Einzelbild herunterladen
 

Morgenausgabe

Tir. 493

A 248

48.Jahrgang

Böchentlich 85 Bf., monatlid) 3,60 MR. ( davon 95 Pf. monatlich für Zustel lung ins Haus) im voraus zahlbar. Bostbezug 4,32 M. einschließlich 60 Pf. Boitzeitungs- und 72 Bf. Postbestellge bühren. Auslandsabonnement 6,-. pro Monat; für Länder mit ermäßig tem Drucksachenporto 5,- M.

Der Vorwärts" erscheint wochentäg­lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Jllustrierte Gonntagsbeilage Bolf und Zeit.

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Mittwoch

21. Oftober 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Nonpareillezeile 80 Bt. Reklamezeile 5,- RM. Kleine An­zeigen" das fettgedruckte Wort 25 f. ( zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Bf. jedes weitere Bort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pf. Familien. anzeigen Zeile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen. täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Verlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3 Fernspr.. Dönhoff ( A 7) 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Republik Spanien wehrt sich.

Schutzgesetz von der Regierung eingebracht.

Madrid , 20. Oktober.

Am Dienstagnachmittag verlas der Ministerpräsident in der Nationalversammlung den Entwurf eines Republikschuh­gefehes, das noch im Laufe des Abends zur Annahme gelangen foll. Das Gesetz fieht Gefängnisstrafen sowie Geldstrafen bis zu

10 000 Befeten vor. Außerdem ist die Strafe der Berbannung vor­gesehen: für Gewalthandlungen, die sich gegen die Republik richten, für Verbreitung falscher oder einseitig gefärbter Nachrichten auch durch die Presse, für Ver­herrlichung der monarchistischen Staatsform, für unerlaubtes Waffentragen, für Schließung von Industrien und Sperrung aller sonstigen Arbeitsmöglichkeiten( diese Bestimmung richtet sich vor allem gegen den Großgrundbesitz, der unbebaut bleibt), für sämtliche Streifs, die nicht acht Tage vor­her angemeldet find, für ungerechtfertigte Preissteigerungen und für Nachläffigkeit der Beamten in der Pflichterfüllung gegenüber der Republik . Der Innenminister fann die Bersamm­lungsfreiheit aufheben, Kundgebungen verbieten und Vereinsheime ufw. schließen.

Lavals Programm für Washington .

Die beiden Hauptprobleme: Abrüstung und Schulden.

Paris , 20. Oftober.( Eigenbericht.)

Hoover, obgleich, wie der Korrespondent befont, die Gegenstände der Unterhaltung offiziell nicht bekannt seien.

In der Abrüstungsfrage sei die Haltung Frankreichs so heißt es in dem Telegramm in dem dem Völkerbund Mitte Juli überreichten Memorandum festgelegt. Zu weiteren Herab­sehungen seiner Rüstungen sei Frankreich nur gegen präzise Abmachungen über einen effektiven gegenseitigen Beistand im Angriffsfalle" bereit. Eine Entwicklung in dieser Richtung scheine sich in amerikanischen Regierungskreisen bemerkbar zu machen. Amerika scheine jetzt zulaffen zu wollen, daß der Kellogg Patt durch einen konsultativpatt verstärkt werde. Die Frage sei jedoch, ob die Washingtoner Regierung darüber hin­aus auch das Prinzip der Santtionen gegen einen An­greifer, selbst wenn sie auf finanzielle und wirtschaftliche Maß­nahmen beschränkt würden, anerkennen wolle. Auf jeden Fall fönne man sicher sein, daß Caval in feiner Weise die nationale Sicherheit Frankreichs opfern werde.

Was die interalliierten Schulden und Repara­fionen anbetreffe, so werde Frankreich jedem Vorschlag auf Herabsehung zustimmen, wenn es wenigstens einen Teil der ihm zukommenden positiven Reparationszahlungen be­halte. Um ihre Begleichung zu erleichtern, fönnfen Sachliefe­rungen statt Barzahlungen geleistet werden, was zur Berringe. rung der Arbeitslosigkeit in Deutschland und Frankreich beitragen würde, indem die Sachlieferungen zu den großen öffentlichen Ar­beifen verwendet würden, die die franzöfifche Regierung auszuführen beabsichtige. Auf diese Weise könnte Deutschland auch die furz­

Der Sonderberichterstatter der Havas - Agentur an Bord der Ile de France " äußert sich in einem Telegramm über das Programm der Aussprache zwischen Laval und fristigen Kredite leichter zurückzahlen.

Reich und Kommunen.

Das ungelöfte Finanzproblem.

Die Arbeitsgemeinschaft der fommu= nalen Spitenverbände, der außer dem Deutschen Städtetag auch der Reichsstädtebund, der Deutsche Land . freistag und der Deutsche Landgemeindetag angehören, hat gestern in einer Pressebesprechung zu der Finanz­lage der Kommunen Stellung genommen.

Das Reich hat, wie Dr. Mulert vom Deutschen Städtetag ausführte, zwar einen Betrag von 170 Millionen für die Ge­meinden bereitgestellt, jedoch belasten die anderen in der Notver­ordnung vorgesehenen Maßnahmen der Reichsregierung die Kom munen aufs neue derart stark, daß

diese 10- Millionen- Hilfe völlig illusorisch wird. So hat die Verkürzung der Unterstützungsdauer in der Ar­beitslosenversicherung um vier bis sechs Wochen zur Folge daß die Kommunen, die an der Krisenfürsorge mit einem Fünftel, beteiligt sind, in den kommenden sechs Wintermonaten zusäßlich mit ins­gesamt 30 Millionen belastet werden. Ferner gibt die letzte Not­verordnung den Ländern das Recht, die Landesbeihilfen aus den ein­Gesparten Beamtengehältern für die Kommunen einzustellen. Breußen hat von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht und ein gleicher Schritt der anderen Länder steht bevor. Hieraus er­wächst den Kommunen eine weitere Verschlechterung ihrer Finanzlage um mindestens 70 Millionen. Außerdem muß man damit rechnen, daß der geschätzte Jahresdurchschnitt von 1,25 Millionen Wohlfahrtsermerbslosen im Winter erheblich überschritten wird. Man rechnet jetzt bereits mit 1,7 Millionen Wohlfahrtserwerbslosen Ende März 1932. Diese verschärfte Situation auf dem Arbeitsmarkt wird die Kommunalfinanzen weitere 40 Millionen kosten.

Auf der anderen Seite steht diesem unaushaltsamen Anwachsen der Wohlfahrtsausgaben ein Absinken der Ueberweisungssteuern und der eigenen Steuern gegenüber, das allein bei den Ueber­weisungssteuern auf 140 Millionen im laufenden Finanzjahr geschäßt wird Gegenüber dem Voranschlag vom Juli 1931 muß also mit einer weiteren Vergrößerung des Gemeindedefizits von 40 Mil­lionen aus dem Rückgang der Ueberweisungssteuern gerechnet werden. Zusammengenommen ergibt diese Aufstellung

eine zufähliche Belaffung der Gemeinden und Gemeindeverbände von 205 Millionen,

also etwa der gleichen Summe, mit der das Reich den Gemeinden beigesprungen ist. Bon irgendeiner tatsächlichen Entlastung durch das Reich ist daher nicht die Rede. Im Gegenteil wird die für den 1 April 1932 beschlossene Senfung der Hauszinssteuer neue Einnahmeverluste für die Gemeinden nach sich ziehen. Die Bertreter der übrigen Spizenverbände unterstrichen nach drücklich die Ausführungen Dr. Muleris. Zusammengefaßt fordern die Präsidenten der vier fommunalen Spitenorganisationen, daß das Reich eine wirksame Entlastung der Gemeindefinanzen durchführe Das gesamte Defizit der deutschen Kommunen, das im Juli auf 800 Millionen geschäzt wurde, ist jegt, nach Abzug der etwa

300 Millionen Mart Einsparungen und einschließlich der Hoch schraubung der Bürgersteuer( Kopffteuer) auf 400 bis 450 Millionen Mart zu beziffern, für die es bei Anspannung aller Kräfte teine Dedung gibt. Die vom Reichsfinanzminister Dietrich Anfang Oktober aufgestellte Behauptung, daß von den 53 000 deutschen Kommunen nur etwa 2000 bis 3000 notleidend wären, wurde ganz energisch zurückgewiesen. Mit dem nachdrücklichen Hinweis,

daß die Gemeinden als der eigentliche Unterbau des Reiches gesund erhalten werden müssen, wenn das gesamte Staats­gebäude nicht erschüttert werden solle,

fordern die kommunalen Spitenorganisationen neben der finanziellen Entlastung durch das Reich die von ihnen wieder vertretene organisatorische Reform der Arbeitslosenhilfe durch Zu­sammenlegung von Krisenfürsorge und Wohlfahrtserwerbslosen und ein vorbehaltloses Zusammenarbeiten von Reich, Ländern und Gemeinden, um die Not des fommenden Winters ge­meinsam zu überwinden.

Mont Cenis .

Sozialdemokratische Anfrage über das Gruben- Unglück.

Die sozialdemokratische Fraktion hat im Preußischen Landtag zu dem Unglück auf der Zeche Mont Cenis folgende Große Anfrage eingebracht:

In der Morgenschicht des 19. Oftober 1931 ereignete sich auf der 5. Sohle, westliche Abteilung im Revier 5, Flöz A der Zeche Mont Cenis Schacht 1/3 in Herne eine Explosion. Durch diese Explosion sind zahlreiche Bergarbeiter getötet und 22 verlegt worden. Unter den Verletzten befinden sich eine Anzahl Schwer­verletzter, die kaum mit dem Leben davonkommen werden. Aus diesem Katastrophenbetrieb find von den Bergarbeitern wiederholt lebhafte klagen über das dort herrschende Antreibesystem geführt worden. Das Antreibesystem soll dort so stark gewesen sein, daß es den Bergarbeitern geradezu unmöglich gemacht wurde, die für die Grubensicherheit notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu be­folgen, wie von den Bergarbeitern glaubhaft versichert wird, haben die höheren Angestellten dieses Werkes stets eine lebhafte pro­paganda für den Stahlhelm und das Hakenkreuz unter den Bergarbeitern betrieben, aber die notwendige Sorgfalt für die Grubensicherheit sehr nermissen lassen. Dieser Zustand hat zur Ansammlung der Schlagweffer und Anhäufung des Kohlen­flaubes geführt und die Grubengefahren reifen laffen, die dann den Nährboden zu dieser Katastrophe abgaben.

Wir fragen das Staatsministerium, ist es bereit, zu prüfen: 1. ob das Antreibesystem dieses Unglüd mitverschuldet hat; 2. ob Schlagwetter oder Kohlenstaub den Nährboden für diese Sata­ftrophe gegeben haben; 3. durch welchen Borgang diefe Explosion eingeleitet wurde und 4. was gedenkt das Staatsministerium zu tun, um solche Explosionen unmöglich zu machen."

Postscheckkonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Lindenstr. 3. Dt. B. u.Disc.- Ges., Depofitent., Jerusalemer Str. 65/66.

Wie macht man Inflation?

Pläne der Industriediktatur?

Von Kurt Heinig .

Inflation und Diktatur wachsen auf einem Holz. Mit der sogenannten Binnenmark will sich die Induſtriediktatur bezahlt machen. Das ist der ganze Plan, und der Reichs­präsident Hindenburg soll dabei die Dekoration abgeben..

Jetzt schreien die Getroffenen und Geschlagenen, sie seien für Verständigung und sie wollten feine Inflation. Am ihnen Währungserperimente ganz fern lägen. Sie hätten allereifrigsten betonen die Nationalsozialisten, daß nie die Absicht gehabt, auch nur solche Ideen zu unterstützen. Diese Entschuldigungen flingen fomisch, wenn man sich daran erinnert, daß die Nationalsozialisten in Harzburg die Prak­tifer der Inflation unterstützt haben.

Was ist eigentlich Inflation?

Die Menge der Geldzeichen, des Stückgeldes( Noten und Metallgeld) steht in einem gewissen Verhältnis zur Menge der umlaufenden Ware. Dabei ist nicht entscheidend, daß, und inwieweit die Geldzeichen mit wirklichem Gold gedeckt sind, daß also der Herausgeber der Noten( die Reichsbank) eine entsprechende Menge goldenen Gegenwert in seinem Keller aufhebt. Das wichtigste an einer Währung ist das Vertrauen, das sie genießt. In der ganzen Welt will man wissen, wieviel Geldzeichen in einem Lande vorhanden sind( darüber berichten die Ausweise der Notenbanken), überall will man ermessen, ob die in einem Lande umlaufenden Geldzeichen in einem gefunden Verhältnis zum Warenhandel und damit auch zur Warenproduktion stehen.

weil viele Leute die in ihrem Besitz befindlichen Geldscheine

Wird die Menge des umlaufenden Stückgeldes geringer,

in Bertilos und Geldschrank einschließen, so erzeugt diese Verknappung an Umlaufmitteln sehr unan­erlebt, als Sparkassen und Banken nicht genügend Geld zur genehme Folgen. Das deutsche Volk hat das erst kürzlich Verfügung hatten. Steigt der Warenumjazz, so ist die Geld­schöpfung sehr einfach. Auf der Grundlage der abgeschlossenen werden Handelswechsel aus= Warenbestellungen geschrieben, über die Banken und mit deren Unterschrift ver­fehen, kommen die Wechsel zur Reichsbank und werden hier gegen bares Geld ausgetauscht. Sowohl Knappheit der Geld­zeichen wie Vermehrung der Umlaufsmittel ist in diesen beiden eben geschilderten Beispielen ein normaler Borgang. ursachen, aber feines fann eine Inflation erzeugen. Beides kann in schwierigen Zeiten auch Reibungen ver­

Was wollen aber die Nationalsozialisten und was will .Hugenberg?

Beide wünschen eine Binnenmart, also neben unserer bisherigen international gültigen Mark soll für das Inland noch ein besonderes Geld geschaffen werden. Die Nazis haben nach ihrem Programm, nach ihren Vorschlägen im Reichstag und ihren sonstigen Aeußerungen die Absicht, drei Sorten neues Binnengeld zu schaffen wenn sie an die Macht kommen. Sie wollen drucken:

1. Reichsdarlehenskassenscheine, 2. Baumarfscheine,

-

3. sollen alle öffentlichen Schuldtitel in Zahlungsmittel umgewandelt werden.

Die Reichsdarlehenstaffenscheine wollen die Nationalsozialisten auf die Art erzeugen, daß in Zukunft bei der Durchführung aller öffentlichen Aufgaben des Reichs. der Länder und der Gemeinden die Bezahlung durch zinslose Reichsdarlehnskassenscheine erfolgt. Man denke z. B. an den Bau von Kraftwerken, Kanälen, Schulen usw. In allen diesen Fällen sollen die Lieferanten und die Arbeiter mit Reichsdarlehenskassenscheinen bezahlt werden.

Die Bauaufgaben, die die Wohnungsnot uns immer wieder neu stellt, sollen auf die gleiche Art finanziert werden. Zu diesem Zweck zu gründende Bau- und Wirtschaftsbanken sollen Bau marfscheine ausgeben, die ebenfalls wieder jedem Handwerksmeister und jedem Arbeiter in Zahlung zu geben sind.

Im übrigen sollen nach dem Vorschlag des national­sozialistischen Programmes die Kriegsanleihest ü of e und alle übrigen Schuldverschreibungen des deutschen Reiches und der deutschen Bundesstaaten, alle Eisenbahn­anleihen und die Schuldverschreibungen aller Selbst­verwaltungsförper, unter Aufhebung der Zinspflicht, zu gesetzlichen Zahlungsmitteln im Nennwerte erklärt werden.

Wie haben heute in Deutschland insgesamt etwa sechs Milliarden Zahlungsmittel im Umlauf, ein bestimmter Teil davon ist von ängstlichen Leuten in den Strumpf gesperrt. Die fünf Milliarden, die im Kreislauf des täglichen Verkehrs