Einzelbild herunterladen
 
Graphologie und Schiffahrt Wenn Generaldirektoren Angestellte wären...
Es ist eine bekannte Tatsache, daß Industrieunternehmen, Banken, Warenhäuser usw. heutzutage Angestellte nur engagieren, wenn sie vorher durch einen Graphologen oder em grapho- logisches Institut die ch a n d s ch r i s t dieser stellungsuchenden Ange- stellten haben prüfen lassen. Den Vorzug unter mehreren Bewerbern erhält dann derjenige, über den das graphologische Gutachten am günstigsten lautet. Daß neben einigen Zufallstreffern ein hoher Prozentsatz von Fehlurteilen zustande kommt, ist eine Selbst- Verständlichkeit. Die halbwissenschaftliche Methode der Handschriften- Prüfung gehört wie das Horoskop-Stellen, das Deuten der Hand- linien, das Kartenlegen usw. in das Gebiet des Aberglaubens. Aber gerade deswegen ist es nicht erstaunlich, daß unsereWirt- schafts f ü h r e r", Bankiers und Großkaufleute solchem Aberglauben huldigen, genau so wie die Krämer und Spießer an die Wunderkraft des Weißkäses der Propheten Weißenberg oder der Zauberröhre des Wunderdoktors Zeileis oder an die Goldmachekunst des Schwind- lers Tausend glauben! Wie tief ist doch der Kapitalismus ge- funken, daß er an die überirdischen und unterirdischen Mächte appellieren muß, um seine Existenzberechtigung zu dokumentieren! Zu den Großfirmen, die die Prüfung der Handschrift als einen Faktor gelten lassen, der beim Engagement ihrer Angestelltep mit­bestimmend wird, gehört anscheinend u. a. die große Hamburg  - A m e r i k a- L i n i e. Ob die Graphologie dazu beigetragen hat, daß geniale Angestellte besser als die ohne Mitwirkung der Graphologie engagierten am Spinnrad der Dividende wirken, ist uns nicht bekantgeworden. Vielleicht äußert sich einmal die Personal- leitung der Hapag   über das Ergebnis dieserwissenschaftlichen" Methode. Bekanntgeworden ist jedoch eine Geschichte, die es wahrhaftig verdient, in den Analen der Großseeschiffahrt erhallen zu werden: hapag  -hamburg   uud Norddeutscher Lloyd-Bremen finden sich bekanntlich seit zwei Jahren in einer 50prozentigen Union  . Dieser Zustand(der die Vorhölle zur Fusion darstellt!) bedingt einen regen Schriftwechsel zwischen den General- direktoren der beiden Großreedereien. Daß dieser Verkehr nicht immer ohne persönliche Reibungen abläuft, ist schon dadurch ver- ständlich, daß auch die Beziehungen zwischen Hamburg   und Bremen  nicht zu denallerfomiliärsten" gehören... Als nun vor einiger Zeit ein persönliches Handschreiben des Generaldirektors des Nord- deutschen Lloyd. Ernst Glässel  , in Hamburg   einging, kamen die Hamburger   Generaldirektoren, an ihrer Spitze Geheimrat Dr. C u n o, Reichskanzler a. D. unseligen Angedenkens, auf den genialen Einfall, den Charakter ihres Bremer   Kollegen nach den wissenschaftlichen Methoden der Grapho­logie deuten zu lassen. Von dem Briefe Glässels wurde die Unterschrift abgeschnitten und der Brief dem Hausgraphologen der Hapag   ausge- händigt. Dieser war der Ueberzeugung. daß es sich um einen Ange- stellten handele, dessen Engagement die Hapag   vorhabe; er setzte sich hin und prüfte nach seiner Methode die 5)andschrift des ihm unbekannten Lloydgeneraldirektors. Das Gutachten des Graphologen war geradezu nerblüffend und setzte die Generaldirektoren des Hamburger  Äonkurrenz"unter- nehmen? nicht nur in großes Erstaunen, sondern auch in helle Verzückung. Es lautete im Kern: Der Mann ist ein Hasardeur und Bankrotteur: er würde ihren Betrieb ruinieren, engagieren Sic ihn nicht." Den noch deutlicheren und gravierenderen Schlußsatz des grapho- logischen Gutachtens wollen wir aus Höflichkeit und sozusagen aus Respekt" vor der anerkannten Autorität eines mit hundert- prozentigem Hanseatengcist getauftenWirtschaftsführers" aus der Taterstadt Lahusens verschweigen... Nachdem die Hainburger   Generaldirektoren sich von ihrem
Staunen und Lachen erholt hatten, kam ihnen die Unmöglich- k e i t des Urteils zum Bewußtsein. Sie ließen sich denerprobten Graphologen" kommen und sprachen also zu ihm: Hören Sie, bester Mann, wir haben Sie als einen tüchtigen Graphologen kennengelernt, der uns selten in Stich gelassen hat. Diesmal haben Sie sich aber geirrt oder uns einen Bären auf- gebunden. Den» der zur Prüfung übergebene Brief stammt nicht von einem Angestellten, den wir engagieren wollen, sondern vom Generaldirektor des Norddeutschen Lloyd  , Herrn Ernst Glässel   in Bremen  . Der Graphologe sank vor dieserEnthüllung" in die Knie und konnte nur verlegen stammeln: Herr Generaldirektor, geben Sie mir, bitte, das Handschreiben zur nochmaligen noch gewissenhafteren Prüfung zurück. So geschah es auch. Der Graphologe ging erneut noch ge- wissenhafter, noch wissenschaftlicher an die Arbeit und brachte tags- darauf das Ergebnis seiner Prüfung zurück mit dem Bemerken: Ich bcdaure sehr, Herr Generaldirektor, nichts neues berichten zu können, es bleibt bei meinem ersten Urteil!! Der Mann hatte Mut! Alle Achtung! O weh, da wäre ja der Herr Generaldirektor durchgefallen, wenn er den Ehrgeiz gehabt hätte, als Angestellter für 300 Mark statt als Generaldirektor für 30 000 Mark monatlich im Schiffahrts- trust tätig zu sein! Wollte nian boshaft sein, so könnte man in diesem Ausnahmefall verrückterweise mal an die Graphologie glauben!! Damit ist aber die Geschichte nicht zu Ende. Das Urteil des Hainburger   Graphologen wurde dem Generaldirektorium des Norddeutschen Lloyd   in Bremen   zu einer Zeit in die Hände gespielt, als Generaldirektor Glässel auf eine Erholungsreise nach Amerika   war, wo er auch wichtige geschäftliche Aufträge zu erledigen hatte. Man kann sich lebhaft vorstellen, welche Schadenfreude ein solcher Hamburger   Bericht in Bremen   ausgelöst haben mag! Das war ebensoviel wert wie die Ankündigung einer Tantieme! Die Schadenfreude unter Kollegen ist begreiflich. U n b e» g r e i f l i ch aber ist, daß der A u f s i ch t s r a t des Norddeutschen Lloyd   sich nicht nur offiziell mit dem graphologischen Zeugnis be- faßte, sondern davon sogar derart beeinflußt war, daß er ernst- lich erwog, dem auf der Reise nach Amerika   befindlichen General- direktor Glässel die vollmachten zu den Verhandlungen in Amerika   zu entziehen. Denn wer weiß, was passieren könnte, wenn dieserHasardeur und Bankrotteur" in Amerika   Verhandlungen führte, deren Ergeb- nis das Ende der Hapag-Lloyd-Union   sein könnte!! Nun sage noch einer, die HerrenWirtschaftsführer" der größten Schiffahrtsgesellschaften seien nicht ernst zu nehmen und seien nicht Tag und Nacht um'das Wohlergehen ihrer Angestellten und Fahr- gäste besorgt! Genau sobesorgt" waren die Brüder L a h u s e n, als sie kurz vor der Ausdeckung ihrer 300-Millionen-Verluste, ihrer Bllchcrfälfchungen und Betrügereien zu einer Bremer   Graphologm eillen, um von ihr zu erfahren, was aus ihnen und aus ihrem Trust werden würde. .Es gäbe ein probates Mittel, die Furcht der Herren Wirtschasts- führet vor den Sternen und den Korten, vor den Handlinien und den Schristzügen, vor den Eulen und Katzen zu beseitigen, wenn die Herren Lohusen aus der Zelle des Untersuchungsgefängnisses einen Kassiber an ihre Kollegen von der Großindustrie, der Hochfinanz und der Großreederei schrieben, in dem sie ihnen mitteilten, daß die konsultierte Graphologin nicht in der Lage gewesen sei, ihnen(den Brüdern Lahusen) vorauszusagen, daß sie drei Wochen später ihr Pruntschloß Hohehorst mit den 12 marmornen Badezimmern würden mit einer Gefängniszelle ohne Spülklosett wechseln müssen!! .Alkreck Faust(Bremen  ).
Der Tambourmajor. E>o etwas brauchen sie gerade. Tambourmajor gesucht, ausgebildet, perfekt auf beiden Instrumenten, Bedingungen: Pg., SA.-Mann, im Bedarfsfall kann freie Wohnung und Essen gewährt werden. Anruf unter Lichterfelde 039Z. (Angriff" vom 15. Sept.) ImAngriff" von gestern abend wurde in einem Inserat ein Tambourmajor gesucht. Wohnung und Kost frei. Einer unserer Parteigenossen rief bei der angegebenen Telephonnummer an, um sich zu erkundigen, wie die Nationalsozialisten ihre Leute engagieren. Es meldete sich am Telephon der Sturmführer Lichterfelde   und nun entspann sich das folgend« Zwiegespräch: Hier Schlamin. Ich habe Ihre Annonce gelesen und wollte mich melden. Ja, sind Sie Parteigenosie? Aber natürlich, selbstverständlich. Ja, wissen Sie, wir wollen unser Tambourkorps umorganisieren, unser Trommlerzug ist zwanzig Mann stark, alles Militärmusiker, es fehlt uns nur noch der richtige Führer. Können Sie das machen? Aber natürlich, ich habe jahrelang im kommunisti  - schen Sportverein den Tarnbourmajor gemacht. Großartig, das brauchen wir gerade! Brauchen Sie denn die Wohnung? Ja, die brauche ich auch gerade. Ich geh' stempeln und wohne bei meinen Eltern in Bernau  . Na, dann müssen Sie hier polizeilich gemeldet werden und können hier weiter stempeln gehen. Feines SA.-Heim, gute Verpflegung, da können Sie ja auch gleich essen. Am besten wird sein, ich komme mal rum. Kommen Sie nur, da können Sie gleich hier frühstücken. Hell Hitler  !
Todesschuß aus Armeepifiole. Tragischer Tod eines jungen Mädchens. Zu das Moabiler Krankenhaus wurde gestern abend von zwei jungen Männern die 25 Zahre alte Kontoristin Erna Gellert mit einer schweren Schußverlehnng am Kopf ciageiiesert. Das Mädchen starb kurze Zeit nach der Einliefernng. Unmittelbar vom Krankenhaus begaben sich die beiden Männer, der 27jährige Hans Jl. und sein Freund, der 25 Zahre alle kauf- männische Angestellte Kurt G. zum 25. Polizeirevier, um über den Tod des Mädchens folgende Angaben zu machen: Das junge Mädchen uud die beiden Freunde hätten sich gestern abend bei verwandten in der Maldstraße In Moabit   zu Besuch aufgehallen. 3m Laufe der Unterhaltung habe G. eine spanische Armeepistole hervor- gezogen uud den Anwesenden eine Ladehemmung demonstriert. Danach habe er die geladene Waffe, die unglücklicherweise nicht gesichert war, auf den Tisch gelegt. Angeblich aus Scherz habe Erna Gellert die Pistole plötzlich ergriffen und sie gegen die Schläfe geseht. Dabei habe sich ein Schuß gelöst und das Mädchen sei mit einem Ausschrei leblos zusammengesunken. Die Kriminal- Polizei ist mit der Ausklärung des Vorfalles noch beschäftigt. 7t. und G. sind in hast behalten worden.
Krachversammlung in Elberfeld  . Elberfeld  , 16. September.  (Eigenbericht.) Das Reichsbanner veranstaltete hier am Dienstagabeno eine große Kundgsbnng, die von Nationalsozialisten und Kommunisten mehrfach gestört wurde. Die Stadthall«, in der die Veranstaltung mit Scheidemann   als Redner vor sich ging, war viele Stunden vor Beginn der Versammlung bis auf den Ktzten Platz gefüllt, so daß sie gesperrt werden mußte. Tausende konnten keinen Einlaß mehr finden. Sie demonstrierten deshalb auf den Straßen, die bis spät abends belebt waren. Trotz der Ankündigung der National- sozialisten und Kommunisten, di« Versammlung unmöglich zu machen, konnte Scheidsmann seine Rede zu Ende führen. All« Störungsver- suche wurden vom Reichsbanner und der Polizei inr Keime erstickt. Als die Versammlung zu Ende war, kam es in der Stadthalle und vor dem Versammlungslokal zu Prügeleien.
Buster ruischi ins Kilmland." Marmorhaus. Dieser Tonfilm Buster Keotons ist ein Versager. Daran trägt weniger die verunglückte deutsche Synchronisierung als das Ma- nuskript die Schuld. Rührung und Kitsch drängen sich vor. Sie nehmen einen zu großen Raum ein und überwuchern die grotesken Szenen, die auch ohne Wort wirken würden. Harald Lloyd gebraucht Wort und Geräusch, um die Komik des sichtbaren Vorgangs zu steigern, bei Keaton erhält der Dialog den Hauptakzent, und dieser Dialog ist nichtssagend. Er begnügt sich mit Romanphrasen und trivialen Redensarten. Die Witze sind ebenfalls nicht neu. Die Handlung spielt in Hollywood  . Buster kommt dorchin und wird schließlich wider Willen ein großer Filmstar. Eigentlich sollte es die Schönhettskönigin seiner kleinen Stadt in Arkansas  werden. Sehr viel unglückliche Liebe wird aufgefahren, und der Schluß ist eine Variante des ThemasSchlägt vor Lust und Leid auch in des Gauklers Brust ein Herz". Man kokettiert mit der Träne und findet keinen befriedigenden Ausgleich in der Darstellung des Filmmilieus. Die Ironie tritt nur zaghast auf. Allerdings stehen innerhalb dieses Rahmens ein paar Auftritte, die jeden Vergleich mit den alten Keatonfilmen aushalten. So etwa die Szene, in der Keaton den Edelkomparsen mimt und die Film- aufnähme stört, aber diese Kostbarkeiten entschädigen nicht für d's öden Strecken. Die Schauspieler um Keaton sind Konvention. Selbst Anita Page   wächst über das süße Girl nicht hinaus. F. 5cli.
Geaeralmilsikdlrektor Lee Blech feiert am 17. September die iünfund- zwanzigjährige Zugehörigkeit zur StaatZaper; er wird am selben Abend bi« Verdische OperTer Maskenball" dirigieren. Ein«euer Dichter im Staatstheatcr: Intendant Legal bat das Schau- spielDie Herde sucht" ven Fred 91 e u m e V e r für die Staatlichen Schauspiele erwarben. Das Stuck gelangt unter Jürgen Fehlings Regie im Schiller-Thcatcr zur Urgussübrung. Die Premiere jm Thalia. TheaterDer Damenfriseur" ist aus Freitag verschoben.. Die Gruppe Junger Schauspieler eröffnet da? Berliner   Theater am Donnerstag, 2014 Uhr, mit der Uraufführung vonAvantgarde" von Valentin Katojew.
Singe, o Muse, den Fünfjahresplan... Ein interessantes Beispiel für Dichtung im Auftrag teilt Arthur Luther   in der MonatsschriftOst-Europa  " mit. Das Sekretariat der Rapp(russische   Gesellschaft proletarischer Schrlftstelleif) veröffent- lichte den solgenden Beschluß:Es wird für notwendig angesehen, ollen Schriftstelleroerbänden im allgemeinen und jedem proletarischen Schriftsteller im einzelnen den Auftrag zu geben, sich sofort mit der künstlerischen Darstellung der Helden des Fünfjahrplanes zu beschäs- tigen, sowohl der Fabriken als auch einzelner Vorkämpfer, die mit dem Leninorden oder dem Orden der Roten Arbeitsfahne ausge- zeichnet wurden. Dieser Auftrag ist als obligatorisch anzusehen, und innerhalb zwei Wochen muß eine Kontrolle der Ausführung statt- finden." Diese Arbeit ist einestrenge Prüfung", durch die die Sowjet- schriftsteller ihre Lebensbercchtigung erweisen sollen. Ein Aufrus an die verschiedenen Schriftstellergruppen weist darauf hin:Die Rapp ist eine Kampsorganisation der Arbeiterklasse und kein Fortdildungs- verein einer Gruppe sreier Literaten. Das müssen wir jetzt durch Taten beweisen.... Es ist notwendig, daß Millionen und aber Millionen die kennen, die für die Sowjetunion   arbeiten. Die sich zum Sturm aus den Kapitalismus rüstenden Proletarier der ganzen Welt müssen sie kennen! Damit man kennen lerne, muß von ihnen erzählt werden. Die proletarische Litercstur muß sie der Welt zeigen. Das ist die Aufgabe. Und sie muß unverzüglich gelöst werden, vor den Augen der Armee der den Sozialismus Bauenden. Wir müssen tatkräftig, praktisch teilnehme» an dem Kampf um die bolsche- wistischen Tempi. Bewältigen wir diese Aufgabe, so bringen wir die proletarische Literatur in der Tot einen großen Schritt vor- wärt?..., Der neue Schriftstellertypus ist erst im Entstehen be- griffen, der Typus des an dem sozialistischen   Aufbau praktisch Mit- schaffenden Wenn wir diese Aufgabe bewältigen, haben wir einen neuen Schritt zum Ziel der großen Kunst des Bolschewismus gemacht. Der Leser erwartet von uns mehr als bloße Skizzen. Stimmung?- bilder und kurz« Geschichten. Der Leser erwartet von uns die neue Novelle und den neuen Roman. Er will aber auch daß diese Werke Stoßwaffen der sozialistischen   Erkenntnis und der Umgestaltung der Welt seien." Alle Verbände, Fabriken, Wtrtschaftsoereinigungen usw. sollen nach diesem Aufruf die Arbeit unverzüglich in Angriff nehmen, und das ausgearbeitete literarische Material wird vor der Veröffentlichung den Arbeiteroersammlungen zur Begutachtung vorgelegt. Eine Soziologie des Lachens. Wie aus Moskau   berichtet wird, gibt Lunatscharski  , der führende Äulturpolittker Sowjet-Rußlands  , eine Physiologie und Soziologie des Lachens heraus Sie soll da? Lachen in Literatur, Karikatur und Musik behandeln und den be- zeichnenden Titel tragen:Das Lachen, die Kunst des Klassen- kampfes".
Neue Kunstquartiere. In einem Hinterhofkeller(Magdeburger Str. 5), dessen Kata- kombenstimmung keinerlei Kunstsalonvornehmtuerci auskommen läßt, haust der um das junge Bildschaffen und speziell um eine zeitkritisch erregte, Hohn grinsende Richtung wesentlich verdiente Kunsthändler Karl Nierendorf. Er hat, unter der dem Geist des Ortes gemäße» Devise.Welt von unten", aus seinen Vorräten alle möglichen wilden Sachen zusammengekramt und ohne jedes Zeremoniell des Hängens recht eng und bunt durcheinander an die Kellerwände gepappt. Otto D i x vor allem taucht immer wieder aus dem krausen Gemisch wüst gelaunter, schreckgesichtiger, auf- sassiger Malereien und Zeichnungen auf: mit Blättern aus seiner gradios-gtcuenhaften Kriegsmappe, mit furchtbar fletschendem Menschenantlitz, mit robusten Matrosenträumen. Die trotzige Urwüchsigkeit seines früheren Werts packt heute wie je. Hinzu komm«» grell kolorierte Pomphletkritzeleien des frühen George G r o f z, die ihre freche und zwingende Wirkung den gemeinen Karikaturen auf Zäunen und Abortwänden abgeguckt haben kommen M a s e r c e l, H u b b u ch, Ringclnatz, der jüngere Werner Scholz   mit einigen seiner flackernden Zornes hinge- malten, in finster blakende Farben getauchten Gestalten des dumpfen und erniedrigten Daseins. Der ganze Hexensabbach kreischt und fegt wie noch nie durch die Gänge und Kellerlöcher: in so guter schlechter Beleuchtung hat man das alles noch nicht gesehen. Eine geradezu prunkhafte Flucht von Räumen hat die G a l e r i e G u r l i t t(in der Matthäikirchstr. 27) bezogen. Solche Erweiterung des Rahmens hat heute etwas Verblüffendes; inmitten eines vielfach verzagenden Kunstbetriebes muß sie imponieren Freilich wird das anspruchsvoll« Gefäß Ausstellungen von Format verlangen und nicht mit Beiläusigkeiten zu füllen sein. Vorerst sieht man Graphik des jungen R L e s s e r. dessen groteske Eckigkeit und flatternde Umriß- führung. dessen spukhafte Note, deullich an Kubin und Feininger  geschult, bereits recht eigen anspricht. Außerdem plastische Arbeiten von Ilse Fehling-Witting, der schmale, herbe Köpfe m feiner und behutsamer Durchmodellierung sehr gehaltvoll geraten, während eine größere Terracottagrupp� Zottiger Terrier elh wenig an der äußeren Schnurrigkeit der Erscheinung haften bleibt. W. W.
helmholh' Nachlaß. Frau Ellen von Siemens hat der Berliner Akademie der Wisienschost«» den wissenschaftlichen Nachlaß chres Vaters Hermann Helmholg überwiesen. Der große Naturwissen- schasU«r ist von 1870 bis 1804 Mitglied und eine der größten Zierden der Akademie gewesen. Einige der wichtigsten seiner Ar- beilcn hat Helmäoltz in den Sitzungen der Akademie ovrgetrazci». Sein Nachlaß reiht sich dorl nunmehr der Reihe wifsenichaftlicher Hinterlassenschaften an die die Akademie oerwaltet: genannt seien diejenigen von Weierstraß und Dilthey  ,