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der Debatte hat gezeigt, daß die Nationalsozialisten alles, was fie außenpolitisch gefordert haben, verraten. Bor einem Jahr haben fie hier beantragt die Aufhebung des Bersailler Friedens, die Ein­stellung der Youngzahlungen und ein Ultimatum an Frankreich megen Berzicht auf die Reparationsleistungen. In der Erklärung Frids ist kein Wort von diesen Forderungen enthalten. Jetzt gehen fie aus dem Parlament hinaus, weil sie sich vor jeder verantwort lichen Abstimmung über Fragen der Außenpolitif feige vor dem gesamten Volk drücken. Hitler hat eine Erklärung aus dem Braunen Hause an Vertreter der ausländischen Presse versandt, die der vollständige Nachweis dafür ist, daß die Nationalsozialisten, einmal zur Macht gekommen, sofort friechen werden vor den aus­ländischen Kapitalisten, denn ihr ganzer Kampf gilt der Vernichtung der Rechte der deutschen Arbeiter. ( Stürmische Zustimmung links.)

Der Auszug der Nationalsozialisten erfolgt ferner, weil sie unter dem Befehl ihrer Geldgeber nicht wagen dürfen, hier im Reichstag für die Aufrechterhaltung des Tarifrechts zu ftimmen, für unseren Antrag, der die Reichsregierung auffordert, alle Pläne abzuweisen, die auf die Zerschlagung des Tarifrechts hinauslaufen,

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( Lärmende Zwischenrufe der Kommunisten.) Ihr habt in Rußland die Löhne schlimmer abgebaut als der reaktionärste Unternehmer in Deutschland für diesen Antrag dürfen die Nationalsozialisten nicht stimmen, ebensowenig für den weiteren sozialdemokratischen Antrag, der eine Neuregelung der Fürsten abfindungen unter Berücksichtigung der allgemeinen Notlage fordert. Auch die national­sozialistischen Wähler sind empört über die Art der Fürstenabfindung, über die Gerichtsurteile, die im Interesse der Fürsten gefällt worden find. Aber wie fann eine Partei öffentlich zu dieser Frage Stellung nehmen, deren Führer ja nur eine elende Marionette ist in der Hand der abgedankten Fürsten und Standesherren.( Lebhafte Zu­stimmung links.)

Wir stellen diese Flucht der Nationalsozialisten vor der Verantwortung fest. Wir scheuen uns vor diesen Herren nicht. Wir führen den Kampf mit den Na­tionalsozialisten ebenso im Parlament wie draußen. Darum sage ich: Diese Flucht der Nationalsozialisten nach der Niederlage der Harzburger Front beant­worten wir mit der Losung: Nieder mit dem Faschis mus, vorwärts für ein Deutschland der Demokratie! ( Lebhafter Beifall der Soz. Lärmende Zurufe der Komm.)

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Präsident Löbe: Da in dieser Debatte die beteiligten Parteien gesprochen haben, schließe ich sie, denn sie kann nicht endlos fort­geben.

Abg. Torgler( Komm.): Nach dem Auszug der Faschisten ist nun eine Mehrheit vorhanden für die Annahme einer ganzen Reihe von Anträgen, die noch vorliegen. Hoffentlich wird nicht durch eine Ver­tagung des Reichstages auf den St. Nimmerleinstag wieder die Möglichkeit zur Ausnutzung dieser Mehrheit beseitigt.

Nach Ablehnung einiger weiteren fommunistischen Anträge in gewöhnlicher Abstimmung tritt eine einstündige Pause bis 20 Uhr ein. Um 20 Uhr tritt der Aeltestenrat zusammen, um über den Tag der nächsten Vollsigung zu beschließen.

Zwanzig Minuten nach 20 Uhr wird die Sigung wieder auf genommen. Zunächst werden verschiedene sozialpolitische und mirt­fchaftliche Anträge Ausschüssen übermiesen, darunter auch zahlreiche jozialdemokratische und fommunistische Anträge, wobei die Kom munisten in einigen Fällen sofortige Abstimmung fordern und die leberweisung an Ausschüsse als Berschleppung bezeichnen.

Der kommunistische Entschließungsantrag, den Betrag

für die Panzerfchiffneubauten für Kinderspeisungen zu verwenden, wird mit 208 Stimmen der Sozialdemokraten, SAP. und Kommunisten gegen 191 Stimmen der bürgerlichen Parteien

angenommen.

Der fozialdemokratische Gesehentwurf betreffend die Fürsten­9abfindung wird ohne Ausschußberatung in erster Lejung an­yadan genommen,

der fofortigen zweiten Lesung miderspricht Abg. Graf eft ar p ( Bolfstons.) und hat damit Erfolg, da die zweite Lesung nicht auf der Tagesordnung steht.

Abg. Graf Westarp( Volkstons.) widerspricht auch der zweiten Lesung eines tommunistischen Gesezentwurfes auf Offenlegung der Steuerlisten. Darauf wird eber= meisung an den Haushaltsausschus beschlossen, wie übrigens auch für viele Anträge.

Angenommen wird der fozialdemokratische Antrag auf Winter­und Naturalhilfe für alle Unterftüßungsempfänger. Zwischendurch gibt es Erörterungen darüber, ob Entschließungen, die Bereitstellung von Mitteln fordern, nicht unter die neue Geschäftsordnungsbestimmung fallen, wodurch Beschlüsse auf Mehr­ausgaben erschwert sind. Dabei wird auch, wie Präsident Löbe als Ansicht der Juristen mitteilt, festgestellt, daß der Reichstag der Regierung nicht Aufträge erteilen dürfe.

Der fommunistische Antrag, die Harzburger Führer zu ver haften, wird gegen die Stimmen der Kommunisten abgelehnt.

Die sozialdemokratischen Aenderungsanträge zu den Not­verordnungen gehen an den Haushaltsausschuß.

Der sozialdemokratische Antrag, die Regierung aufzufordern, alle Angriffe auf das Tarifrecht abzuweisen, wird in nament­licher Abstimmung mit 319 gegen 80 Stimmen bei 7 Ent­haltungen angenommen.

Desgleichen der sozialdemokratische Antrag auf Einbringung eines Gesezes über die Besteuerung der Auswanderer.

Dann wird eine lange Reihe Anträge zugunsten der Beamten und der Winzer erledigt. Der Einspruch des Reichs­rates gegen den Reichstagsbeschluß betr. Gefrierfleisch einfuhr geht an den Haushaltsausschuß, nachdem der Kommunist Torgler fofortige Zurückweisung dieses Einspruches gefordert hatte, damit nicht wieder ein halbes Jahr vertan werde.

Um 22 Uhr wird ein Bericht des Wohnungsausschusses über den Mieterschutz in Berhandlung gezogen. Berichterstatter Lipinski ( S03.) schlägt vor, die Regierung zu ersuchen, eine Aenderung der ist. Die Regierung scheint tatsächlich eine solche Aenderung durch Notverordnung zu beabsichtigen.

mietengefehgebung zu unterlassen, bis das foziale Mietrecht gesichert

Der Antrag des Wohnungsausschusses wird angenommen. Die Genehmigung zur Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Dre wig( Bp.) und eines selbst beantragten Disziplinar­verfahrens gegen den Abg. Dr. Baade( Soz.) wird auf Wunsch dieser beiden Abgeordneten erteilt.

Präsident Löbe:

Wir stehen vor einer längeren Bertagung( 3uruf der Komm.: Bis 1940!), die Regierung hat gebeten, daß mir uns bis in den Februar vertagen, unter anderem wegen wichtiger Verhandlungen mit dem Stillehaltekonsortium.

Abg. Torgler( Romm.) beantragt, die nächste Sigung am Dienstag abzuhalten.

Abg. Erfing( 3.) beantragt, den Präsidenten zu ermächtigen, die nächste Sigung einzuberufen, aber nicht vor dem 23. Februar.

Der Antrag Torgler wird abgelehnt, der Antrag Erfing an­genommen. Nach 22% Uhr ist die kurze Oktobertagung des Reichs­tages beendet.

Neuer österreichischer Finanzminister. Der Bundespräsident hat den Abgeordneten des Nationalrates Dr. Weidenhöffer, zum Finanzminister ernannt,

Die Gewerkschaftsfront.

Die

00000

Bonzen!

Lohn­

Abbau!

R.G.O

Was auch kommt, sie steht!

Amerika am Ratstisch.

Aber nur im Hinblick auf den Kellogg - Paft.

Genf , 16. Oktober .( Eigenbericht.)

Amerita nahm am Freitag 3 um ersten Male an den Verhandlungen des Rates zur Beilegung des Konflikts in der Mandschurei teil. Es ist durch seinen Generalfonful in Genf ,

Gilbert, vertreten.

In der Freitagnachmittagssigung des Rats begrüßte Briand das Erscheinen Gilberts und bezeichnete es als ein

weltgeschichtliches Ereignis

von großer Tragweite. Gilbert perlas dann unter tiefster Stille des überfüllten Saales eine amerikanische Botschaft, monach fich die amerikanische Regierung mit Maßnahmen, die der Rat auf Grund des Völkerbundspaktes vorschlagen könne, nicht befassen werde. Aber der Kellogg Paft sei in der Meinung Amerikas

M

ein Instrument zur Verpflichtung der ganzen Welt zur friedlichen Regelung von Konflikten. Die Verbindung zwischen Völkerbund und dem Kellogg - Patt sei daher gegeben zur gemeinsamen Beratung des

vorliegenden Falles. Die Mitglieder des Rates bewillkomm neten darauf Amerita am Ratstisch. Nur der Vertreter Japans blieb stumm. Nach Gilberts Dant für den Empfang wurde die Sigung vertagt.

Am Sonnabend beginnen die geheimen Verhandlungen unter Teilnahme des amerikanischen Vertreters über ein vorläufiges Kompromis.

Der Kompromißplan.

In maßgebenden Völkerbundskreisen besteht nach der Hinzu. ziehung der amerikanischen Regierung die Absicht, eine endgültige

Die politische Debatte im Landtag. Abstimmung über die Mißtrauensanträge am Mittwoch.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen großen politischen Aus­sprache im Landtag nahm ferner das Wort

Abg. von Detten( b. f. F.), der cinleitend betont, daß er auf die Gründe seines Ausscheidens aus der Fraktion der Wirtschafts: partei, den er zusammen mit dem Abgeordneten Dr. Rhode voll­zogen hat, nicht eingehen wolle. Jedenfalls hätte die Entwicklung ihnen beiden recht gegeben. Es fäme alles darauf an, den Marris mus restlos zu beseitigen.

Abg. Stendel( D. Vp.): Die Teilnahme der Volkspartei am Volksentscheid sei gerechtfertigt gewesen.

Abg. Falt( Staatsp.) erklärt, daß die preußische Notverord mung durch die Reichsverordnung veranlaßt sei. Jezt tönne es fich nur darum handeln, Härten abzuschwächen. Die Not der Gemein­den werde vom Reich offenbar noch nicht in ihrer ganzen Größe erfannt.

! Beilegung des japanisch- chinesischen Streitfalls in der Weise herbei­zuführen, daß der Rat gemeinsam mit der japanischen Regierung feste Fristen für die Räumung der besetzten Gebiete in der Mandschurei festseßt. Zur Durchführung der Räumung soll eine internationale Kommission ernannt werden, die jedoch lediglich die Aufgabe haben soll, den Schutz des Lebens und des Eigentums der japanischen Staatsangehörigen im Räumungsgebiet zu übernehmen. Eine Kontrolle über die Durchführung der Räumung durch die japanischen Truppen selbst soll jedoch un­bedingt vermieden werden. Man hofft, auf dieser Grundlage zu einem baldigen Abschluß des Streitfalls zu gelangen.

Austritt Japans aus dem Bölferbund?

Zofio, 16. Oftober.( Reuter.)

Japans aus dem Völkerbund; man ist start enttäuscht durch den Beschluß des Völkerbundsrats, trotz der japanischen Bedenken,

Man spricht hier von der Möglichkeit des Austritts

die Vereinigten Staaten zur Teilnahme an der Behandlung der mandschurischen Angelegenheit einzuladen. Von maßgebender Seite wird erklärt, die Regierung habe eine derartige Maßnahme noch nicht erwogen, und es wird die Hoffnung ausgesprochen, daß der Bölferbund nach reiflicher Ueberlegung die Berechtigung des japani­schen Standpunktes anerkennen werde.(?)

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Nach dem Statut würde der Austritt Japans erst in zwei Bis dahin hätte Japan alien Jahren wirksam werden. Pflichten eines Bölterbundsmitgliedes nachzukommen.

Appell an Groener.

Gegen faschistische Mißwirtschaft in Braunschweig .

Die Sozialdemokratische Partei , Ortsgruppe Braun­ schweig , und der Allgemeine Deutsche Gemertschaftsbund in Braunschweig fandten am Freitagabend folgendes Tele gramm an den Reichsinnenminister:

,, In Braunschweig sind alle öffentlichen Aufzüge republikanischer Organisationen verboten. Braun­schweigische Regierung hat jedoch für Sonnabend und Sonntag Aufmarsch von 30 000 SA .- Mannschaften ge­stattet. Polizei läßt bewaffnete Hitler - Leute gewähren. Vom braunschweigischen Innenminister fann Schutz der friedlichen Bevölkerung nicht erwartet werden. Erbitten sofortiges Eingreifen."

Die Nazis im Reichstag haben den neuen Reichsinnen­minister Groener foeben, gemeinsam mit den Kommunisten, ihr schärfstes Mißtrauen ausgesprochen. Herr Groener hat in Braunschweig Gelegenheit zu zeigen, ob dieses Mißtrauen be­

Abg. Kidhöffel( Dnat.) fritisiert noch einmal die Sparmaß nahmen auf dem Schulgebiet. Die evangelischen Schulen feien zu gunsten der katholischen und jüdischen benachteiligt worden.( Zuruf des Abg. Dr. Ausländer( Komm.): Schäbiger Judenhezer! Ordrechtigt ist. nungsruf!)

Abg. Müller- Heisen( Kamm.) beschwert sich über die Hezze, die niften getrieben werde. Die Rede Severings sei eine Entlastungs­offensive für den Blutterror der Faschisten gewefen Am Tage der Abrechnung werde das Proletariat nicht die Schmach des Systems Severing vergessen.( Die Kommunisten rufen dreimal Nieder! und bringen ein dreifaches ,, Rot Front " aus.)

von den Nazis bis zu den Sozialdemokraten gegen die Kommu

Abg. Dr. Graf von Posadowiti- Wehner( Boltsrechtsp.) fordert eingehende Untersuchung, um die Urheber der Inflation festzustellen. Nach einer Rede des Abg. Hoffmann- Münster( Dnat.), der die Sparmaßnahmen an den Hochschulen kritisiert, wird die Aussprache geschlossen. Vor schwachbeseztem Hause beantragen die Oppositions parteien, mit den Schlußworten erst am Dienstag zu beginnen. Das Haus beschließt dementsprechend.

Nächste Sizung: Dienstag 12 Uhr. Tagesordnung: Schlußworte zur politischen Aussprache. Die Abstimmungen über die Mißtrauensanträge finden am Mittwoch statt. f

Volksbühne.

Anzengruber: Das vierte Gebot ."

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Großer Desterreichischer Abend in der Voltsbühne. Die Niese, die Werbezirt, Forster und Meigner, alles österreichische Anzengruberspieler, die außerordentliches Interesse er­weden. M. H.

Fünftagewoche in der Tschechoslowakei . Von der Regierung beantragt: Und bei uns?

Prag , 16. Oktober .( Eigenbericht.) Die tschechische Regierung hat dem Parlament einen Ge. fehentwurf zur Belämpfung der Arbeitslosigkeit vorgelegt. Der Entwurf sieht die Einführung der Fünftage woche ohne kürzung der Löhne bzw. Gehälter vor. An Stelle der bis­herigen 48- Stunden- Woche tritt eine 40ftündige Arbeitswoche. Auch in den Betrieben, in denen noch 6 Tage gearbeitet wird, darf die Arbeitswoche nicht mehr als 40 Stunden betragen.

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Bekanntlich ist die tschechoslowakische Regierung eine Koa= Iitionsregierung,' in der die tschechischen und die deutschen Sozialdemokraten mitwirken.

Der Jagdunfall. Zu der Notiz: Feme in der Hitler - Partei, Anschlag auf den Verlagsdirektor des Böltischen Beobachters", in Nr. 462 des ,, Borwärts", schreibt uns der genannte Verlagsdirektor Amann aus München , es sei unrichtig, daß auf ihn ein planmäßiger Anschlag verübt wurde und daß er durch Schüsse aus dem Hinterhalt verletzt wurde. In Wirklichkeit habe er einen Jagdunfall er litten. Unrichtig sei auch, daß er zu Hitler in schärfstem Gegensatz ftehe, vielmehr stehe er zu diesem in einem fameradschaftlich- freund schaftlichen Verhältnis.