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bringen fassen, das dse Mhes'jöiiM?. gek'ahtttt n>fißt?, der Slandpuukt des Grafen Nonn sei ein unhaltbarer.(Lehr richtig! links.) Aber die Stellung der einzelnen Parteien zu der ganzen Frage ist eine so entschiedene, daß ich mich auf derartige mehr oder weniger doktrinäre Betrachtungen nicht einzulassen brauche. (Zustimmung des Abg. Rickert.) Der Vorredner hat»ach der Stellung gefragt, welche das preußische Kultusministerium dem Evangelischen Oberkirchenrath gegenüber eingenommen hat. Der Reichstag ist nicht der Ort, um diesen Streit auszutragen, ich habe aber die Ueberzengnng, daß die preußische Regierung Aeußerungen des Oberkirchenrathcs, wenn solche an sie gelangt sein sollten, ob es geschehen ist, lasse ich dahingestellt mit der Rücksicht behandelt hat. die eine Behörde, wie der Ober- iicchenrath, beansprucheir kann. Wenn der Graf Roon weiter fragt, warum die Synoden nicht gehört worden seien, so könnte man mit demselben Recht auch fragen, warum wir nicht auch noch andere kirchliche Instanzen gehört hätten. Wohin wären wir gekommen, wenn wir in dieser Frage einen Meinungs- austausch unter den einzelne» Kreisen veranlaßt hätten, der ganz zweifellos ein äußerst leidenschaftlicher geworden wäre. Herr Graf Roon hat behauptet, daß wir so leichthin und aus oberflächlichen Gründen uttsere Position genommen hätten und uns auf unsere» Standpunkt versteiften. Ich bedauere sehr, daß lbei einer so wichtigen Frage so äußerliche Gründe von ihm vor- gebracht worden. Wir haben, obgleich vielfach von Gesinnungs  - genossen des Antragstellers angegriffen, es niemals gewagt, Ihnen andere Gründe als ernste und achtungswerthe zu unterstellen. Ich hätte wohl annehmen dürfen, daß der Vorredner in gleicher LBeise verfahren würde. Ich muß dccher kurz die Gründe an- führen, die uns bestimmt haben, auf seine Vorschläge nicht einzugehen. Wenn man nach den Vorschlägen des Grafen Roon die Bestimmung in das Gesetz einfügen wollte, daß man eine Ehe schließen könnte entweder vor dem Standesbeamten oder vor dem Geistlichen, dann würden wir erklären, daß die Ehe vor dem Standesbeamten und die vor dem Geistlichen in den Augen des Staates vollständig gleichwerthige Akte feien. Das wollen wir nicht aus Achtung vor der Idee der kirchlichen Trauung und aus Schonung für das religiöse Gewissen der Be- völkerwig. Wir wollen nicht, daß der reichsgeschäftliche Akt im bürgerlichen Leben, den die Eheschließung nun einmal darstellt, in einer das sittliche, religiöse und Rechtsgefühl der Be- völkerung beirrenden Weise gleichgestellt wird mit dem Akt der Trauung; wir erkennen die hohe Stellung dieses Aktes an und wollen deshalb beides auseinander halten. Graf Roon schlägt für die Form der kirchlichen Eheschließung, sofern der Staat sie anerkennen soll, bestimmte Normen vor. Damit zwingt er die Kirchen indirekt, sich diesen Norme» zu unteriverfen. Ich lasse dahingestellt, wie weit die evangelischen Kirchen in der Lage sind, sich dem zu fügen. Ich bestreite aber, daß es die katholische Kirche   prinzipiell thun würde, wenn sie auch geneigt sein würde, für eine Zeit lang auf einen moäus vivsväi einzugehen. Aber eine Regierung, die sich der Berantworlichkeit bewußt ist, hier eine Gesetzgebung zu vollziehen, die eine reinliche Scheidung zwischen Staat und Kirche herbeiführen soll, wenn sie in Zukunft den Frieden zwischen Staat und Kirche erhalten will, kann keiner Regelung die Zustimmung geben, die nach ihrer Meinung immerhi-n den Keim künstiger Streitigkeiten in sich schließt. Wir wollen Konflikte auf diesem Gebiete nicht haben, wir wollen auch nicht die Keime zu solchen Konflikten legen. Wir wollen auch keine Streitigkeiten und Auseinandersetzungen, bie zu Kompetenzkonflikten führen können zwischen Geistlichen und Standesbeamten bei etwaigen Meinungsverschiedenheiten. Wir wollen auch nicht die auf grund der Zivilgesetzgebung des Reichs neu festgestellten Trau-Ordnungen, die sich allmälig Ein- gang in das religiöse Empfinde» des Volkes verschafft haben, von neuem zerstören. Ferner würden wir genöthigt sein, in ganz anderer Weise und in viel weiterem Umfange, als der Graf Roon angenommen hat, Neuordnungen zu treffen auf dem Gebiete der standesamtlichen Registerführung. Wenn oer Geistliche in Zu- kunft die Urkunde über die von ihmvollzogeneTrauung demStandes- beanvten zuschickt, so genügt es nicht, daß der Standesbeamte nur eine Kopie davon in sein Register einträgt. Der Standesbeamte würde zwei Register führen müffen: ein kirchliches und ein weltliches. Das würde zu großen Unbequemlichkeiten führen, und zu einer derartigen Neuregelung können wir die Hand nicht bieten. Der einzig plausible Grund, der sich für den Antrag des Grafen Roon anführen läßt, ist, daß die jetzige Einrichtung namentlich auf dem Lande mit manchen Unbequemlichkeiten für die Bevölkerung verbunden ist. Das erkennen wir voll- ständig an. Das fft ein Opfer, was vom Lande ge- bracht wird. Aber ich muß bestreiten, daß nach dieser Richtung irgend etwas gewonnen werden würde, ivenn nach dem Antrage ttS Grasen Roon zur fakultativen Zivilehe, um mich dieses Ausdrucks zu bedienen, übergegangen würde. Denn den Leuten würde der Gang zum Standesbeamten doch nicht erspart bleiben, da die Ehe beurkundet werden müßte. Unter diesen Umständen haben die verbündeten Regierungen beschlossen, den bestehenden RechtSzustand aufrecht zu erhalten und sie bitten Sie, sich dein anzuschließen. Abg. Graf Bernftorff> Lauenburg  (Rp.) erklärt, daß seine Freunde, auch wenn die Vorlage unverändert bleibt, für das Bürgerliche Gesetzbuch stimmen. Abg. Bebel(Soz.): Wir dürfen die Agitationsrede des Grafen Roon zu gunsten der kirchlichen Eheschließung nicht un- widerlegt ins Land gehen lassen. Hätte sich Graf Roon mit der geschäftlichen Entwickelung dieses Gegenstandes auch nur einiger- maßen beschäftigt, dann würde er nicht den kühnen Ausspruch tethan haben, es sei nicht deutsches Recht und deutsche Ute, daß eine Ehe anders als vor dem Geistlichen geschlossen würde. Unrichtig ist auch seine Behauptung, die bürgerliche Ehe sei ein Kind der Revolution von 18-18. Er weiß nicht einnial, was seine eigenen Gesinnungsgenossen darüber gesagt haben. DasVolk" sagt am 23. Februar d. I., daß sowohl nach alt- germanischer, bis ins 12. Jahrhundert reichender, wie nach reformatorischcr Anschauung die Eheschließung ein persöu- licher und bürgerlicher Akt sei, ein iveltliches Ge- schäst nach Luther's   drastischer Ausdrucksweise. Und das konservative Handbuch von 1892 sagt, daß die Ehe eine menschliche naturliche Ordnung sei und daß von einer Un- gilligkeit der Ehe bei dem Mangel der kirchlichen Mitwirkung die heilige Schrift nichts wisse.(Hört! hört! links.) Nachdem Graf Roon fich auf dieses ihm so unbekannte Gebiet gewagt hat, will ich ihn noch weiter absurdum führen. Wir sind damit einverstanden, daß auf Antrag des Zentrums in der Kommisston die UeberschriftEhe" inBürgerliche Ehe" verändert ist, weil das außerordentlich zur Klarstellung unseres ganzen sozialen Zu- standes beiträgt. Damit ist der FremdausdruckZivilehe" be- seitigt und die Ehe bezeichnet, welche heute in der Gesellschaft als die einzig maßgebende anerkannt wird. Da diese Einrichtung mit dem Wesen und der Existenz dieser Gesellschaft auf das Innigste verknüpft ist, so kann man deduziren, daß, wenn einmal diese Gesellschaft aufhört, naturgemäß auch die bürgerliche Ehe eine andere Gestalt annehmen wird.(Heiterkeit.) Die Anschauungen über die Ehe haben sich im Lause der Zeit verändert. Jakob diente dem Laban   erst wegen der Rahel  , glaube ich(Zuruf rechts: Lea  !), meinetwegen Lea   und dann och um die Rahel  . Das würde nach der heutigen sittlichen Anschauung als Bigamie bestrast werden. Wenn Graf Roon behauptet, daß die Deutschen   eine andere Ein- richtung als die kirchliche Ehe nicht gekannt haben, dann ist das grundfalsch. Unsere Vorfahren waren schon ein ziemlich vor- geschrittenes Kulturvolk zu einer Zeit, wo sie noch gar keine Christen waren, und bis zum 12. Jahrhundert kam bei ihnen die Ehe dadurch zu stände, daß zwei Leute einfach erklärten, wir betrachten uns als Eheleute, und daß von der Stunde an, wo sie das Ehebett beschritten, die Ehe als geschlossen angesehen wurde ohne Dazwischenreden eines kirchlichen oder weltlichen FünMoitär». HnitG damals schon die heutigen christliche» Grundsätze bestanden, dann wäre es undenkbar, daß ein so großer und bedeutender Mann, ein für die Aus- breitnng des Christenthums so verdienstvoller Mann wie Karl der Große   zugleich sechs Frauen hatte.(Heiterkeit.) Das war noch ein rudimentäres Uebervleibsel alter Anschauungen, die noch länger fortwirkten. Luther   nannte das will ich dem Grafen Roon zur Belehrung sagen die Ehe ein äußerlich Ding, wie eine andere weltliche Hantirung. Luther   hält sogar die Ehe mit einem Heiden und Ketzer für möglich und kehrt sich an der Narren Gesetze, die solches verbieten, nicht. Von seiner weltlichen Auffassung der Ehe ausgehend, gestattete Luther  dem Landgrafen Philipp von Hessen   eine zweite Frau; freilich wollte er nichts davon wisse», aber er war in einer bösen Klenime. Ohne Unterstützung der Fürsten   konnte er die Re- formation gegen Papst und Kirche nicht durchsetzen und der Mehrzahl der Bevölkerung erschien eine solche Doppelche höchst anstößig. Er berieth lang und breit mit Melanchthon und erklärte schließlich: Ja wohl, wir sindeinverstanden, aberunter der Bedingung, daß der Landgraf von dieser Zustimmung nicht öffentlich Ge- brauch macht. Die Bigamie widerstreite zwar nicht der heiligen Schrift, aber er halte es für ärgerlich, wenn sie unter Christen vorkomme, die auch erlaubte Dinge unterlassen müßten! Die Ge- Heimhaltung motivirte er mit der Angst vor den groben Bauern. die vielleicht dem Beispiel! des Landgrafen würden folgen wollen. Der Protestantismus ist überhaupt immer geneigt, der weltlichen Macht nachzugeben, er ist ihr Produkt. Ende des vorigen Jahr- Hunderts willigte der Hofprediger Zöllner ein, daß Friedrich Wilhelm II.   neben seiner legitimen Frau eine seiner Maitressen, die Gräfin Voß  , heirathete, und nach deren Tode eine zweite adelige Dame. Der Reichstag   zu Nürnberg   beschloß nach Beendigung des 30jährigen Krieges, daß Männer unter 60 Jahren nicht ins Kloster aufgenommen iverden sollten, daß Weltpriestcr Heirathen dürften, jede andere Mannesperfon zwei Weiber. Das geschah nach der ungeheuren Entvölkerung durch den dreißigjährigen Krieg und zeigt, wie außerordentlich materialistisch man diese Dinge auffaßte. Die Herren befinden sich in einem großen Jrrlhum, wenn sie glauben, sie könnten am Ende des 19. Jahrhunderts solche Forderunge» aufstellen. Die Zivilehe ist eine der wenigen guten Blüthen des Kulturkampfes(Heiterkeit in> Zentruni), es ist eine Verkennung der Verhältnisse, die Zivilehe beseitigen zu wollen. Das ist ein Kampf gegen Windmühlen, denn die Ein- richtung des Privateigenthums fordert das Vorhandensein legi- timer Erben; dazu dient die bürgerliche Ehe und deshalb müssen und werden die Konservativen sich mit dem Bürgerlichen Gesetz- buch abfinden. Uebrigens sind die Konservativen doch nicht so wählerisch bei Kompromissen, die sie abschließen; sie nehmen die Unterstützung bei Zucker- und Branntwein- Prämien und sonstigen Liebesgaben, wo sie sie finden. Und wenn es denkbar märe, daß die Sozialdemokraten für den Antrag Kanitz, der ja einen sozialistischen Kern enthalten soll, stimmen würden und er dadurch zur Annahme gelangen könnte, dann würden Sie über diese Unterstützung durchaus nicht un- glücklich sein, sondern die Sozialdemokraten an Ihr Bruderherz drücken.(Große Heiterkeit; Beifall bei den Sozialdemokraten� Abg. Schall(k.): Wenn die Sozialdemokraten» sichfür einGesetzer klären, so ist das sehrbe- d e n k l i ch(Gelächter links). Wenn die vom Staatssekretär angeführten Gründe die allein maßgebenden sind, dann können die verbündeten Regierungen nicht den Standptmkt festhalten, von den Abstimmungen über die Ehedas Zustandekommendes Gesetzes abhängig zu machen. Zum ersten Mal hat man von feiten der verbündeten Regierungen von einer reinlichen Scheidung des Staates von der Kirche gesprochen; ich würde das für unheilvoll halten, denn die Verbindung beider ist eine segensreiche gewesen. Man will das feit 20 Jahren Bestehende nicht ändern. Das könnte man ruhig der Kirche überlassen, die nicht eine einzige ihrer Ordnungen zu revidiren hätte, wenn die Vorschläge angenommen würden. Die Ehe ist neben der Einrichtung der Sonntagsruhe eine Stiftung, die aus dem Paradiese stammt; auf der Ehe beruht die Familie und der Staat, und der Staat kann nicht genug thun, um die Ehe zu befestigen. Die Ehe wird nicht vom Standesbeamten geschlossen, sonder» von den Eheleuten. Wozu haben wir die kirchlichen gottesdienstlichen Gebäude! Die wollen wir nicht überflüssig machen! Denn von der kirchlichen Trauung beginnt erst das eigentliche Eheleben. Das Volk hat sich mit Unterthanengehorsam dem Zivilgesetz ge- beugt, aber nicht mit innerer Ueberzeugung. Eine alte Bauernfrau sagte mir: der Mann, der die Zivilehe erdacht hat, hat'nichts gutes erdacht.(Große Heiterkeit; Zuruf links: Fürst Bismarck  !) Er hat es nicht erdacht, er hat es sich wohl damals gefallen lassen im Drange des Kulturkampfes.(Gelächter links.) Wenn selbst der Staats- fekretär von einer kirchlichen und bürgerlichen Trauung sprach, dann ist es nicht verwunderlich, daß das Volk die bürgerliche Eheschließung für eine Trauung ansieht und für ausreichend hält. Es ist ein Zwang, wenn der Staat von den Geistlichen verlangt, daß sie die Ehe als geschloffen anerkennen und das Brautpaar als Mann und Frau betrachten solle». Wenn ich das in meiner Gemeinde thun wollte, die Braut würde mir die Augen auskratzen.(Große Heiterkeit.) Ich spreche aus praktischer Erfahrung.(Großes Gelächter.) Sie(links) können sich in ein solches einfaches gläubiges Geniüth wahrscheinlich nicht hineindenken.(Lachen links.) An der Spitze der Petitionen stehen ja vielfach die Geistlichen (Zuruf des Abg. Richter: Sie wollen keine Konkurrenz haben!) Unserethalben wüiffchen wir'Geistlichen die Anträge des Grafen Roon nicht. Wir haben ja nach dem jetzigen Zustande weniger zu schreiben und erhöht wird unser Ansehen dadurch nicht. Im Interesse des Staates, im Interesse der Aufrecht- erhaltung von Religion, Ordnung und Sitte wünschen wir die Beseitigung der Zivilehe. Herr Bebel hat Talent zum Geschichts- schreiber, er ist besonders groß, wenn er die Kulturentwickelung schildert. Herr Bebel hat Fälle von Bigamie angeführt, als ob er für Einführimg derselben sprechen wollte, denn diese Fälle! haben doch mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch nichts zu thun. Die Doppelehe Philipps von Hessen hat bestanden und die Reformatoren sind dadurch in große Ge- wissensbedrängniß gerathen. Aber Philipp von Hessen  lebte im Ehebündniß mit eimer kranken Frau. (Große Heiterkeit und Unruhe.) Wenn Sie mich nicht anhören wollen, so geben Sie nur der Sozialdemokratie das Recht zu sagen: ich hätte nichts zu anworten gewußt. Philipp von Hessen  war eine stark sinnliche Natur.(Großes Gelächter.) Kann ich denn dafür?(Andauerndes großes Gelächter.) Luther   mißbilligte das Verhalten Philipps.(Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Ich erinnere Herrn Bebel an einen Fall aus neuerer Zeit: Ejn Küßchen i» Ehren, kann niemand verwehren! (Heiterkeit.) Die Reformatoren haben schließlich das faktisch bestehende Konkubinat Philipp's ge- billigt. Das vertheidige ich nickt. Luther   hat die Ehe ein weltlich Geschäft genannt, aber er hat auch von einem götUichen Stand gesprochen und von der Trauung durch die Kirche. So zitirt Herr Bebel! Ich bedauere, daß wir mit den katholischen  Christen nicht zu einem gemeinschaftlichen Antrage kommen konnten. Ich gebe zu, daß unser Vertreter in der Kommission (Abg. v. Buchka) unseren Standpunkt seiner Ueber- zeugung»ach nicht vertreten konnte. Juristen sind eben Juristen(Große Heiterkeit. Abg. v. Buchka meldet sich zum Wort.) und können sich von ihren juristischen Formen nicht frei machen. Verschiedene Mitglieder des Zentrums haben zuerst unsere Anträge gebilligt und gemeint�)den schwankenden Zentrums Mitglied ern würden ihre katholischen Wähler auf den Hals geschickt werden.(Hört! links.) Nachher hat sich die Stellung des Zentrums ge° ändert. Ich habe mich gefreut, daß eine Anzahl von Männern unserer Partei den christlichen Standpunkt festhalten will. Ich bebrni«?, daß die Stevimg der evangelische» Kirche nicht a maßgebender Stelle nachdrücklich zum Ausdruck gebracht ist. Ich bedauere es, daß die Liberalen nicht Toleranz üben, daß sie uns nicht nach unserer Fagon leben lassen wollen; sie haben ja doch Ge- legenheil, außerhalb des Schattens der Kirche zu leben und zu sterben. Die Annahme dieses großen nationalen Werkes habe ich von dieser Frage allerdings nicht abhängig machen wollen; aber o b mich die Erklärungen des Vertreters der ver« b ü n d e t e n Regierungen n i ch t n o ch n ö t h i g e n werden, gegeir das Gesetz zu stimmen,>ve i ß i ch noch nicht. Wenn es uns nicht gelingt, mit unseren Wünschen durchzudringen, dann werden wir zur dritten Lesung einen An» trag einbringen, daß in K 1299 nicht von der Schließung oer Ehe durch den Standesbeamten gesprochen wird, sondern n u r vonderRechtsgiltigkeitderEhe. Präsident v. Buol theilt mit. daß der Antrag auf namentliche Abstimmung vom Abg. v. H o d e n b e r g unterstützt von Mitgliedern der Linken eingebracht sei. und da er darauf sehen müsse, daß die Unterschriften alle er gen- händig gemacht seien, was bei diesem Antrage nicht der Fall zu sein scheint, werde er daher den Antrag zurückgeben zur Berichtigung der Unterschriften. Abg. Gröber(Z.) bemerkt zur Geschäftsordnung, daß der Antrag unterstützt sei von den nicht anwesenden vier w elfischen Hospitanten des Zentrums; ebenso sind alle Mitglieder der deutsch  -sozialei, R e f o r m p a r t e i unterzeichnet, während sie nicht alle anwesend sind. Es könnten doch in Geschäftsordnung?- fragen nicht Mitglieder Anträge stellen oder unterstützen, welige garnicht anwesend sind. Abg. Lieberman« bon Sonnenberg: Der Abg. Richter hat neulich erklärt, daß es Brauch im Hause sei, die ganze Fraktion zu unterschreiben, auch wen» die einzelnen Mitglieder nicht da wären. Auch wir haben die Namen der nicht an- wesenden Fraktionsgenossen unter den Antrag gesetzt. Dergleichen ist auch von allen anderen Parteien geschehen; ob auch vom Zentrum, weiß ich nicht. Warum fürchten Sie sich denn vor dieser Abstimmung?(Große Unruhe im Zentrum.) Abg. von Mantenffel(k.) und Werner(Reform-P.) halten dafür, daß die Unterschriften unter den Anträgen nicht eigen- händig vollzogen zu werden brauchen. Abg. v. Hodenberg  (Welse): Ich bin von meinen politischen Freunden autorisirt, bei derartigen Anträge» ihren Namen mit zu unterschreiben. Abg. Gröber: Herr v. Hodenberg   ist von seinen Freunden beauftragt. Wenn es mir schon nicht angebracht erscheint, bei Gefchäftsordunngsfragen Nichtanwesende mitwirken zu lasse», so kann er doch unmöglich gar Hospitanten einer anderen Partei mit unterzeichnen. Abg. v. Kardorff: Ich möchte den Herrn Präfidenten fragen, ob er der Meinung ist, daß bei Antriigeii auf namentliche Ab­stimmung. Auszählungen w. Mitglieder, welche die Anträge unter- schrieben haben, als anwesend mitgerechnet werden. Präsident v. Buol: Ich werde dem Antragsteller daS Schrift­stück zurückgeben und über die Sache selbst nachher entscheiden. Abg. v. Kardorff(Rp.) zur Sache: Es stehen einige Mit« glieder meiner Partei aus dem Standpunkt des Grafen Roon; es würden wohl noch mehr Mitglieder für diesen Antrag stimmen, wenn sie nicht bestimmt wüßten, daß die verbündeten Regierungen ihn nicht annehmen können und werden. Herrn Schall's Er« fahrungen lasse ich gelten. Aber nach meinen Erfahrungen haben die kirchlichen Trauungen trotz der obligatorischen Zivil« che nicht abgenommen.(Zustimmmig.) In den großen Städten mag es anders sein, aber die bürgerliche Ehe wenigstens wird von solchen geschloffen, ivelche sonst in wilder Ehe gelebt haben. Als diese Gesetzgebung gemacht wurde, bestand unter vielen meiner Freunde die Neigung, eine Art fakultativer Zivilehe einzuführen. Aber gerade aus orthodox-christlicheu Kreisen wurde der Ruf laut: nein, lieber noch die obligatorische Zivilehe, sie entspricht der Würde der Kirche weil mehr.(Hört!) Die Herren werden selbst zugeben müssen, daß besondere Uebrlstände für die christ- liche Kirche und Gesinnung seit 20 Jahren nicht herange trete» sind. Die Petenten wollen ein einfacheres Verfahren, der Antrag deS Grafen Roon vereinfacht eS aber nicht Unser Votnm über das B. G.-B. hängt von dem Schicksal diese» Antrages nicht ab, die meisten meiner Fvennde werden aber gegen denselben stimmen. Abg. Lieber(Z.): Meine Freunde hatten nach unserer Er« klärung keine Neigung mehr, in die Debatte einzugreffen. Einzelne Aeußerungen nöthigen mich aber sehr wider mein Wünschen, Sie noch einige Zeit aufzuhalten. Man hat uns den Borwurf ge- macht, wir hätten unseren anfänglichen Standpunkt aufgegeben und seien nun mit der Beibehaltung der Zivilehe einverstanden. Man hat unsere Erklärung im Plenum und in der Konnnission entweder vollständig überhört oder mißverstanden. Sie hat klar üNd bestimmt ausgesprochen, daß wir die obligatorische und die fakultative Zivilehe niemals an« nehmen können, daß wir sie über uns ergehen lassen. Es war bisher nicht Uebung, Privat- Unterhaltungen in die öffentliche Verhandlung zu zerre». Wir werden unsere Schlußfolgerungen bezüglich unseres künftigen Verhaltens solchen Herren gegenüber ziehen. Private Aeußerungen einzelner meiner politischen Freunde sind persönliche Meinungen und durchaus nicht autoritativer Natur; sie sind gefallen zu Zeitpunkte», wo e? sich um andere Anträge als die jetzt vorliegenden handelte; denn der jetzige Antrag enthält Bestimmungen, die der Aus- fassung der katholischen Kirche widerstreiten. Es handelt sich nicht um die Neueinführuug der Zivilehe, fonder» nur um die Kodifikation des bestehenden Rechts. Die Konservativen sind schuld daran, daß sie jetzt auf dem Jsokirschemel sitzen, denn einzelne von ihnen haben sich so geäußert, daß uns keine Gewähr geboten war, daß die Herren uns unterstützen würden. Bei der Be- rathung der Zivilehegesetzes in Preußen befürwortete Graf Limburg die Vorlage damit, daß sie die altkatholische Bewegung ermög- licheu würde und stellte sich auf die Seite der Regierung. (Zuruf rechts: Das ist 23 Jahre her!) Wir kommen bis auf die neueste Zeit. Herr v. Buchka hat iin Februar dieses Jahres sich für die Zivilehe erklärt, und zwar im Rainen der kouser- vativen Partei; und Herr v. Manteuffel rückte zwar«tivas ab von Herrn v. Buchka, aber er erklärte, daß der Zivilehe wegen die Konservatiren das Bürgerliche Gesetzbuch nicht ablehnen würden. Ebenso hat man in der Kommission gesprochen. Es konnte nicht einmal erklärt werden, daß alle Konservativen hinter diesen Anträge» stehen. Von sechzig Mitgliedern haben nur achtzehn die Anträge unterzeichnet. Alle Bemühungen der Konservativen, die Mitglieder deS Zentrums auf ihre Wege zu lenken, werden nicht Erfolg haben. Wir werden unsere» Weg bis zu Ende gehe».(Beifall im Zentrum.) Abg. Kropatscheck(k.): Ein evangelischer Christ wird seine Ehe einsegnen lasse», sonst kann er keine christliche Ehe führen. Wenn ich nicht ans dem Standpunkt des Antrages Roon stehe, so liegt das nicht daran, daß ich ungläubig bin, wie Herr Schall meinte. Vom ethischen und staatlichen Gesichtspunkte ist die fakultative Zivilehe zu billigen, aber nicht von kirchlichen Gesichtspunkten aus; de»» wenn der Geistliche die Ehe schließt, so handelt er als Beauftragter des Staats und untersteht dem Staate. Ich will aber die Gei strichen nicht wieder zu Diener» des Staats machen. Abg. v. Buchka(k.): Ich stehe noch auf dem Standpunkt, den ich in der ersten Lesung und in der Konunission ein- genommen habe. Ich habe mich nur in der Annahme geirrt, daß ich die Mehrheit meiner Partei hinter wir hätte; dieser Jrrthum ist bald aufgeklärt worden. Als treuer Sohn der evangelisch-lutherischen Kirche Mecklenburgs stehe ich auf dem Standpunkte der obligatorischen Zivilehe und ich glaube, daß der mecklenburgische Bevollmächlsgle mir das be- stätigen wird.