Einzelbild herunterladen
 

Beilage Freitag, 2. Oktober 1931

liquod Der Abend

galnuoma( joHladba Und Silausgabe des Vorwärts

ms.

Ein Schwurzeuge gegen Wilhelm u. Co.

Hohenlohes Denkwürdigkeiten der Reichskanzlerzeit"

Eminenz", die Fäden, an denen die Puppen tanzten; er führte, als Ratgeber, Zuträger, Einflüsterer und Einpeitscher der im Licht stehenden Staatsmänner bis zum Reichskanzler hinauf, in seinem dunklen Zimmer im Auswärtigen Amt ein persönliches Regiment schlimmster Wirkung.

Mehr zu schaffen freilich machte dem Fürsten Hohenlohe der Träger eines anderen persönlichen Regiments, der sich im Vordergrund der Bühne, in vollster Scheinwerferbeleuchtung spreizte: Wilhelm der Nichtschweiger

Von den vier Friedenstanzlern Wilhelms II.: Bismarck ,| Wert. Vor allem zog der Geheimrat von Holstein, die ,, Graue Caprivi, Hohenlohe und Bülow, haben drei Auf zeichnungen hinterlassen, deren Gesamteindruck für den kaiserlichen Herrn" einfach vernichtend ist. Wenn diese wohlunterrichteten Männer am Zeugenstand der Weitgeschichte erscheinen, hat vielleicht die Aussage des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe noch mehr Gewicht als die seines Vorgängers und seines Nachfolgers, denn was jetzt als Nachlese zu den 1906 veröffentlichten beiden Bänden der Denkwürdigkeiten" unter dem Titel ,, Dentwürdig feiten der Reichskanzlerzeit"( herausgegeben von Karl Alexander von Müller , Deutsche Verlagsanstalt , Stuttgart , Berlin 1931) vorliegt, wurde nicht nachträglich zu Papier gebracht, sondern sind Tagebuchnotizen und Briefe aus den Amtsjahren des britten Kanzlers, dem überdies nicht Groll und Verbitterung wie den beiden anderen die Feder führten; er war fein grimmiger Haffer wie Bismard, fein übler Giftspritzer wie Bülow, sondern auch in Stunden der Verärgerung ein müchternet und überlegener Beobachter.

Der im Jahre 1894 fünfundsiebzigjährig in die Wilhelmstraße

mit seiner Unberechenbarkeit, seiner Unbeherrschtheit, feiner Ahnungslosigkeit und allen anderen Untugenden seines sprudelnden Temperaments. Wie er in der auswärtigen Politik jetzt für einen Bund der germanischen Völker, jetzt für einen europäischen Zoll­bund gegen Amerika schwärmte, jetzt die Spanier gegen die auf ständischen Philippinos zu unterſtüßen vorschlug, jetzt mit Frank reich gegen Rußland und jetzt mit Rußland gegen Frankreich gehen wollte, so wechselte er auch sonst kaleidoskophaft schnell in sachlichen und persönlichen Fragen seine Meinung; Tirpitz war ihm heute ein gewaltiger Mann" und morgen ,, ein Neurastheniker". Nur wenn er an die Sozialdemokratie dachte, litt er stets unter den! gleichen Zwangsvorstellungen; Fürst Philipp Eulenburg verriet Hohenlohe , das treibende Moment für die Wünsche des Kaisers, der Sozialdemokratie möglichst starke Fesseln anzulegen", sei die Furcht ,,, es könnte der Kaiserin oder den Kindern ein Un­glück zustoßen; Attentatsgespenster sehend, rechtfertigte der hoch gemute Hohenzoller das verächtliche Wort des Junters v. Kröcher:

,, daß es bei S. m. nicht ganz normal aussehe und daß er große Besorgnisse für die Zukunft hege".

voll zu tun, um zu zügeln, abzuschwächen, zu beschwichtigen, zu Unter fotanen Umständen hatte Hohenlohe alle Hände dämpfen, aber es half alles nichts; seufzend setzte er sich mehr als

einmal hin, sein Abschiedsgesuch zu Papier zu bringen, da er gewahr wurde, daß ihn der Kaiser, gewillt, sein eigener Reichs­fanzler zu sein, nur als Strohmann benutzte. Immer wieder besann sich der Fürst mit seiner Demission eines Schlechteren, bis der Bogeraufstand in China zur des zur Ermordung Gesandten von Ketteler führte. Darauf: Gerassel mit dem deutschen Schwert, Geschwaderentsendung, Hunnenrede, Expeditionskorps, Ernennung Waldersees zum Weltmarschall" ohne daß der Berantwortliche, der Reichskanzler, gefragt, ohne daß er auch nur unterrichtet wurde. Da. im Oktober 1900, ging der alte Herr wirklich, um dem schon ungeduldig auf den Kanzlersessel lauernden, Bülow Platz zu machen.

"

Kurz, ehe Hohenlohe im Juli 1901 starb, besuchte ihn

Miquel und klagte, die Unzufriedenheit nähme im Volke zu.

Man will fein absolutes Regiment. Er sieht schwarz in die Zukunft. Die Minister, insbesondere das gesamte Staatsministerium, hört der Kaiser nicht mehr. Wen er am liebsten hört, find die Professoren der Technischen Hochschule ( Slaby und Genossen), die ihm schmeicheln".

einzog, hegte vielleicht noch manchen Ehrgeiz, aber über die kleinen Eitelkeiten des Daseins, wenn er ihnen überhaupt je gefrönt hatte, war er längst hinausgewachsen. Ein Grandseigneur, vornehm bis in die Fingerspitzen, fühl, gelassen, skeptisch, zurückhaltend, in sich verschlossen, stand dieser Süddeutsche innerlich einjam in dem Berliner Trubel. Von einem forschen preußischen Junker hatte er gar nichts an sich. Wenn der leise auftretende Standesherr, der auch in Augenblicken der Offenherzigkeit seine Gefühle mehr erraten ließ als verriet, in sein verschwiegenes Journal über ein Diner auf dem Jagdschloß Springe notierte: Der Kaiser war sehr guter Laune, sprach aber etwas viel und unaufhörlich. Dazu Ulanenmuit gehaltene historische Kritik des Vorwärts" an den Leistungen dampfte, pluſterte sich sein kaiserlicher Bruder auf, daß das

und die übliche lärmende Unterhaltung der preußischen Militärs", erlaubt dieser Vermerk Rückschlüsse auf den Grad, in dem ihm die Schnarrlaute der ostelbischen Herren­taste auf die Nerven fielen; an Wilhelm II. selber stellte ja Hohenlohes Sohn, Prinz Alexander, eine schnarrende, un­angenehme Stimme" fest und ein Lachen, das etwas Un­sympathisches in seinem Klang hatte". Auch deutet es auf eine

tieffitzende Abneigung gegen den preußischen Grundadel, wenn der Reichskanzler von den ,, agrarischen Lausbuben" sprach und die Deutsche Tageszeitung" unter ähnliches Ge­lichter" einreihte. Die feinste Bosheit aber leistete er sich gegen Miquel, den er als das einschätzte, was er war: ein gewissen­lojer Streber und gemeiner Intrigant. Wie mußte der ausgefochte Reaktionär, der sich in seiner Jugend sozialistischen Ideen mit Haut und Haar verschrieben hatte, zusammenzuden, wenn er in einem höflichen Brief des Fürsten , der ihn bat, das Reichsamt des Innern zu übernehmen den höflichen Gazz las:

ben schwebten zeitlebens die gleichen idealen Ziele cines g. tönnen uns sagen, daß wir, wenn nicht alle, so auch in Jugendträume verwirklicht sehen. merden a Mucker war der Kanzler, in dessen Amtszeit mit der weinze der Vorstoß der Dunkelmänner gegen die Freiheit. Kunſt fiel, feineswegs; damals schrieb er sich seinen Unmut vom Herzen über ,, den krankhaften Zug unserer Zeit, die Menschen durch Strafgesete tugendhaft machen zu wollen":

Was ist Schamlosigkeit, was verlegt das Schamgefühl? Der Begriff ist juristisch nicht festzustellen. Und darüber soll ein Schutzmann urteilen. Und wegen Verletzung dieses unbestimmten Begriffes foll man auf ein Jahr verurteilt werden. Das ganze Getue über Prostitution ist auf männlicher Seite Schein heiligkeit, auf weiblicher Hysterie. Das alles ist heuchlerisches Wesen; und mir ist alle unzucht lieber als Heuchelei und Scheiligkeit.

Doch ob ohenlohe sich einen gemäßigten Liberalen" nannte, war er mehr gemäßigt als liberal. Der Superior des Großen Seminars in Straßburg , Da cheug, mit dem er einen vertrauten Briefwechsel in französischer Sprache unterhielt, setzte ihm einmal, im Mai 1897, sehr scharfsichtig ausemander, was in Deutschland vor sich gehe, sei ,, ein Kampf zwischen dem System Ludwigs XIV. und dem neunzehnten, ich möchte fast sagen dem zimanzigsten Jahrhundert". Aber Hohenlohe, über dessen Jugend noch der Schatten Metternichs fiel, war fein Mann vom Ausgang des neunzehnten, geschweige ein Mann des zwanzig sten Jahrhunderts. Auch ihm fehlte der seine Nerv für das Wesen der Zeit. Das Volk betrachtete er als politisch gleichgültige Masse, die in der Politik ,, unmittelbar materiellen Trieven" jolge, und über die Sozialdemokratie

urteilte er ruhig, sah aber in ihr den Feind:

Die Sozialdemokratische Partei verliert zwar mit der Zeit an der Intensität ihrer phantastischen Ziele, gewinnt aber dafür fortgesetzt an Umfang, je mehr sie sich auf den Boden der realen Tatsachen stellt und zu einer radikalen Arbeiter partei umgestaltet; sie behält ihren bisherigen Charakter als eine antimonarchische, republitanische Richtung, wird aber durch die Braris ihrer Bolitit in dem Maße wirtschaft: lich gefährlicher, als fi statt utopische Pläne zu verfolgen, die unverhältnismäßig wachsenden Forderungen des vierten Standes, das heißt der Arbeiterbevölkerung unterstützt und damit schließlich den gesamten Unternehmergewinn in Frage stellt und jede Unternehmungslust überhaupt lahmlegen kann.

Sogar eine gewaltsame Auseinandersetzung mit der Millionen­partei des arbeitenden Volkes lehnte er nicht grundsätzlich ab, nur schienen Zeit und Umstände dazu mehr als ungünstig. Er fühlte fich berufen, Beruhigung zu schaffen, nicht Konfliktspolitik zu treiben; was ständig in der Luft lag, eine ,, Politik der Abenteuer", Gewaltpläne, Staatsstreichgedanken er nichts wissen, denn er hielt, wenn es so weit käme, die Existenz des Reiches für schwer gefährdet.

-

davon wollte

Leicht gemacht wurde ihm dieser sein eigentlicher Beruf wahr haftig nicht, denn statt der Stetheit und Klarheit, Redlichkeit und Reinheit, die nach den schwarzweißroten Märchenerzählern in der Monarchie herrschten, stieß Hohenlohe sofort auf ein Ratten nest von Ränten und Intrigen. Verwirrung und Un­ficherheit, wohin er schaute; von den Ministern und Höflingen mißtraute jeber jedem, hehte der eine den anderen gegen den dritten, befämpften sich mächtige Cliquen, fuchten alle ihren persön lichen Vorteil, und überall waren einflußreiche Kulissenschieber am

Wilhelms I. in Harnisch; da tobte er gegen die alten Begleiter und Adjutanten seines Großvaters, die für die beleidigte Ehre des alten Kaisers persönlich hätten eintreten müssen":

in dem

Würden sie Herrn Bebel und Konjorten Redaktionslokal des ,, Vorwärts" über den Ropf geschlagen haben, so hätten sie die Stimmung von ganz Berlin für sich gehabt, und würde das patriotisch erregte Volt durch Zertrümmerung der Druckerei zum ersten Male der Sozialdemokratie einen Schrecken beigebracht haben.

Statt dessen dachte Wilhelm der Arbeiterpartei diesen Schrecken durch ein Ausnahmegejez einzujagen:

Ich habe die Empfindung, daß durch ein furzgefaßtes scharfes Vereinsgefeß:§ 1. Alle sozialdemokratischen Vereine und Bersammlungen find verboten, der Lage am meisten entsprochen wird. des diesem

Die Person Wilhelm Großen vereinigen nur das gewir jeten an

Sommer das Bolt hinter uns wie mit einem Zauberwort. Also Losung für die Beschützung des Andenkens des Großen Kaisers" frisch ans Werk und feste auf die Sozialdemo= traten losgeschrieben und gedonnert. Auch sonst sah der Kaiser das Leben

wie den kitschigsten Deldrud.

Hohenlohe suchte ihm vorsichtig den Gedanken auszureden, alle Soldaten und Beamten 1897 mit einer Erinnerungsmedaille an den hundertsten Geburtstag Wilhelms, I., den sogenannten 3itronenorden", zu beglücken, da sie dann auch ſtaats feindlichen Individuen, Sozialdemokraten und dergleichen verliehen" werden, aber Wilhelm unbeirrbar: Der gemeine Soldat, der das Jahr mitgemacht hat und das Bildnis des großen Kaisers auf seiner Brust trägt, wird in demselben bei seinem Ausscheiden einen Talismann gegen unpatriotische Verführungen befizen." Ein geradezu polizeiwidriges Maß von Naivität offenbarte er, wenn er, im November 1899 von einem Londoner Besuch zurückkehrend, seinem Kanzler freudestrahlend anvertraute, ihm sei sowohl von Marineoffiziere versichert worden, daß die in Aussicht genommene seiten des Hofes und der englischen Minister wie der englischen Verstärkung unserer Seemacht in England mit Beifall aufgenommen

würde".

Nichtachtung aller Wirklichkeiten war eben ein starker Wesens­zug Wilhelms. II. Neben seinem aufgedunsenen Ich galt nichts auf der Welt. Nicht nur in der Frage der Flottenvermehrung sah er ein ganzes Volk von 50 Millionen widerhaariger, nicht in­formierter, übelgelaunter Deutscher" vor oder gegen sich, auf deren Meinung der in Wahrheit gegen jede Kritik Ueberempfindliche zu pieifen vorgab: Was das Publikum von mir denkt oder nicht, ist völlig gleichgültig." Ha, nahm er es nicht unter Umständen mit ganzen Teilen Deutschlands aus? Die süddeutschen Staaten", er­flärte er am 7. März 1897 Hohenlohe , genierten ihn nicht. Er habe achtzehn. Armeekorps und

würde schon mit den Süddeutschen ferlig werden."

Der Reichstag ? Wehe, wenn er nicht fuschte! Die Brüder schickte er mir nichts dir nichts nach Hause, falls sie sich erkühnten, sein Begnadigungsrecht in Duellsachen zu fritisieren, und von der Sozialdemokratie ganz zu schweigen, erschien thm auch das Zentrum als eine vaterlandslose Bande". Nicht anders bestanden vor seinem selbstherrlichen Willen die Minister. Als das preußische Staatsministerium aus wirklich guten Gründen zu erkennen gab, es sei eine ersprießliche Zusammenarbeit mit dem Minister des Inneren von Röller nicht mehr zu erwarten, entließ er auf hartes Drängen Hohenlohes zwar seinen Liebling, den er als Mann des Staatsstreichs in Reserve halten wollte, donnerte aber, daß der vom Kabinett eingeschlagene Weg ,, nicht der Stellung entspricht, welche in Preußen dem Könige gegenüber seinem Staatsministerium zukommt". Das Staatsministerium habe eine. Lage geschaffen, mie sie in parlamentarisch regierten Staaten nicht ungewöhnlich sein mag, die aber in Preußen bisher ohne Vorgang ist. Es ist aber Mein Wille, die durch Geschichte und Verfassung be­gründeten Rechte und Machtvollkommenheiten Meiner krone ungeschmälert zu erhalten und dereinst ungemindert auf meine Nachkommen zu übertragen". Die tagtäglich um den Sprunghaften waren, verhehlten sich denn ihr Urteil über all diese Wunderlich­feiten unter vier Augen nicht. Eulenburg meinte: ,, Der Kaiser diskreditiert sich vollständig", und nach einer heftigen Szene mit Wilhelm äußerte der Kriegsminister Bronsart von Schellendorf ,

So ging es denn weiter, und alles kam, wie es fommen mußte: im August 1914 mie im November 1918.

Als im Herbst 1897 im Zusammenhang mit dem Erwerb von Kiautschou Prinz Heinrich mit den Kreuzern Deutschland " Kiautschou Prinz Heinrich mit den Kreuzern Deutschland " und ,, Gefion" zu vollkommen ungefährlicher Fahrt nach China ab­

Kaiserhaus auch nicht einen Augenblick zaudert, für die Ehre Deutschlands seine Mitglieder einzusetzen", und als anderthalb Jahre zuvor der italienische König seinem gekrönten Gast aus Berlin flagte, im abessinischen Feldzug seien zweihundert ihm meist persönlich bekannte Offiziere geblieben, belehrte ihn Wilhelm II. schneidig, daß dieser Verlust nicht den einer Division in einem scharfen Gefecht übertreffe und

,, den Soldatentod zu finden,

sei das Los wie die Ehre des Soldaten". Aber als sich im No­vember 1918 die Gelegenheit zu jenem Einsatz und dieser Ehre geradezu aufdrängte, blieb ER, der sich sein Leben lang in den herrlichsten Uniformen hatte photographieren lassen, seiner eigenen Lehre durchaus uneingedent und bestellte lieber das Auto nach Holland .

Hans Bauer:

Hermann Wendel .

Die eingeworfene Fensterscheibe

Die Strafrechtspflege tennt den Begriff der Erfolgshaftung ,, worunter das Verfahren zu verstehen ist, einen Uebeltäter nach Maß­gabe des Schadens zu bestrafen, den er angerichtet hat. Man ist in der Jurisprudenz längst abgekommen von dieser Erfolgshaftung. Dem modernen Rechtsempfinden ist es offenkundig, daß es bei der Strafwürdigkeit nicht auf die Tragweite einer Tat, sondern auf die Gesinnung ankommt, die zu ihr führte, daß der etwa fahrlässige oder gar schuldlose, Verursacher eines relativ größeren Unheils gegenüber dem etwa bösartigen und wissentlichen Verursacher eines regativ geringeren Unheils der milder zu Behandelnde wird sein müssen. In der Erziehung gibt es aber noch das Folgende:

Kurt und Gustav spielen auf dem Hofe. Jeder von ihnen hat einen Ball und auf Kommando schleudern sie ihn so weit wie mög­lich von sich fort. Sieger ist, weissen Ball den weitesten Weg zurück­gelegt hat.

Wieder einmal ist das Kommando ertönt. Die Bälle sausen sprungen. Die Jungen verfärben sich. Alle Spielfreude ist ihnen durch die Luft und plöglich klirrt es: eine Scheibe ist zer­vergangen. Für den ersten Augenblick hält jeder sich und nicht den andern für den Unglücksschützen, denn beide haben mit aller Kraft in der gleichen Richtung geworfen. Nach einer Weile machen sie sich ans Suchen. Kurt findet seinen Ball in einer Nische. Jubel er gewiß nicht! in seinem Herzen. Er ist es nicht gewesen Fenster. Kurt klärt sie, mit dem ruhigen Selbstbewußtsein dessen, Gustavs Mutter hat das Klirren gehört. Sie schaut aus dem über den Vorfall auf.

-

der nicht schuldig geworden ist und dem man nichts anhaben kann, Gustav magt schüchtern zu ergänzen, daß er den Schaden zwar nicht ableugnen fönne, daß die Zertrünime­rung der Scheibe aber nicht auf seinen bösen Willen zurückzu­führen sei.

Gustav wird nach oben befohlen. Die Mutter hält ihm seine Schlechtigkeit noch einmal in beredten Worten vor und verweist auf das Beispiel anderer Kinder. Kurt etwa sei ein viel braverer Knabe als er: er hätte doch nun genau so wie er, der Gustav, mit dem Ball gespielt, aber ihm, dem Kurt, sei es selbstverständlich nicht passiert, daß er eine Scheibe eingeworfen habe.

Gustav sagt betreten, daß das der reine Zufall wäre. Kurt hätte nur mehr Glück gehabt.

Eine Ohrfeige beschließt die Diskussion.

Eine halbe Stunde später wird Frau Tischner, das Opfer des Gustavschen Unglückswurfes, bei Gustavs Mutter vorstellig und bringt die Hiobsbotschaft, daß der Ball nicht nur die Scheibe durch­schlagen, sondern auch eine wertvolle Vase umgerissen habe, die auf dem Fensterbrett stand. Für beides müsse sie Ersatz fordern.

" So," sagt Gustavs Mutter,. ,, nicht genug mit der Scheibe: auch die Base hast du noch zerschlagen!" Eine weitere Ohrfeige bildet die Sühne für das neue Malheur.

Drei Tage später, zu einem Zeitpunkt, in dem Gustav die An­gelegenheit endgültig für erledigt hielt, bekommen seine Eltern von Tischners die Rechnung vorgelegt. Sie lautet, nicht, wie sie vermute­ten, auf 5 bis 6 Mart, sondern auf 12,50 Mart Grund genug, daß Gustavs Vater sich seinen Jungen abermals vonimmt und ihn die neue Enttäuschung, die er ihr bereitet hat, kräftig entgelten läßt.

Gustav denkt im geheimen: aber das Bergnügen, auch noch den Spiegel bei Tischners zu zerschmeißen, das habe ich euch nan doch nicht gemacht!

Im übrigen hat er über Strafe und Vergeltung seine eigenen, wenn auch noch unausgegorenen Gedanken.