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Heinrid Der griechische Oskar

Ich war mit dem Frühzuge in der kleinen Universitätsstadt angetommen. Aus frostiger Winternacht dämmerte schüchtern der Tag. In den nebelig verhangenen Lichtkegeln einiger Laternen wir belten in regellofem Tanz Schneestaubwolken. Der Mann an der Sperre war in Belzen verpackt und sammelte in ungefügen Faust handschuhen die Fahrkarten. Er hatte, gottlob, nicht viel zu sammeln. Außer mir war noch, am anderen Ende des Zuges, ein Herr ausgestiegen, der, wie aus seiner Silhouette erkenntlich wurde, einen Zylinder trug

Auf dem Borplatz peitschte mir der eisige Meerwind einen un­freundlichen Wiedersehensgruß ins Gesicht. Ich pirschte mich vor­sichtig über die fugelig sich wölbenden, vereisten Pfastersteinköpfe über den Platz zum Wall. In den Kronen massiver Buchen sang die Brandung der Winternacht. Gespenstisch stach, hinter Wolken­fetzen, die Turmzwiebel des heiligen Nikolaus in den Himmel. Einen Augenblick stand ich still. Ich erschrat fast, als ich plötzlich den Herrn

mit dem Zylinder neben mir sah.

alles ersetzt, alles, alles. Wenn dieser Oskar im damonisch gepeitschten Wirbel daktylisch flügger oder anapästisch stampfender Tafte meine Heimat, hören Sie, meine Heimat hervorzauberte, das war etwas, das war Ereignis, das war Erlebnis. Wissen Sie, lieber Freund, ich bin vorsichtig geworden im Gebrauch rühmender Superlative für Vortragskunst, seitdem ich, vor langen Jahren, Josef Kainz am Vortragspult hörte. Aber", Karp nahm bei diesen Worten meinen Kopf zwischen seine zitternden Hände ,,, ich glaube nicht, daß Kainz Kopf zwischen seine zitternden Hände ,,, ich glaube nicht, daß Kainz mit dieser monumentalen Schlagkraft griechische Sazfugen hätte erflingen lassen fönnen, mit der Oskar, im Taumel gesegneter Stunden, die Geheimnisse verknoteter Dialoge enträtselte. Er hatte es im Blut. Er wurde dreitausend Jahre zu spät geboren, Prost." Wieder fuhr grell und gelb das Prost" Karps in das dunkle Er machte eine lange Pause. Dann setzte er, merklich Licht. Er machte eine lange Pause. Dann segte er, merflid; erschöpft, zum Finale an: Auch ich bin dreitausend Jahre zu spät geboren. Sehen Sie, ich komme jeßt aus Schwaben. Seit gestern

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zu dieser

Brn beiſeren Baut des eingeroſteten Hustens erkannte ich sofort einen uten frangemen, was eine Reife a den Professor Karp. Er war bis vor einigen Jahren hier Ordinarius Jahreszeit für einen alten franken Mann bedeutet. Aber wenn es es gilt, den einzigen Menschen zu begraben, von dem ich die Gewiß für klassische Philologie gewesen, war jetzt pensioniert und lebte irgendwo im Reiche. Wir tannten uns recht gut. Ich begrüßte ihn. heit habe, daß er Hellas in der Tiefe seines Wesens begriffen hatte, ,, Nett, daß Sie auch gefommen sind", röchelte er. Ich mußte nichts mit diesen Worten anzufangen und fragte: Weshalb den Zylinder, Herr Professor?" Karp war maßlos erstaunt, zog, da feine hohle Stimme die grimnige Mufit des Sturmes nicht zu über­

fchreien vermochte, mich nahe an sich heran und rief mir ins Ohr: Wilhelm Plog:

Der griechische Dstar ist doch gestorben." Der heisere, mühsam gestoßene Ton dieser Kunde zerstob im Furor der Nacht. Schweigend stapften wir über die Domstraße.

Wir saßen, hinter heißem Punsch, in der wärmenden Stube des Nordischen Hofes". Karp war sehr nervös. Wissen Sie", sagte er ,,, ich habe dem griechischen Osfar näher gestanden, als man es hier vermutet." Karp flimperte mit zitternden Fingern auf der Tischplatte. Wenn es Sie nicht langweilt, will ich Ihnen erzählen." Ich fühlte die Erregung des Alten.

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darf ich nicht fehlen. Hinderlen von Studenten habe ich ge Batter mürden verholfen, weil das forrette Bissen genügte. Der einzige Mensch, der eine ehrliche Promotion in meinem Spezialfach verdient hätte, starb als geistestranter Brezelhändler, Prost!"

Karp stand auf. Gr fragte bittend: Kommen Sie heute nach­mittag zum Friedhof?"" Ish fomme, Herr Professor," sagte ich.

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Ueber den auf ungeschützter Ebene liegenden Friedhof winselte der Wind. Der Pastor faßte sich furz. Er wußte von dem ver­fehlten Leben Ostars nicht viel zu berichten.

Im Kreise um das Grab standen Studenten und Bürger. Karp warf die ersten Erdschollen auf den Sarg. Er blieb stehen. Der 3ylinder zitterte in der linken Hand, der Bart wirbelte im eisigen Winde. Plötzlich beugte er sich tief über die Grube und rief mit merkwürdig feierlicher und unnatürlich hohler Stimme: Und so promoviere ich dich denn, griechischer Oskar, kraft meines Amtes als ehemaliger Dekan der Fakultät zum Doktor der Philosophie und verleihe dir die mit dieser Würde verbundenen Rechte." Der Pro­fessor brach ohnmächtig auf gelbbraunen Erdschollen zusammen. Studenten trugen ihn weg.

Ich stand noch einige Minuten am Grabe. Im trostlos hängenden Geäft flagender Trauerweiden fing sich der Wind, und aus seinem winselnden Getön flang es wie eine beschwörende Melodie: ,, Nenne mir, Muse, die Taten des viel gewanderten Mannes"

Kampf in den Lüften

Im Flimmerlichte der hellen Mittagssonne liegt die Elbe . Schwer und gemächlich treibt der Strom der dunstigen Ferne zu. Die Ufer treten hier schon weit zurüc; faum sieht man's noch, wo fie grün und weich das Flußbett fäumen; der Strom wird fast zum Meer.

Da segelt in der Mitte der trügerisch gleißenden Fläche niedrig überm Wasser eine junge Lachmöwe dahin, bald hier, bald dort, steigt, schießt und wendet, schlägt blißschnell platschend aufs Wasser nieder und steigt von neuem auf. Ihr silberblanker Leib blijt in der Sonne.

,, Als ich die hiesige Professur vor ungefähr dreißig Jahren übernahm, stand Oskar schon im siebzehnten Semester. Damals erzählte man sich schon die seltsamsten Dinge von dem bejahrten Kandidaten. Obwohl es, wie Sie sich denken können, meiner Stellung Sie fischt. Das hat sie erst gelernt. Das scharfe Auge durch­nicht gerade zuträglich war, mit einem halbwegs vertrachten Stu- forscht die Tiefe. Sie hat sich weit verloren in fedem Üebermut denten zu verkehren, fühlte ich mich zu Ostar immer wieder hin und ist hier ganz allein. Seitdem sie gelernt hat zu fischen, treibt gezogen. Niemals habe ich einen Menschen gesehen, der zur griechi­es sie von Fang zu Fang. Ganz taumelig ist sie schon vor Eifer. schen Antife eine so tief und gesund wurzelnde Beziehung hatte. Sie sieht den dunklen Punkt nicht in der blauen, flimmernden Höhe. Wenn Ostar aus dem Gastmahl" Platos vorlas oder Sophokles Er steht. Er zieht gemächlich einen Kreis. Sie sieht es nicht. Ein Szenen nachgestaltete, wurde er von dem Kraftstrom dieser Wort Schwarm von winzigen Fischchen tummelt sich nahe unterm Wasser­bilder bis zur Raserei gepackt, die sich, ähnlich wie bei der Wirk- spiegel, verschwindet bald, taucht wieder auf, ein lederes, lockendes traft großer Tragöden, unmittelbar auf die Zuhörer übertrug. Mahl. Das sieht sie gut, und denen gilt ihre Jagd.

Damals war ich noch recht oft mit den Studenten gesellig in den Lokalen beisammen. An einen Abend erinnere ich mich noch sehr genau. Der völlig betrunkene Ostar sprang, es war lange nach Mitternacht , plötzlich unter dem Geheul seiner Zechtimpane auf den Schanttisch der Hütte", begann die Odyssee zu sprechen, und aus funkelnden Herametern stampfte seine unnachahmliche Gestal tungskraft die Schicksale des Odysseus zu unerhörter, ich möchte es unverhohlen fagen, schöpferischer Bildhaftigkeit. Er stand, im un­heimlich stummen Raum, mit halb geschlossenen Augenlidern auf dem Tisch und schleuderte drei Stunden lang, in fiebernd besessener Etstase, Funken um Funten homerischer Glut in den Bierdunst. Die ernüchterten Kommilitonen saßen, wie unter suggestivem Ein­fluß, angewurzelt auf ihren Stühlen, lauschten gierig dem rhapsodi schen Phänomen und stierten regungslos auf die hagere, rhythmisch bebende Gestalt des griechischen Ostar. Es wurde schon Tag, als Ostar die Augen aufriß, den in Schweiß gebadeten Körper redte und mit einem grauenvollen Fluch vom Tische sprang. Er tam sofort an meinen Tisch und raunte mir mit zynischem Sarkasmus ins Geficht: Zum Eramen reicht es nicht, Herr Professor; das über­lasse ich gern diesen Scheißterlen. Ich bin zu dumm."

Nachdem er sich durch eine vertrauensvolle Aussprache ver­gemissert hatte, daß ich nicht zu den, wie er sie nannte, philologischen Attarschändern gehörte, tam er fast täglich zu mir. Recht schonend versuchte ich, ihn von der Notwendigkeit eines baldigen Examens zu überzeugen. Es fruchtete nichts. Ich bemerkte schnell, daß er selbst die für ein Examen notwendigsten stofflichen Grundlagen nur recht mangelhaft beherrschte. Er trant, las seine Heiligen", hatte genug mit seinen Mädchen zu tun, und im übrigen verschlief er, oft bis zum späten Nachmittag, den Rausch triebhaft veriumpter Nächte.

Der schwarze Punft im Blauen steht unbewegt.

Es platscht. Die Möwe hat einen Fisch gefangen. Sie schlingt ihn hinunter und steigt und wendet. Um ihre Kraft zu zeigen, fchießt sie eine Strede weit fort, fehrt aber bald wieder um, denn hungrig ist sie mie zuvor. Den spizen Kopf nach unten gefehrt, sucht sie die Fische wieder. Die sollen ihr nicht entkommen. Lang­sam, sich seitlich wiegend, wie vom Winde getrieben, schwebt sie in zierlichen Bindungen dahin. Die schlanken Beine hält sie weit gestreckt, glatt aneinander.

Da tommt ein Braufen aus der Luft, ein Knattern, wie wenn Sturm in Segel tnallt. Weg ist die Möme!

Da

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in den vorgestreckten Fängen eines Falten hängt sie fest. Der rechte Fang fist ihr in der Brust. Er schneidet tief. Der linte hat den Kopf umfrallt. Er würgt sie schon. Sie zudt und fühlt den Tod.

Der Falke strebt mit mächtigen Schlägen ein Stüd flach überm Waffer hin. Dann schraubt er sich steil hoch. Der dunkle Punft im Blauen das war er.

Ein Schwarm von Sturmmöwen stiebt mit Geschrei dem Ufer zu. Sie haben den Falken erkannt. Der Falte beachtet sie nicht, obwohl auch er dem grünen Flachlande zustrebt.

Dort ist man schon aufmerksam geworden. Man sieht den Falten kommen. Sperlinge, Finfen und Stare friechen eiligst in Gräben und Gebüsch. Ein Krähenvolt flattert mit warnendem Ge­schrei hoch. Den Fallen fürchten auch sie; der treibt sie durcheinander.

Verstedt in einer alten Weide aber sigt geduct ein Hühner­habicht. Heißhungrig stiert er voll brennenden Neides auf die Beute des Falten. Ihm glüdie heute noch fein rechter Fang. Er giert nach Fraß. Nach dieser Möme giert er. Gar zu gern raubte er sie dem Falken.

Da schwebt der Falfe heran, nichts ahnend von dem Schreden,

Eines Tages war er wieder bei mir; er hatte, inumer wieder mit diesem bezwingend schöpferischen Formwillen, die beiden letzten Antigone- Szenen gelesen. Er ging hinaus, und als er nach langer Zeit nicht wiederfam, fand ich ihn im Zimmer meiner Tochter. Ich hatte bis dahin nichts gemerft. Erst jetzt erfuhr ich alles. Es ging Erich Krug: schon seit Monaten so. Sie verstehen, daß ich diese Beziehungen nicht dulden konnte. Ich brachte das Mädchen nach Hamburg zu meiner Schwägerin; sie hat es aber nicht überleben tömmen; Brost."

und mein Kind

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Das unvermutete Prost" des Professors flang wie eine gro­teste Pointe. Er trant langsam das Glas aus. Die Augen zwin­ferten nervös, und, wie Worte suchend, bewegten sich die Lippen hinter wirren Bartsträhnen. Nach einigen Minuten hatte er sich gefunden. Er fuhr fort: Den griechischen Ostar traf bald das Schicksal. Ich meine es ehrlich, wenn ich Ihnen sage, daß ich es ihm nicht gewüunscht habe. Gewiß, er hat mein Vertrauen mißbraucht, -; na ja, aber verdient hat er es nicht. Es tam so: er hatte in einem Dorf irgendwo an der Küste angebändelt. Tag für Tag war er draußen und räkelte seinen dürren Körper im Sande. Wenn der Sturm über die See pfiff, fegte er fich in einen Kahn, fuhr mit seinem Mädchen hinaus und trompetete sapphische Oden über die rumorenden Wellentämme. Eines Tages schlug ihm ein stämmiger Fischer mit dem Ruder über den Schädel. Ostar tam in die Klinit; es mar nichts zu machen. Der Ruderschlag des eifersüchtigen Fischers tötete das von hellenischen Dämonen besessene Gehirn.

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Das andere wissen Sie ja. Er zog mit seinem Brezelforb von Lotal zu Lokal und murmelte, wenn er etwas verfauft hatte, zirn Dank den Anfang der Odyssee. Es war ein mechanisches Hersagen. Es war für mich ein schmerzlicher Augenblid, als er, es war hier im Lokal, mit seinem Korb hereintrat und mit monotoner Stimme, wie ein erloschener Rest seiner früheren Flammenrede, findlich deklamierte: ,, Nenne mir, Muse, die Taten des viel ge wanderten Mannes Glauben Sie, es war furchtbar für mich. Berdammt, es war ekelhaft. Bedenken Sie, daß meine Lebens­arbeit dem klassischen Altertum galt; bedenken Sie, daß ich diesen dem Griechentum bis in seine feinsten geistigen Regungen verhafteten Menschen die lebendigste Interpretation der Werte meiner For­schungsgebiete verdanke; bedenken Sie, daß der griechische Oskar, menn er Plato , Aristophanes oder Homer las, mir eine Brücke in die Provinzen attischer Kultur baute, für die ich meine Lebenstraft einsetzte. Verstehen Sie? Der Tote hat mir mein einziges Kind genommen; es war schwer. Aber hundertmal vorher hatte er mir

den er um sich her verbreitet. Gemächlich will er am Rande des Acers auf einer Weide bäumen. Auf einmal schießt der Habicht blizschnell her aus dem Versted, ganz nahe vorbei. Der Falke bäumt ruhig auf, steht hoch und äugt. Was will denn der? Das Bettelvolt er fennt es schon ist lästig. Vielleicht fliegt man bis dort ans Holz, um ungestört zu sein. Er springt ab, die Möwe in den Fängen, und wandert weiter.

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Sperlinge, Finken und Stare fommen mit Geschrei hervor. Der Falte ist weg Schon bäumt er auf am Holzrande. Er bückt sich eben über sein Opfer, als auch der Habicht wieder rauschend dicht vorbeistreicht. Er will die Möwe doch bekommen. Er muß sie haben. Er ist vor Hunger toll. Den Kampf wagt er freilich nicht. Der Falke steht wieder hoch, wartet und augt.

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Die junge Möwe ist noch nicht tot. Sie hört es wie non schnellem Fluge brausen. Sie sieht das Licht das schredliche Falfenauge. Doch was fie sieht, das schwimmt in Blut. Jezt ist's ihr fast, als sei fie frei aus jenen gräßlichen Krallen. Ein weicher Wind streicht ihre wunde Brust. Sie fällt. Da stredt sich, wie von felbst, ein Flügel. Doch er bricht schlaff herab. Sie dreht und schau­felt, überschlägt sich, fällt ins Gras. Schmerz fühlt sie faum noch; sie fällt ganz lind und weich.

Wo ist der Falfe?

Da schraubt er sich empor mit furzen, starten Schlägen. Er hat die Beute fallen lassen. Shm liegt nichts daran. Er schenkt sie meg; mag sie der Strauchdieb holen! Schon hat er sie vergessen. während er sich hoch und höher hebt. Gein Auge späht umher, faum daß er's meiß, nach neuem Fang.

Da sieht er in der Tiefe das Krähenvolt fáhreiend um den Ha­bicht flattern. Sie gehen ihm vereint zu Leibe. Sie gönnen ihm den Fang nicht. Denn mit der Möwe in den Krallen will er eiligst entwischen.

Die Möwe fühlt nur schwach, daß ein anderer fie hält. Sie fühlt's nur rauschen wie von fühlem Winde. Das Licht sieht sie. Vor ihren Augen schwimmt in Blut ein blankes Fischlein. Das will fie haben gleich wird sie es fangen! Sie ist ein bißchen matt vom vielen Fischen. Doch lassen fann sie es nicht.

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Sieh da! Es plätschert! Das Fischlein hat noch etwas ge= schnappt. Jetzt hätte sie es fangen können und hat's perpant. Ach nein, sie mag doch nicht mehr fischen. Sie ist zu müde und will ein menig ruhen. Da streckt sie ihre dünnen Beine aus.

Das ist der Tod..

Plöglich rauscht und fnattert es zum zweiten Male. Ein dunkles Etwas saust zu Boden ein Klumpen! Schon steigt er wieder! Das ist der Falke! In seinen Fängen hält er eine Krähe. Auch sie ist jung, so jung fast wie die Möme. Er fliegt, nur mählich steigend, mit ihr ab ins Weite.

Die kleinen Sänger figen zitternd da. Heute gibt's aber auch gar zu viel Schrecken! Doch lange dauert's nicht, dann lärmen sie aufs neue und sind vergnügt. Es ist ja diesmal noch gut abge­gangen, wozu soll man sich unnüz sorgen!...

nadeltopf vom anderen noch immer 65 Kilometer weit entfernt. Einen solchen Raum, in dem man nur alle 65 Kilometer einen

Der leere" Weltenraum Stecknadeltopi findet, wird wohl niemand als angefüllt bezeichnen.

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Man fönnte bei dieser Leere" des Weltenraums sehr leicht geneigt Wenn man einen Laien fragt, wie viele Sterne man wohl in fein, von einer Raumverschwendung im Kosmos zu sprechen. Aber flarer Winternacht auf unserer nördlichen Himmelshälfte mit un- auch hier hat die Natur eine weise Einrichtung getroffen. Alle die bewaffnetem Auge erkennen könne, dann wird in den meisten Fällen fernen Sonnen, die wir als funkelnde Sterne am Himmel sehen, die Antwort lauten: Unzählige! Oder auch: Viele Millionen! Es stehen nicht still. Nur uns furzlebigen Erdbewohnern scheinen fie erweckt dann regelmäßig großes Erstaunen, wenn der uneingeweihte fest und unveränderlich bis in alle Ewigkeit an ihrem Plage zu darüber belehrt wird, daß mit bloßem Auge höchstens 3500 Sterne verharren. Mit fosmischer Geschwindigkeit jagen die Sonnen nach zu sehen sind. So leicht läßt sich das menschliche Auge durch den allen Richtungen durch den Raum. Auch unsere eigene Sonne, die sternenübersäten" Himmel täuschen. Durch die modernen Riesen- man auf Grund ihrer physischen Beschaffenheit als eine ältere fernrohre sind allerdings Hunderttausende von Sternen, von fernen Dame" im Universum bezeichnen fann, gönnt sich teine Ruhe. Mit Sonnen, zu erkennen. Die photographische Platte vollends, die einer Geschwindigkeit von 20 Kilometern in der Sefunde jagt sie mit stundenlang an gewaltigen Instrumenten dem schwachen Sternenlicht ihrem ganzen Anhang von Planeten durch den Raum. Wie leicht ausgesetzt wird, zeigt wirklich Millionen ferner Sterne, viele Mil­könnte es da zwischen den einzelnen Sternen zu Zusammenstößen lionen. Die Gesamtzahl der Sterne, die unser Milchstraßensystem fommen, wenn nicht diese Raumverschwendung märe! Man fann bilden, wird auf Grund neuer Untersuchungen auf rund 30 Milliarden sich ungefähr eine Vorstellung von der Bewegungsfreiheit der geschäht. Wie kann nun angesichts dieses unübersehbaren Heeres Sonnen machen, menn man sich in die hohl gedachte Erdfugel 30 Tennisbälle verseht denkt, die im Innern der Erde umherfliegen. Ebensowenig sind die Sterne bei ihren Wanderungen beengt.

von Sonnen die Frage aufgeworfen werden: Ist der Weltenraum leer? Und doch ist diese Frage von einem gewissen Standpunkte aus nicht ganz ohne Berechtigung.

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Sezen wir einmal den Fall: ein Waggon mit Nähnadeln ist auf irgendeinem Bahnhof ausgeladen worden. Aber in verschiedenen Eden des Wagens haben fich noch ein paar dieser winzigen Dinger vertrümelt, im ganzen vielleicht ein Duzend. Wir werden trotzdem getrost behaupten, daß der Wagen leer sei. Aehnlich verhält es sich auch mit dem leeren" Weltenraum. Die Entfernungen der nächsten Sterne, der nächsten Geschwister unserer Sonne, sind der Wissenschaft unserer Zeit ziemlich genau bekannt. Die allernächste Nachbarsonne, die den Namen ,, Proxima Centauri" führt, iſt knapp 40 Billionen Kilometer von uns entfernt. Selbstverständlich sind die Entfernungen der einzelner Sterne voneinander und ihre Größe nicht in jedem Falle genau gleich. Aber im allgemeinen ist der Vergleich zutreffend, den der hervorragende Astronom Kobold errechnet hat. Er sagt, wenn man sich einmal vorstelle, die Sonnen feien nur so flein wie Stednadeltöpfe, und im gleichen Verhältnis vertleinert sei auch die gegenseitige Entfernung, dann sei ein Sted­

Jenseits unserer Milchstraße aber, in der die Sterne so dünn verteilt sind, gibt es neue Welteninseln. Die ebenfalls aus Milliarden Don Sonnen bestehen. Zwischen diesen Milchstraßensystemen befindet fich ein unfaßlich großer, vollständig leerer Raum. Hier gibt es auch feine noch so weit verstreuten Sonnen. Der flüchtige Licht­strahl, der in jeder Sekunde 300 000 Kilometer zurücklegt, braucht rund 1 Million Jahre, um den riesenhaften leeren Raum von einem Milchstraßensystem zum anderen zu durcheilen. Betrachtet man also das Weltgebäude von einem solchen außerirdischen Standpunkt aus, dann ist die Frage nach dem, leeren Weltall " wirklich nicht ganz unberechtigt,

Berantwortlich für Bolitik: Victor Schiff; Wirtschaft: 6. Klingelhöfer: Gewerkschaftsbewegung: 3. Steiner: Feuilleton : Dr. John Schikowski; Lotales und Sonstiges: Frik Karstäbt: Anzeigen: Tb. Glode; fämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Berlaa G. nt. b. S.. Berlin . Drud: Borwärts- Buchdruderei und Berlassanstalt Baul Singer u. Co., Berlin E 68, Linden frase 8. Hierzu 2 Beilagen.