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Mein Motorrad ist längst fapott aber meine Liebe zur Chaussee ist nicht kapott. Und mein linker Arm ist fapott, ich bin von einem Lastauto überfahren, ich habe nur noch einen Arm aber ich habe noch zwei Beine und das ist immerhin ein großes Glück. Ich fann wandern frei und lustig über die Chaussee hinweg, durch die Täler, über Berge. Und sie kennen mich alle, meine Freunde von der Landstraße: die Wegewärter! Hallo, Mar heißt es, mal wieder auf der Tour bei diesem Wetter, sage ich: so recht ein Wetter nach meinem Geschmac Sturm und Regen, frei durch die Welt Arm in Arm mit allen Bagabunden: mit Walter von der Silberweide, mit Hutten, Litaipe, Billon, Peter Hille , Ulenspeegel und Götz Goethe Sturm, blase ins Jagdhorn- wir jagen die grauen Büffel, die da in großen Herden über den Himmel traben: die Wi- Wa- Wolken! Und die Trägheit jagen wir, die Trägheit der Gedanken und des Blutes, Jäger sind wir: unseren Pfeil jeder Rückständigkeit mitten ins Herz!
mal' n bißchen Sonne, mal' n bißchen Hagel
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wenn der Sturm
Tal, die alte Römerbrücke. Der Strom, schokoladenbraun, vom vielen Regen. Und ein weißrotes Dorf die Gänse schnattern mir nach im Wirtshaus' nen Schnaps und weiter, weiter, weiter. Das Blut treibt, ich fann nicht rasten geht, dann will das freie Blut mit. Umleitung. Die Chaussee. Auto links' rum! Ich aber gehe gerade aus. Die Straße ist aufgerissen, sie wird betoniert. Eine Betonkolonne ist bei emfiger Arbeit. Amerikanisches Tempo. Ei, Gewitter wird denn die Treiberei auch auf der Chausse Mode? Nö, es is nur von wegen dem Akkord. Gut, aber macht draus feinen Mord. Bleibt immer würdevolle freie Menschen. Treibt euch nicht selber an aus Affordsucht! Und nun stehen sie alle um mich herum die Betonarbeiter von der Chaussee seid ihr denn auch vom Verband, Freunde? Verband, Verband, ja, früher mal, und dann wir sind doch vom Dorfe. Und wenn ihr zehnmal vom Dorfe seid dann habt ihr nicht weniger Solidaritätsinteressen als die Arbeiter in der Stadt. Wie schön es jetzt im Herbst auf der Chaussee ist, die Apfel- Der da sympathisiert mit Hitler ein bißchen höhnisch ward das bäume hängen voller braunroter Früchte, an den Vogelbeerbäumen gejagt und er wird knallrot, der so Betupfte, er sympathisiert blitzen die dichten reifen Korallenbüschel. Blaue Perlen: Zwetschen. is nich wahr, is nich wahr sagt er, ich war nur aus NeuUnd der Duft der gelben Birnen. Durch die Tannen geht ein gierde auf der Versammlung. und zum Zeichen, ich gehe in den tiefes Geharfe. Im Eichwald rören die Hirsche. Raben wandern freien Verband! Die anderen sagen auch Ja. Die zwei Vorarbeiter durch die Luft, nordhin fenne ich füdhin aber fliegt der spize scharfe Keil, sie sind aus der Stadt, längst organisiert gewiß, die wilden Schwäne. Mein Grashüpfer, singe, das Leben ist schön sagen fie: Wir bringen Aufnahmescheine mit- für alle! heute sind wir glücklich, in diesem Augenblick genießen wir das Und unter Sturm und Reden schwägen wir noch ein Weilchen Leben frei, froh, gemeinsam! Alles, was da ist auf der Welt, dem Akkord zum Troßz. Unsere Sprache und unser Gefühl deutet bildet eine große Solidarität und sieht die große Arbeiterarmee auf dem Vormarsch. wenn das Herz die Bindung voll= die siebenbringt. Tag, Genosse Straßenwärter na, ist die Laune günstig? mal Hunderttausend freien Arbeitssoldaten, vorneweg rote Weltenbanner Noch Freude am Leben? Ei, gewiß. die Armee der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe Und wir kommen ins Gespräch, den Buckel gegen den stürmenund des Personen- und Warenverkehrs marschiert hin zur Milden Wind lion Mitglieder! Werben, werben, Genossen die Arbeiter der pummpumm: da fallen zwei Alepfel. Frage her Frage hin. Wie der Winter wird soll ich sagen: ja: hart wird Chaussee gehören zu uns: alle, alle! Ja, wir kommen. Die Hand er, der Winter, die Armen werden den Hungerriemen noch etwas zur Treue: dreißigmal fühle ich den Druck. Adjes, Frei- Deutschland! anziehen müssen aber schließlich, im Krieg war's noch schlimmer. In den Parlamenten, unsere Genossen sind nicht stumm! Sie kämpfen um die Sozialrechte des Proletariats. Ein Auto rrrr, es hält: Mag, steig ein! Nö, nich in die Tüte, zu Fuß will ich laufen was hab ich von der Sauserei, und ich sage nicht gern danke! Auto ab! Genosse Straßenwärter, leb wohl und er präsentiert, mit der blanken Schaufel. Ich meiß, er ist ein treues Verbandsmitglied, jede Frage ist da überflüssig. Uebrigens, sie sind alle organisiert, im Gesamtverband, meine Freunde und Kameraden von der Chauffee. Horche, der Ruf des Nußhähers vom Waldrand her: nö, Herr Häher, ich gehe nicht an deine Nüsse, streite du mit der Eichkah. Es Fällt ein wenig Regen Kragen hoch und es wird eins gepfiffen Kopf gegen den Sturm. Weiß und rot hüpfen die Straßenstein: es geht um die Kurve!
vorbei
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Und da stehe ich schon wieder bei einem dritten Kollegen, bei einem anderen Straßenwärter, oben am Bergbuckel, wir haben uns ein wenig unter die breiten Schirme der Kiefern gestellt Des Regens wegen aber hinten wird der Himmel schon hell Silber taucht unterm Grau auf, am Himmel, der Sturm zerhackt die Wolfen der Himmel wird ballig und würfelig tschiii, saust der Weltenwind durch die Kiefern, die Stämme leuchten orangen. Und er fragt mich, Kollege. Straßenwärter: Mar, is das wahr von Spanien ? Jamohl, Spanien hat sich zur Arbeiterrepublif" erPlärt, unter sozialistischer Führung. Und den Krieg hat das ipanische Barlament als Unfultur für immer aus der spanischen Politik verworfen nicht mehr Krieg als lezte Abrechnung sondern Berständigung über Streitfälle. Ja, Spanien uns beiden leuchten die Augen vor Freude als nächstes kommt Italien dran. Der Mussolini wird dem Alfonso nachmarschieren. Hoo der Sturm tschiii evviva Italia libera! Freie Chaussee. Freie Straße für alle Völker! Adjes, Genosse grüße mir dein Dorf.
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SP
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Und Treue zum Verband! Natürlich immer. Weiter wandere ich glücklich durch Sturm und Wetter. Das
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Und wieder wandere ich, einsam und doch nicht einsam- Frau Einsamkeit ist die geschmäßigste Gefährtin. Einsam bist du den Menschen am allernächsten. Der Sturm geht klatschend über die fahlen Aecker aus der Höhe klingt der scharfe Schrei des Habichts. Blaue Meisen pfeifen ganz leise im Tannenstück taum hörbar unterm Sturm. Es duftet nach Thymian und Schafgarb: die bunten Kräuter der Chaussee. So viel Schönheit ist da. Nachmittag. Ich bin naß. Wieder: Umleitung! Chausseebaut. Diesmal ein Teerstück. Unten wird Schotter neugelegt. Hallo guten Tag zur rechten und linken! Wir kennen uns ja, altorgani fiertes Chausseevolt, hier brauchste nicht werben. Hier steht roter Granit. Die Dampfwalze Maschinist und Heizer ja, ich stelle mich mit ihnen gegen das Feuer- ich bekomme heißen Kaffee- wir stopfen die Pfeifen, wir reden: von England und Indien , von Bra silien und Kanada und Texas , von Börsen, Gold, Gandhi , Kaffee, Weizen und wolle und Lahusen reden wir Proletaen von der Landstraße durch Verband und Partei aber zu wissenden und kühn wollenden Menschen erzogen mit Interesse an Weltwirtschaft und Völkerpolitik! Leise zischt die Lokomobile, das Blutventil der Dampfmalze der Regen flatscht aufs fleine Wellblechdach eng aneinander haben wir uns geschmiegt: in Sturm und Wetter ein kleines Häuschen pulsierenden Lebens Sozialisten und Kämpfer, interessiert an ailem Menschlichen. Walter von der Silberweide singt uns sein Volkslied ,, Unter den Linden, auf der Heide!" Suttan- trumpft auf: Ich hab's gewagt!" Litaipes freie Chinalieder. Revolte gegen die Kriege! Villon , der Pariser Rebellenjänger um Anno 1450. Peter Hille , der Philosoph der Landstraße, halber Romantiker halber Carmagnole. Und der Ulenspeegel is hier mit Schellenkappe und Dudelsack, die Weisheit im Narrenkleid. Und da Handschlag der Götz, der junge stürmende Goethe: der Straßenläufer, auch er ist bei uns alles Brüder der Chaussee alles, was frei im Herz und in der Seele iſt das horcht mit uns auf den Choral des Sturms. Genosse: drei Schippen Kohle ins Feuer die Dampfwalze!
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Fritz Wiesenberger: Im Glasbläferdorf
Wir hatten am Tage vorher die Schokoladenfabrik in Saalfeld besichtigt und waren erstaunt über die riesenhaften Anlagen und großen Bauten, über den Mechanismus, der täglich Zehntausende von süßen braunen Schokoladentafeln zur Welt bringt. Am Nach mittag hatten wir das herrliche Schwarzatal durchwandert, ein Bad in der kristallklaren Schwarza genommen, und einige Stunden später mackelte die Bimmelbahn mit uns von Schwarzburg nach Neuhaus. Bei eintretender Dunkelheit wurde der Rennstieg überschritten, und spät am Abend stiegen wir in das Tal hinab, wo vereinzelte Lichter die Häuser von Lauscha erkennen ließen. Wir maren start ermüdet; aber der Gasthof lag oben auf dem Berge. Noch eine dreiviertelstündige Wanderung bergauf mußten wir also in Kauf nehmen.
Ein regnerischer Tag ist angebrochen. Unsere Gastgeber haben uns gut bewirtet. Wir sind überhaupt erstaunt über das muntere rege Leben im Gasthof. Schon ganz früh sind die Roten Falken" aus Sonneberg gekommen, es mimmelt von ihren blauen Kitteln, und das lustige Gezwitscher ist im ganzen Haus zu hören.
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Dann steigen wir ins Dorf hinab. Ein feiner Sprühregen rieselt hernieder. Das trübe Wetter, die grauen Schieferdächer der Häuser unten im Dorf und die mit Kiepen beladenen Männer und Weiber, die heute am Wochenende wohl einkaufen wollen, erzeugen eine seltsam gedrüdte Stimmung. Auch durch das Hochzeitspaar, das eben aus der auf halber Höhe des Berges liegenden Kirche kommt, wird dieser Eindruck nicht beseitigt. Im Gegenteil, man tommt zu dem Ergebnis, daß das Kennzeichen der Armut und der Not nicht immer die schlechte Kleidung und die schlechte Aufmachung zu sein braucht. Auch diesem Brautpaar haftet etwas an, was man überall hier vorzufinden glaubt und was im Grunde Aermlichkeit und Not zu sein scheint.
In den Fenstern sieht man überall Glasfiguren, Spielzeug usw., das zum Verkauf aushängt. Die Geschäfte scheinen alle an einem bestimmten Platz zusammengelegt worden zu sein. Dort ist die Filiale einer Kolonialwaren- Großfirma, und etwas abseits liegt das Grünframgeschäft. Mehr scheint außer dem Bäder und dem Friseur nicht vorhanden zu sein.
Eigentlich besteht das Dorf nur aus drei Straßen. Eine liegt im Tal, und die beiden anderen führen auf die Berge hinauf. Wir stehen jetzt im Tag auf der Geschäftsstraße". Die Männer und Weiber mit den Kiepen scheinen auch hier das Straßenbild zu beherrschen.
Wir fragen nach der Glasbläserei. Es ist wieder ein gutes Stüd Weges bergaufwärts. Nach der Besichtigung der großen Schottschen Glashütte in Jena ist man auf diese Glasbläserei hier
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oben im Gebirge etwas gespannt. Auf dem Wege kommen wir mit einem Heimarbeiter ins Gespräch. Er zeigt uns seine Erzeugnisse, meistens Christbaumschmuck, und flagt uns seine Not. Schon immer wurde die Heimarbeit im Verhältnis zur Fabrikarbeit schlecht bezahlt. In den großen Bläsereien wird das Glasmaterial für die chemische Industrie usw. hergestellt, während sich der Heimarbeiter auf fleinere Gegenstände wie Spielzeug usw. beschränken muß. Und wer kauft heute Spielzeug und Christbaumschmuck?
So tommen wir in die Bläserei. Ein mäßig hoher Raum und entsetzliche Hize empfängt uns. Sämtliche Männer arbeiten mit entblößtem Oberkörper. Wir gehen von Ofen zu Ofen, in deren Nähe die Glut fast unerträglich wird. Diese hohen Temperaturen find nötig, damit die flüffige Glasmasse geschmeidig bleibt. Hier werden lange Röhren für physikalische Zwecke hergestellt. Ein Arbeiter nimmt zunächst die Flüssigkeit aus ihrem Behälter und be= fördert sie auf das Blasrohr. Schon springt ein zweiter Arbeiter hinzu und erfaßt mit seinem Blasrohr ebenfalls die Glasmasse. Beide Arbeiter eilen, damit die Masse nicht vor der Formung frühzeitig erfaltet, schnell in einen langgestreckten Gang. Während der eine stehen bleibt, läuft der andere den Gang entlang, und so wird die Masse auseinandergezogen. Durch Schwenken und Blasen entsteht nun das Glasrohr.
Die Arbeit ist anstrengend und gesundheitsschädigend. Vor allen Dingen wird die Lunge durch das Blasen stark in Mitleidenschaft gezogen. Es wird im Akkord gearbeitet. Der Bruttolohn steigt selten über 45 Mark.
Wir müssen bald wieder ins Freie. Die Temperatur ist für uns nicht länger zu ertragen. Draußen rieselt noch immer der seine Regen herab; aber wir fühlen uns trotzdem sicher und geborgen.
Die ersten Spuren des Elfenbeins und seiner Bermendung lassen fich bereits in der Steinzeit nachmeisen. Man hat wenigstens Steinzeitmerkzeuge mit Nadeln aus Elfenbein gefunden, ferner Mammutstoßzähne, auf die mit spigen Steinen Zeichnungen eingeschnitten stoßzähne, auf die mit spigen Steinen Zeichnungen eingeschnitten waren. Die ältesten Gebrauchsgegenstände aus Elfenbein, und zwar Nadeln, fleine Figuren, Toilettengegenstände, Büchsen und Dosen, Sicherheit auf 1100 vor Chrifti Geburt zurückzuführen ist. Auch in fand man in den Pyramidengräbern, deren Alter mit absoluter der Bibel wird das Elfenbein erwähnt, insbesondere im 1. Buche der Könige, wo von dem ,, elfenbeinernen Thron" berichtet wird, den fich König Salomo anfertigen ließ. Wahrscheinlich sind die in den Byramidengräbern gefundenen Figuren aus Elfenbein Götterbilder. Auch andere Völker als die Aegypter fertigten aus dem kostbaren Material Bi'der ihrer Götter an.
Die höchste Lebensdauer einer Palme beträgt 250 Jahre,
Tear Tiere gaffen uns an!
Holbrook:
Immer wieder wird die Jugend auf die Ameise als leuchtendes Beispiel des Fleißes hingewiesen, und diese betriebsamen Tiere scheinen sich solcher Ehrung vollauf bewußt zu sein. Denn ihr Gehaben entbehrt nicht eines gewissen Exhibitionismus. Sie wissen, daß sie beobachtet werden, und ich kann den Verdacht nicht losmerden, daß sie sich, wenn ihnen niemand zusieht, genau so wie Menschen dem Müßiggang ergeben. Profeffor Leonidas Schwumpi zum Beispiel berichtet, daß die blaugetupfte Tanaquil Ameise ihre ganze Zeit damit verbringt, von Dattelpflaumenbäumen die Rinde abzuschälen und sie in die Erde zu vergraben. Der Gelehrte erzählt, daß er zu diesem Schlusse gelangt sei, nachdem er mehrere Stunden auf einem Baume gesessen und eine Tanaquil- Ameise durch ein Fernrohr betrachtet hatte. War nun Professor Schwumpf in der Tat berechtigt, eine solche Behauptung aufzustellen? Nein! Ich möchte wetten, daß die blaugetupfte Tanaquil - Ameise, nachdem der Professor nach Hause gegangen war, sich gesagt hat: ,, Gott sei Dank, daß dieser langweilige Bursche mit seinem Fernrohr endlich verschwunden ist!", und daß sie dann den Rest des Tages hindurch keine Arbeit mehr angerührt hat.
Ein richtiges unvernünftiges Tier sieht weit lieber einem Menschen bei der Arbeit zu, als daß es selbst arbeitet, wodurch bewiesen erscheint, daß es doch nicht so unvernünftig ist. Wenn man auf der Landstraße eine Panne erleidet, dann werden sofort die Pferde und Kühe auf den benachbarten Wiesen mit dem Grafen aufhören, um die Bemühungen, den Wagen wieder in Gang zu bringen, zu betrachten. Kein Zweifel, daß sie die Lebensgewohnheiten des sonderbaren Wesens Mensch betrachten! Besonders Pferde legen ein unverkennbares Interesse für das Leben und Treiben der Menschen an den Tag. Dieser Umstand dürfte auch die Erfindung der Schenflappen notwendig gemacht haben. Das Interesse der Pferde für Motorräder und junge Damen auf Fahrrädern ist so lebhaft, daß sie sich nur schwer dazu bewegen lassen, an jenen vorbeizugehen. Die Pferde pflegen vielmehr einen temperamentvollen Bogen zu machen, um die sonderbaren Erscheinungen besser betrachten zu können. Sehr verbreitet ist die Meinung, daß Flora und Fauna der Waldeinsamkeit die dichterische Inspiration beflügeln, und man den Illustrationen unserer verbreiteten Zeitschriften und Magazine glauben darf alle unfere literarischen Größen allsommerlid) in den Schoß der Natur zurückkehren. Ich kann aber nicht glauben, daß sie ihre unsterblichen Werke wirklich in der Waldeinsamkeit schaffen. Nehmen wir zum Beispiel an, daß Sie selbst während Ihres Sommerurlaubs plötzlich von Schreibwut befallen werden. Sie entschließen sich, in irgendeiner idyllischen Umgebung ein Sonett niederzuschreiben, nehmen Ihre Füllfeder, ein paar Blätter Papier und stürzer sich in den Wald. Nach einer halben Stunde gelangen Sie an eine Lichtung, die Sie als idyllisch bezeichnen zu können glauben. Sie sehen sich auf den Boden, schrauben Ihre Füllfeder auf, legen das Papier auf Ihre Knie und schreiben das Wort„ Sonett" nieder. Dann betrachten Sie aufmerksam eine verrostete Sardinenbüchse im Gestrüpp und fahren fort:
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,, O, düſtre Größe dieses alten Ahorns...
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Aber der Boden ist sehr hart. Vielleicht wäre es erträglicher, fich aufzuftützen. Sie stüßen sich auf den rechten Ellbogen und die Sonne scheint Ihnen in die Augen. Sie rollen sich auf den Bauch, nehmen ein neues Blatt Papier und schreiben:
,, O, düstre Größe dieses alten Ahorns, Wie sehr gleichst du..."
Die Schnalle Ihres Gürtels übt einen stets unangenehmen Druck auf Ihre Eingeweide aus. Nun stützen Sie sich für eine Weile auf Ihren anderen Ellbogen. Nach einer halben Stunde haben Sie den alten Ahorn in eine alte Eiche abgeändert, weil sich sonst fein vernünftiger Reim finden läßt, und leichter Kopfschmerz macht sich bemerkbar. Sie friechen in den Schatten und lehnen sich gegen einen Baumstamm. Aber hier gibt es Mücken und Stechfliegen. Sie begeben sich daher wieder in die Sonne und lehnen sich gegen einen Stein. Noch bevor Sie den passenden Reim auf Eiche" gefunden haben, entpuppt sich dieser Stein als der Privatbesitz einer Kolonie zwar fleiner, aber betriebsamer Ameisen. Eine von ihnen, die Vorfämpferin ihres Stammes, flettert an Ihrem Rücken empor, schnurstracks der Spize Ihres linken Ohrläppchens zu. Beim Versuche, den Vorposten in die Flucht zu schlagen, fällt Ihnen die Füllfeder auf den Stein. Während Sie die auseinandergebrochenen Teile zufammenlesen, trägt Ihnen ein Windstoß das letzte Blatt Papier davon. Nun ist nichts mehr zum Schreiben da auch wenn Sie etwas zu schreiben hätten. Sie können wieder nach Hause gehen. Das Sprichwort ,, Geh' zur Ameise, du Fauler, und lerne von ihr!" enthält, wie jeder Faule weiß, einen höchst überflüssigen Ratschlag. Man braucht sich vielmehr nur irgendwo in der freien Natur niederzusetzen, und die Ameise wird schon von selber kommen.
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( Berechtigte Uebersehung von Leo Korten.)
Das Meer der Neger
Zwischen dem 10. und 20. Breitengrad liegt das Karibische Meer . Es wird im Norden von den schönsten Inseln der Welt be= grenzt: Kuba , Haiti, Jamaika , Portorico . Im Westen liegt die zu Megiko gehörende Halbinsel Yukatan und ferner die Republiken Honduras , Nicaragua , Costarica , im Süden Panama , Columbien, Benezuela, Brasilien . Zahllose britische, französische, nordamerika nische Besizungen liegen im Gebiet des Karibischen Meeres, das man als das Mittelmeer der Neuen Welt bezeichnen kann.
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Es ist nun merkwürdig, daß die Bernegerung dieses großen Siedlungsraumes offenbar in vollster Entwicklung ist. Nichts scheint den Prozeß aufhalten zu können. Einzelne heroische Bemühungen werden als hoffnungslos beurteilt. So hat die Dominikanische Republit( auf Haiti ) strenge Vorschriften gegen die Negereinwanderung erlassen. Das Schwarze Haiti" auf der gleichen Insel, eine selb= ständige Republit, hat aber 100 Einwohner je Quadratkilometer, während das zu 75 Prozent weiße Domingo nur 20 Einwohner je Quadratkilometer hat. Der Drang nach Domingo ist also naturgegeben. Aber so ähnlich steht es rings um das ganze Karibische Meer. Es wird kein Jahrhundert vergehen, bis dort der weiße Mann ganz zurückgedrängt sein wird. Es wird dann der ganze mittlere amerikanische Kontinent von St. Louis am Mississippi bis zur Nordküste von Südamerika ein schwarzer Erdteil sein.
Tropische Pflanzenwelt auf den Güterbahnhöfen. Eine botanischwissenschaftliche Untersuchung der Umgebung der Güterbahnhöfe des rheinisch- westfälischen Industriegebietes hat 672 verschiedene tropische geschleppt und in der Umgegend sich eingebürgert haben. Besondere und subtropische Gewächse ergeben, die mit Barenfendungen einKlettensamen südafrikanischer, südamerikanischer und australischer Pflanzen haben Wurzel gefaßt, die aller Voraussicht nach mit Bollsendungen eingeführt worden sind. Andere Pflanzen stammen aus Bogelfuttersendungen, und mit Miesmuscheln sind Salz- und Strandpflanzen eingeführt worden. Eine Reihe Gewächse aus den südlichen Mittelmeergebieten sind mit Fruchttransporten in die Umgebung der Güterbahnhöfe gelangt.