Morgenausgabefe situs si
Rr. 441
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48.Jahrgang
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Der„ Borwärts" erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel„ Der Abend", Jllustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit".
Sonntag
20. September 1931
Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.
Die einspalt. Nonpareillezeile 80 Pt. Reklamezeile 5,- RM. Kleine En zeigen" das fettgedruckte Wort 25 f. ( zuläffig zmei fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pf., jedes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Pf. Familienanzeigen Zeile 40 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 81/2 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!
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Genf und Mufden.
Erklärungen und Bölferbundrat.
Genf , 19. September. ( Eigenbericht.)
In der Sonnabend- Sihung des Bölferbundsrates erklärte der japanische Delegierte Yoshizawa, er habe von seiner Regierung die Mitteilung erhalten, daß sich bei Mukden 3wischenfälle zwischen japanischen und chinesischen Truppen zugefragen hätten. Es werde alles getan, daß sich der lokale Borfall nicht weiter ausbreite. Er erwarte weitere Nachrichten und werde dem Rat Mitteilung darüber machen. Der chinesische Delegierte S31 erflärte, feine Informationen befagten, daß der bedauerliche Zwisc; enfall nicht durch chinesische Truppen hervorgerufen worden sei. Er werde den Rat ständig auf dem laufenden halten.
Schwere Berluste auch bei den Japanern.
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Unser Kampfprogramm.
Bon der Bankenkontrolle zur Boltsherrschaft über die Bolkswirtschaft.
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Das Wirtschaftssystem von heute muß umgebaut werden um des Lebens und Sterbens des Volkes willen. Seine Beherrschung muß aus den Händen der Monopolkapitalisten gerissen und in die Hände des Volkes gelegt werden der Sozialismus ist das Problem unserer Zeit! Wir fönnen nicht warten, daß in sätularem Preozesse die Umgestaltung sich automatisch vollzieht, wir müssen aktiv einegreifen und selber handeln..
Tofio, 19. September. Die Berluste der japanischen Truppen bei der Einnahme von Ranking betrugen, wie hier mitgeteilt wird, 30 Tote und
80 Verwundete.
Der Minister des Auswärtigen hat heute bei dem japanischen Gesandten energische Vorstellungen wegen der Vorfälle in der Mandschurei erhoben, sofortige Einstellung der Feindseligkeiten durch die japanischen Streitfräfte und deren um Er- Feindseligkeiten durch die japanischen Streitkräfte und deren um= gehenden Rückzug in ihre ursprünglichen Stellungen gefcr dert. Der Miniſter des Auswärtiger hat ferner den chinesischen Geschäftsträger in Tokio beauftragt, auch bei der japanischen Regie rung gegen das Vorgehen der japanischen Truppen in der Mandschurei Protest einzulegen.
Tofio, 19. September. ( Eigenbericht.) Der japanisch- chinesische Konflift ift entgegen den gehegten wartungen am Sonnabend noch nicht beigelegt worden. Biel mehr befehlen die Japaner im Laufe des Tages eine ganze Reihe militärischer Stühpunkte wie Wantung, Jintom, Fushun u. a. Die chinesische Besatzung dieser Stühpunkte wurde enfwaffnet
Aufruf zur Solidarität.
Die Not treibt den Prozeß vorwärts. Der Glaube an die Unerschütterlichkeit des kapitalistischen Systems ist zerschlagen, nicht nur das Volk, sondern auch die Kapitalisten selbst erkennen die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Die Kritik des Kapitalismus regt sich allenthalben, und mit der Kritik des Systems seine Verfluchung. Die Zeit ist reif für die Gedanken des grundsäglichen umbaus des Wirtschaftssystems! Der Richtungspunkt, der für diesen Umbau unerschütterlich im Auge behalten werden muß, wenn der Weg ins Freie führen soll, ist der Sozialismus. Der Gedanke des Sozialismus muß sich in der Not unserer Tage erheben als das leuchtende Zeichen, dem die auf Rettung hoffenden Massen nachfolgen.
Es genügt nicht, den Kapitalismus zu verfluchen, es muß hinzutreten die Erkenntnis und der Wille zur Neuorganisierung der Wirtschaft für die Bedürfnisse des Volkes! Um diesen Willen zu wecken, um die Richtungspunkte des Neubaues zu zeigen, hat die sozialdemokratische Reichstagsfraktion ein Kampfprogramm beschlossen, dessen Sinn es ist, die ent
Ein schwerer Winter fleht bevor. Not und. Kälfe be- fameradschaftliches. Helfen zu beweisen, daß die Schidials, cheidenden Wege zum Sozialismus in unserer Zeit zu be
drohen Millionen unserer Volksgenossen. Mitgefühl allein macht feinen Hungernden salt, richtet teinen Verzweifelten auf. Tatkräftige Hilfe ist nötig. Die Solidarität der arbeitenden Massen, in schwersten Zeiten der Vergangenheit erprobt, muß sich jetzt von neuem erweisen. Die Zahl der arbeitslosen Bolksgenoffen steigt noch immer. Die Dauer der Arbeitslosigfeit führt zu zunehmender Verarmung ganzer Bollsschichten. Wenn durch die Finanzlage von Staat und Gemeinden die Leistungen der öffentlichen Fürsorge immer ungenügender werden, dann müssen sich alle, die noch arbeiten, und alle, die noch über das Notwendige hinaus etwas besitzen, die Hände zu einer besonderen kameradschaftlichen Hilfsaffion reichen. Es geht um die Arbeitslosen und ihre Familien. Es geht um die Kinder, die Jugend, die Invaliden und die Alten. Es find Klaffengenossen, Hand- und Kopfarbeiter, die schuldlos aus dem Arbeitsprozeß ausgeschaltet sind. Die Arbeiterwohlfahrt ruft die Arbeiterschaft und ihre Freunde, alle diejenigen, die für große Gegenwartsnot Berständnis haben, zu einer Hilfsaktion für unsere notteidenden Klaffenfameraden
auf. Sie fordert dazu auf, zusammenzustehen und durch
Putschende höhere Postbeamte.
Wien , 19. September( Eigenbericht). Der Putschist Starhemberg gibt bekannt, daß er wieder die Bundesführung des gesamten Heimatschuhverbandes Defterreichs übernommen hat.
Jn Judenburg wurde die Druckerei, in der die Proflamation Pfrimers gedruckt wurde, behördlich gesperrt. 3wei der Befiher sind geflohen, einer wurde verhaftet. Bei dem Ort Weih in Steiermark wurden in einem Bersted 230 Gewehre vier Maschinengewehre und viel Munifon gefunden und beschlagnahmt.
Die Post gewerkschaft profeftiert in einem Aufruf an die Postangestellien dagegen, daß sich führende Post angestellte beim Heimwehrputsch hervorgetan haben. In dem Aufruf heißt es weiter, daß an die Spitze der Disziplinargerichte, die zur Zeit mit der Untersuchung des putschistischen Berbrechens befraut feien, bekannte Heimwehrleute, also Kameraden der Verfassungsbrecher, gestellt wurden.
,, Borwärts" und Zeitungsverbote. Die Berliner fommunistische Standalpresse behauptet, daß das Verbot einiger tommunistischer Zeitungen wegen des bekannten Meutereitelegramms noch London ,, die jubelnde Zustimmung des Borwärts"" gefunden habe. Unsere Lefer miffen, daß diese Behauptung genau so wie fast alles andere, mas bie tommunistische Standalpresse behauptet erlogen ift.
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verbundenheit der Arbeiterschaft lebendig ist und bleibt. Die mitunterzeichneten Verbände schließen sich dem an. Wir wiffen, daß wir mit dieser Hilfe nicht die sozialen Schäden der fapitalistischen Wirtschaft beheben können.
Es geht uns darum, den Kampfesmut und die moralische Kraft der arbeitslosen Klassengenossen zu erhalten.
Die unterzeichneten Organisationen fordern deshalb alle, an die unser Ruf gerichtet ist, auf, den bei ihnen vorsprechenden mit Ausweis versehenen Sammlern der Arbeiterwohlfahrt, der die Durchführung des Solidaritätswertes über tragen ist, einen Beitrag, sei es in Form von Geld oder Naturalien, zu geben. Jeder, auch der bescheidenste Betrag ist geeignet, zu helfen.
Gebt für die Notgemeinschaft des arbeitenden Volkes! Hauptausschuß für Arbeiterwohlfahrt e. V.
Sozialdemokratische Partei Deutschlands . Hauptborstand der Soz. Arbeiterjugend Deutschlands . Zentralfommission für Arbeitersport und Körperpflege. Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund . Allgemeiner freier Angestelltenbund. Allgemeiner Deutscher Beamtenbund.
Rüstungsstillstand?
Der Völkerbund soll ihn sofort beschließen.
Genf , 19. September( Eigenbericht).
Nachdem die 3. Kommission des Böllerbundes heute nachmittag beschlossen hatte, die Vollversammlung um Einladung aller Staaten zu den Beratungen der Kommission zu bitten, die zur Abrüftungstonferenz eingeladen sind, hat heute abend das Büro der Vollversammlung befchloffen, noch heute Nacht telegraphisch folgende Staaten zu den Beratungen des skandinavischen Antrages über einen Rüstungsstillstand bis zum Beginn der Abrüftungskonferenz einzuladen: Rußland , Bereinigte Staaten von Amerika , Türkei , Costa Rica , Argen tinien , Afghanistan , Brasilien , Aegypten und Ecuador . Man rechnet damit, daß die Beratung des Antrages erst am Mittwoch beginnen fann, wenn die einzelnen Vertreter in Genf eingetroffen fein werden.
Mussolini besucht Berlin nicht.
Nur Außenminifter Grandi erwidert den Rom - Besuch.
Rom , 19. September( Eigenbericht). Der italienische Außenminifier Grandi wird im Oktober den römischen Besuch der deutschen Minister in Berlin erwidern. Mussolini wird nicht nach Berlin reijen.
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An der Spitze dieses Programms stand die Forde rung der Bankenkontrolle, die Errichtung einer staatlichen Stelle, die entscheidend in die Kreditwirtschaft eingreifen und die planmäßige Lenkung der Kapitalströme übernehmen sollte. Diese Forderung ist eine grundsätzliche sozialistische Forderung.
die Banten fontrolle erlassen. Diese Verord Die Reichsregierung hat eine Verordnung über nung genügt uns nicht. Sie ist eine Abschlagszahlung, ein Versprechen. Sie birgt Möglichkeiten für die Praris in sich, sehr weitgehende Möglichkeiten. Die Bankenkontrolle, wie sie die Reichsregierung einführt, fann zu einem Instrument sozialistischer Wirtschaftspolitik werden sie ist es noch nicht.
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Aber eines ist sie: sie ist ein grundsätzlicher Sieg unserer Gedanken über die Grundsätze des Kapitalismus, sie ist im Grundsatz ein Erfolg, wie seinerzeit die Einführung des Zehnstundentags ein grundsäglicher Erfolg war. Dieser Erfolg ist eingetreten in einer Zeit der tiefsten politischen Verwirrung, in der der Kampf gegen den Marxismus und die öffentliche Wirtschaft einen Höhepunkt erreicht hatte, in der die ideologische Verwirrung, die Stärkung der ertremen Parteien, die parlamentarische Macht der Sozialdemokratie geschwächt hat.
Die übermächtige Wirkung des tapitalistischen Zusammenbruchs hat diesen Eingriff in das kapitalistische System er= zwungen. Im Grundsatz ist ein Instrument geschaffen worden, das brauchbar sein kann. Jetzt gilt es, dafür Sorge zu tragen, daß es zum Wohle des Volkes angewandt wird. Es gilt, die politischen Kräfte zu schaffen, die weiter vorwärts drängen auf der Bahn, die die heutige Reichsregierung 3ögernd und zaghaft betreten hat!
Das ist die Aufgabe der Sozialdemokratie, diesem 3 wede dient ihr Kampfprogramm. Es will die gefühlsmäßige Gegnerschaft gegen den Kapitalismus, die das Volf in seinen Tiefen aufwühlt, verwandeln in flare Kritik, und die Kritik in politischen Willen.
Es zeigt die Zielpunkte, auf die der Kampf zusammengefaßt werden muß!
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Unsere Kritik seht sich immer weiter durch. Die Ge= dankengänge gegen den Monopolfapitalis= mus, die die Sozialdemokratie unermüdlich vertreten hat, werden heute anerkannt von Kreisen, die politisch weit rechts stehen. Mit uns teilen heute weite Kreise des Bürgertums die Erkenntnis, daß die Industrieherzöge und Trustmagnaten nicht nur auf der deutschen Politik, sondern vor allem auf der deutschen Bolkswirtschaft wie ein Apdrud lasten, daß sie die Schuld tragen an der Berschleppung der Sanierung. Im Organ des Ministers Trevi