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Srnft Moferichier: WüHenfahrt Der Zugführer weiß nicht wie weit dieser Zug fährt. Letzter Klasse stÄgen wir ein. Tausend Kilometer kosten dreißig Mark. Im Waggon sitzen, liegen und hocken mit gekreuzten Beinen alle Stämme der Wüste, bunt und trauernd, wie eingefangene Papa- geien, durcheinander. Lumpen, Fetzen und die Gerüche hoffnungsloser Armut schließen um sie einen Kreis. Nie reist ein Europäer in Afrika   dritter Klasse. Französische   Arbeiter fahren zweiter. Der Wagen hat sechsundoierzig Fenster, damit die gestockte Stalluft Gelegenheit findet, während der Fahrt auszusteigen. Aus geflochtenen Marltkörben schaukeln die Mahlzeiten der Muslims. Zur Linken und zur Rechten weitet sich Steppe. Flüsse und Straßen oerlausen sich im Gestrüpp. Di« Maschine pfeift die grasenden Herden vom Bahndamm weg. Die Berge der Rifkabylen steigen aus. Dörfer kleben wie Brief- marken an den Wänden. Aus den Tälern heben die Blumen des Frühlings ihre Köpfe und schauen nach überschneiten Gipfeln au». Abwechselnd fällt Regen und Sonne vom Himmel. Unwirklich schön springt ein Regenbogen aus dem Dampf der Erde. Im gleichen Bogen schießt ein Berber über unsere Köpfe Dattelkerne ab, wobei er die arabische AusschristNicht in den Wagen spucken!" als Zielscheibe benützt. Die Stationen sind mit Eukalyptus, Bettlern, Kakteen und Ma- laria garniert. Zerfetzte Uniformen aus der Zeit der Aufstände erinnern daran, daß hier um jede Fußbreite Boden Blut floß. Jetzt liegt der Boden unbebaut, und das Blut ist vergessen. Gott   sieht auf eine Weile weg und so müssen Hunde mit heraushängenden Augäpfeln und abgeschlagenen Beinen an die Waggonfenster hinaufbetteln. Und das Stück Brot, das wir ihnen zuwerfen, wird ihnen von den Fellachenkindern wieder aus dem Maul gerissen und von Menschen verspeist, die auch am Hunger leiden... Dies Grauen läuft noch viele Kilometer wie Telegraphendraht am Bahndamm mit und die Dornenfelder, die violett wie Altar- tücher aufleuchten, oermögen diese Bilder nicht einzuhecken. Ohne Steigung verlangsamt sich die Fahrt, damit die Sand- wände nicht erschüttert werden und den Zug wie einen Wurm zu- decken. Zwei Soldaten der Wüstenkavallerie steigen ein. Im Scharlach ihrer Mäntel sitzen sie wie Kardinäle, die über das Elend ein Konzil abhalten. Sie sprechen über die Schönheitskönigin von Europa  , und ihre Tageslöhnung beträgt etliche Sous. Salzseen, Geröll, Fels und Sand.. Steinerner Aufruhr, platt- gewalzte Oede... El Kantara, der Mund zur großen Wüste, ist durchstoßen. Nur versetzte Odysseus   dem Atlasgebirg« einen Fußtritt und frei liegt der Eingang zum Inferno de» Sande». Um zu locken, ist an den Anfang des Todes ein« orgiastischs Oase gesetzt. Blau wedeln die Dattelpalmen. Wege und Bäche sind eins. Das Wachstum kommt hier ins Gedränge. Au» Platzmangel klettern die Königspalmen an den Steilhängen der Schlucht hinab. Urwaldoegetation und Raumnot kennzeichnen diese Paradiese der Wüste. Noch eine Schrittweite' und der anflutende Sand duldet keinen Halm mehr...1 Die Grenzen zwischen Leben und Sterben sind mit dem Lineal gezogen. Von der Höhe herab herrschen da» weiße, schwarz« und rote Dorf... Und jetzt läuft der Sand über den Sand am Schienenweg entlang. Die Lokomotive hat den Staubpflug aufgesetzt. Der Heizer klettert während der Fahrt von der Maschine zu unserem Waggon zurück, turnt sich wieder nach vorne, um den Ofen zu füttern, kommt noch schwärzer zurück und rät un»,- in der nächsten Station au»zusteigen. Denn hier werden Kinder verschenkt, und wir könnten sie dutzendweise mit nach Europa   verfrachten... Vor Schreck ist mir der Name diese» Ortes entfallen. Zur Ablenkung rollen wir durch eine Wolke von Heuschrecken, die vom Niger   herauf schwärmen. Wenn sie auf den Boden niedergehen, hüpft die ganz« Erde  ... Und da der Zug auf der Strecke hält, springen sie zum offenen Fenster herein. Jäh schnellen die Fahrgäste auf, ein« wilde Jagd beginnt. In- selten und Menschen hüpfen durcheinander... Burnusse werden zu Schmetterlingsnetzen, der Inhalt der Waggons wächst zu einem weißen Knäuel an, der sich den Gang entlang wälzt... Bi, der Aufruhr verebbt, und fünf Araber lächelnd in den Ecken sitzen und ihr« Beute lebendig ol» Leckerhissen verspeisen. Jeder Dritte-Klasse-Wagen Hot ein abgeschlossenes Frauenabteil eingebaut den Harem auf Reisen. Die Vorhänge sind zugezogen. Am Boden liegen Decken, Gockel, Säcke und Kinder im wilden Ehao» durcheinander, Die Wände kleben wie das Inwendige einer Dattel- schochtel. Auf den Gesichtern der Kinder zappeln Insekten, Lebendig» Fliegenfänger... Der Boden wird zur Rutschbahn, auf der die Entfernung zwischen Tür und Fenster in einem Schleifzug erledigt wird. Und der Waggon wird zum Stall...! Zuweilen kommen die Weiber wie kandierte Datteln aus ihrem Verhau und betteln im Waggon nach Orangenscholen für die hungrigen Kinder. Grün und verstaubt wie ein Sofa, das beim Reinemachen ver- gessen wurde, wächst aus dein Horizont ein Wald hervor... Draußen liegt di« Station Diskra. An diesem Bahnhos könnte statt mondäner Lebewelt auch Kali und Geflügel oerladen werden. Er gleicht einer Bedürfnisanstalt mit wenig Komfort und so kein Zugwechsel wäre, würden die Reisenden der Luxusklasse diesen Gemüsestand übersehen und an der berühmtesten Oase der Welt vorüber- fahren. Weiter...! In der Sonne, an der hier der Quadratmeter Höchstpresse erzielt, wartet die Bahn mit Waggon», die weiß wie die Zähne auf Zahnpastenplataten glänzen. Im Sommer, wenn in Bi»kra die Menschen vor Hitze nackt auf den Straßen und Dächern schlafen, fährt der Zug nur während der Nächte, Stationen ohne Orte liegen in stundenlangen Fahrten von ein- andex getrennt. Salzkrusten bedecken wie Neuschnee die unendlichen Weiten. Wllstenkraut wächst dazwischen als Bartstoppeln hervor. Die Sahara   sieht bis Mittag schlecht rasiert aus,., Dann wehen und branden die großen Dünen. Sand, Sand wird Welteninhalt und Sinn des Todes. Die Sicht reicht wie auf Meeren bis zur Rundung des Erd- balls, Roch grasen Kamele, wo auf hundert Kilometer Umkreis kein Halm wächst. Leben diese Tiere von Modellgeldern, die ihnen die Maler be- zahlen, von denen sie alsSchiffe der Wüste" auf Ssfadecken ver- ewigt werden?..... Mitten in der Oed« st«ht«in arabisches Schulhau». Wo nimmt drefsr Lehrer dt« Kinder her...? Oder lehrt er den Skorpionen und Hornvipern unterm Sand« die Vers« d», Korans?... In Sidi Rached steigt derMann ohne Adresse" in unser Abteil: ich knipse da» Jnn«r» de» Waggon» dritter Klaffe, er sitzt im Vorder- grund de» Bildes, und ich oerspr»che ihm, da» Photo nachzusenden.
im Viehwagen Und wir bitten um sein« Adresse... Er schüttelt traurig den Kopf. Wi« Vögel ohne Wasser sitzt er da... Er ist der Mensch ohne Adresse. Ungewiß war der Ort, von dem er kommt, ungewiß ist da» Lager dieser Nacht und ungewiß, ob er morgen gen Westen oder Osten zieht. Cr kehrt auf keinen Punkt dieser Welt zurück, hat weder Feind noch Freund... Hyperion» Schicksalelied sitzt steingeworden vor mir. Noch ni« im Leben wurde er photographiert. Aber sein Kismet will, daß er ohne Abbild durchs Leben geht zu seinem Urbild zurück. Tumult unter der Notbremse...! Dem Fakir, der vom Dattelmarkt Biskra» heimfährt, sind die Skorpione und Glftschlangen ausgekommen! Während er auf der Bank schlief, fielen die Teebüchsen um, in denen er seine Lieblinge verpackt hatte. Die Tiere haben sich unter die Sitzgelegenheiten verkrochen...! Der Mann schreit vor Angst ein Giftzahn oder ein Stachel könnte ihm verlorengehen. Hände wischen unter di« Röhren der Dampsheizung. Er fängt und zählt wie Geldstück« die Tiere in die Blechbüchsen zurück. Eine Schlange fehlt...1 Entweder ist sie unvorschriftsmäßig während der Fahrt abgesprungen oder hat sich als Reiseandenken in unsere Koffer geflüchtet... Die Sonne fällt als Blutorange in den Weste». Und an di« östlichen Fenster treten die Muslims. Turbane verbeugen sich gegen die heilige Kaaba Mekka  ». Bisher ertönte vom Nebenabteil seit Mittag Trommeln und Gequiekse einer Bambusflöte.
Jäh bricht die Tanzmusik ab... Salaghit. die eintönig wogend« Melodie hebt an, fetzt sich von Fenster zu Fenster fort springt zum andern Waggon über, berührt Heizer und Lokomotivführer und wenn plötzlich die Eisenbahn zum Schiff würde, läge sie jetzt über» geneigt nach einer Seite, bis zum Deck am Wasser... Köpfe wiegen sich nach rechts und links. Allahu akbar... Allahu... akbar... aschhadu an la illaha illa hah.." Nach dem Gesan? verzieht sich«ine Gruppe wieder ins WC, um dort weiter die Wasserspülung Europas   zu studieren. Aus dem Dämmern steigen die Minarette von Touggourt  . Unser Zug rollt in die Endstation der Saharabahn ein. Schienen und Telegraphendrähte gehen zu Ende. Und führen nur noch als unendliche Gedankenstriche in die Sandmeere weiter. Auto und Karawane übernehmen die Ladung der Waggons und bringen Lasten und Menschen über den Hoggar, durch die Täler des Durstes und Entsetzens an die Flüsse und Urwälder Zentralafrikas  ... Wogen und Brandung von Sand rahmen Ankunft, Bahnhof und die Suche nach einem Nachtlager ei». Ein Händler, mit dem Barte des Propheten umwachsen, will uns das Fell eines Wüstenfuchses für eine Mark sechzig verkaufen. Aber das Geld muß zum Kauf von Trinkwasser gespart werden. Wir sind am Ende der Zivilisation... Beim Auspacken suchen wir zuerst nach der Schlange des Fakirs. Bielleicht liegt sie noch im Waggon über der Dampsheizung, die ihren Leib kühlt. Wie wir fuhren, so schlafen wir... Zu Dritt letzter Klasse auf einem Eisengestell von Bett. Die nächste elektrische Birne brennt viel« Meilen weit im Norden. Der Wüstenmond hängt halbfertig und waagerecht als Rasier- schale zwischen den Sternen herum und seist uns Sand in Augen und Schlaf--
Srna SSüfing: ätd Am Gepäck erkennt man den Reisenden," das ist das oft nach- geprüft« Wahrwort aller Konsulate. Man sagte es, bevor die Protz- Hotels die Pflastermethode eingeführt hatten. Doch lassen auch die bepflasterten Koffer, öie vom Besitzer den lieben Mitmenschen immer aus oder vor die Füße gestellt werden, auf den Reisenden schließen. Gehört er doch entweder zu den kleinen Möchtegerns oder zu den Leuten entschwindenden Kredits. Doch gibt es Reisende, die nahezu Sklaven ihres Gepäcks sind. Dazu gehören die Artisten, denen falsch verladenes oder beschädigtes Gepäck für Tage oder Monate in wirtschaftlicher Hinsicht den Lebens- faden abschneiden tonn. Von allen Artisten jedoch hat der Zauberer das interessanteste und geheimnisvollste Gepäcks Gandy-Bondy schleppt z. B- für ein Varieteengagement einen Eisendahnwagen voll Gepäck mit. Der Künstler selbst stammt aus Aegypten  , einem Lande, in dem noch heut« das Volk einen guten Zauberkünstler mit inniger Anteilnahme bewundert. Hondy-Bandy ist ein Zauberer, der seinen Beruf mit fanatischer Hingabe ausübt. Er ist ein Mitglied der bekannten Zeitungsverlegerfamili« Makarius. Während feine Brüder auf den Rtdattion»s«ss«ln sitzen und die W«!t zu sich kommen lassen, indem sie viele illustrierte Artikel in die Setze- rei geben, an deren Ti«fdruckmaschin«n Deutsch  « stehen, geht er in bi« Welt hinaus und zaubert. Ein große» Vermögen steckt in sein«? Nummer und in jeder ein- zeluen Illusion. E» gibt eben kein« Zauberei und keine Hexerei, «» gibt nur unglaublich geschickte und geschwinde Menschen, die mit einem sich dienstbar gemachten Material vorzüglich umzugehen ver- stehen. Jede Illusion muß von dem Zauberer selbst ou»gedacht und hernach im Verein mit Tischler, Mechaniker, Maler usw. au»« gearbeitet werden. Oft dauert e» recht lange, bis«in« Illusion publikumreif ist. So muhte beispielsweise derSarg einer Mumie" fünfmal umgearbeitet werden. Auf Millimeter genau muß alle» berechnet sein. Trotzdem ist gegebenenfalls die ganze Illusion wieder zunichte, wenn st« mal hart nach dem Bahnhof gerollt wird. Dar- um sind die Apparate für jede Illusion ijt zweifacher Ausführung vorhanden. Die Koffer sind viel, viel schwerer al» di» Gegenstände, die hineinkommen: denn die Koffer sind nicht nur außen verzinkt und innen ganz und gar mit Filzeinlagen versehen, sie haben auch noch die eigenartigsten Polsterungen, damit sich nichts verbiegen kann und selbst das dünnste Holz nicht splittert. Ueber dies« Vor- sichtsmahnahmen hinaus hat noch jeder Schrank oder jeder Tisch, der gebraucht wird, ein Reservebein. Da» Ist unbedingt nötig, hat doch der Zauberkünstler sast jeden Tag«ine Reparatur. Neben den verschiedensten Apparaten spi«lt das lebende Tier eine Roll«. E» sind oft absonderlich« Umstände, die e» zum Ge- fähtten eine» Zauberkünstler» machen. Kommt z. B. ein Bühnen- arbeiter zu Frau Nadia-Nadyr und sagt:Madame, diese Tauben habe ich selbst gezogen, sie sind liebe, zahm« Tiere und wo sie ist, ist er auch. Sie brauchen nur da, Frauchen irgendwo hinzusetzen. sofort fliegt da» Männchen ihm nach." Die Behauptung wird ge­prüft, sie stimckt. Im selben Augenblick wird das Taubenpaar gekauft und es zieht mit durch die ganz« Welt, bis an irgendeiner Londesgrenz« Deflügelquarantäne ist und die Tauben schweren Herzen» zurückgelassen werden müssen. Mag dann da» Engagement noch so glänzend verlaufen, ein Schalten steht über ihm durch da» Bewußtsein,die Tauben wurden im Stich gelassen".
Oktober... Trübverhangen Uegt die Welt. Und«ir frösteln schon verstohlen 'Wenn der erst« Nebel fällt Hätten wir jetzt Geld zu-Siohlen 1 Buntbebildert steht der Wald, . Sein««elken Blätter knistern Und die Bäume, klug und alt, Jangen seltsam an zu stiistern.». Arbeitelose, leergebrannt, Jrieren, warten und vergefseu, Daß ste einst in diesem taab Arbelt, Brot und 5ohn besessen 1 Herbststurm, den die Not entsacht-- Halten wir die Herzen offen t5n dem Dunkel nnsrer Nacht Laßt un» kämpfen, laßt nn» hoffen..» K-
uberer Gepäck Im allgemeinen wird bei den Zollbehörde» der verschiedensten Länder dos Aitistengepäck schnell und reibungslos abgefertigt, wenn auch hin und wieder ausgerechnet beim Zauberkünstler eln Beamter besonder» mißtrauisch ist und jeden Koffer ausräumt und jedes Bretl genau betrachtet. Der Artist arbeitet nach Möglichkeit immer nach der gleichen Musikbegleitung. Um sich mit den Kapellen, trotz Sprachschwierig- keiten, schleunigst zu oerständigen, ist diese Musikbegleitung auf Grammophonplatten festgehalten. Ihnen wird der Eintritt in Länder, die eine Diktatur haben, ziemlich erschwert. In solchen Ländern ist man nämlich mißtrauisch und befürchtet immer, es könnte«in Freiheitslied erklingen oder die Melodie eines Freiheits- liedes verwendet worden sein. Darum maß Platt« nach Platte abgespielt werden, selbst wert, dadurch der Ausenthalt«Ines Artisten verlängert wird. Ist die Verzögerung mit dem ersten Austritt in keinen Einklang zu bringen, werden die Platten nach sorgfältigster Prüfung dem Besitzer nachgeschickt. Au» solchen Borkommnissen. die fast Naturereignissen gleich­kommen, sind schwer Lehren zu ziehen. Anders ist es hingegev, wenn auf der Bühne selbst eine unangenehme Situation entsteht. Ist doch einmal der echt orientalische Pranger wesentlich vergrößert worden, weil ein etwas angesäuselter Herr aus dem Publikum, d-rj sich dem Zauberer zur Verfügung stellte, mit dem Kopf nicht so| schnell aus dem Pranger wieder herauszubekommen war, wie das unbedingt erforderlich ist. Bewußter Herr, der in der Stadt allge- mein bekannt war und wegen seiner Geschäftstüchtigteit gerade nicht im besten Ruf stand, wurde nun in den Pranger gesperrt, bis der Vorhang fiel. Dieser Vorgang wurde zum Tagesgespräch, und jeder schadensrohe Mensch wollte den pfiffigen Zauberer sehen. Wenn nun auch der Prangertrick mal nicht klappte, klappt sonst beim Zauberer alle», selbst wenn zwischen dem letzten Austritt in der Stadt X. und dem ersten Auftreten In der Stadt P. nur 24 Stunden bei einer ISstündigen Bahnfahrt liegen.
tBeimhrer der Slerge Wer hat nicht schon im Hochgebirge im Anblick der wunderbaren Blumenmatten geschwelgt, die zwischen Alpenrosengebüsch und Knie- holz hoch hinauf züngeln im St«ingeröll unter Felswänden! Es ist vielleicht das schö iste Naturbilö, das die Berge überhaupt biete». Denn trotz aller Kletterfreunde und Gipfelfernblicke täuscht« man sich nicht darüber: ganz oben sind die Berge ebensowenig am schönsten wie von ganz unten au» gesehen. Das eigentliche Zauberbild ent- faltet sich etwa im zweiten Drittel ihrer Höhe. Dort, wo des Waldes grüne Hall« sich von selbst in«inen Port verwandelt mit nur ein- z«lnen Baumgruppen und natürlichen weiten Bergwiesen, wo dus- teno die Bergkräuter den bunten Teppich lusspannen und Sonntags­stille sich auftut, daß man meint, da» Rieseln der Lichtbäche zu hören, die in unbeschreiblicher Klarheit selbst die fernen Berges- Häupter umspielen. Dort oben, wo die Alpenrosen wie seierliche Lichter brennen, findet ein stiller, aber unbeschreiblich erbitterter Kampf auf Leben und Tod statt, in dem da» Leben ununterbrochen auf» neue siegt. Die großen Felsgipsel werfen jeden Morgen neue Lasten von verwittertem Schutt ab. Keine Wand ist im Gebirge, di« nicht um- säumt wäre von einem Band der Geröll«, die in spitzem Winkel hoch an Ihr hinaufgretsen. Keine aber auch, an der nicht weich und lebensfroh da» Brün der Alpenbllfche, der Gräser und Schutt- pflanzen mit tausend und ab«r tausend Wurzelarmen und Zweigen sich um Stcinchen und Gru» schlingen würde und so den talab wan- dernden Berg zurückhält aus seinem Weg« der Selbstzerstörung. Eine Steinmur« geht heute mit Erdbebenzittern ab. Es ist. al» ob der Berg selbst wanke. Dann ab«r breitet sich doch wieder die große Still» au», und auf die Schreckensminute folgen Jahr- zehnte d«r Wiedergutmachung. Äm Wald« wurde die Lawine auf- gefangen. Tausend Aeste mag sie geknickt und hundert lebensfrohe Bäume zerstört haben, der hundertste aber hat sie aufgehalten und der WÄd hat ihr sein Schweigen geboten: Bleibe! Dann hat «r sie begraben. Und von ihm bis zur Felswand, überoll, wo der steinerne Leib des Berges offen lag, da sind heilend und mild die Wunden mit Blättern und Blumen zugedeckt worden. Zwanzig Jahr« später ist der Felsenhang völlig übergrünt und vor weiterem Abrutschen gesichert. Der Zersall des Berges ist aufgehalten. Die Alpenmatten und der Bergwald sind nämlich die Bewahrer der Berge, wenn die Luft, der Regen und die Sonne ihre Zerstörer sind Was das eine verschuldet, das macht da» andere wieder gut. So sonderbar, eingerichtet ist die Welt. Ein Luflhauch vernichtet für di« Ewigkeit gefügte Mauern, und»in lindes Blumenblatt ge- bietet der Zerstörung Einhalt und heiff die Wunden der Welt. Dr. R. H. Fleuch.