Linienschiff Repulse", das zu Uebungen ausgelaufen war, wurde nach einigen Stunden wieder zurückberufen. Daily Mail" berichtet, daß

Wien losmarschieren und die Hauptstadt in Besiz nehmen. Da mit großem Widerstand der Bevölkerung und Wien auszuhungern. der Garnison Wien gerechnet werden mußte, hatten wir vor,

Pfrimers in Marburg eingetroffener Bruder sagte u. a. beim Berhör, daß das Manifest Pfrimers in seiner Druderei in Judenburg hergestellt worden ist.

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Sie fordern auch noch!

Steierische Heimwehrführer trugen dem Landeshauptmann Dr. Rintelen vor, das Aufgebot vom Sonntag sei ,, nur" gegen sozialdemokratische Beranstaltungen im Ennstal erfolgt, die man eine Berhöhnung(!) der verzweifelten Volksstimmung nach dem Verzicht auf die 3ollunion und den Genfer Anleihe­bedingungen habe empfinden müssen! Mit Ablauf der Fremden­faifon ist nämlich das sommerliche Aufmarschverbot außer Kraft getreten, da fann man wieder streng legal" Arbeiterfeste über­fallen. Erst zur Unterstützung dieser Heimwehr ,, kundgebung" und zur Hebung ihrer Bedeutung habe Pfrimer den Heimatschutz von ganz Desterreich aufgeboten, aber die famose Proklamation sollte erst nach dem Rücktritt der Parteienregierung angeschlagen werden! Da aber Gendarmerie und Militär heranmarschierten, habe man die Proflamation anschlagen müssen, denn sie enthob die Wehrmacht und Polizei ihres Treugelöbnisses und das war nötig, um Blut­

vergießen zu vermeiden. Wenn so ein Putschist den Verfassungseid aushebt, sind also anständige Staatsdiener nicht mehr daran ge­bunden. Ist diese Rechtsauffassung auch Wahnsinn, so hat sie doch

Pilot, Telegraphist und 4 Passagiere verbrannt. Bukarest , 16. September. Heute früh gegen 7 Uhr ist ein dreimotoriges Fokkerflugzeug der Cidna- Gesellschaft in der Nähe der Gemeinde Balatschiha im Komitat Mehedinta in einen schweren Sturm geraten und abgestürzt. Das Flugzeug geriet in Brand. Die vier Passagiere, der Pilot und der Radiotelegraph ist, im ganzen sechs Personen, sind verbrannt. Einer der Verunglückten ist der Advokat Brunner aus Berlin , ein zweiter ein gewisser Sternberg aus Wien . Die Namen der beiden anderen getöteten Passagiere sind noch unbekannt.

Großfeuer in Niederschöneweide .

Bootshaus niedergebrannt.- 20 Boote vernichtet. schöne weider Rudergesellschaft in der Berliner Str. 86 In der vergangenen Nacht wurde das Bootshaus der Nieder­wertvolle Boote wurden ein Raub der Flammen. durch ein verheerendes Großfeuer völlig eingeäschert. Ueber zwanzig

als die Gefahr kurz vor 2 Uhr entdeckt wurde schlugen bereits aus Das Feuer muß längere Zeit unbemerkt geschwelt haben, denn allen Ecken und Enden des Bootshauses die Flammen hervor. Das Gebäude, das einen Umfang von 15 mal 20 Meter hat, brannte

Mannschaften der Marineflugstation Norva beobachtet unstreitig Putschmethode. Schließlich verlangten die Heimwehrler beim Anrücken des ersten Löschzuges lichterloh. Auf Großfeueralarm

werden konnten.

Bom fapitalistischen Patriotismus.

London , 16. September.

Das Unterhausmitglied Wise( linker Flügel der Arbeiter­partei) fragte den Schazkanzler, ob ihm bekannt sei, daß britische Unternehmungen, die über Frank- Guthaben bei Pariser Banken verfügen, in vielen Fällen diese Guthaben dazu benutzen, um bri tische Frant- Schahzwechsel zu erwerben, die im Zusammenhang mit dem kürzlich dem Schahzamt gewährten Kredit ausgegeben wurden, und auf diese Weise 44 Proz. Berzinsung statt des ½ Proz, das die französischen Banken auf Depot bezahlen, erzielen. Wise fragte ferner, welche Schritte der Schazkanzler ge­troffen habe, um dies zu verhindern.

Snowden antwortete, die französischen Banken, die die Auf­legung der Frant- Schatzwechsel besorgten, hätten versprochen, alles zu tun, um die Zeichnungen auf französische Staats­angehörige zu beschränken, und es seien ihm feine Nachrichten zu

beinahe Amnestie!

Rintelen erwiderte, daß gegen alle Schuldigen nach den Vor­schriften des Gesetzes vorgegangen werde.

Ein Staatsschutzgesetz.

Wien , 16. September. ( Eigenbericht.) Die Regierung plant ein Gesez zum Schuße des Staates, das im Entwurf bereits fertiggestellt ist und dessen Inhalt sich eng an das Reichsgesetz zum Schutze der Republik an­

gegangen, daß diese Schatzwechsel in beträchtlichem Umfang von Engländern erworben würden. Auf eine weitere Frage Wises er flärte Snowden zur Begründung der Tatsache, daß Eng­land Proz. für den amerikanischen Kredit bezahlte, während die Rate der Federal- Reserve Bank 1 Proz. betrage, daß der New­Yorker Privatdiskontsatz mit dem in New York erhaltenen Kredit nichts zu tun habe. Der dem britischen Schahzamt eingeräumte

rückten drei weitere Löschzüge und das in Köpenick stationierte Feuer­löschboot IV zur Hilfeleistung heran. Mit sechs Schlauchleitungen größter Raliber wurde die Bekämpfung des Großfeuers aufgenom­

men.

Ein starker Feuerschein kennzeichnete weithin die Stätte des Brandes. Troß der gemeinsamen Anstrengungen der Feuerwehren griffen die Flammen auf eine angrenzende Wohnlaube über. Die Bewohner hatten das bewohnte Häuschen rechtzeitig ver­lassen können, so daß glücklicherweise niemand zu Schaden bam. Auch die Wohnlaube brannte völlig nieder. Alle Aufmerksamkeit mußten

Kredit zwinge die Kreditgeber, die entsprechenden Mittel tatsächlich für ein Jahr festzulegen, ohne daß die Möglichkeit einer Re­diskontierung bestehe. Auf eine andere Frage erklärte Snowden, daß die Bank von England an den Kosten für den französischen und amerikanischen Kredit nicht teilnehme, da es sich dabei um eine Angelegenheit der Regierung handle, so daß die Kosten vom Schatzamt allein zu tragen seien.