Einzelbild herunterladen
 
  

151600

1600 Zeilen Hitler. In Die Parade vor der Schwerindustrie.

Ein offener Brief an Brüning.

Der langen Erklärung Frids im Reichstag folgt ein noch viel längerer offener Brief Hitlers   an Brüning in einer Extraausgabe des Völkischen Beobachters", die gestern im Reichstag verteilt wurde.

Hitlers   offener Brief, 1600 Zeilen lang, ist ein Dokument der vollkommenen Verbürgerlichung einer sogenannten Arbeiterpartei. Der Sozialismus, die Arbeiter und die vielberedete ,, nationale Revolution" werden nicht einmal mehr mit dem Namen genannt. Dafür ist jedes Wort sorgfältig so gewählt, daß es in höheren Re­gionen den Eindrud vollkommener bürgerlicher Geseztheit und Wohl­erzogenheit ermede.

Bon den besonderen Zielen und Methoden des Nationalsozialis­mus ist nichts, aber auch gar nichts übriggeblieben. Dafür wird mit desto größerer Dreiftigkeit der Anspruch auf die allein echte und richtig temperierte nationale Gesinnung" erhoben. Auch diese ,, nationale Gesinnung" ist ganz in die Formen und Worte gekleidet, wie sie ein behäbiges Bürgertum liebt.

Das ganze Schriftstüd ist auf zwei Thesen gestellt: Erstens wird der ganze Kampf für die Gleichberechtigung Deutschlands   in der Welt nur vom Hakenkreuz geführt, und zweitens muß in Deutsch­ land   entweder der Nationalismus oder der Bolschewismus siegen. Beide Thesen sind willkürlich erfunden und stehen im Gegens fatz zur Tatsachenwelt. Denn in Wirklichkeit hat die Sozialdemokratie für die Gleichberechtigung des deutschen   Volkes in der Welt praf­tisch gearbeitet, während die Hafenfreuzler Phrasen droschen. Und zwischen faschistischem und bolschewistischem Widerfinn gibt es noch den Sinn eines demokratischen Sozialismus, der nach innen und außen die Interessen der wirklichen Nation, des ar­beitenden Voltes vertritt.

Indes kam es Adolf Hitler   sicher gar nicht darauf an, lezte

INSDAP

DE

Fragen zu klären; er wollte vielmehr durch eine bilderbogenhafte Ja, Herr Generaldirektor, solchen Sozialismus können auch wir Unternehmer freudig unterstützen!"

Darstellung nationaler Bürgerbravheit auf der einen Seite und

eines bolschewistischen Schreckgespenstes auf der anderen Seite zu bestimmten Zweden einen bestimmten Eindrud machen.

Eigentlich ist der Brief nicht nach Wilhelmstraße 77 gerichtet, sondern nach Wilhelmstraße 73. Nicht an Brüning, sondern an Hindenburg  . Sieh doch, wir sind sooo brav! Bitte, bitte, laß uns ein bißchen regieren!"

"

Rothschildmann bei Hitler  .

Der würdige Repräsentant des Dritten Reiches". Unter den ,, Wirtschaftsführern", die an der Harzburger Tagung teilnahmen und Hitler  , Hugenberg   und den Stahlhelm den Treu­schwur leisteten, finden wir Repräsentanten des sozialreaktionärsten Unternehmertums. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter"- partei hat sich in Harzburg   nicht bloß mit der Schwerindustrie, ver­treten durch deren Syndizi und durch Geheimrat Poensgen vom Stahltrust, und mit anderen Scharfmachern der Industrie ver­brüdert, auch die internationale Finanzmelt bekannt­lich der Todfeind der Nazis bat in diesem edlen Bruderbund nicht gefehlt. Zu Hitlers Bundesgenossen gehört nämlich auch Dr. Regendanz. Wer ist dieser deutsche Wirtschaftsführer Dr. Regendanz? Bir erfahren es aus dem Handbuch der Diret toren und Aufsichtsräte von 1930:

-

-

Ratseinladung an USA  .

Gegen Japans   erbitterten Widerstand beschlossen.

pou Genf  , 15. Oktober.

zige Interesse Amerikas   bestehe darin, daß ein Krieg zwischen Der Völkerbundsrat hat heute abend nach einer zweieinhalb- China   und Japan   vermieden werde, und erklärt, daß Nach­stündigen geheimen und sehr bewegten Sihung mit 13 richten, deren Ursprung man zur Zeit nicht preisgeben könne, in gegen eine Stimme prinzipiell beschlossen, die Bereinigten einem gewissen Grade dazu berechtigen, optimistische Auf­Staaten zu den Verhandlungen des Rates über den chinesisch- faffungen über eine friedliche Beilegung zu hegen. Man legt auch japanischen Konflikt einzuladen. Die Absendung der Einladung feinen besonderen Wert auf eine offizielle Beteiligung des und die Formulierung des Einladungsschreibens wird in einer für amerikanischen   Konfuls Gilbert an den Beratungen des Bölkerbunds­morgen vormittag einberufenen öffentlichen Sigung erfolgen. rats und zwar erstens deswegen, weil schon seit Tagen dauernd in­Der Vertreter 3 apans ftellle fich auf den Standpunkt, daß für die offizielle diplomatische Verhandlungen geführt werden und weil Einladung ein einstimmiger Ratsbeschluß notwendig sei. Diesen zweitens eine Teilnahme an der offiziellen Völkerbundsratssigung in Einwand hat sich jedoch der Völkerbundsrat nicht zu eigen gemacht. gemissen hiesigen Streifen einen scharfen Protest dagegen her vorrief, daß Amerita offenbar durch eine Hintertür" dem Bölkerbund beitrete.

Eine dramatische Ratefikuna.

Genf  , 15. Oktober.  ( Eigenbericht.)

Mit der Ueberstimmung Japans   hat der Bölkerbunds rat den ersten energischen Schritt getan, ber sich sowohl gegen die japanische Berzögerungstattit mit auch offen gegen das japanische Vorgehen in der Mandschurei   richtet. Die Einbezie hung Ameritas in den Kreis der für die Konfliktslösung ent scheidenden Mächte bedeutet für Japan  , daß es im äußersten Falle fogar einer mächtigen Intervention gegenüberstehen wird, Der Drud gegen Japan   ist zum ersten Male deutlich angewandt morden und wird sich nunmehr unvermeidlich auch auf die end gültige Regelung des Konfliktes erstrecken, und nicht nur auf die Burückziehung der Truppen. Das zeigt auch deutlich der

Dr. iur. W. G. Regendanz geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied der Amstelbank, Amsterdam  Amstel 216 Privatadresse: Paris  , rue Mallet, Stevens 5." Der Vollständigkeit halber sei ermähnt, daß Herr Regendang noch ein großes Landgut in der englischen Grafschaft Effer befitt und außerdem selbstverständlich auch eine hochfeudale Billa   in Berlin   hat. Schon diese geographischen Angaben zeigen, daß Dr. Regendanz, der neue Bundesgenoffe Hitlers   und Hugenbergs, nicht gerade ein Repräsentant des, bodenständigen nationalen Kapita­ lismus  " sein dürfte. Ganz im Gegenteil; Regendanz ist ein inter­nationaler Finanzier, Vertrauensmann der größten euro päischen Finanzmächte. Er hat mehrere Jahre lang dem 3ünd­holzfönig Jpar Kreuger in Deutschland   treffliche Dienste geleistet, nicht zuletzt dank seiner schon damals glänzenden Be ziehungen zu den Hugenberg- Deutschnationalen und ist später in den Dienst der Wiener Rothschilds getreten und Damit offenbar zum Bundesgenossen Hitlers   avanciert. Regendanz' Tätigkeit für Kreuger ist noch in bester Erinnerung. Als Strohschen Bestreitung der Möglichkeit einer solchen Einladung mann des Zündholztrusts taufte er angeblich im Kampf gegen den Kreuger- Einfluß- Zündholzfabriken auf und spielte sie dem Schwedentrust zu.

-

-

Eine offensichtliche Rorruption wurde von der Sozialdemokratie aufgedeckt, als von Regendanz der deutschnationale Abgeordnete Behrens, Aufsichtsratsmitglied in deutschen   unter Kreugers Einflußz stehenden Unternehmungen, zum Berichterstatter in den Reichstags­ausschuß vorgeschoben wurde, der über das Zündholzsperrgesetz zu beraten hatte. Aus allem ging hervor, daß Regendanz seine politi­schen Beziehungen zu den Deutschnationalen geschicht für den Kreuger Trust ausgenugt hatte und in seinen Geschäftsmethoden vor Irreführungen, Täuschungen und Bestechungen nicht zurückschreckte. " Die Gesundung Deutschlands   ist eine Frage des Charakters", so meinte Schacht in Harzburg  , und auf Grund dieses Nachweises möchte offenbar Schacht mit Hugenberg   und Hitler gemeinsam und im Bunde mit Wirtschaftsführern à la Regendanz die nationale Wirtschaft wieder aufbauen.

Später ging Regendanz in die Dienste der Wiener  Rothschilds über und vertritt seitdem die Rothschildschen Interessen in zahlreichen holländischen, Schweizer   und österreichischen Gesellschaften. Unter seiner Führung brach die Amstelbank zu­fammen, wobei die übelsten Privatgeschäfte und Privatspekulationen der Geschäftsleitung befannt wurden. Die wirtschaftlichen Zu fammenhänge der holländischen und Schweizer   Gesellschaften, die unter dem Einfluß von Regendanz stehen, sind wenig durchsichtig. In Fachkreisen pflegt man derartige Gesellschaften Verschiebe­bahnhöfe" zu nennen. Privat ist Dr. Regendanz an einer Schweizer Hypothekenbank( Compagnie Fonciére et Bancaire, Genf  ) beteiligt, die besonders auf Berliner   Geschäfts- und Speku­lationsgrundstücke zweitstellige Hypotheken zu egorbi= tanten 3inssäßen gegeben hat, die nunmehr allerdings zum Teil notleidend geworden sind. Die geschäftlichen Sorgen von Regendanz dürften bei der Rechten, die für völlige Beseitigung der Hauszinssteuer eintritt, gut aufgehoben sein.

In der Unterwerfung unter das internationale Rapital fieht Hugenberg   die Hauptursache für die Arbeitslosigkeit; in Harzburg  stimmte er ein Loblied auf den ,, nationalen Kapitalismus  " an. Der Kampf der Nationalsozialisten gilt befanntlich nicht dem guten schaffenden, sondern nur dem bösen rassenden Kapitalisten", gilt der ,, Brechung der Zinsknechtschaft". Der Vertrauensmann des internationalen Zündholztrust, der Agent Rothschilds  , der undurchsichtige internationale Finanz- und Binsgeschäfte treibt als Finanzier der nationalen Opposition, als Hitlers Bundesgenosse fügt sich offenbar vortrefflich in jenes Stampf programm gegen die internationale Finanzwelt, gegen die raffenden Kapitafiften und die Brechung der Zinstnechtschaft ein!

-

dramatische Berlauf der geheimen Ratssitzung.

Nach Briands Antrag, Amerika   einzuladen, ohne Recht der Abstimmung seine Ansicht am Ratstisch zu vertreten und die Meinung der Regierung über jede Entscheidung einzuholen, brachte der Japaner nochmals seine fünf Fragen vor, die alle der juristi­

galten.

Er forderte ferner ein Juristenkomitee, das entscheiden solle, ob diese Einladung eine Prinzipien- oder Prozedurfrage sei. Briand   stellte die Gegenfrage, was Japan   zu tun gedente, wenn das Juristen­fomitee gegen seine Ansicht entscheide.

Darauf lehnte Joshizawa jede Antwort ab.

Nun griff Lord Reading ein und beantragte nach ausführlicher Rede, die Entscheidung durch Abstimmung herbeizu führen. Japan   hat dagegen gestimmt. Das hat die Situation natür­lich auf die Spize getrieben. Man verhehlt sich hier feineswegs, daß der Rat durch diesen Schritt vorwärts gar nicht mehr zurüd fann.

Amerika   ist aber gar nicht begeistert. Washington  . 15. Oktober.

Im Staatsdepartement wartet man die weitere Entwicklung der mandschurischen Angelegenheit ab. Man betont, das ein

V3.0 107

Chinas Abwehrbontott verstärkt fich.

G4 0 514 ne..

adorbai Genf, 15. Oftober.( Eigenbericht.)

Die japanischen Lageberichte aus der Mandschurei   melden eine fortschreitende Besserung des Zustandes. In Mulden feien 1800 Mann mit zwei Regimentsstäben aus der Chinesenstadt in die Eisenbahnzone zurüdgezogen worden. Auch die Polizeigemalt sei den chinesischen Behörden übergeben worden. In der Chinesen­stadt feien nur noch 400 Mann und im Industrieviertel   250 Mann. Dagegen sei in Shanghai   der Kreuzer Zofima" angekommen, von dem aus 230 Mann Verstärkungen für die Marinekaserne ge­landet worden wären. Eine deutsche Meldung aus Mukden Lientfin vom 14. Oktober stellt dagegen keinerlei Truppenbewegung fest, aber ein starkes Anwachsen der Bontotthandlungen und Demonstrationen seitens der Chinesen.

Eine lange japanische Depesche meldet eine

gewaltige Ausdehnung des chinesischen   Boylofts. Während in der Mandschurei   fast alle Banken wieder geöffnet seien und das kaufmännische Leben normale Formen anzunehmen beginne, bestreiften chinesische   Arbeiter alle japanischen Schiffe, die des­halb nicht entladen werden könnten. In zahlreichen Städten hätten chinesische Kaufleute beschlossen, die Annahme japanischer Waren zu verweigern und den Verkehr mit japanischen Kaufleuten abgebrochen. In Kanton hätten chinesische Studenten japanische Waren öffentlich verbrannt. Die chinesische   Polizei habe das zu verhindern versucht und scharf geschossen. Die Opfer waren zwei Tote und viele Verwundete.

Für das in der letzten Ratssigung mitgeteilte Bom­bardement zwei chinesischer Städte gab die japanische Regierung dem Rat auf Anfrage die alte Ausrede als Erklärung: Erst sei ein Erkundungsflug, das über Bewegungen von Banditen und chinesischen Truppen berichten sollte, mit Gewehren beschossen worden. Darauf habe es mit Bomben geantwortet. Auf Grund dieses Borfalls seien später drei Flugzeuge ausgesandt worden, die wieder Gewehrfeuer erhalten und deshalb ebenfalls mit Bomben geantwortet hätten.

Kulturkampf in Spanien  .

Die Umbildung der Regierung.- Gefahr eines Aufstandes im Norden.

Madrid  , 15. Oktober.  ( Durch Telephon.)

Die spanische Revolutionsregierung ist gesprengt. Alcala 3amora, der bürgerliche Führer im Kampf gegen die Bourbonen, und Miguel Maura  , der Sohn des einstigen großen fonservativen Ministerpräsidenten und erste Innenminister der Re publif, find zurückgetreten. Das Gesamtkabinett ist ihnen gefolgt. Unter der Führung des sozialistischen Kammerpräsidenten Professor Besteiro. des langjährigen Chefs der spanischen   Partei, ist das neue Kabinett sofort zustande gekommen. Es enthält im wesentlichen die bisherigen Minister der republikanischen Linken und der Sozialisten. Den Vorsitz führt der bisherige Kriegsminister z ana, eine der stärksten Energien, über die die spanische Politik überhaupt verfügt. Der Mann, der innerhalb dreier Monate die alte fönigliche Armee von Grund auf umbaute und etwa zwei Drittel ihrer Offiziere entließ. Nur ein neuer Mann ist in die Regierung eingetreten, der Rektor der Madrider   Universität Profeffor Giral. Das ist einer der alten Fronttämpfer für die Republit.

Der Marineminister Zamoras, Casares Quiroga  , ist ins Innenmini­fterium umgezogen, an einen Plaz, der ihm schon seit Monaten be­stimmt schien. Damit ist die Front des Kabinetts

01.0

erheblich nach links verschoben

worden. Es hat an Homogenität gewonnen, ist zweifellos für die entscheidenden Kämpfe der nächsten Wochen besser gerüstet als die erste Regierung der Republik  .

Alcala Zamora   und Miguel Maura   sind über die Trennung von Kirche und Staat gestürzt. Beide gehören der republi­tanischen Rechten an. Alcala Zamora   ist ein betont guter Katholik. Er und Maura waren bereit, die Trennung von Kirche und Staat hinzunehmen, ja forderten sie selbst. Aber sie waren nicht bereit, in die Austreibng der Jesuiten   und die Konfistation ihres Bermögens einzuwilligen. Für Miguel Maura   waren hier neben den rein religiösen zweifellos noch fozialrechtliche Gründe maß. gebend. Er wollte den Begriff des Eigentums in feiner Weise