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Tir. 477 48. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 11. Oftober 1931

Verpackt

Aufgenoben

Es sind noch ein paar feine milde Herbsttage zu uns gekommen. Man braucht den Ofen nicht zu heizen, kann im Sonnenschein sitzen, um die Mittagsstunde wird selbst der Mantel lästig. Aber die Berliner wissen mit dem Herbst nichts Rechtes anzufangen. Am letzten Augusttag wird Schluß gemacht mit dem Sommer und vom ersten Septembertage an beginnt die Sorge um den Winter­mantel. Für den Herbst ist kein Platz da. Wenn jemand im September auf Urlaub fährt, wird ihm zwanzigmal gesagt: Was, jetzt fahren Sie noch? Es wird doch schon um 6 Uhr duster!" Dann dürfte erst recht niemand im Dezember mit seinen Skiern in die Berge fahren, da wird es um vier Uhr dunkel. Abgesehen vom Dunkelwerden, am kalendarischen Sommerende ist. längst alles verpackt: die Boote, die Zelte und die Kocher. An den Spreeufern liegen die Ausflugsdampfer zu Dutzenden. Kein Feuer brennt in den Kesseln, denn es hat gar keinen Zweck, auf Passagiere zu warten. Und da die Dampfer keine Gäste mehr abladen, haben draußen die Wurst- und Brause­buden ihre Fenster beizeiten vernagelt. Schluß. Als ob die Leute Angst haben, es könnte ihnen eine Kastanie auf

den Kopf fallen. Dabei ist es schade, bitter schade um die Nichtachtung des schönen Herbstes. Ihre aufrichtige Freude an dem schönen Herbstwetter haben die Siedler. Es hat noch einigen Streit gegeben mit den Holz- und den Steinlieferanten, auch die, Lösung der Kreditfragen war nicht so einfach. Jetzt kann es vorangehen mit dem Bauen. Denn siedeln macht frei. Vor acht Tagen standen erst die Fundamente da, jetzt steigen die Mauern hoch. Wenn draußen der erste Schnee fällt, soll das Haus stehen. Einer hilft dem anderen. Da ist der Zaun noch zu machen, da noch der Brunnen zu setzen." Wenn das Geld reicht, soll das Haus ein roles Ziegeldach erhalten. Aber das muß bald entschieden werden, denn Ziegel- oder Pappdächer erfordern ein verschieden starkes Gebälk. Es sind also schon Sorgen dabei, und die um das Dach sind nicht einmal die größten, aber noch größer ist die Freude über die neue Heimstatt.

Männer im Walde.

Wir wollen nun nicht, weil es gerade Herbst ist und ein schöner

dazu, nur im Herbst das Baradies sehen. Auch die anderen Jahres zeiten sind schön; alles zu seiner Zeit. Jetzt ist das Naturbild nur am buntesten und die Farben sind fatter, dazu ist es ein wenig stiller. In einem Strandbad haben sich Möven angesiedelt. Wie schlohweiße Tupfen hocken sie zwischen der grünen Grasnarbe des Strandes und dem himmelblauen See; die Herbstsonne macht so etwas deutlicher als die sengende Julijonne. Wo die Möven nur schlafen mögen, ob die nachts da in dem Gras fizen bleiben oder ob sie sich in den Ankleideräumen des Strandbades verkriechen? Wer weiß. Aber das macht alles der Herbst mit seiner leichten Melancholie, diese Gedanken und diese Stimmungen.

Es ist nicht überraschend neu, wenn festgestellt wird, daß ernste Männer irgend etwas vom Kinde haben. Generaldirektoren tommen mitunter an feiner frischgestrichenen Wand oder Bank vorbei, fie müssen erst einmal antippen, ob die Farbe noch frisch ist. Staatssekretäre lassen in der Badewanne Seifnapf und Bürste schwimmen, die Dinge müssen Krieg gegeneinander führen. Vor­gestern, im herbstlichen Wald, saß ein würdiger Herr auf einer Birte. Es sah von weitem aus, als hätte er Stufen in den Baumstamm geschlagen. In Wirklichkeit war es Feuer­schwamm. Den wollte der Herr herunterholen, den alten Zunder. Er war sicher ein sehr ,, autarker" Mann, der seine Zündhölzer weg­geworfen hatte und sich nun Feuerschwamm aus dem Wald holte. Dann tam noch ein Herr durch den Wald. Der erkundigte sich, ob wir ein Segelboot hätten. Nein, wir haben feins. Na, ob wir denn nicht Lack faufen wollten, zwei große Kanister voll für 5 Mark. Mein, wir wären schon lackiert genug. Weg war der Mann. Was der für Vorstellungen haben muß: im Wald Käufer für seinen Lack zu finden. Ausgerechnet Lack. Man kann als Laie eher eine Perle von einem Fremden kaufen als ein Kilo Lack.

Dann kommen zwei Schupos durch den Wald. Was mögen denn die hier machen? Aufpassen, daß keiner den Wald wegträgt? So etwas Aehnliches. Sie müssen tatsächlich auf den Wald aufpassen. Wegen der Holzdiebstähle. Die würden sonst überhand nehmen. Ja", sagen die Schupos ,,, die Not ist groß. Was denken Sie, wie die Leute barmen, wenn wir einen ertappen, wir möchten ihn doch laufen lassen, er will ja kein Holz mehr mitnehmen. Am anderen Tage gehen die Schupos einen Kartoffel­acer bewachen. Wenn sie da nicht ständen, fönnte sich der Bauer

Die Reste der Zeltstadt.

Bon der Zeltstadt find übrig geblieben: ein alter Waschzober, ein Marmeladeneimer und eine Kasserolle, aber die hat ein Loch. Und noch ein Hundegrab. Etwas abseits hat der Herr B. M. aus Pankow folgenden Zettel an einen Baum gefleistert:

Belohnung!

mada Dem, der mir den Dieb nachweist, der meine Segelgig( Windspiel Nr. 7), 9 Quadratmeter mit Fod, 5,20 meter faig, 1.10 Meter breit, hinten spitz, gestohlen hat, so daß ich ihn gerichtlich belangen tann.

Was muß der Herr B. M. getrieben haben, daß man ihm inzwischen seine Segelgig stehlen konnte. Nun ist die Segelgig futsch. Und um den Zettel fümmern sich nicht einmal die Raben. Dann sind noch zwei Zelte da und der Wafferbudiker. Es hat

Uebt Solidarität!

Genossinnen und Genossen! Ein harter Winter steht uns bevor. Hunger und Not zermürben Millionen unserer Klassengenossen. Täglich vermehrt die Wirt­schaftskrise das Millionenheer der Arbeitslosen. Schon oft hat sich die Solidarität der arbeitenden Massen in schwerster Zeit erprobt.- In dieser Zeit des Massenelends rufen wir unsere Genossinnen und Genossen zu einer

großzügigen Hilfsaktion auf

Der Bezirksvorstand hat bereits Sammelmarken an die Abteilungen versandt. Wir erwarten von allen unseren Genossen, die noch in Arbeit und Brot stehen, daß sie sich an dieser Aktion restlos beteiligen. An alle unsere Freunde, die nicht durch die Hilfsaktion in den Parteiabteilungen erfaßt werden, richten wir den dringenden Appell, Spenden auf das Postscheck­konto Nr. 48 743( Alex Pagels) einzuzahlen. Jede, auch die geringste Hilfe zur Linderung des Massenelends und der Massennot ist uns erwünscht.

am nächsten Morgen das Kartoffelbuddeln sparen. Das sind die Uebt daher Solidarität mit euren Schupos, die im Sommer die Zeltscheine kontrollieren und acht geben, daß an verbotenen und gefährlichen Stellen nicht gebadet arbeitslosen Parteigenossen! wird. Im Herbst müssen sie aufpassen, daß niemand den Wald megträgt. Es ist schlimm.

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feinen 3wed, den Wasserbudiker zu fragen, wie das Geschäft im Sommer gegangen ist. Er wird sagen: schlecht", und die Bücher legt er ja doch nicht vor. Man muß das anders anstellen, um hinter die Rentabilität des Wafferbudikenwesens zu kommen. Etwa

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jo: ,, Sagen Sie mal, Herr Nachbar, wollen Sie noch lange mit Shrem Kahn hier herumfahren und handeln?" ,, Warum nicht". sagt der Mann. Wollen Sie nicht verkaufen?" ,, Warum nicht. menn mir jemand 10 000 Marf gibt. Dann fann er das Geschäft auf den See hier haben. Da hätten wir es also, ein alter Holz­fahn mit einem flapprigen Außenbordmotor, wenn der 10 000 Mart wert ist, dann muß er schon etwas einbringen. Es stehen sogar noch zwei Zelte draußen. Die vorderen Seiten sind zugeknöpft, es ist niemand da. Vielleicht sind die Männer stempeln. Dafür sind zehn oder, zwölf Jungens da. Die haben sich ein Lagerfeuer angesteckt und rufen einander Heil" zu. Das macht ihnen anscheinend Spaß. Sie essen übrigens feine Schmalzstullen, sondern halten ein Stück Schlackwurst in der Faust. Einige stehen am Ufer und werfen Kastanien und Eicheln in das Wasser. Darüber schimpfen die beiden Fischer, die Bengels sollen die Fische in Ruhe lassen. Aber der Herbst ist launisch. Düstere Wolkenberge sind seine ständigen Begleiter. Plötzlich faucht der Sturm los und setzt wilde Schaumkronen auf den kochenden See. Drei Leute auf einer kleinen weißen Jolle haben ihre liebe Not, knapp, daß ihr Körpergewicht als Lupballast ausreicht. Jetzt wollen sie halsen. Es geht mit dem Sturm um die Wette. Daß sich der eine da bloß nicht die Birne stößt, na, es ging noch mal. Inzwischen ist das Lagerfeuer auf­gelobert, als sollte ein Ochse gebraten werden.

Speiseeis Bilanz.

Zu Michaelis war es soweit, daß die Eiskonditoren Bilanz machen konnten. Es war da nicht allzuviel zu schreiben. Besonders nicht auf der Einnahmenseite. Denn die paar glühheißen Junitage, die machten noch feinen Sommer. Sie hatten aber bewirkt, daß bald in jedem leeren Laden der Stadt eine Eiskonditorei entstand. Dann kam der Regen und die unerwünschte Kühle. Es war fein Geschäft mit Speiseeis zu machen. Manche machten den Laden beizeiten zu und handelten mit Gurten. Das ist auch keine Sache, um reich zu werden. Der Verlust ist dabei zu groß für den kleinen Händler. So fauften sich viele von ihrem letzten Geld eine Wiege­schale und stellten sich draußen hin an einen Waldrand. Bisweilen fam auch jemand und ließ sich für 5 Pf. wiegen. Die anderen. die ausgehalten hatten hinter ihrem Schaufenster, in das die Sonne

nur spärlich schien, die haben unlängst eingepackt und ſizen jetzt da mit einem Tausender an Schulden. Der Wirt will noch drei Monate Miete haben, der Maschinenfrize seine Eismaschine bezahlt und mit der Einrichtung ist es auch nicht ganz in Ordnung. Auch die Eis­Der Bezirksvorstand.fonditoreien stehen nicht außerhalb der kapitalistischen Welt: gesetz­

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