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Pierre de Margerie  .

Zum Wechsel in der franzöfifchen Botschaft.

Nach fast neunjähriger Tätigkeit als Vertreter der franzö fischen Republik verläßt Botschafter Pierre de Margerie  heute abend die Reichshauptstadt. Am 6. Oktober wird er 70 Jahre alt, fein Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst erfolgt lediglich wegen der Erreichung der Altersgrenze, die man freilich diesem überaus rüstigen Manne feineswegs anmerkt.

De Margerie hat in diesem langen Zeitraum unter oft schwersten politischen Verhältnissen mit vornehmem Taft und fluger Zurückhaltung viel Gutes getan, um die Beziehungen zwischen beiden Ländern enger und besser zu gestalten. Der Beginn seiner hiesigen Tätigkeit stand allerdings unter einem bösen Stern. Wenige Tage, nach dem er dem Reichspräsi­denten Ebert sein Beglaubigungsschreiben überreicht hatte, erfolgte die Besetzung des Ruhrgebiets. In den folgenden anderthalb Jahren waren die Beziehungen zwischen Deutsch­ land   und Frankreich   alles eher denn friedlich und freundschaft: lich. Für die diplomatischen Vertreter Frankreichs   in Berlin  war diese Zeit ebenso bitter und unfruchtbar wie für ihre deutschen   Kollegen in Paris  . Sobald jedoch nach dem inner­politischen Umschwung in Frankreich   im Frühjahr 1924 eine Entspannung eintrat, war de Margerie bestrebt, an der Besse= rung der deutsch  - französischen Beziehungen aktiv mitzuwirken. Unauffällig und bescheiden, aber zäh und zielbewußt knüpfte er immer stärkere Bande zwischen geistigen und wirt­schaftlichen Kreisen beider Länder und förderte er alles, was in dieser Richtung lag. Das Politische lag ihm an­scheinend weniger, und es ist in manchen Kreisen bedauert worden, daß er sich nicht stärker als Vermittler zwischen den führenden Politikern beider Länder betätigt hat. Immerhin wurde besonders in den Jahren nach Locarno   die Botschaft am Pariser Plah immer mehr zu einem von ihm inspirierten Zentrum deutsch  - französischer 3usammen= arbeit. Vor allem die Intellektuellen beider Län­der, Schriftsteller, Künstler und Gelehrte haben ihm viel zu verdanken.

Daß in den Beziehungen zwischen Deutschland   und Frankreich   seit Jahresfrist ein unverkennbarer Rückschlag eingetreten ist, ist leider nicht zu leugnen. Es ist nicht der Augenblick, die Schuld an dieser bedauerlichen Entwicklung zu untersuchen; den Botschafter de Margerie kann man aber feinesfalls dafür verantwortlich machen; er hat sich im Gegenteil oft mit Erfolg bemüht, dieser Entwicklung ent­gegenzuarbeiten und sich gerade in den letzten Monaten immer stärkerer Sympathien in allen Kreisen erfreut, die Dienstlich oder gesellschaftlich mit ihm zu tun hatten. Mit Genugtuung vernimmt man, daß der um die Sache der deutsch  - französischen Verständigung verdiente Pierre de Mar­ gerie   fich auch fernerhin von Paris   aus in nichtamt­ficher Eigenschaft für die weitere Ausgestaltung der engen Beziehungen zwischen Deutschland   und Frankreich   be­tätigen wird.

Montag trifft Francois Poncet   ein.

Paris  , 18. September. Der neue französische   Botschafter in Berlin  , Francois Boncet, wird Paris   am fommenden Sonntag verlassen, unt sich auf seinen Berliner   Posten zu begeben. Er hatte heute Unterredungen mit Ministerpräsident Laval und Außenminister Briand   gehabt.

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Der Ersatz: ,, Angriff" verboten.

Der Reichsinnenminister gegen die Hehe. Am Donnerstagabend suchte der Berliner   Presseleiter der NSDAP.  , der Reichstagsabgeordnete intel  , im Reichstage den Reichsinnenminister Dr. Birth auf, als dieser gerade an der Reichsratsfigung teilnehmen wollte. Hinkel legte dem Minister dar, meshalb die Nationalsozialisten gerade das diesmalige Berbot des ,, Angriff" als unberechtigt betrachten. Dr. Wirth betonte dem gegenüber, wie das Nachrichtenbüro des VDZ. hört, daß er selbst die radikale Heze aufs schärfste mißbillige und daß besonders nach den Vorgängen am Kurfürsten damm, die Deutschland   auch dem Ausland gegenüber in Miß­kredit gebracht hätten, ein energisches staatliches Vor­gehen am Plaze sei.

Abg. Hintel bestritt einen Zusammenhang zwischen der Zeich nung, die zum Verbot des ,, Angriff" führte, und den Demonstras tionen, die übrigens von der NSDAP  . auch mißbilligt würden. Die Zeichnung Hib" habe nicht eine Aufforderung zu Gewalttätigkeiten sein sollen. Es handele sich nur um eine Abkürzung der Parole ,, Hinein in die Betriebe". Minister Dr. Wirth beendete die Unterredung mit der Erklärung, daß die nationalfozia listische Beschwerde selbstverständlich wie jede andere auf dem nor­malen Geschäftswege geprüft werden würde.

Als Ersag für den verbotenen ,, Angriff" war am Freitag auf den Berliner   Straßen ein anderes nationalsozialistisches Blatt, die Signale" zu kaufen. Darin erblickte das Berliner   Polizei­präsidium eine Umgehung des Berbots; infolgedessen wurde auch die Auflage der Signale" beschlagnahmt. Bon nationalfozia listischer Seite wird allerdings erklärt, die Signale" beständen feit langer Zeit, fie seien das Organ der nationalsozialistischen Be­triebszelle. Wie das Nachrichtenbüro des BD3. erfährt, werden an zuständiger Stelle Maßnahmen erwogen, die eine Umgehung des Angriff"-Verbots in Zukunft von vornherein unmöglich machen sollen.

Die neue badische Regierung. Minister Dr. Schmitt Staatspräsident.

Karlsruhe  , 18. September.

In der heutigen Nachmittagsfizung des Badischen Landtags, in der die Beschlüsse des Haushaltsausschusses zum Sparguthaben der badischen Regierung mit übergroßer Mehrheit angenommen wurden, erfolgte zum Schlusse die Wahl der neuen badischen Regierung, die durch den Tod des früheren Staatspräsidenten Dr. Wittemann notwendig geworden war. Es wurden gewählt der bisherige Kultusminister Dr. Schmitt zum Justizminifter mit 52 Stinnnen, der bisherige Fraktionsführer des Zentrums, Dr. Baumgartner, zum Kultusminister mit 53 Stimmen, Minister Dr. Schmitt zum Staatspräsidenten mit 53 Stimmen.

Der Reichsparteiausschuß der deutschen Zentrumspartei   ist zu einer Sizung am 25. Oftober nach Berlin   einberufen worden. Reichs­tanzler Brüning wird in dieser Sigung einen längeren Bortrag über die politische Lage halten.

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dem Reich die Pelle!

Freispruch im Küfter- Prozeß.

§193 für die Beklagten.  - Urteilsbegründung gegen Schrann.

In der Privatbeleidigungsklage des Bizepräsidenten der Deut­schen Friedensgesellschaft Küster gegen die verantwortlichen Redat teure des Tag", der Hamburger   Deutschen Handelswacht", der Siegener Zeitung" und der Roten Fahne" verkündete gestern Amtsgerichtsrat Bues folgendes Urteil: Die Beklagten wer­den auf Kosten der Staatstaffe freigesprochen.

In der Urteilsbegründung führte Amtsgerichtsrat Bues aus: Die Beklagten   haben ihr Material aus dem Zwist unter den Leuten innerhalb der Friedensbewegung selbst geschöpft. In erster Linie haben es die Zeugen Rötscher, Dr. Hiller und Schwann geliefert. Die von den Beklagten aufgestellten Behauptungen waren zweifellos verhegend. Die Borwürfe gingen dahin, daß von fremden Regie rungen Geld genommen, daß Landesverrat geübt worden sei. Auch manche Ausdrücke, einzeln genommen, waren formal beleidigend. Sie müssen aber in Verbindung mit dem Ganzen betrachtet werden. Der Kläger   durfte sich somit beleidigt fühlen. Wenn die Be­tlagten für sich in Anspruch nehmen, den Wahrheitsbeweis geführt au haben, so tann das Gericht dem nicht beipflichten. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob Tatsachen erbracht worden sind. Das war nicht der Fall. Mögen zwischen dem Kläger und dem Zeugen Schwann noch so enge Beziehungen bestanden haben, er brauchte trotzdem nicht von dessen Tätigkeit gemußt zu haben und tann für das Verhalten des Zeugen nicht verantwortlich gemacht werden. Schwann, der die Gelder vermittelt hat, war gleichzeitig Brä fident der Liga für Menschenrechte und Präsidial. mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft. Diese Tatsache murde für das Urteil entscheidend. Die Gelder, die Schwann vermittelt hat, stammten nicht von selbstlosen Organisationen; sie waren also nicht selbstlos, sondern zu durchsichtigen politischen Sweden gegeben. Das folgt selbst aus der Aussage des Zeugen. Die französischen   Gelder sollten zur Schaffung eines Reichs­tags mit franzosengünstiger Stimmung dienen. Bei der Beurteilung der tschechischen Gelder ist zu berücksichtigen, daß die Tschecho­flomafei mit Frankreich   verbunden ist. Das alles tann jedoch dem Privatkläger nicht zur Last gelegt werden; die Gelder selbst ver­sicherten in der Liga. Seine engen Beziehungen zu dem Zeugen Schwann mußten aber zu den verschiedensten Bermutungen Anlaß geben. Der Kläger   hat heute erklärt, daß er nun mit Schwann brechen wolle und daß Schwann ein Schiedsgericht gegen ihn anrufe. Der Kläger   hätte schon viel früher mit Schwann brechen müssen.

waren, sind die Sozialdemokraten, die damals dem Vorstand der Liga angehörten, zum Zeichen ihres Protestes ausge­treten. Sie haben damit einen selbstverständlichen Trennungs­strich gezogen.

Aus den Kreisen der Friedensgesellschaft hat die Sozial­ demokratische Partei   oft gehässige politische Angriffe erfahren. Der Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei hat erst üst er gewarnt und hat die Zugehörigkeit zu dieser Dr­vor kurzem vor einer Spaltungsorganisation des Herrn ganisation für unvereinbar mit der Zugehörigkeit zur Sozial­demokratischen Partei erklärt.

Organisationen gegenüber immer auf den Standpunkt ge Im übrigen hat sich die Sozialdemokratische Partei   beiden ſtellt: die wahre Berteidigerin der Menschenrechte und die wahre Friedensgesellschaft ist die Sozialdemokratie!

In dem Bericht des ,, Abend" vom Donnerstag, dem 17. Sep­fember, ist ein Irrtum unterlaufen. Es mußte in der Aussage des Zeugen Schwann nicht heißen: Küster habe von dem Empfang und der Verwendung der tschechischen Gelder gewußt, sondern Küster habe von dem Empfang nichts gemußt."

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Helfershelfer der Pogromiften.

Die Kreuz- Zeitung  " greift die Staatsanwaltschaft an.

Noch ist in dem Naziprozeß wegen der Krawalle am Kurfürsten­damm nichts weiter erfolgt als die Vernehmung eines Teils der Angeklagten. Diese haben so ersichtlich das Blaue vom Himme! heruntergelogen, daß der humorbegabte Borsigende zuweilen in sarkastischer Weise die lausbubenhaften Ausreden der Angeklagten richtigstellen mußte. Bei zwei ganz harmlosen" waren Schlag­ring bzm. Revolver gefunden worden. Einzelne Angeklagte haben aber auch offen zugegeben, daß die Sache von oben arrangiert und daß der ganze Gausturm von Berlin  beteiligt war. Was tut daraufhin die Rechtspresse? Sie stellt sich Die biedere Kreuz­schüßend vor die Angeklagten.. 3eitung" beschwert sich, daß die Staatsanwaltschaft gegen die Angeklagten so schmeres Geschüt" aufgefahren habe. Indem das Junterblatt so tut, als fönne irgendein ernsthafter Mensch die Lügen der Angeklagten für bare Münze nehmen, schreibt es mit gut gespielter Harmlosigkeit:

,, Die Vernehmung der einzelnen Beschuldigten ließ erkennen, daß es sich bei den Festgenommenen nicht ausschließlich um Natio. nalsozialisten handelt, und daß feineswegs planmäßige Attionen", mit denen die nationalsozialistischen Parteinstanzen zu tun hätten, zur Störung des jüdischen Neujahrsfestes durch­geführt worden sind. Die Aussagen, die zum Teil durch ihre Un­beholfenheit heitere Zwischenfälle hervorriefen, gaben das typische Bild von zufälligen(!) 3usammenrottungen und Ausschreitungen(!!), wie sie in einer Großstadt leicht ein­mal vorkommen.(!!) In Anbetracht dieser Tatsachen muß die Formulierung der Anklagen als recht schweres Geschütz anmuten." Moralisch läuft dies Verhalten des Rechtsblattes auf Be= günstigung der Angeklagten, politisch auf ein Sym­verhält sich ein Blatt, das noch nicht einmal nationalsozialistisch ist. und da meinte die schwerindustrielle DA3.", Herr Goebbels   und fein Angriff" würden sich zu einer offiziellen Verurteilung des Pogroms aufschwingen!

Schwann stand an leitender Stelle. Er war deshalb zu größter Rücksicht verpflichtet. Er durfte sich nicht in Arme von Staaten führen lassen, deren Einstellung zu Deutschland   vor noch nicht allzu langer Zeit feindlich gewesen war. Seine ganze Tätigkeit war höchſt bedenklich. Hier segt der Vorwurf ein, der gegen den Kläger   gemacht werden muß. Der Privattläger hatte zum mindesten die Pflicht, den gegen Schwann erhobenen Vorwürfen nachzugehen. Er war auf das ihm angebotene Abonnement von tausend Exemplaren der Zeitschrift ,, Das andere Deutschland" ein­gegangen, bediente sich seiner ständigen Mitarbeit für wirtschaftliche Artikel, fannte seine Beziehungen zu Folster. Jedes Verhalten des Zeugen Schwann als Borstandsmitglied mußte auf ihn zurückfallen. Schwann hatte französische Gelder vermittelt, hatte in Prag   dauernd tschechische Gelder entgegengenommen, hatte von der polnischen Re- pathiebetenntnis zu Judenpogromen hinaus. So gierung für seine schriftstellerische Tätigkeit Honorare bezogen. Das alles war für die Deutsche   Friedensbewegung untragbar. Schwann war flanglos aus dem Vorstand ausgeschieden; der Kläger  hätte ihn sofort abschütteln müssen, als hillers Bor würfe laut wurden, als das Schiedsgericht seinen Spruch gefällt hatte. Der Angeklagte hat sich auf das rein Juristische versteift, er war der Ansicht, daß das Schiedsgericht über Schwann nicht zu urteilen gehabt habe. Er hat seine Pflicht offenfundig ver nachlässigt; das war wichtig für die Angeklagten. Im allge­meinen vaterländischen Interesse fonnten sie nicht schweigen. Es war nicht nur das Recht, sondern auch die Staatsbürgerpflicht eines Rebatteurs. Sie handelten somit in Wahrnehmung berechtigter

Interessen.

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Als im Jahre 1925 befannt wurde, daß die Liga für Menschenrechte Gelder aus zweifelhaften Quellen zugeflossen

Theater am Nollendorfplatz.

Uraufführung: Der beschleunigte Personenzug". Schließlich kommt Mar Adalbert vors Gericht und dann fönnen wir endlich von Herzen lachen. Sonst. ist der Schwant von 5 ans Reimann und Heinrich Spoerl   ein sehr breit ge­zogener Spaß, in dem sich Adalberts Komit nicht entfalten kann. Das Publitum ist nur wenig beifallsfreudig.

Dgr.

Neuer Sabotageprozeß.

Drei Todesurteile beantragt.

Moskau  , 18. September.

In dem Prozeß gegen 33 Beamte des russischen Holztrustes megen Sabotage beantragten die Anklagevertreter gegen drei Ber­sonen die Todesstrafe. Die Angeklagten merden beschuldigt, von ausländischen Firmen bestochen worden zu sein und dadurch schlechte Abschlüsse für den Staat getroffen zu haben.

Der preußische Landtagsabgeordnete Gieseler( Ostpreußen  ) ist gestorben. Er gehörte ursprünglich der Deutschoöllischen Frei­heitspartei an. Als diese von der Hitlerbewegung ziemlich restlos aufgefogen wurde, trat er zu den Deutschnationalen über. Politisch hat Gieseler, nur einmal, und zwar durch eine besonders nieder­trächtige und hartnäckige Berleumdung des preußischen Wohl­fahrtsminister Hirtsiefer von sich reden gemacht

Gefängnisinfaffen von Midnapur  ( Britisch- Indien) überfielen die Bachmannschaft; diese schoß. Es murden zwei Gefangene ge= tötet und 20 verlegt. Auch drei Polizisten wurden verwundet.