Einzelbild herunterladen
 
VerschleuderteGteuermillionen Merkwürdige Wiederaufbaumethoden der liquidationoge- schädigten Sroßkonzeme. Das Reich Hot in den letzten beiden Jahren den Massen außerordentlich schwere Opser zugemutet. Zur Ordnung der Reichssinanzen hat man die Sozialleistungen sür die bedürftigsten Schichten der Bevölkerung abgebaut, schwere neue Steuerlasten, die in erster Reihe die Massen tresfen, der Bevölkerung auserlegt. Um so stärkere Empörung muß es daher hervorrufen, wenn aus Steuergeldern vielfache Millionenbcträge als Zuwendungen unter dem Deck- mantel des Wiederaufbaues verschenkt und ver- schleudert wurden. Im Rahmen des Kricgsschädenschlußgesetzes, das im Frühjahr 1!128 von der damaligen bürgerlichen Koalitionsregierung kurz vor ihrem Au-einanderbrechcn und den Neuwahlen mit großer Eile verabschiedet wurde, wurde den meist kolonialen Großunter- nehmungen, die wieder aufbauen wollten, über die Grundentschädi- gung hinaus ein sehr beträchtlicher Wiederausbauzuschlag gewährt. Diese Diederausbauzuschläge, die nicht weniger als 130,4 Ml- lionen Mark erforderlen, bedeuteken in Dicklichkeit die ein- seikige Begünstigung einer kleinen Anzahl von Großunker- nehmungen auf kosten der hunderttausende von klein- und ZNittelgeschädigten. Von der Sozialdemokratie wurde damals in der Presse wie bei den Beratungen im Reichstag vergeblich die Streichung dieses Wieder- aufbauzuschlages verlangt und die Verwendung der ersparten Summen zur Aufbesserung der Entschädigung der Kleingeschädigten beantragt. Die Sozialdemokratie hat richtig vorausgesehen und be- tont, daß eine Wiederaufnahme der früheren wirtschaftlichen Betäti- gung im Auslande teilweise gar nicht möglich, teilweise mit außer- ordentlichem Risiko verbunden, und daß ferner die Verwendung der Summen zu Wiederausbauzwecken nicht gewährleistet sei, deshalb inerde nur eine wirtschaftlich und sozial nicht zu rechtfertigende Be- gllnstigung weniger Konzerne auf Kosten der Steuerzahler die Folge sein. Einzelheiten, die in den letzten Iahren über die Verwendung der Millionengelder für denWiederaufbau" bekannt geworden sind, haben diese Warnung voll bestätigt. In zahlreichen Fällen, in denen man eine neue Auslands- bzw. Kolonialbetätigung auf- genommen hat, sind die investierten Beträge in kurzer Zeit ver- lorcngegangen, in anderen und zwar gerade bei einer erheb- lichen Anzahl der größten Entschädigungen, sind die W i e d e r'- aufbaubeträge zu reinen Finanztransaktionen, die nichts mit Wiederaufbau der deutschen   Wirtschast zu hin haben. benutzt worden: Gesellschaften, die Wiederaufbauentschädigungen erhalten haben, find zu einem beliebten Auskaus- und Spekulations- ebjekt geworden. Zunächst zwei Beispiele ausgesprochener Fehlinve- stitionen dieser Wiederaufbaugelder: Die DeutscheSüdseephosphatZl.-G-in Hamburg   hat u. a. ihre EntschSdigung zum Ankauf eines früher ihrem Groß- aktionär gehörenden Erzbergwerks in der Tschechoslowakei   mit einer Kaufsumme von etwa Ü Million verwandt, von der bereits 400 000 Mk. als Verlust abgebucht werden mußten; die Kaufsumm« ist so güt wie verloren. Die Neu-Guinea-Compagnie  , die etwa 6 Millionen Mark, das Vielfache ihres Kapitals, als Wiederaufbauentschädigung erhielt, hat bei ihrer neuen kolonialen Betätigung infolge von Fehlgriffen sowie durch die Rohstoffkrije gleichfalls schwere Fehlschlage erlitten und kann ihr totsSchNche« Kapital kaum mit 1(tin!) Proz. verzinsen. Noch viel ernster sind die Fälle, in denen riesige Wiederauf- bausummen zu reinen Finanztransaktionen benutzt wurden, bei denen auch nicht im entferntesten mehr von einem Wiederaufbau die Rede sein kann. Hierfür einig« Beispiele: Die zehn früheren elsassischen Kaligewerkschaften lies Wintershall  - Konzern». denen der erhöhte Wiederaufbauzuschlag ftb statt 5 Proz. des Schoden  ») gewährt wurde und die vom Reich 35 Millionen Mark in Schuldbuchforderungen erhielten, ersülllen ihre Wieder- aufbauoerpflichtung sehr einfach, indem sie von der Muttergesell- schaft, der Wintershall A.-G., deren Beteiligung an den Kaliwerken de» früheren Wilhelm-Sauer  -Konzerns übernahmen. Es erfolgte hier also lediglich ein Lesihwechsel, eine llmorgani- sation innerhalb des Konzern«, worin bei dieser reinen Finanz. traosaktion. die vom Reich durch Steuergeschenke begünstigt wurde, der Diderausbaucharakter zu erblicken ist. ist ein Rätsel. Ein anderes Beispiel: die beiden ehemals im Südseearchipel arbei, ienden deutschen   Kolonialunternehmungen, die Deutsche Handel»- und Plantagen-Gesellschaft und die Jaluit-Gesellschast ließen sich vom Reich die Wiederaufbauzuschläg« insgesamt 0,8 Millionen Entschädigung! auszahlen, fusionierten daraufhin, aber nicht zu einer deutschen  , sondern ,u einer holländischen Gesellschaft und wanderten mit den deut­ schen   Geldern nach Holland   ab. So wurde das Gesetz umgangen, das keine Entschädigung vorsieht für Gesellschaften,die nicht mehr als deutsche gelten" können. In welchem Maße die.,Wiederaiifbau"-Millionen mißbrauch- lich zu reinen Finanztransaktionen und zur privaten Bereicherung ausgenutzt werden, zeigt kraß das Schicksal der S ch a n t u n g- Gesellschaft und der Fall derZentralbank sür Eisen- bahnwerte'. Die Schantung-Gesellschaft. Eine Münchener   Bankfirma bemächtigte sich durch Aufkäufe der Mehrheit der Schantung-Gesellschast, deren werwollstes Objekt etwa 10 Millionen zum Wiederaufbau erhaltene Rcichsschuldbuchforde- rungen darstellen, sägte im Frühjahr dieses Jahres die bisherige Beherrscherin, die vv-Bank, die die Auskäuse nicht genügend be- achtet hatte, rücksichtslos ab und besetzte Aufsichtsrat und Verwaltung neu mit ihren eigenen Dertrauensieuten. Der bisherige Wirkungs. kreis der neuen Münchcner Besitzerin lag nicht gerade auf dem Gebiet der Plantagenwirtschaft und des Ostasienhandels, sondern auf dem viel näheren und realeren des Grundstücksgcschästs: es bestand sogar der Plan, wie au» einem Angebot an die früheren Großaktionäre hervorging, den Wiederaufbau des Ost- asienhandels in der Form der Beteiligung an deutschen   Grund­stücksgeschäfte« zu vollzlehen., Zentralbank sür Eisenbahnwerte. Nicht minder bedenklich ist der Fall derC c n t r a I b a n k sür Eis- nbah«werte". Diese Gesellschaft, die früher in Ungarn  an Eisenbahngesellschasten beteiligt war, stand seit Jahren in Liqui- dation. Sie wurde in der Zeit der beoorstehenden Liquidations- schädenregelung und wohl lediglich auf diese hin vom Michael» tonzerv erworben. Die 4% Millionen, die als Wiederausbau-
Die radikale Wippe.
Bald werden wir das Ding durchschaukeln, und dann jJJJ hinunter."
Schiele für neue Lohnsenkung. Oer Minister sür die Grüne Krimi gegen die Arbeiierschast.
Reichsernährungsminister Schiele hat in der General- Versammlung des Bayerischen Landwirtschaftsrats eine Rede gehalten, die wie eine Programmerklärung der Reichsregie- rung klang. Seine Rede läßt erkennen, daß starke sozial- reaktionäre Kräfte im Kabinett auf neue Angriffe gegen die Arbeiterschaft drängen. Minister Schiele führte aus: Insgesamt betrachtet müssen wir uns aber darüber klar sein: Das allgemeine Niveau der Lebenshaltungskosten ist nicht mehr steigerungsfähig. Woraus es jetzt für die Landwirtschaft ankommt, ist die Schließung der Preisschere durch Senken der Produktions- msttelpreife. Seit Jahren weise ich darauf hin, daß die Landwirt- schaft kein Interesse an absolut hohen Preisen Hot, sondern nur an einer vernünftigen Relation der Preise. So wie dies auch im letzten Zollermächtigungsgesetz vom 28. März 1931 festgelegt worden ist. Dieses Ziel wird ohne Lockerung der Kartell- und Lohnbindungen nicht zu erreichen sein. Bevorstehend« Entwicklungen unb Entschsvwngen im Ruhr- gebiet werden nur Borfeldlämpf« sein; ihnen werden bald grund« legende, gesetzliche Regelungen folgen müsien. Lvhn- uyd Gehaltsabbau nnisien ober mit der Verringerung der Kosten der Bedarfsgüter Hand in Hand gehen" Alle bisherigen Erfahrungen zeigen das eine: daß Lohn- und Gehaltssenkungen Wirklichkeit such. alle Betrachtungen über Preissenkung aber Theorie bleiben. Herr Schiele kündigt neuen Lohnabbau und zugleich Lockerung des Tarif rechts an von einem Sinken der Lebensmittelpreise aber ist weit und breit nichts zu sehen, und das ganze System der Schieleschen Agrarpolitik wirkt dem entgegen. Für die Anerkennung, daß die Arbeiterschaft noch höhere Lebensmittelpreise nicht bezahlen könne, kann sie sich nicht» kaufen dafür wird sie sich, wenn neue Lohnsenkungen be- absichiigt sind, noch weniger Lebensmittel kaufen können. Herr Schiele ist einer der Männer im Kabinett, die den Kurs gegen die Arbeiterschaft oerschärfen wollen. Er hat in seiner Rede seine Stellung im Kabinett eindeutig bezeichnet: Die Landwirtschaft braucht einen Vorkämpfer im Kabinett, im Brennpunkt der politischen Entscheidungen. Di« Landwirtschast braucht aber auch einen Anwalt, der die all- gemeinen politischen und psychologischen Voraussetzungen sür eine gedeihliche Agrarpolitik und damit den notwendigen Rückhalt für die Arbeit im Kabinett schafft. Insofern haben Sie aber instinktiv
das Richtige empfunden, wenn Sie mich und die Grüne Front als Einheit bezeichnen." Herr Schiele ist also Minister für die Landwirtschaft, er will ein Interessenten mini st er sein. Als Exponent der Grünen Front tritt er für neue Lohnsenkungen und für den Einbruch ins Tarifrecht ein. Aus dem Interessenten- minister für die Landwirtschast wird ein Jnteressentenminister gegen die Arbeiter. Unter seiner Führung verläuft die Agrarpolitik, als ob es nur ihn, und kein ReichskabineÜ und keinen Reichskanzler gäbe. Wenn seine Gedankengänge auch das angekündigte Wintervrogramm der Regierung beherrschen sollten, so wür- den sich daraus sehr ernsthafte politische Komplikationen er- geben. Auftakt zum Neichstagszusammentritt. Hakenkreuz-Mißtrauensanträge gegen Brüning und Lurtius. Von nationalsozialistischer Seite wird mitgeteilt, daß di« nationalsozialistische Reichstogssroktion zu Beginn der Plenar- Verhandlungen des Reichsparlaments einen Mißtrauen». antrug gegen das Kabinett Brüning uns einen besonderen Mißtrauensantrog gegen den Außenminister Dr. E u r t i u s eiitbnngen werde. Trennung von der Kriedensgefellschast. Sine Lettion für Küster und Genossen. Schwerin  . 28. September.(Eigenbericht.) Di« Vorstände der Ortsgruppen Schwerin   und Rostock   der Deutschen   Friedensgesellschast haben durch folgenden Beschluß ihr« Auflösung beschlossen: Die Ortsgruppen lösen sich als Unterorgamsation der Deut, schen Friedensgesellisäzaft mit sofortiger Wirkung auf und werden als Vereinigung Schweriner   oder Rostocker   Friedensfreunde vorläufig ohne Anschluß an eine Reichsorganisation weiterarbeite». Zu diesem Schritt sehen sich die örtlichen Leitungen, die seit langem mit ernster Sorge die Arbeitsmethoden der Leitung der Deutschen Friedensgesellschaft, insbesondere die Außerachtlassung einer ver- ständnisoollen Zusammenarbeit mit den republikanischen Orgoni- sationen verfolgt haben, um so mehr gezwungen, als es inzwischen zu einem offenen Bruch zwischen der größten repu- blitanischen Partei und der Deutschen Friedens» gesell schaft gekommen ist."
entschädigung in Form von Reichsschuldbuchforderungen an die Ge- sellschaft gezahlt wurden, benutzte der Michaeltonzern zu seiner eigenen Finanzierung: sie wurden al« ziemlich billig«, langfristige Darlehen dem Konzern weitergegeben, der seinerseits alsSicher- hellen" dafür einige Verficherungsattien und einige Millionen Mark Abzahlungsforderungen der ihm gehörigen..Debewa' abtrat. Dieses ,.Wiederaufbau"-S«lchäst einer bereits in Liquidation befindlichen Gesellschaft, diese Ausnutzung von Wiederaufbau- Millionen für Finanzzwecke de» Großaktionär», ist von einer Opposi- tionsgruppe angefochten, es ist sogar gegen den Vorstand der Ge- sellschaft R-grehklage erhoben worden,«in bisher trotz der zahl- losen Verfehlungen im deutschen   Aktienwesen einzig dastehender Fall. Das Gericht Hai in der ersten Instanz da» Geschäft als sitten­widrig und nichtig anerkannt: und der Großaktionär wird wohl oder übel die aus diese weife erhaltenen Beträge der Gesellschaft zurückzahlen müssen. Gegenüber dcq Wünschen der oppositionellen Aktionär«, die Der- mögenswerte der ja noch immer in Liquidation befindlichen Gesell- schaft auszuschütten, hat die Verwaltung mll heroischem Wieder» aufbauwillen in der letzten Generalversammlung erklärt,daß st« sich absolut gebunden fühle, den Wederaufbau durchzuführen.' Diese Beispiele, die sich noch vermehren ließen, zeigen mtt venl- lichkeit, in welchem waßc die rieflgeu für den Wiederaufbau bestimmten Entschädigungebeiträge sinnwidrig und gesetzwidrig zu rcinen Finanztransaktionen benutzt werden. Wie ist es nun möglich, daß Millionenbeträge nicht zum Weder- aufbau, sondern, der Wsicht de, Gesetzes zuwiderlaufend, lediglich für die privatwirtschasllich allerdings einträgliche» Iransakttonen
einzelner Finanzgruppen verwendet werden können? Noch dem Kriegsschädenschlußgesetz wird der Wiederaufbauzuschlag, der von der Sozialdemokratie von Anfang an aus» stärkste bekämpft wurde, schon dann gewährt, wenn die Verwirklichung des Wiederaufbau- willens in sichere Aussicht gestellt wird." Was man von diesen Ver- sicherungen zu halten hat,-zeigen unser« genannten Beispiel«. E» kann kein Zweifel bestehen, daß in allen diesen Fällen kein Wiederaufbau nach den Bestimmungen des Gesetze» erfolgt ist, das alsWiederaufbau" nur die Wiederaufnahme oder den Ausbau einer entsprechenden oder zumindest gleichartigen Wirtschaft- lichen Tätigkeit gelten lasten wollte. Das Reich, also letztlich die Steuerzahler, ist in diesen und ähnlich gelagerten Fällen nutzlos zugunsten einer Reihe großer San- zerne mit Millionenbeträge» belastet wordeu. Es ist Pflicht de» Reichstags, allen Fällen nachzugehen und di« zweck- widrig verwendeten Entschädigungsgelder zurückzufordern. Allein bei den drei Fällen Wintershall  , Schantung und Centralbank für Eisenbahnwcrte handelt es sich um Beträge von z u s a m- m e n etwa 3 ö Millionen Mark, die al» Wiederaufbau- Zuschläge gegeben wurden, ohne daß auch nur die Hoffnung eines Wiederaufbaue» zu bemerken oder noch zu erwarten ist. Sollten die im kriegsschädenschlußgesetz entgegen de« frü- Heren Rechlszustand leider sehr eng gefaßte« Rückforderung». rechte nicht auereichen, so dürfte es nicht schwer fall«, in Aabelrachi dieser offensichtlich dem Sinn und Willen des Ge­setzes zuwiderlaufenden Verwendung und der schwerwiegender Schädigung der Reichskasse die notwendigen Bestimmungen zu: Ablieferung der wirtschaftlich ungerechtfertigt i» Anspruch fr. aommeneu Beträge sofort z» erlaß««.