1931
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Der Abend
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B 233 48. Jahrgang
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Staatsgelder für Nordwolle Betrüger
Kapitalistische Mißwirtschaft in Bremen .
Der Klein staat Bremen hat durch die Zu sammenbrüche des Nordwolle Konzerns, der Schröder Bank und der Danat Bank sehr erheb liche Verluste erlitten. Die Erregung, die diese Tatsache in der Oeffentlichkeit hervorrief, führte dazu, daß der Senat einen Untersuchungsausschus einsekte, der die Verhältnisse der Staatshauptkasse und ihrer Beziehungen zur Privatwirtschaft prüfen soll. Der Ausschuß ist nach achtwöchiger Arbeit mit seiner Untersuchung fertig und legt nun der Oeffentlichkeit einen gedruckten Bericht von 77 Seiten Umfang vor. Bei der Darlegung vieler Geschäfte betont der Bericht, daß die Grenzen staatlicher Aufgaben überschritten worden seien, selbst wenn man die enge Verbundenheit des bremischen Staates mit der Wirtschaft berücksichtige.
Der Bericht ging heute den bremischen Parlaments. mitgliedern und der Presse zn. Er wird in der Bürger. schaftssitung vom 9. Oktober öffentlich besprochen werden. Man rechnet damit, daß die Behandlung des Berichts mehrere Sigungen in Anspruch nimmt.
Der Hauptverantwortliche für die beanstan deten Geschäfte ist der volksparteiliche Senator Bömers, der am 11. September aus dem Senat aus geschieden ist.
Wir geben im folgenden einen kurzen Ueberblick über die Zusammenhänge und über die Ergebnisse des Berichts.
Im Kleinſtaat Bremen hat von jeher die engste Verflechtung zwifchen Staat und Privatmirtschaft, zwischen Bermaltung und Privattapitalismus bestanden. Schon die Tatsache, daß die Verfassungen der Hansastädte den amtierenden Senatoren aus dem Kaufmannsstand, den Bremer Fürsten" von Baumwolle und Tabat, Wein und Raffee, Schiffahrts- und Werstindustrie ge stattete, ihre Privatgeschäfte beizubehalten, hat einen Zustand ge= schaffen, der die Vermischung der Grenze zwischen Staatsintereſſe und Privatinteresse begünstigt. Dazu tommt, daß in diesem Klein staat die leitenden Persönlichkeiten in Staat und Wirtschaft miteinander mehr oder weniger verwandt und verschwägert sind.
Der Standal plagte mit dem Zusammenbruch des sattsam be fannien Lahusen Konzerns, dessen Auswirkungen Arbeiter und Angestellte jezt zu tragen haben. Mit dem Nordwolle Konzern verbunden bzw. mit der Lahusen- Dynastie verwandt und verschmägert maren etliche Persönlichkeiten, die im bremischen Staate und in der bremischen Wirtschaft erste Rollen spielten. Kein Wunder, daß diese Persönlichkeiten teils um die Nordwolle zu retten, teils um sich selbst vor Rüdschlägen zu schüßen, den Kredit und die Mittel des Staates anspannten. Dieser Kredit und diese Mittel hätten vielleicht ausgereicht, einen Betrieb von lofaler Bedeutung zu retten, aber nicht einen Konzern von der Ausdehnung der Nordwolle , denn die Berlufte diefes einen Konzerns überstiegen das Kapital vieler Großbanten, geschweige denn die Etatsmittel des bremischen Staates, dessen Haushalt drei Jahre allein von den Verlusten der Nordwolle hätte leben können!
Die Nordwolle 30g ihre Ronzernbant, die Danat Bant , mit in den Strudel, die im Bremer Wirtschaftsbezirt besonders start engagiert war und zog ferner die Schröder Bant mit in die Katastrophe, die das bedeutsamste Privatbankhaus im nordwest deutschen Wirtschaftsbezirt war.
Inad
Als die Schröder- Bant zusammenbrach, wurde plöhlich bekannt, daß der bremische Staat, würde die Bant nicht gerettet, 25 Millionen eigener Gelder verlieren würde.
Das war eine Enthüllung, denn es stellte sich heraus, daß der maß gebende Mann im Finanzressort des Bremischen Staates, Se nator Heinrich Bömers , gleichzeitig zweiter Auf fichtsratsvorsigender der Danat Bant , der sich in Bremen eine derart angesehene Position geschaffen hatte, daß man ihn den ,, ungefrönten König von Bremen " nannie, auf dem Ummege über die Schröder Bant etliche Millionen in die bremische Industrie und Schiffahrt investiert hatte, die nun in Gefahr famen. Es stellte sich ferner heraus, daß die Schröder Bant mehr oder weniger ihre Geschäfte darauf beschränkte, ein Staatstommiffionär des bremischen Staates zu sein:
Dingelden Genator verschleudert Staatsgelder
Tarifrecht und Notverordnung
Grundsätzliche Erklärungen Geverings
Minden( Westfalen ), 5. Oftober.( Eigenbericht.)
Rahden in Westfalen , die von mehreren Tausend besucht war, In einer Kundgebung der Sozialdemokratischen Partei in äußerte sich am Sonntag der preußische Innenminister Genoffe Severing auch über die Notverordnungen und teilte dabei u. a. mit:
,, Die Gesetzgebung durch Notverordnungen befriedigt wohl niemanden, am allerwenigsten die, die zu ihr durch die allgemeine Notlage gezwungen find. Neben vielen anderen unerfreulichen Seiten hat sie den Mangel, daß ihre einzelnen Bestimmungen in Ursprung und Absicht viel schwerer zu erkennen find, als die Gesetze der ordentlichen Gesetzgebung. Auch mit dieser Berantwortung werden die Notverordner belastet, und schließlich merden sie auch für unrichtige Auslegungen verantwortlich gemacht. So hat z. B. eine große Stadtgemeinde im Widerspruch zu dem in diesem Falle flaren Gesetzestert angeordnet, daß tarifvertraglich festgesetzte Kündigungsfristen und Kündigungstermine durch die reichs- und flaatsrechtlichen Sondervorschriften außer Kraft gefeht seien. Das wird wie gesagt von der
von der
Der vereinten Zapferteit der faschistischen Miliz, der Polizei und der Armee gelang es, mehrere aus dem Flugzeug abgeworfene Flugblätter gefangen zu nehmen..."
schieden. Kurz darauf legte der ftets zur Mitzeichnung herangezogene Rechnungsführer der Finanzdeputation, der staatsparteiliche Frattionsführer Wenhold, seinen Rechnungsführerpoften in der Finanzdeputation nieder. Am Tage der Konkursanmeldung der Nordmolle hatte der Staatsrat im Finanzreffort Dr. Müllershausen feine Demiffion eingereicht. Borher schon wurde ein Disziplinarverfahren gegen den Direktor der Staatshaupttasse eingeleitet. Bei der Prüfung des Status der Schröder- Bank hatte man entdeckt, daß für diesen Direktor auf der Schröder- Bank ein Spetulationstonfo geführt wurde, desgleichen für einen Finanzdezernenten des Norddeutschen Lloyd , der der Berbindungsmann zwischen Schröder- Bank und dem Nord deutschen Lloyd war. Ob nach der Behandlung des Berichtes in der Bürgerschaft noch andere Amtspersonen verschwinden werden, fteht noch dahin.
Die Mittel, mit denen der bremische Finanzsenator ohne Befragen der parlamentarischen Körperschaften, ja jogar ohne miffen feiner Kollegen im Senat einschließlich der eigenen volksparteilichen od Senatskollegen, seine Geschäfte getätigt hat, stammen aus einer im 2m 11. September ist der für diese Geschäfte verantwortliche Jahre 1924 abgeschlossenen Anleihe mit der Guaranty Trust Comp. polfsparicilidje Senator Bomers aus dem Senat ausge- New York in Höhe von 15 Millionen Qollar. Ueber die
preußischen Verordnung nicht geftüht. Die preußische Berordnung verträge geschützt bleiben, und daß die Vorschriften von Bestimmunhat den Kreis der geschützten Rechte dahin erweitert, daß auch Tarifgen der Tarifverträge auch dann respektiert werden müssen, wenn Ginzelverträge abgefchloffen find, deren Inhalt auf dem Tarifvertrag
beruht.
Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch gegen die Auffaffung wenden, als ob die preußische Regierung darauf dränge, ständige Arbeiter der städtischen Verwaltungen und Betriebe zu entlaffen und dafür Wohlfahrtserwerbslose einzustellen. Das wäre aus Gründen sozialer Gerechtigkeit und im Hinblick auf die Erfordernisse eines geregelten Betriebes nicht zu verantworten. Bei den Auflagen an die Gemeinden zur Verminderung des Personalbestandes an Be amten, Angestellten und Arbeitern ist gezeigt, daß dabei auch eine Entlassung entbehrlicher Arbeiter in Betracht komme. Benn die Stadtverwaltungen den finanziellen Effekt dieser Vorschrift auf dem Wege einer herabsehung der Arbeitszeit im Sinne des preußischen Erlaffes vom 27. März erreichen fönnen und wollen, dann wird das der preußischen Regierung nur willkommen sein."
unverbrauchten Reste dieser Anleihe wurde eben verfügt im Interesse der Industriebetriebe und Reedereien im Bereich der Schröder- Bant.
Das Geschäft, das das größte Aufsehen erregte, war der versuchte Antauf der Aktienmehrheit von Hamburg- Süd , um diese Ham burger Reederei unter den Einfluß des Norddeutschen Lloyd zu bringen.
Der Untersuchungsbericht schilbert dieses Geschäft ausführlich. Der 3med wurde nicht erreicht, weil die Hamburg- Süd einer Einflußnahme durch Schaffung von Vorzugsaftien zuvortam. Ein besonders bedenkliches Geschäft ist weiter
die Beteiligung des bremischen Staates an einem Konfortium zur Aufnahme von Danatbant- Aktien.
Der Bericht schildert diese Transaktion wie folgt:
„ Es wurde in Berbindung mit der Besorgung turzfristiger Kredite der Vermittlungstätigkeit der Darmstädter - und Nationalbant gedacht, die den Bremischen Staat, insbesondere bei Ueberwindung der Finanzkrise 1928/29 erhebliche Dienste(?) geleistet hat. Da eine Verstärkung des bremischen Einflusses auf die Danatbant mertvoll(?) erschien, um die Hilfe der Bant für den Bremischen Staat und die bremische Wirtschaft zu sichern, beteiligte sich der Inspektor der Staatshaupttajie ( Senator Bömers) im Einvernehmen mit dem Vorfizenden( Bürgermeister Dr. Donandt) und Rech= nungsführer der Finanzdeputation( Wenhold) im Herbst 1930 an einem zunächst bis zum 31. Dezember 1933 dauernden Konsortium zur Uebernahme von 3 Millionen Mark Aftien in Höhe von 600 000 m. Attien, mogegen die Bank zuficherte, dem Staat bei etwaigen Schwierigkeiten in der Berlängerung furzfristiger Schazanweisungen mit allem Nachdruck zu helfen.(!?) 3wed des unter der Leitung der Danatbant stehenden Konsortiums war, durch Käufe und Verkäufe im Rahmen eines Bestandes von nicht mehr als 3 Millionen Mark Attien den Kurs der Danatbant- Attien nach Möglichkeit zu regulieren.(?!) Die Danatbank verpflichtete fich für die Dauer des Konsortiums in Vorschuß zu treten. Der Staat hat also bisher feinerlei Aufwendungen gemacht. Bei Auflösung des Konfortiums etwa noch vorhandene Stücke sind in Höhe einer dann etwa entstehenden Kursdifferenz seitens der Konsorten zu übernehmen. Die Aktien stehen einschließlich Zinsen mit einem Durchschnittswert von etwa 176 Proz. zu Buch(!!) Das Rifilo dieses Geschäftes ift im Laufe der Entwicklung deutlid) in Erscheinung getreten und muß grundfäßlich für den Staat als nicht unbedentlich bezeichnet werden, wenn auch das jetzige Ausmah des Rifitos dabei nicht in Rechnung gestellt werden konnte." In der Tat ein Geschäft von einer Bedenklichkeit, über bas man selbst in Berliner Banktreifen staunen dürfte! Wenn man weiß, daß
der Finanzminister, der dieses rififovolle Geschäft einging. gleichzeitig zweifer Aufsichtsratsvorsitzender der Danatbant wa und noch ist,