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Opposition bei den Neuwahlen eine Lage schaffen müsse, die sie vom Zentrum unabhängig macht.

Abg. Dr. Boelih( D. Bp.) verlangt noch einmal nachprüfung und Aenderung der preußischen Notverordnung Einen dahingehen­den Antrag müßte der Landtag mit Mehrheit annehmen. Die Not­verordnung zeige schulpolitisch auch rach den Auffassungen des Zentrumsredners eine nicht zu verkennende sozialistische Tendenz. Die Angaben des Kultusministers über die Zahl der abgebauten Studienassessoren seien nicht zutreffend. Seine Frattion werde der Aufforderung des Ministers nachkommen und im Aus­huß bessere Borschläge machen.

Abg. Grekler( St.-B.) erklärt, daß die Fürsten abfindung der heutigen Notlage des Staates entsprechend neu geregelt werden müsse. Er hoffe, daß sich dafür eine Mehrheit von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken finden wird.

Damit schließt die Aussprache.

Die Abstimmungen finden nicht wie vorgesehen am Mittwoch, sondern erst am Donnerstag, 14% Uhr, statt.

Es folgt die Beratung des fommunistischen Urantrags auf Ein­fegung eines Ausschusses zur Untersuchung der

Verhältnisse in den Fürsorgeanstalten.

Abg. Schulz- Neukölln( Komm.) begründet den Antrag mit der Schilderung der Zustände in den Anstalten Scheuen und Ricklingen. Das Wohlfahrtsministerium spreche wahrheitswidrig von Einzel­fällen. Die sozialdemokratische Stadträtin Weyl sei durch Vertuschen der Zustände in Scheuen mitschuldig.

Abg. Frau Weffel( 3.) erklärt, daß der Vorredner verallge­meinert habe. Auch das Zentrum habe Wünsche nach Reformen. Aber die kommunistische Verhegung in den Anstalten mache, oft die mühseligste Erziehungsarbeit zunichte. Fürsorgeerziehung habe mit Politik nichts zu tun. Der Fall Scheuen beweise, daß Auswahl und Ausbildung der Erzieher das wichtigste ist. Den Kommunisten sei es nicht um Besserung der Verhältnisse in den Anstalten zu tun, sie mollten nur politisches Kapital aus den Mißständen schlagen. ( Großer Lärm bei den Kommunisten. Rufe: Gemeinheit! Unver­schämtheit! Jesuitin! Abg. Kasper wird zweimal zur Ordnung ge= rufen.)

Aba. Frau Wachenheim ( Soz.):

Wir stellen fest, daß in allen von den Kommunisten vorge­tragenen Fällen entweder gerichtliche Verfahren abgeschlossen sind, in denen die Schuldigen bereits abgeurteilt sind, oder daß andere Verfahren noch schweben. Die sozialdemokratische Fraktion hat keine Ursache, der Einsegung eines Ausschusses zuzu­ftimmen, der nur untersucht, was von anderen Instanzen bereits festgestellt wurde. Sie hat sich immer für die Aufklärung und Ab­stellung von Mißständen eingesetzt und nur auf ihre Initiative hin fonnte der Fall Ricklingen vor dem Parlament aufgeflärt werden. ( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)

Im Fall Scheuen, der von allen Sozialdemokraten bedauert wird, sind nach den gerichtlichen Feststellungen von den zuständigen Organen längst die erforderlichen Konsequenzen gezogen worden. Die fozialdemokratische Frattion wendet sich nicht gegen die politische Aufklärung schlechthin oder gegen die Zugehörigkeit zu einer poli­tischen Partei, sie wendet sich aber gegen die

systematische Aufhehung der Fürsorgezöglinge durch kommu­nistische Zellen

zu Gewalttaten gegen die Anstaltsleitungen, die immer mit Tragödien für die Zöglinge enden muß. Nicht mit Untersuchungs­ausschüssen ist da etwas zu erreichen, sondern nur durch Reformen, für die die Sozialdemokraten fämpfen, und zwar mit dem Erfolg, daß der Wohlfahrtsminister die bessere Aufsicht der Anstalten durch die Fürsorgeerziehungsbehörden sowie die Einschränkung der Arbeitszeit, Aufhebung des Schweigegebotes, des Dunkelarrestes und des Kahlscherens angeordnet hat. Außerdem steht die Zusammen arbeit zwischen Fürsorgeerziehungsbehörden und Jugendämtern und beffere Regelung der Erzieherausbildung bepor.

Die Hauptmängel der Fürsorgeerziehung liegen im Reichsrecht, das die Jugendwohlfahrtspflege auseinanderreißt, die schwer Erziehbaren zusammendrängt und damit ihre Erziehung noch weiter erschwert.( Sehr mahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Wohlfahrtsminister hat beim Reichsminister des Innern die Herablegung der Lebensaltersgrenze der zu Erziehenden durch Not rerordnung beantragt. Ganz abgesehen von den Zweifeln in die verfassungsmäßige Berechtigung eines solchen Vorgehens muß ich feststellen, daß eine Herabjegung des Alters in der Fürsorgeerziehung nur dann möglich ist, menn für einen Ersag der jugendlichen Maß­nahmen gesorgt ist.( Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)

Meine Frattion wird sich von dem kommunistischen Vorgehen fernhalten, dafür aber mit aller Energie für die Modernisierung der Fürsorgeerziehung weiterfämpfen.( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Der Antrag der Kommunisten wird abgelehnt. Hierauf bringt Abg. Otter- Bochum( S03.) eine

große Anfrage über das Grubenunglüd auf Zeche Mont Cenis ein. In der Anfrage kommt zum Ausdrud, daß auf der Unglücks­zeche ein solches Antreibersystem herrscht, daß die Berg­arbeiter die nötigen Sicherheitsmaßnahmen nicht haben durchführen fönnen.( hört! hört! links.) Auf der anderen Seite habe aber die Direktion dieses Bergwerks Gelderin erheblichem Um fang für den Stahlhelm übriggehabt.( Lebhaftes hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Otter beantragt, die große Anfrage fofort auf die Tagesordnung zu feizen und ohne Aussprache dem Ausschuß zu überweisen.

Mog. Bord( Dnat.) bezeichnet die große Anfrage der Sozial­demokraten unter großer Unruhe der Linken als eine Unver­schämtheit.

Abg. Schwenf( Komm.) widerspricht der Ausschußberatung. Der Weltestenrat habe beschlossen, alle Anträge und Anfragen über das Grubenunglüd am Mittwoch bei der Frage der Grubensicherheit mit zu behandeln.

Das Haus beschließt, die sozialdemokratische große Anfrage am Mittwoch mit zu behandeln. Nächste Sigung Mittwoch, 12 Uhr. Tagesordnung: Anträge und Anfragen über das Grubenunglüd.

Optimismus in Genf .

Japan mit Zuziehung Amerifas einverstanden.

Genf , 20. Oftober.( Eigenbericht.) Die optimistische Beurteilung der Ratsmitglieder hat sich noch verstärkt, da die günstigen Bendungen in der Haltung Japans in der Mandschurei bestätigt wurden. Das japanische Außenministerium gibt offiziell bekannt, Ber­handlungen zwischen dem japanischen Botschafter in Washington und Staatssekretär Stimson hätten alle Mißverständnisse über die Be­rufung des Gesandten Gilbert in den Bölferbundsrat aufgeklärt. Japan hat sich mit dieser offiziellen Verlautbarung mit der Berufung Gilberts einverstanden erklärt.

Das Washingtoner Staatsdepartement hat an die Regierungen von Japan und China gleichlautende Noten übersandt, in denen auf die Verpflichtungen des Kelloggpattes hingewiesen wird.

" Die schalkhafte Witwe".

Linden- Oper.

Eine fomische Oper von Wolf Ferrari , deren matter vor­geftriger Musit, der ein über die Maffen langweiliges Libretto zu grunde liegt, alle handwerkliche Meisterschaft des Komponisten nicht viel hilft. Die Aufführung, die Leo Blech leitete, war aus= gezeichnet. A. M.

Meistersinger, Aft III

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Drewitz

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Drewiß: Um Himmels willen, was geht da vor? Bäcker, Schneider, Schreiner alle Zünfte prügeln sich, ein Meister verdrischt den andern!

in der Wirtschaftspartei!"

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Das ist ja genau wie

Moratorium für Moskau ?

Gerüchte über ruffische Zahlungsschwierigkeiten.

Bon gut informierter amerikanischer Seite hören wir dazu, daß große amerikanische Industrievertretungen in Mostau ihre Büros aufgeben und die Angestellten entlassen, da von einem lohnenden Sowjetgeschäft und einer Geschäftsverbindung mit der Sowjetunion nicht mehr zu sprechen ist.

In der nordischen Presse haben in den letzten Tagen Gerüchte| Amerita hätten gerichtet werden müssen. In der letzten Zeit aber über eine bevorstehende Zahlungseinstellung Rußlands zirkuliert. waren durch die Bremsarbeit amerikanischer Banken die Sowjet­Die Berliner , Germania " will wissen, daß diese Gerüchte auf einer fredite immer schwerer zustande gekommen, so mußten z. B. einige sehr ernsten Grundlage beruhen. Nach dem genannten Blatt handelt große Bestellungen in der letzten Woche liquidiert werden. Der es sich um eine afute Finanzkrise von bisher nicht dage- Sowjetsprecher griff mit größter Schärfe die Amerikaner an und wesener Schwere, die sehr leicht zur Zahlungseinstellung führen sagte, daß hier nur eins zu tun sei, die Verhängung des fann. An deutsche Firmen sind in der nächsten Zeit etwa 500 mil Bontotts über jede Geschäftsverbindung mit Amerika . Man wolle lionen Mark zu zahlen, an amerikanische etwa 250 Millionen. Die die Handelsvertretung Amtorg in Amerifa start verkleinern dazu nötigen Devisen sind nicht vorhanden, da im dritten Jahr des und überhaupt feine Industriebestellungen nach Fünfjahresplans der Devisenbedarf ungeheuer gestiegen ist, anderer­den Bereinigten Staaten mehr richten. seits durch das Sinken der Preise für den Export die Devisen­beschaffung erschwert ist. Die mit dittatorischen Vollmachten be trauten Kommissare Mitojan und Rosenholz haben den Handelsvertretungen aufgetragen, ein bestimmtes Kontingent von ausländischen Zahlungsmitteln aufzubringen, soweit ihnen das aber nicht gelinge, für die Fehlbeträge Schulbenprolongation bei den Gläubigern zu erzielen. So werde es schließlich von der Prolon gationsbereitschaft der Gläubiger abhängen, ob sich aus der gegen. wärtigen Zahlungsstodung eine Zahlungs e in stellung entwidele. Die Germania " fieht als Folge einer solchen Zahlungsein stellung den Zusammenbruch des ganzen fommunistischen Wirt­schaftssystems" voraus. Diese Voraussicht braucht sich jedoch keines­wegs zu erfüllen, da Rußland schon wiederholt gezeigt hat, daß es, sei es auch unter allerschwersten Opfern für die Massen des Volkes, zu einer Art ,, nationaler Autartie" fähig ist. Der Fünfjahresplan würde sich, allerdings nicht ausführen lassen, wenn Rußland seinen Kredit einbüßte und aus dem Ausland nichts mehr geliefert erhielte; denn Rußland ist zur Ausführung des Fünfjahresplans noch sehr start auf Auslandslieferungen angewiesen. Ein Scheitern des Fünf­jahresplans fönnte faum ohne politische Folgen bleiben. Ob aber diese wirklich bis zum Zusammenbruch des kommunistischen Wirt­schaftssystems führen müßten, steht noch dahin.

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Stelle mitgeteilt, daß die Nachrichten über Prolongationen von Zu dem Artikel der Germania " wird von zuständiger Stelle mitgeteilt, daß die Nachrichten über Prolongationen von Rußland- Wechseln jeder Grundlage entbehrten. Bisher sei fein einziger Fall bekannt geworden, in dem eine derartige Prolongation beantragt worden sei. Die Zahlungen, die Sowjet­rußland in den nächsten Monaten in Deutschland zu leisten habe, feien so gering, daß sie nicht zu einer Zahlungseinstellung führen fonnten. Größere Beträge würden erst ab April nächsten Jahres fönnten. Größere Beträge würden erst ab April nächsten Jahres fällig. Richtig sei hingegen, was ja auch befannt sei, daß Rußland mengenmäßig seine Ausfuhr infolge des Absinkens der Preise steigern müsse und daß dies bisher noch nicht in vollem Umfange geglückt sei.

Weiter wird darauf hingewiesen, daß auch die Verhandlungen, die in der letzten Zeit zwischen dem Berliner Auswärtigen Amt und der Sowjetbotschaft geführt worden seien, teinen Anlaß zu diesen Gerüchten gegeben haben könnten. In diesen Verhand lungen sei russischerseits dem verständlichen Wunsche Ausdruck ge­geben worden, die im letzten Jahre wertmäßig zurückgegangene Sowjetausfuhr nach Deutschland wieder zu erhöhen, um durch eine verkehr herbeizuführen. Weiter hätten die Russen in den Verhand­Steigerung der Menge den Ausgleich im deutsch - russischen Waren­lungen bestimmte Wünsche bezüglich der deutschen landwirtschaft lichen Zollgesetzgebung geäußert, wie sie auch von anderen Staaten geäußert worden seien. Diese Verhandlungen könnten zu den Ge­rüchten feinerlei Anlaß geben. Welchen Zweck der Artikel in der Germania " verfolge, jei völlig unerfindlich.

Aus Kreisen des Rußlandhandels wird gleichfalls bestätigt, daß die Behauptungen des Germania "-Artikels die Dinge zum größten Teil unrichtig darstellten. Der Betrag, der in diesem Jahre abzu­decken fei, reiche nicht im entferntesten an die Summe von 500 Mi lionen heran. Die ab April nächsten Jahres fälligen Beträge bei deutschen Firmen beliefen sich auf etwa 400 Millionen Mart. Mit Prolongationswünschen sei bisher an teine deutsche Firma herangetreten worden.

Sowjetboykott gegen Amerika ?

Zu der Verschlechterung der amerikanisch - sowjetischen Handels­beziehungen stellte eine offiziöse Sowjetradiosendung fest, daß die Sowjetunion noch immer sehr die Handelsbeziehungen mit Amerita brauche. Leider hätten verschiedene Industriezweige in der Sowjet­ union völlig versagt, so daß größere Maschinenbestellungen nach

Mitteleuropäische Politik. Darlegung des Ministers Benesch.

Prag , 20. Ottober.( Eigenbericht.) Außenminister Dr. Benesch führte im auswärtigen Ausschuß

u. a. aus:

,, Unsere wirtschaftliche und politische Lage ist nicht so schwierig, wie die anderer Staaten. Die Teilnahme der Sozialisten und der Deutschen an der Regierung hat zur Konsolidierung der Verhältnisse beigetragen. In der Zollunionsfrage murde der tschechoslowakische Standpunkt respektiert. In allen mittel­europäischen Angelegenheiten läßt sich ohne Einvernehmen der drei interessierten Großmächte Deutschland , Frankreich und Italien , sowie ohne oder gegen die Tschechoslowakei nichts Posi­tives tun. Die Kleine Entente fann zur Grundlage einer guten Susammenarbeit aller in Mitteleuropa werden. Sie ist besonders in der jetzigen Zeit der wirtschaftlichen Störungen bereit, mit allen Nachbarn zusammenzuarbeiten. Unsere Pflicht ist es, Ungarn in seinen heutigen Schwierigkeiten die Hand zur Mitarbeit zu reichen, und wir tun es gern. Die kleineren mittel­europäischen Staaten müssen in dieser schweren Zeit Wege zur Zusammenarbeit und Annäherung suchen. Die Großmächte sollten dazu einträchtig behilflich sein. Wir haben aus wirtschaftlichen Gründen ein Interesse daran, daß es sowohl Desterreich als auch Ungarn gut geht. Unser Berhältnis zu Deutschland ist unverändert gut. Mit Sowjetrußland werden wir einen Handels. vertrag abschließen. Was die Abrüftungskonferenz anbetrifft, so bin ich im ganzen Optimist, obwohl die Verhandlungen schwierig sein und vielleicht über das weitere Schicksal der Weltpolitik entscheiden werden. Es wäre wenigstens ein Teilerfolg gesichert, wenn die Bereinigten Staaten, England und Frankreich ein festes, gemein­fames wirtschafts- und finanzpolitisches Programm für die nächste Zeit schaffen würden."

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Der Tschechoslowakischen Republik geht es bei aller Ar­

beitslosigkeit und bei aller Niedrigkeit der Gehälter, Löhne und Unterstügungen wirklich ganz erheblich besser als seinen deutschen Nachbarstaaten im Norden und Süden.- Deshalb nämlich, weil das tschechische Volk von Grund auf demo­

ratisch und größtenteils freigeistig und ganz un= monarchistisch und unmilitaristisch ist. So können dort Faschisten und Bogromheter nichts werden, und höchstens in der deutschen Minderheit einigen Anhang gewinnen, der aber bedeutungslos bleibt. Die Sicherheit der demo= fratischen Entwidlung und das Fehlen der Mazedonisierung durch täglichen Banden­frieg bewahren die Tschechoslowakei auch in der Wirtschafts­frise vor so schweren Erschütterungen des in- und ausländi­schen Vertrauens, wie sie Deutschland der Hakenkreuzschande. Deutschösterreich der Heimwehrpest verdankt!

Der Regierungspräsident von Trier , Saaßen, ist als Reichs­kommissar für die Erwerbslosensiedlungen in Aussicht genommen, der Abgeordnete Schlange- Schöningen als Reichskommissar für die Oft­hilfe. Auf die Zusammenlegung dieser beiden Kommissariate in einer Hand hat man verzichtet.