Aeußerung über Ihre Auffaffung von der bisherigen Täfigfeit des Kabinetts Brüning und Ihr Urteil über die Notwendigkeit eines Systemwechsels und Personenwechsels freundlichst zukommen tassen würden.
Wenn Sie meiner Bitte entsprechen, würde ich Ihre Antwort zusammen mit anderen, die ich gleichzeitig erbeten habe, dem Herrn vorlegen und gegebenenfalls meine bisherigen Darlegungen noch ergänzen.
Sehr verbunden wäre ich für den Bescheid, ob ich darauf rechnen kann, daß Sie meine Bitte erfüllen.
gez. Fürst Salm- Horstmar."
Auf diese Weise ist ein Brief- und Telegrammsturm zufammengeschoben worden, der den Reichspräsidenten unter Drud sehen sollte. Die gleichen Leute, die im Kriege durch unverantwortliche Treibereien gegen das deutsche Bolt ge wirkt haben, sind heute die Repräsentanten der Harzburger Front!
Ein alter Scharfmacher.
Dieser Salm- Horstmar gehörte natürlich in der Monarchie dem Herrenhaus an. In dieser Versammlung herrschte im allgemeinen bei aller reaktionären Gesinnung des Adels, der Bischöfe, Professoren und auch so mancher Oberbürgermeister und Gelehrten doch ein Ton vornehmer Zurückhaltung. Desto greller stach davon die gesuchte Derbheit und Schnoddrigkeit ab, mit der Salm- Horstmar besonders die Interessen der Hausagrarier vertrat und gegen die Arbeiterbewegung und Demokratie scharf machte. Man tonnte deutlich beobachten, wie diese Januschauer- Weise gar vielen Standesgenossen des Horstmarers auf die Nerven ging.
Zusätzliche Winterhilfe.
Gutes Beispiel der Rheinprovinz .
Eine der dringlichsten Forderungen der Sozialdemokratie ist die nach einer zusäßlichen Winterhilfe für Arbeitslose und fonstige Bedürftige durch die Lieferung von Kohlen und Kartoffeln auf Kosten des Reiches.
Wie berechtigt dieses Anfinnen ist, wird am besten dadurch bewiesen, daß an einzelnen Stellen diese Forderung bereits aus eigener Kraft zu verwirklichen gesucht wird. So ist in der Rheinprovinz , wo die Fürsorge für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene durch den sozialdemokratischen Landrat und Reichstagsabgeordneten Gerlach geleitet wird, fürzlich beschlossen worden, allen arbeitsfähigen, aber zur Zeit arbeitslosen Schwerbeschädigten eine zufähliche Winterhilfe zu gewähren. Sie soll darin bestehen, daß im allgemeinen pro Familie 15 Zentner Kohlen und bis zu 5 Zentner Kartoffeln gegeben werden. Den hilfsbedürftigen Witwen und Kriegerelfern foll, soweit die Mittel reichen, diefelbe Bergünstigung gewährt werden wie den arbeitslosen Schwerbeschädigten.
Hoffentlich ist das gute Beispiel der größten preußischen Provinz ein Anlaß zu ähnlichem Borgehen für die anderen Teile des Reiches.
Berbilligung von Brot und Kohlen.
Für Arbeitslose und Hilfsbedürftige.
Der Reichsarbeitsminister gibt in einem Rundschreiben an die Sozialbehörden der Länder und an die Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung das Ergebnis der Verhandlungen über die Gemährung von Sachleistungen für Arbeitslose fomie über Berbilligungsmaßnahmen zugunsten Arbeitsloser und und sonstiger Hilfsbedürftiger bekannt. Danach wird von einer einheitlichen Regelung der Sachleistungsfrage megen der Berschiedenheit der örtlichen Verhältnisse abgesehen. Für die Regelung durch die örtlichen Fürsorgeträger werden jedoch bestimmte Grundsäge aufs gestellt. Die allgemeine Belieferung mit Sachleistungen an Stelle von Barleistungen soll auf Brot und außerdem höchstens noch auf Kartoffeln und Brennstoff unter Einschaltung des Handels beschränkt werden. Mit Rücksicht auf die Erfahrungen der Kriegs: wirtschaft merden die Fürsorgeträger nachdrücklichst davor gewarnt, die Sachlieferung in eigener Regie zu übernehmen.
In Berhandlungen mit den Spizenverbänden der Industrie und des Handels, mit den Kohlensyndikaten und dem Bädergewerbe wurde eine grundsätzliche Einigung darüber erzielt, daß an Arbeitslose Lebensmittel und Brennstoffe verbilligt abgegeben werden. Der Reichsarbeitsminister fordert die Fürsorgeträger auf, in Berhandlungen mit den örtlichen Organisationen der Wirtschaft die Maßnahmen für die Arbeitslosen und andere Hilfsbedürftige ihres Bezirks im einzelnen zu regeln und dabei eine möglichst umfassende Verbilligung anzustreben.
Deutsch - französische Kommission. Zouhaur und Chevalme vom CGT. delegiert.
Paris , 14. Oftober.( Eigenbericht.) Der Berwaltungsausschuß des Allgemeinen Gemertschaftsbundes( CGT.) hat in einer Sizung am Dienstag die Einladung der französischen Regierung, an den Arbeiten der deutsch - französischen Wirtschaftskommission teilzunehmen, angenommen, da im Hinblick auf die Weltwirt schaftskrise alle im internationalen Rahmen eingeleiteten Verhandlungen nur den Weg der Wiederannäherung zwischen den Völkern ebnen tönnen, ohne die die erforderlichen internationalen Lösungen nicht durchzuführen sind".
Der Ausschuß hat Jouhaug und Chevalme beauftragt, die CGT. in der Kommission zu vertreten und die Grundlinien
des Programms, das fie verteidigen sollen, sowie die Haltung festgelegt, die sie in lebereinstimmung mit dem deutschen Gemertschaftsbund unter Obhut der Gewerkschaftsinternationale zu beobachten haben.
Die Vertreter der französischen Wirtschaft und Finanz in der Kommission werden am Mittwoch ernannt werden. Am Donnerstag tritt die franzöfifche Delegation zu ihrer ersten Sigung zusammen. Der französische Botschafter in Berlin , François Boncet, der sich zur Zeit in Paris aufhält, wird dieser Sigung beiwohnen. Am Dienstag hatte Ministerpräsident Laval eine Unterredung mit dem Botschafter, um sich von ihm über die Lage in Deutschland und die Harzburger Kundgebung informieren zu faffen.
Paris , 14. Oftober.( Eigenbericht.) Der deutsche Botschafter von Hoesch hat dem französischen Ministerpräsidenten nach seiner Rückfehr aus dem Urlaub am Mittwoch einen Besuch abgestattet. Gegenstand der Unterredungen war u. a. Die möglichst schnelle Bildung und Ingangfezung der deutsch französischen Wirtschaftskommission. Am Dienstag hatte der Botschafter eine Besprechung mit Berthelot, Generalsekretär des Außenministeriums
Desde Gemütsmenschen.
wwwwwwww
000& 00
DDO D D
a
Die Großindustrie braucht eben eine neue Inflation!" Aber die Sparer?"
„ Die fönnen wieder von vorn anfangen."
Abrechnung mit der Reaktion.
Brandmarkung der Harzburger im Preußischen Landtag.
Der Preußische Landtag nahm zu Beginn der Mittwochfihung| weil fie alle zusammen schmählich geschlagen worden sind, haben sie zunächst die Erfahwahl für den Bizepräsidenten von Ennern vor, der sein Mandat niedergelegt hat. Gewählt wurde der volksparteiliche Abgeordnete Dr. Böhm mit 280 Stimmen gegen den Kommunisten Kasper mit 39 Stimmen.
Hierauf trat das Haus in die große politische Aussprache ein. Abg. Dr. von Kries( Dnat.): Jm Deutschen Volkswirt" hat das bisherige Mitglied der preußischen Regierung Dr. Höpfer Aschoff den Plan entwickelt, durch eine Notverordnung nach Artikel 48 Preußen das Lebenslicht auszublajen. Ebenso verfassungswidrig wie diese Absicht, für die die Regierung verant mortlich ist, ist die Nichteinberufung des Landtages durch den Präsidenten Bartels gewesen, obwohl mehr als ein Fünftel der Mitglieder sie verlangt hat. Die Mehrheit des Landtages hat sich hier einer augenscheinlich verfaffungsmibrigen Braris der Reichs tagsmehrheit angeschlossen. Verfassungswidrig waren die Notverordnungen des Reichspräsidenten und die darauf geſtüßten preußischen Notverordnungen, denn nirgends mar die öffentliche Ruhe oder Ordnung gestört oder bedroht; im Gegenteil, das deutsche Bolt zeigte eine wahre Bammesgeduld. Praktisch führen die unireißung der Mainlinie und zu den verbrecherischen Plänen des tarischen Pläne Höpfer- Aschoffs und Luthers mir zur NeuaufRhein- und Ruhrstaates. Was Deutschland braucht, ist die muster hafte Verbindung von Föderalismus und Unitarismus, die Bismard vorgenommen hat. Wir fordern ein selbständiges Staatsoberhaupt und eine Regierung, die vom Willen oberhaupt und eine Regierung, die vom Willen des Parlaments unabhängig ist. Wir fordern ein weitammersystem. Wir sind erfüllt von glühender Liebe 311 Breußen, aber wir müssen zurüd ins alte Preußen. ( Lebhafter Beifall rechts.)
Abg. Haas- Köln( Soz.):
Die Rede des Juristen von Kries war ein vorweggenommenes Plädoyer für die Klagen, die die deutschnationale Landtagsfraktion beim Staatsgerichtshof eingereicht hat. Uns würde im gleichen Falle bestimmt von der Rechten entgegengehalten werden, daß wir mit unerlaubten Mitteln ein schwebendes Rechtsverfahren zu beeinflussen suchten.( Sehr gut! bei den Soz.)
In seiner heftigen Polemik gegen den bisherigen Finanzminister hat Herr von Kries gelaffen das große Wort gesprochen, Preußen sei die Klammer gewesen, die das Reich zusammengehalten hätte. Jawohl, das neue Preußen, das Preußen Offo Brauns.( Stürmischer Beifall links, lebhafter Widerspruch rechts.)
Mir war bisher gar nicht bekannt, daß im alten Reich jemals eine separatistische Gefahr bestanden hätte; wenn von Kries also Preußen als Klammer des Reichs gefeiert hat, fann er nur das neue Breußen gemeint haben. Aber während dieses neue Preußen das Reich zusammenhielt, hat Herr Adolf Hitler 9. November 1923 feine Bürgerbräuhausrevolte gemacht, deren Gelingen unfehlbar den Separatisten zum Siege perholfen hätte. Und während ich und meine politischen Freunde trog aller Gefahr mit letter Kraft für die Reichseinheit gefämpft haben, find es rheinische Freunde der heutigen fogenannten nationalen Opposition gewesen, die 1923 das Rheinland versađen laffen wollten. ( Stürmische Zustimmung links. Widerspruch rechts Burufe: Namen nennen!) Ich werde nicht durch die Nennung der sehr bekannten und hervorragenden Namen alte Wunden aufreißenich brauche das nicht, jedes Mitglied des Hauses kennt die Namen. ( Lebhafter Widerspruch rechts; zurufe: Zentrumsnamen!) Sie fuchen Ihre Schuld zu verkleinern, indem Sie Mitschuldige an führen. Aber den Separatismus niedergeschlagen haben mit uns die Mitglieder der christlichen Ge wertschaften, und fein Lärm schafft aus der Welt, daß gerade die, die die Vaterlandsliebe für sich allein pachten möchten, gegenüber dem Separatismus im Rheinland total verjagt haben. ( Große Unruhe rechts ein Teil der Deutschynationalen verläßt den Sizungsfaal.)
-
1
-
Es liegen heute dem Bandtag wieder einmal vier Mißtrauens anträge vor. Sie werden denselben Mißerfolg haben, wie ihre 21 Borgänger seit Beginn dieser Seffion.( Heiterkeit.) Sie werden ( Sehr gut! links und in der Mitte.) Nach diesem Voltsentscheid dieselbe Abfuhr erfahren wie der Volksentscheid des 9. August. haben sich bekanntlich die verbündeten Nationalfozia liften und Kommunisten gegenseitig furchtbar beschimpft und fich gegenseitig die Schuld an ber Riederlage zugeschoben. Aber
fich nachher gewaltig darüber aufgeregt, daß die preußische Regierung gegen einzelne politische Beamte eingeschritten ist, die am Volksentscheid teilgenommen haben. Nach dem Aufruf der preußischen Staatsregierung unmittelbar vor dem Boltsentscheid mußte es mindestens jedem politischen Beamten in das Staatsinteresse handelten. Ich bin der festen Ueberzeugung, Preußen klar sein, daß sie mit einer solchen Stimmabgabe gegen daß die Beamten, die am 9. August zum Voltsentscheid gelaufen find, sich nur einen Freifahrtschein ins Dritte Reich sichern wollten. ( Heiterkeit.)
Uns liegen heute noch eine ganze Anzahl von Anträgen gegen den politischen Lerror por, sowohl seitens der Rechten wie seitens der Kommunisten.
Aber wenn in den letzten acht Jahren in Deutschland im polififchen Kampf über fünfhundert Menschen getötet und über zwölfhundert Menfchen lebensgefährlich verlegt worden find ( ftürmischen hört! hört!), dann fragen die Berantwortung dafür doch die Führer der Kommunisten und Nationalsozialisten, die unausgesetzt den Gewaltgeist predigen.
Terror gegen Polizeibeamte organisiert, nachher über„ ArbeiterEs ist einfach Heuchelei, wenn eine Partei, die planmäßig den morde" der Polizei wehklagt. Wir haben für den ungeheuer schweren Dienst der Schußpolizei alle Achtung und Anerkennung. ( Lebhaftes Sehr wahr! links und in der Mitte.) Wir haben deshalb auch nicht gutheißen können, daß in der preußischen Notverordnung die Schutzpolizei schlechter gestellt worden ist als die Reichswehr . Ebensowenig billigen wir an der Notverordnung die ungleichen und ungerechten Gehaltskürzungen. Wir bedauern auch die sachlich feineswegs gerechtfertigten Eingriffe in die Selbstverwaltung der Gemeinden. Aber wir begreifen, daß die wirtschaftliche Notlage die preußische Regierung zu dieser Maßnahme gezwungen hat. Zu den Klagen, daß die heutige Republit und die heutige Regierung Redefreiheit und Pressefreiheit tasächlich aufgehoben hätte, ein paar Zahlen: In der Provinz Hessen- Nassau sind in den legten fünf Monaten 1910 Bersammlungen der Nationalsozialisten und 1130 Versammlungen der Kommunisten abgehalten worden; dazu noch 509 Verfammlungen aller übrigen Parteien einschließlich des Stahlhelms. Verboten wurden den Nationalsozialisten ganze 43 Ber sammlungen und den Kommunisten ganze 72.( 3urufe bei den Kommunisten.) Aufgelöst wurden bei den Nationalsozialisten 16 Versammlungen, bei den Kommunisten 11. Das Geschrei der Kommunisten über ungleiche Behandlung war also voreilig.( Heiterfeit.) Ebenso find bei der schriftlichen Propaganda noch nicht 10 Proz. der Flugblätter und Plakate beanstandet worden.
Solche Freiheit gewährt die Republit ihren Todfeinden. Wenn diese einmal zur Macht tämen, wäre es mit der Redefreiheit, Versammlungsfreiheit und Pressefreiheit fofort aus, da würde der politische Gegner an die Wand gestellt.( 3uruf bei den Komm.: Sie hängen wir am nächsten Baum auf!)
Wer diese Absicht hat, heuchelt doch wirklich nur, wenn er sich über Freiheitsunterdrückung im Gegenwartsstaat beklagt.( Lebhafte Zustimmung.)
Der Kampf, der jetzt geführt wird, geht nicht nur um die politischen Freiheiten und Rechte, er geht vor allem um die wirt schaftliche Lage der arbeitenden Massen. Gegen die Harzburger müssen Arbeiter, Angestellte und Beamte eine geschlossene Front für die Erhaltung der politischen Freiheiten und der sozialen Rechte, für die Ueberwindung von Hunger und Not bilden.( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemo fraten, Lärm bei den Kommunisten.) Ihnen wäscht trok allen Geihrreis kein Wasser die Schmach ab, daß Sie am 9. Auguſt die Einheitsfront mit den Faschisten gebildet haben. Wir aber bilden die Abwehrfront der gesamten organisierten Arbeiter, Angestellten- und Beamtenschaft, und in dieser Front werden wir Staat, Belt und Vaterland retten.( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Baumhoff( 3): Harzburg war uns Fanal und Symbol. Die in den teuersten Lurusautomobilen nach Harzburg gefahren sind, trieb nicht der Hunger nach Brot, fondern der Hunger nach poli tischer Macht. Ihr nationales Programm besteht darin, Kapital und Arbeit, Besiz und Armut
bis zum Bürgerkrieg gegeneinander zu hehen und das BerDie Großen in der Wirtschaft haben mächtige Konzerne und trauen zur deutschen Währung zu untergraben. Mammutbanten aufgebaut, aber es waren tönernden Füßen. Die Wirtschaftsführer schreien gegen die Bürolauter Kolosse auf tratie und den Bersorgungsstaat. Aber längst ist an Stelle bes