Max Bernardi: Das Begräbnis

Als der Mann von seiner Holzfällerarbeit heimkehrte, mar der Garg schon vernageht. Er trat ganz nahe heran und legte beide schwieligen Hände auf den braun gebeizten Deckel des schmalen Kastens und würgte seine Tränen hinunter. Ein paar vorzeitig gealterte Frauen mit schwarzen Kopftüchern huschten in die Stube. Der Geistliche sei noch nicht zu sehen, meinten sie tuschelnd und huschten nach einem leiernden Gebet wieder hinaus.

,, Der Weg wird ihm zu schlecht sein," brummte der Holzfäller. Sie beschlossen, den toten Buben alleine nach dem Friedhofsanger zu bringen. Vielleicht harrte der Geistliche dort.

,, Laß man, Mutti! Wenn ich groß bin und Geld verdiene, bann brauchst du nicht mehr zu arbeiten. Dann fannst du noch ein Baby friegen."

Er sieht mich strahlend an und ist augenscheinlich enttäuscht,

Gnade Gottes und geistliches Latein. Bete wenigstens ein Vater- daß sich in meinem Gesicht nicht die erwartete Begeisterung malt. unser und bitte um die Vergebung seiner Sünden." Ich ziehe ihn an mich und frage ihn: Was willst du denn werden, Bob?" - oder am Trapez.

,, Bete Du, menn Du fannst." Auf den Holzsarg prasselte schon die weiche Erde. Des Holzfällers Weib erging sich in lautes Klagen, das allmählich zu einem wimmernden Gestammel von Gebt herabsank.

,, Herrgott, der du in dem Himmel sein sollst," flang plötzlich Wenn er nicht bald tommt, wird es zu spät," murmelte die die rauhe Stimme des Holzfällers in das Gepolter der rutschenden Frau des Holzfällers. Aber so oft sie ihre Blide auch den regen- Erdmassen ,,, ich danke dir für die Gnade, daß du mir meinen naßen Weg, der sich vom Tal tief unten heraufschlängelte, entlang einzigen Sohn genommen hast. In deinem unerforschlichen Rat­schickte, die schwarze Tunika des geistlichen Herrn war nicht zu entschluß war es bestimmt, daß Hochwürden, unser geistlicher Herr, decken. dem ich alljährlich zwei Fuhren Holz zukommen lassen muß, das Begräbnis vergessen hat. Vergib unserem Kind, wenn es ohne lateinische Sprüche bei dir ankommt. Der Bub hätt es ja doch nicht verstanden. Und wir auch nicht. Du, der du über den Sternen sein sollst menn man auch vor lauter Regen nicht einen einzigen fieht- du mußt wissen, daß mein Bub ein braves, unschuldiges Kind mar, das fein Unrecht tun fonnte. Hätt' es gern großgezogen und einen dir gefälligen, guten Menschen daraus gemacht. Du haft nicht wollen, haft mit der linken Hand wieder genommen, was die Rechte gegeben hat. Weil du Gott bist, Amen."

Der Abendwind hatte sich schon aufgemacht und strich mit naß falter Hand über die regenfeuchten Berghänge. Borsichtigen Schrittes stieg der Holzfäller mit seinem Beib zu Tal. Den fleinen Kinderfarg hielt er abwechselnd bald unter dem rechten, bald unter dem linken Arm. Es hätte ein Biolinkasten sein können.

Auf dem Kirchhof angelangt, hielten sie aber vergeblich Aus schau nach dem Geistlichen. Auch der Totengräber wußte nicht, wo sein Herr steckte. Da erbot sich die Frau, bis ins nächste Dorf zu laufen. Aber der Totengräber schüttelte das Haupt. Das ginge nicht, meinte er mit einem Hinweis auf die hereinbrechende Dunkelheit.

,, Wenn ich euch raten kann, dann laßt den Sarg bei mir, ich stelle ihn hier an die Mauer. Bis morgen früh hat es wohl noch Zeit."

,, Ja," sagte die Fraut ,,, bis morgen früh hat es wohl Zeit, aber hier lassen kann ich den Buben nicht, es regnet ja..." und sie bückte sich, um den Sarg in die Arme zu nehmen.

"

,, Laß mich," fnurrte der Holzfäller und hob den Schrein wie ein Bündel Holz von der Erde hoch.

Der Totengräber überlegte, ob er den kleinen Sarg vielleicht mit ins Dorf hineinnehmen tönne. Schließlich war es ja für ihn keine sonderliche Unbequemlichkeit. Da er aber außer Totengräber auch noch Mufitmeister der Dorffapelle war, die am Abend große Probe hatte, gefiel ihm der auffeimende Gedanke nicht recht. Am Ende vermutete man noch unter seinem Arm ein neues Instrument, ein wohlverwahrtes Waldhorn etwa oder die längst angekündigte Oboe, und stattdessen war es nur ein totes Kindchen.

,, Rommt lieber morgen früh, Leutchen," sagte er darum, ,, morgen wird auch der reiche Talbauer zu Grabe getragen, da mird unser geistlicher Herr auch für euch 3eit finden."

Der Holzfäller starrte dem Totengräber nach, bis er in der Dämmerung verschwunden war. Von dem möchte ich mich auch einscharren lassen," murrte er.

,, Den Weg hätten wir uns sparen tönnen," flagte die Frau. Statt jeder Antwort schritt der Holzfäller über die Hügel längst verstorbener, braver Bauersleute. Bor einem frisch aufgeworfenen Loch in der Erde machte er halt.

"

rung.

Was willst Du?" fragte die Frau in ängstlicher Bermunde­

,, Das sollst Du gleich sehen," erwiderte der Holzfäller und ließ den Kinderfarg an einem bereitliegenden Strid in die Gruft gleiten.

Mein Gott," ſtöhnte die Frau,„ Du fannst ihn doch nicht ohne geistlichen Segen wie einen Hund einſcharren. Und so eine noble Grabstelle, die war sicher nicht für uns bestimmt."

,, Ein Toter wird deshalb nicht den Prozeß machen, Alte. Den Jungen begrabe ich jetzt ohne Pfarrer, lebendig machen fann der ihn auch nicht mehr."

-

Als der Holzfäller mit seinem Weib wieder den Berg hinan­stieg, läutete plötzlich die eine fleine Glode in der Dorfkapelle durch die Nacht. Vielleicht hatte sich ein Windstoß in sie verfangen. Biel leicht läutete aber auch der Pfarrer mit dem Totengräber Sturm. Annie Höckner:

Was willst du werden?

Ein Sturmflingeln, von Fauftschlägen gegen die Tür unter­unterstützt, dazu ein Stimmbuett vor unverkennbarer Stärke es fann feinem Zweifel unterliegen, daß es meine Söhne find, die Einlaß begehren.

,, Mach auf, Mutti! Wir sind es."

,, Das habe ich mir gedacht. Glaubt ihr, jemand anders macht folchen Krach? Wo wart ihr denn fo lange?"

,, Bei Arnold, Mutti. Wir haben Zirfus gespielt. Brigitte hat zugefehen und die fleine Gisela. Ich war Kunstreiter." Ich war Clown, Mutti. Arnold auch. Aber ich konnte es viel beffer." ,, Davon bin ich überzeugt, mein Dider. Was hat denn Arnolds Mutti gefagt?"

,, Die war weg."

-

Irgendwas im Zirfuskunftreiter Findest du das schön, Mutti?"

Ich weiß nicht, Großer. Etwas gefährlich." ,, Ja, oder Tierarzt. Das wäre auch schön den Tieren helfen?"

dann tann ich

,, Das gefällt mir auch besser, Bob. Aber willst du nicht lieber Menschenarzt werden und Menschen helfen?"

„ Nein!"

,, Warum denn nicht?"

Ich habe Tiere lieber. Und Tiere haben es auch nötiger als Menschen."

Ich sehe meinen Sohn von der Seite an: ist das nun Idealismus?"

,, Außerdem verdient man sehr viel Geld als Tierarzt, Mutti!" „ Sol" „ Ja

-

dent mal: auf dem Land die vielen Kühe! Und ich mache sie nur gesund, wenn die Bauern mir vorher Geld geben." Hm der Idealismus hat also Grenzen.

-

Da meldet sich Bü, der als echter Sohn seiner Mutter das Aus­geschaltetsein aus der Unterhaltung schon lange schmerzlich empfindet: Frag' mich doch mal, Mutti!"

,, Ja, richtig, Bülein, was willst du denn werden?" ,, Clown." Es tommt wie aus der Pistole geschossen. Seine Augen leuchten vor Begeisterung. Dann fann ich immer un­sinn machen, Mutti."

Soll ich dieser seligen Zukunftsfreude gegenüber etwas von der Tragit des Bajazzodaseins verlauten laffen? Bü ist erst 8 Jahre alt und Gott sei Dant gar nicht sentimental Es würde wenig Ein­drud auf sein glückliches Lausbubentum machen. Außerdem denkt er starf nach: ,, Bielleicht werde ich auch Boger, Mutti. Ich bin ja sehr start." Er redt feine stämmige fleine Gestalt. Bob friege ich immer unter."

,, ja gar nich wahr!" Is doch wahr!" ,, Halt!" Ich verhindere die bereits angebahnte Beweis­führung für die größere Stärke durch energisches Dazwischentreten. Wie wär's denn jetzt mit dem Abendbrot? Wascht euch immerhin schon die Hände!"

Und während der fünftige Tierarzt mit dem vereinigten Grod Schmeling abzieht, höre ich den Kleinen sagen: ,, Morgen spielen mir wieder Birtus. Dann renn' ich Arnold mit nem Besen um.

Die Blüdliche! Nun fegt euch mal ein bißchen ruhig zu Mutti Das wird fein!" auf den Balfon!"

-

-

,, Mutti-die fleine Gisela hat mich angelacht. Mich nicht den Arnold. Und dann hat sie mich gestreichelt Das heißt: eigentlich hat sie mich an den Haaren geriffen. Mutti- das Geficht meines Großen ist plötzlich ganz ernst und zärtlich bittend-, warum friegen wir fein Schwesterchen?"

Bobchen, du weißt doch, wie wenig Geld Mutti hat. Und mie menig Seit. Ein Baby muß fehr viel Pflege haben. mie wenig Zeit. Ein Baby muß fehr viel Pflege haben. Das braucht seine Mutti ganz und gar. Wer sollte denn auf das Schwesterchen aufpassen?"

,, Na bas tönnte ich ja tun."

,, Das ist sehr lieb von dir, Großer, aber es würde dir bald zuviel werden. Und wenn du in der Schule bist...

Mit einem leisen Seufzer sieht Bob die Unerfüllbarkeit seiner Sehnsucht ein. Aber fertig ist er noch nicht damit.„ Mutti, möchtest du denn gern noch ein Baby haben?"

,, Benn ich Zeit und Geld hätte, gewiß, Bob. Babys find

Mein Gott," schluchzte wieder die Frau, so ganz ohne die sehr süß."

Der Stille Ozean hat seinen Namen von dem portugiesischen Seefahrer Magelhan bekommen, der, als er die Straße zwischen Feuerland und der Südfpige von Südamerika durchfahren hatte, den Ozean verhältnismäßig still vor sich liegen fah. Magelhan war der erste Europäer, der über den Stillen Ozean fuhr. Erst nach Jahr­hunderten wurde ein mirklicher Verkehr eingerichtet, während bis dahin alle Wege von Australien und Oftafien über Europa geführt hatten. Erft als die amerikanischen Bazifitbahnen gebaut waren, wurden die Dampferlinien zwischen Asien und Australien und Amerita eingerichtet.

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