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Beilage hashli Donnerstag, 1. Oktober 1931

Der Abend

Shadausgabe des Vorwäre

Altersaufbau, Geburtlichkeit und Volkswirtschaft

Die Furcht vor Entvölkerung und Vergreifung geht bei uns wieder einmal um. Sie stügt sich auf die unbestreitbare Tatsache, daß die Geburtenzahl zurückgeht und die Menschen zu höheren Jahren kommen, als es früher der Fall war.

In diesem Zusammenhang ist eine Abhandlung von besonderem Interesse, die unter dem Titel: Die gegenwärtigen und zukünftigen Veränderungen im Altersaufbau der deutschen Bevölkerung" in Nr. 23 vom 1. Dezember 1930 in Wirtschaft und Statistik" er= schienen ist.

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Aus ihr geht hervor, daß im Jahre 1871 bei einer Bevölkerung von rund 41 Millionen der Anteil der Unterfünfzehnjährigen sich auf 34,4 Proz., der 15- bis 45jährigen auf 44,3; 45 bis 65 Jahre 16,6; 65 und mehr Jahre auf 4,7 Proz. stellte. 1910 lauteten die bezüglichen Ziffern bei einer Bevölkerung von rund 65 Millionen auf 34,1, 45,6, 15,3 und 5,0 ẞroz. Es hatte also schon damals eine leichte Erhöhung des durchschnittlichen Lebensalters bei gleich zeitiger Senkung der Geburten stattgefunden. Diese Tatsachen sind bekannt und längst nach allen Seiten gewürdigt. Auch die Fort­dauer und Verbreiterung dieser Tendenz, wie sie in den Ziffern von 1925 zum Ausdrud kommt. Die Zählung von 1925 weist 25,7 Proz.: 0 bis 15jährige; 49,3 Proz. im Alter von 15 bis 45 Jahren; 19,2 Proz. zwischen 45 und 65 Jahren und 5,8 Proz. über 65 Jahren auf.

An diese Feststellungen reihen sich die voraussichtlichen Ziffern von 1930 bis 1980. Sie kommen zu dem Schluß, daß um 1980 die Zahl der Unterfünfzehnjährigen von 25,7 Proz. in 1925 auf 22,1, die der 15- bis 45jährigen von 49,3 auf 41,2 Pro3. ge= fallen sein dürfte. Erhöht hätte sich die Anteilnahme der 45- bis 65jährigen von 19,2 auf 22,8 und der über 65jährigen von 5,8 auf 13,9 Proz. der Gesamtbevölkerung.

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Selbst wenn wir diese Zahlreihen, was wir nicht tun werden, als zutreffend hinnehmen wollten, würde sich aus ihnen kaum die Katastrophenstimmung führender Bevölkerungspolitiker rechtfertigen laffen. Wäre eine solche Entwicklung wirklich einer Vergreifung unferes Volkes im Sinne erlahmter Erwerbsfähigkeit, förperlichen und geistigen Versagens gleichzustellen? Um darauf eine schlüssige Antwort geben zu können, muß man sich erst einmal über den Begriff der Bergreifung" flar werden. Das durchschnittliche Lebensalter hat in Deutschland zwischen 1871 und 1926, d. h. also in 55 Jahren um rund 20 Jahre zugenommen. Es ist von 35,8 Jahren bei den Männern und 38,45 bei den Frauen auf 55,97 bzw. 58,82 gestiegen. Das fam einmal daher, daß zu einem Teil infolge des Geburtenrüdgangs, zu einem anderen dank der ver­besserten Säuglingspflege die Säuglingssterblichkeit beträchtlich her­abging. Zum anderen hatte und hat es feinen Grund in dem Umstand, daß die Menschen dank den Fortschritten der Menschen ökonomie auf dem Gebiet der Hygiene, der Körperpflege und Kultur 31: höheren Jahren gelangen, und zwar erreichen viele von ihnen diefe höheren Jahre" in solch geistiger und törperlicher Frische und Leistungsfähigkeit, daß es nicht länger angängig ist, fie als volkswirtschaftliche Belastung zu empfinden, sondern daß man diese alten Leute in ganz anderem Umfang als früher als einen Aktiv­poften in die Wirtschaftsbilanz einsehen darf.

Von Henriette Fürth

wirtschaftspolitischen Konstellationen so weittragende bevölkerungs­politische Annahmen herzuleiten.

wird, die bis jetzt von der Welle des Verzichtes auf Nachkommen-| Jedenfalls ist es aber abwegig, aus hoffentlich vorübergehenden schaft noch verhältnismäßig unberührt geblieben waren. So heißt es bezeichnenderweise in einem Artikel von ,, Wirtschaft und Statistit" ( 1931), daß nach einer leichten Senfung die Geburtenrate schon in der ersten Hälfte von 1930 der verstärkte Geburtenrüdgang zeitlich genau neun Monate nach dem Beginn der jetzigen Wirtschaftskrise( Ende 1929) einsette". Deutlicher kann der enge Zusammenhang zwischen Wirtschafts­und Geburtenzahl( den wohl jeder aus den Erfahrungen in seinem eigenen Kreise bestätigen kann) nicht dargetan werden. Ebenso wie ein etwaiges Stehenbleiben oder selbst eine leichte Erhöhung der Sterberate aus den von uns angeführten Gründen zu erklären sein würde.

Wenn dem aber so ist( und für die Gestaltung der Geburtlich­feit liegt dieser Nachweis, wie wir gezeigt haben, bereits vor), dann ist es absolut unzulässig, aus der konjunkturellen Beeinflussung be­völkerungspolitischer Vorgänge Schlüsse auf eine sich über 50 Jahre erstreckende Zukunft zu ziehen.

Wir wollen gewiß nicht in den entgegengesetzten Fehler ver­fallen und etwa aus der gleichfalls wirtschaftlich begründeten Tat­fache des Geburtenanstiegs in 1928 optimistische Schlüsse ziehen.

Abgesehen von diesen wirtschaftspolitischen Zusammenhängen gibt auch der außerhalb dieser Sphäre sich zweifellos aber langsam vollziehende Geburtenrückgang auf absehbare Zeit keinerlei Anlaß zu national- politischer Besorgnis. Er ist ein anderer Ausdrud für efte Vielheit von Tatsachen, die wir unter den Schlagwörtern: ver, mehrter Kultur- und Zivilisationsanspruch auch der Massen und in Sonderheit der Frauen, Freisetzung von Arbeitskräften, gleich Ueberflüssigwerden durch fortschreitende Rationalisierung der Wirt­schaft, Verlängerung der durchschnittlichen Lebensdauer usw. zu­sammenfassen wollen.

Ihre Gesamtheit bedeutet: Menschenökonomie, Ersatz der Quantität durch die Qualität, Sieg des Menschen über die Materie, denn der Mensch wird nicht mehr der Sklave der Güterherstellung, fondern die Produktion die Dienerin des Menschen sein.

Seine Majestät der Mensch! Das ist die Entwicklungslinie, die ich sehe. Auf ihrem Weg hat weder Massenproduktion von Menschen noch ihr Massensterben Raum.

Davon ein andermal.

Mütter und Töchter- ein soziales Problem

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Von Nelly Wolffheim

Fast alle Mädchen sind heute ins Erwerbsleben einbezogen, nur ganz vereinzelt findet man noch wenigstens in der Großstadt­die Familiendrohne früherer Zeiten, die ohne eigentliche Arbeit nur dem Versorgtwerden entgegenlebt. Darin hat ein sozialer Ausgleich stattgefunden, der Unterschied zwischen Arm und Reich ist in dieser Hinsicht aufgehoben. Wenn wir hier auf diese an sich bekannte Tat­sache hinweisen, so geschieht es, um darzutun, wie einseitig Entwick lungen oft vor sich gehen. Denn obgleich die Mädchen erwerben, obgleich sie geldlich selbständig sind, bleiben sie, wenn auch in einem etwas gewandelten Sinne, Haustöchter wie einst. Ganz anders als die Söhne werden sie neben ihrer Berufsarbeit von der Familie in Anspruch genommen und weit mehr werden sie in ihrem Tun und Laffen ,, beaufsichtigt. Selbst in den Kreisen der Arbeiterschaft, die früher als andere Boltsschichten für die politische Gleichstellung der Frauen eintraten, ist man im Hinblick auf die Töchter noch vielfach auf einem veralteten Standpunkt geblieben. Daß eine zu feste Bindung der Töchter an das Zuhause und ganz besonders an die Mutter nicht unbedingt gutzuheißen ist, soll in folgendem nach gewiesen werden.

Fast überall beobachtet man, daß zwischen Müttern und Töchtern Schwierigkeiten bestehen. Nicht immer liegen die Konflikte klar und deutlich erkennbar an der Oberfläche, oft werden sie durch eine ver­Es geht daher auch nicht an, wie das in ,, Wirtschaft und mehrte Fürsorge des einen für den anderen liebevoll überdeckt. Daß Statiftit" geschieht, die Zahl der aus Altersgründen Unterstügungs- aber Gegenfäßlichkeiten vorhanden sind, beweisen die fleinen Reibe­bedürftigen furzweg dahin zu errechnen, daß im Jahre 1925 auf reien, die sich im täglichen Leben ergeben. Mehr als früher können 100 Erwerbsfähige nur 8,4 Proz. über 65 Jahre alte Personen ge- fich heute derartige Reizbarkeiten auswirken, da unsere Zeit das tommen seien und daß sich diese Ziffer bei ständig gleichbleibender entfernende Respektverhältnis zwischen Eltern und Kindern auf­Rebendgeborenenzahl im Jahre 1980 auf 21,7 Pro3. belaufen gelodert hat. Was die Gegenfäßlichkeit zwischen den Generationen würde. Ebensowenig wie man, ohne den Tatsachen bzw. ihrer zutiefst hervorruft, fann hier in einem furzen Auffah nicht ausgeführt Ursächlichkeit Gewalt anzutun, ableiten darf, daß da in den werden, wir wollen nur betonen, daß die Ursachen für sich ent­ Jahren seit der Volkszählung von 1925 die Zahl der über wickelnde Schwierigkeiten zumeist in der frühen Kindheit wurzeln. Fünfundsechzigjährigen um 500 000, also um jährlich über 110 000 zu Selbst die besten Eltern können es nicht vermeiden, in ihrem Tun genommen habe, diese Entwicklungslinie nun auch für die Zukunft und Lassen von ihren Kindern kritisch beobachtet und beurteilt zu maßgebend set. Man vergesse doch nicht, daß die älteren Jahrgänge werden, Gefühlsmomente verschiedener Art sprechen dabei mit, und der den Krieg Ueberlebenden starke Nerven und Konstitutionen haben ganz besonders sind es die Beziehungen zwischen Müttern und Löch­mußten, denn die schlechten Rififen hatte der Krieg und die Intern und zwischen Bätern und Söhnen, die den Untergrund zu flation weggefegt. späteren Schwierigkeiten bieten. Aber neben diesen zumeist un­bewußten Gegenfäßlichkeiten, stehen solche des realen Lebens. Ein jeder Mensch, auch wenn er noch so sehr bemüht ist, sich dem Wandel der Dinge anzugleichen, ist an seine eigene Jugendzeit und ihre Ideale gebunden. Keine Mutter wird es daher ohne Leid mitansehen, wie anders sich der Entwicklungsgang ihrer Tochter abspielt, wie weit sich diese von dem entfernt, was ihr als das Richtige erscheint. Selbst bei größter Rücksichtnahme der Töchter muß die ältere Generation dies herausfühlen, muß sich als hintenangestellt vorkommen. Und das ist sie ja schließlich auch. Neues Leben muß das Alte verdrängen, neue Wertungen, neue Ziele, neues Glück steht im Vordergrunde. Jede Mutter sollte mit diesen gegebenen Tatsachen rechnen, aber trotz aller verstandesmäßigen Erkenntnis fann es nicht ausbleiben, daß Bitterteiten entstehen. Niemand verzichtet gern, und feiner muß es fo felyr wie die Mütter heranwachsender Töchter. Sie sehen am diretteften, wie neues Leben neben ihnen sich entwickelt, sie, die sich alt werden fühlen, die als Weib zurückstehen müssen, haben auf strebende Jugend neben sich, die genießt, was ihnen nicht mehr gilt. Wohl wird eine Frau leichter zurücktreten fönnen als die andere, wohl sind heute die Gegenfäße zwischen alt und jung nicht mehr so fraß, wie einft, troßdem: Das Naturgegebene ist harte Forderung im Leben der Frau. Eifersucht, die nicht stets bewußt zu werden braucht, hat immer Möglichkeiten, die Beziehungen der Mutter zur Tochter zu durchkreuzen. Oft freilich auch auf umgekehrtem Weg: Töchter, denen das Leben nicht hält, was sie erhofften, neiben den Müttern ihr Frauenleben. Reizbarkeiten können auch aus dieser Quelle stammen.

Aber ganz abseits dieser Erwägung müssen wir die Entwicklung einmal von der staats- und weltwirtschaftspolitischen und auch ein wenig von der biologischen Seite her betrachten. Die vorausgefeßten Endziffern von 1980 zeigen uns die Unterfünfzehnjährigen mit 15 125 000 von einer Gesamtbevölkerung von 68 450 000 oder mit 22,1 Broz. Es fäme dann für die Aufzuchtstoften eines Kindes die Arbeitskraft, selbst wenn wir die veraltete Grenze der 65 Jahre bei behalten wollen, von drei Menschen in Betracht, während früher diese Last in Deutschland auf zwei Menschen, in Frankreich auf vier Menschen entfiel( vgl. Fürth Die Geburtenfrage als Joziales Problem", Conradsche Jahrbücher, dritte Folge, Bd. 14, C. 1913). Von der wirtschaftlichen Seite her also eine außerordentlich be­grüßenswerte Umstellung.

Und biologisch? Ist nicht gerade Frankreich ein Schulbeispiel dafür, daß ein Bolfstum trot verringerter Geburtlichkeit auch als Nation gesehen. höchst leistungsfähig sein fann?

Weiter. Ist selbst ein weiteres Herabgehen der Geburtlichkeit mit reihefolgender Minderung der Säuglingssterblichkeit, Sicherung besserer Aufzuchts- und Lebensbedingungen, d. h. aber Besserung der allgemeinen Lebenserwartung nicht ungleich wünschbarer als die Berwirklichung des Schreis nach der Zahl?

Wir sind aber noch feineswegs am Ende unserer Beweis: führung. Wir haben bis jetzt die in Wirtschaft und Statistik an­gegebene und zahlenmäßig gestützte Entwicklungslinie unserer Er­wägungen als zutreffend zugrunde gelegt, find aber jetzt an einem Punkt angelangt, an dem wir einige Bedenken gegen die Rich tigkeit der bezüglichen Schlußfolgerungen vorzutragen haben. Nur eine Wahrscheinlichkeitsrechnung liegt vor, die durch die Entwicklung der jüngsten Jahre start bestritten wird. Die Geburtengiffer von 1928 betrug 18,6 vom Tausend der Bevölkerung. 1929: 17,8 und 1930: 17,5. Trogdem betrug der Geburtenüberschuß, der in 1929 infolge der schweren Grippeepidemie auf 5,3 pro Taufend gesunken war, in 1930 wieder 6,5 pro Tausend. Das heißt aber, daß wir noch in 1930, dem ersten Jahr der schweren Krise, einen Ueber­Ichuß von 415 924 Menschen auf die Beine stellen konnten. In dem laufenden und den nächstfolgenden Jahren dürfte sich das zwar ins Ungünstige ändern, Ginmal meil anzunehmen ist, daß die allge meine Notlage die Krankheitsanfälligkeit und Sterblichkeit erhöhen werde. Zum anderen, weil die heute nur zu berechtigte Angst vor Familienzuwachs auch die Geburtenfreudigkeit folcher Kreise mindern

Anderes tommt hinzu. Die Loslösung der Töchter von der mütterlichen Leitung bedeutet den Frauen meist Enttäuschung und das Gefühl des Ueberflüssigseins. Das häufig zu auffallende Be­mühen, die Mädchen in einem Abhängigkeitsverhältnis von sich zu halten, zeigt dem Beobachter dies sehr deutlich. Das Aufbegehren der Töchter gegen die Mütter, wenn sie dies Bestreben bemerken, sollte der älteren Generation beweisen, daß sie auf falschem Wege ist. Denn Loslösung ist Forderung einer gefunden Entwicklung, fie durch eigensüchtiges Dagegenarbeiten aufhalten zu wollen, bedeutet für beide Teile zwedlosen Kampf. Darum muß jede Mutter Resignation aufzubringen wissen. Aber wir wollen nicht mißverstanden werden

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nicht etwa zu piel Resignation! Denn die Mütter sollen ja noch selbst leben, nicht zu früh dürfen sie sich aufgeben. Jede, die Mutter und die Tochter, gestalte sich ihr Leben für sich, wie es ihrer Eigenart

entspricht, denn Freundschaft zwischen Mutter und Tochter, dieses Ideal aller heranreifenden Frauen, dieses so häufig vergeblich an­gestrebte 3iel, wird sich dort am besten gestalten, wo die Wege nicht zu nah beieinander sind.

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Darum löse man sich von der oben erwähnten Einengung der Töchter in ein Haustochtertum, das keine Berechtigung mehr hat. Die erwerbstätigen Mädchen sollten berechtigt sein, sich außerhalb ihrer Familie selbständig zu machen, wenn sie sich erhalten können und sagen wir es in ungefährer llmgrenzung die Mitte der Zwanzig überschritten haben. Warten sie länger mit der Trennung der Hausgemeinschaft, fann es geschehen, daß ihnen selbst die Lösung durch eine zu starke Bindung an das Gewohnte unmöglich wird. Auch im Interesse der Mutter ist es gelegen, daß fie im Augenblick dieser Trennung noch jung genug, ist, um sich umzustellen. Nicht wenn sie bereits das Eigenleben aufgegeben hat, sondern früher sollte der Schritt getan werden. Die alte Mutter sieht in ihren Kindern zu start Besiz, um sie entbehren zu können. Solange die Frau aber noch selbst im Vordergrunde steht und stehen will, ist ihr die äußere Trennung vielleicht die durchaus feine innere zu sein braucht Schmerz, vielleicht aber auch seelische Befreiung, jedenfalls jedoch nicht ein Unglüd.

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Ein Forscherparadies in der Südsee

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Eine geologische Expedition der Universität Sidney, der sich ein jüngerer Völkerfundler, Jan Hogbin, ein Schüler von Professor Radcliffe- Brown , angeschlossen hatte, fand auf der Rennell- Insel, der südlichsten Insel des Salomonen Archipels, einen Volksstamm, dessen Kultur und Leben von europäischer Zivilisation noch so gut wie völlig unberührt geblieben ist, so daß seine Erforschung ein geradezu ideales Arbeitsfeld für die Völkerkunde bildet. Die Rennell- Insulaner haben ihre alten Sitten und ihre ursprüngliche Denkweise deshalb in so völliger Reinheit bewahren können, weil die Insel keinen ein­zigen Hafen befißt und darum seit ihrer Entdeckung durch Kapitän Bligh im Jahre 1790, also vor jezt 140 Jahren, kaum je von europäischen Schiffen angelaufen worden ist. Die wenigen Weißen, die je von anderen Inseln des Salomon- Archipels herübergekommen find, fanden nichts, was eine wirtschaftliche Ausbeutung lohnen würde und unterließen weitere Besuche; einige Aerte und Messer, die einzigen Spuren europäischer Zivilisation auf der Insel, zeugen von ihrer Anwesenheit.

Der einzige Versuch zu einer Ansiedlung auf der Insel wurde vor wenigen Jahren von der evangelischen Südseemission unter­nommen, scheiterte aber, da die beiden Missionare, selbst Eingeborene von benachbarten Inseln, von den Rennell- Infulanern nach ganz Seitdem ist die Insel wieder in furzer Zeit erschlagen wurden. ihre folierung zurückgefunken. Als die australische Expedition auf der Insel landete, wollte es ein unglückischer Zufall, daß die Kiste mit Büchern über Bord ging und nicht gerettet werden konnte. Da der junge Forscher sich offenbar nicht durch das Studium anderer Südseesprachen genügend auf die Expedition vorbereitet hatte, so stand er dem Problem der Erlernung einer neuen Sprache ohne jede Hilfsmittel gegenüber. Es war offensichtlich, daß es sich um eine Sprache von polynesischem Typus handelte, aber da es niemand auf der Insel gab, der Englisch verstand, so konnte Herr Hogbin natürlich nur außerordentlich langsame und mühsame Fortschritte

im Erlernen der Sprache machen. Er ist deshalb jetzt nach Sidney zurückgekehrt, um sich dem Studium der bereits bekannten polyne­fischen Sprachen zu widmen und dann zu einem längeren Aufenthalt auf die Insel zurückzugehen, die eine so einzigartige Gelegenheit darstellt, heute noch primitives Leben und Denken in unverfälschter Form fennen zu lernen. Der Forscher ist überzeugt, daß die Insel Seefahrern so wenig Verlockungen bietet, daß es noch Jahre, viel­leicht Jahrzehnte dauern wird, ehe sie aus ihrer paradiesischen Er vergißt dabei allerdings, Unberührtheit gerissen werden wird. welchen Einfluß seine eigene Anwesenheit auf die Eingeborenen vielleicht werden spätere Forscher Mythen von einem haben wird weißen Kulturbringer" aufzuzeichnen haben, der ihr Leben und Denten durch seine bloße Anpesenheit umgestaltet hat.