Llebersall auf Geldbriefträger. 8(X) Mark erbeutet.— Täter auf Motorrad geflüchtet. Auf den SSjährlgen Geldbrieflrägcr Schildeisen vom Post. omi in Pankow wurde heule miliag ein verwegener Raubüber- fall verübt. Zwei jüngere Burschen raubten Schildeisen seine Geld- lasche und flüchteten auf einem Motorrad. Bisher fehlt von den Tälern jede Spur. Die jugendlichen Verbrecher hatten sich zur Ausführung der Tat eine außerordentlich günstige Gegend ausgesucht Nach ihrem Vorgehen scheint es sich also um ortskundige Personen zu handeln. Der Geldbriefträger befand sich wie gewöhnlich auf seinem Bestell- gang und passierte gegen 11.15 Uhr die Ecke cheynstraße und Florapromenade. Die Straßenkreuzung liegt gegenüber einem freien Bahngelände. An dem Beamten fuhren zwei Motor» radsahrer vorbei. Der Führer des Rades stoppte ganz unvermittelt ab und fein Begleiter, der auf dem Soziussitz saß, sprang ab und stürzte sich mit einem Messer aus den Po st- b e a m t e n. Ehe der noch recht zur Besinnung kam, hatte der Bursche den Haltcriemen der Geldtasche durchschnitten und die Tasche an sich gerissen. Mit der Beute stürmte der Täter zu seinem Kom- plicen, schwänz sich wieder auf das Motorrad und beide rasten mit Vollgas davon. Der Ueberfallene hatte noch versucht, den Täter sestzuhalten, mußte aber schließlich davon ablassen, da er mit einem dolchartigen Messer bedroht wurde. Die Tasche enthielt nach den bisherigen Feststellungen etwa 800 Mark bares Geld und einige Wertbriefe. Die Kriminalpolizei hat die Nachforschungen nach den flüchtigen Tätern, von denen bisher noch keine genauen Personalbeschreibungen vorliegen, aufgenommen. Bekannier Berliner Apotheker verhastet. Wegen Fälschung von Nauschgistrezepten! Der frühere Besitzer einer der bekanntesten Apotheken der Friedrichstadt , der Apotheker Fritz Sch., ist jetzt, nachdem man ihn länger« Zeit gesucht hatte, von der Berliner Kriminalpolizei fest- genommen worden. Sch. ist Mo r p h i n i st und verfiel diesem Rauschgift trotz mehrerer Entziehungskuren immer wieder. Als er noch seine eigene Apotheke besaß, hat er wiederholt die Gistschränke, die von seinen Angestellten abends abgeschlossen worden waren, nach Geschäftsschluß erbrochen, um sich Morphium zu beschaffen. Später ging er dann dazu über, in großem Umfange Rezepte zu fälschen, und es gelang ihm auf diese Weise, immer wieder Morphium zu bekommen, bis man diesen Fälschungen auf die Spur kam. Gherwood:„Die Waterloo-Brücke." Tribüne. Vor zwei Iahren kam der Amerikaner Robert C. Sherwood in historischer Vermuinmung.„channibal ante. Portas" bemühte sich, einen guten Shawschen Eindruck zu machen, war aber nichts weiter als ein schlechter Witz, denn die Pointe fehlte. Jetzt siedelt sich der Millionärssprößling und Literat im Kriege an, und.es wird fürchterlich. Ein kanadischer Parsifal in Kakiunifonn will sich von den Strapazen des Krieges und des Lazaretts in London erholen. Auf der Waterloo-Brücke trifft er sie, der sofort sein ganzes Herz gehört. Leider ist sie eine kleine, bescheiden«, in den Rinnstein gestoßene Nutte, was sie zwei Akte lang verschweigt. Der unberührte Ka-� badier merkt nichts, bis ihm im dritten Akt der Star gestochen wird? kurz vor der Kriegstrauung. Aber die Liebe sitzt mit Widerhaken in seinem Herzen, und auf der Waterloo-Brücke kommt es zu einem rührenden, wild-heißen Zlbschied. Er geht ins Feld, und sie hebt ein Streichholz hoch, um die Ausmerksamkeit des deutschen Fliegers zu erregen und durch einen Bombensplitter zu enden. Die Bombe bleibt dem Zuschauer erspart... Der erste Akt hat Stimmung. Ueber den Menschen liegt die Angst vor einem drohenden Verhängnis. Aus ihren Reden spricht die Mutlosigkeit, die Resignation über ein sinnloses Schicksal, über einen Krieg, für den keine Notwendigkeit besteht, dann gleitet alles ab ins Triviale, Dagewesene, Schematische. Die Menschen sind Magazinattrappen mit Zuckerguß. Verlogene, soziale Rührung soll dazu den Kohl fett machen. Die Aufführung der Sherwoodschen Mache zeugt für die Ziel- kosigkeit der Berliner Theaterleiter. Das amerikanische Publikum ist anders orientiert als das deutsche, und die amerikanisch« Dra- matik steckt in Stadien, die Europa hinter sich hat. Unterhallungs- wäre, die sich mtt kitschiger Problematik kostümiert, und in einem bunten, literarischen Röckchen spazieren geht, wirkt abstoßend in einer Zeit, die im schwersten Existenzkampf steht. Was gehen uns diese privaten Sorgen an, die nicht einmal künstlerisch geformt sind? Die schauspielerisch« Leistung, die Regieeinfälle entscheiden nicht, es kommt auf das Drama an. Schauspieler wie W i e m a n n, Grete Mosheim oder von Plate» können eine Situation retten, und man bedauert immer wieder, welche Darstellungskunst an unzureichenden Stoffen verschwendet wird. k. 8cd.
Hegels Dialektik. Zweiter Tag des internationalen Hegel-Kongreffes.
In der Vormittagssitzung des zweiten Verhandlungstages stand das Referat von Professor Nicolai Hartmann , Universität Berlin, im Mittelpunkt der Arbeit des Kongresses. Professor Hart- mann beschränkt sich nicht, wie so mancher Redner des Kongresses, auf schwierige Auseinandersetzungen in der eigenen und ebenfalls schwierigen Begrisfssprache Hegels, vielmehr nahm er als Syste- matiker zu Hegels Philosophie Stellung. Sein eigentliches Thema war„Denkdialektik und Realdialektik", d. h. Hart- mann versuchte in das Innere von Hegels zwar berühmter, aber wenig verstandener Methode einzudringen. Der Redner wandte sich mit aller Entschiedenheit gegen eine bloß formale Auffassung der Hegelschen Dialektik. Ihre übliche Charakterisierung als die Methode des Dreischritts von Thesis(Behauptung), Antithesis (Widerspruch) und Synthesis(Zusammenfassung), dringt zum Kern der Methode Hegels überhaupt nicht vor. Die Dialektik ist keine bloße Gedankenbewegung, keine bloße Denkdialektik, die Wirklichkeit selbst ist dialektisch, d. h., sich wider- sprechend und zu immer neuen Lösungen fortschreitend. Das Ver- hältnis von Proletariat und bürgerlicher Gesellschaft ist ein solches sich widersprechendes Verhältnis, das zu seiner Auflösung hintreibt. Hier liegt also ein dialektisches Verhältnis der Wirklichkeit, also eine Real dialektik vor. Marx war es, der diese Dialektik zum Angelpunkt seiner Welt- anschauung gemacht hat. Die Methode Hegels verflüssigt die Be- griffe der formalen Logik, aber auch die scheinbar festen Dinge gehen ineinander über. Die Well selbst ist ein ständiger Uebergang. Der Vortragend« stellt die Frage, was heute noch von Hegels philo- sophischen Einsichten bestehen kann: Er kommt zu dem Ergebnis, daß im Bereiche des Naturerkennens, aber auch vieles von Hegels Hauptwerk, der„Logik", heute nicht mehr haltbar fei. Aber wir sind heute noch keineswegs so weit, dies mit Sicherheit zu beur-
teilen. Eine Kritik Hegels, die von solchen Voraussetzungen aus geübt wird, zerstört keineswegs sein Werk, eine solche Durchprüfung des Hegelschen Systems deckt nur seinen eigentlichen Wirklich- keitsgehalt auf. Profesior Hartmann bestreitet gegenüber früheren Rednern, daß Hegel historisch verstanden werden könne. Nur aus einer systematischen Fortarbeit kann sein Werk verstanden werden. Das Verhältnis von Real- und Denkdialektik wirft«ine weitere und noch grundsätzlichere Frag« auf. Wie steht es eigentlich mit der realen, wirklichen Welt? Wie weit erfordert diese Welt überhaupt ein dialektisches Denken? Erscheint nicht die Welt der Dinge stabil, fest? In gewissen engen Grenzen, ja. Aber sobald diese Grenzen überschritten werden, sind unsere überlieferten Begriffe fragwürdig. So ist z. B. der Begriff des Raumes aus der Anschauung unserer dreidimensionalen Wirklichkeit gewonnen. Schon die griechische Geometrie hat den Raum so verstanden. Aber haben wir nicht durch die Relativitätstheorie erfahren, daß die geometrischen Gesetze auf größte Räume, Welträume, an- gewandt, versagen? Der Raumbcgriff, und nicht nur er, mußte um- gebildet werden. Nur in engen Verhältnissen herrscht Sicherheit, in größeren Verhältnissen jedoch die Unsicherheit, der Widerspruch. Professor Hartmanns höchst eindrucksvoll vorgetragene Aus- führungen wurden begeistert ausgenommen. Mit Recht äußerte der Vorsitzende Lassan , daß dies« Ausführungen, ständen sie zur Diskussion, Gegenstand einer achttägigen Aussprache sein würden. Vor allem, so scheint es uns, müßte man dann prüfen, ob Deichen und Sein so auseinandergerissen werden dürfen, wie es bei Hart- mann geschieht. Denken und Sein gehören zusammen wie das Ein- und Ausatmen(wi« Theorie und Praxis). Dieser Einwand betrifft jedoch die Grundvoraussetzung Professor Hartmanns. Er kann deshalb hier nur angedeutet werden.). P. M.
Die schalkhaste Witwe. Lindenoper. Nie war ein Libretto leichter zu erzählen, so schematisch. so ohne Ueberraschungen, Komplikationen und Szenenüborschncidungcn läuft die Handlung ab. Man denke: vier Männer begehren eine schöne Frau: jeder einzelne macht ihr seinen Besuch, erklärt ihr seine Lieb«, jede einzelne übersendet ihr Brief und Geschenk, jeder einzelne(es wird alles umständlich gezeigt) erhall ihre Antwort— und diese einfachen Begebenheiten, die allerdings immer mit vier zu multiplizieren sind, füllen, es ist nicht zu glauben, zwei allzu lange Akte. Im letzten nun verfällt die unentschlossene, aber schalk- hafte Schöne auf eine ingeniöse und kapriziöse, wenn auch nicht ganz neue Lustspielidee: sie will die Treue der Braven erproben und tut es auch auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Wege der Ver- tleidung. Hier sondern sich zum erstenmal die bisherigen Schick- salsgenossen voneinander: drei sind wankelmütig, einer aber ist standhaft: der wird auch, o belohnte Tugend, prompt geheiratet, nicht allerdings ohne daß die schalthaftc Witwe eine erklärende An- spräche an alle vier, an einen nach dem anderen, gehalten hätte---- Dieser Text ist von Mario Ehisalberti nach einem Stück des unerschöpslichen Goldoni. Es wäre interessant zu wissen, wie-; weit der alte Venetianer hier versälscht ist; gerne mag zugegeben werden, daß gerade in der differenzierenden Multiplikation der Szenen, in der vielfachen Variation des gleichen Geschehens wirk-| same Lustspieleffekte enthalten sein können. Die Gesetze des Lust- lpieles aber sind nicht die der komischen Oper! Die Musik verlang- samt das Tempo, zerrt die Szenen auseinander und vermittell bei so hemmungslosen Reibungen eher den Eindruck der Gleichförmig- keit als den amüsanter Unterschiede. Die Liebhaber sind: ein feu- riger Italiener, ein dummstolzer Spanier, ein langweiliger Eng- länder und ein ewig lüsterner Franzose; im Italienischen mag die solcher Art gewonnene Komik viel wirksamer sein. Der Diener Arlecchino — dem auch die Partnerin nicht fehlt, die Zofe, die hier Marionette heißt— ist«ine Art Figaro; er vertauscht Briefe, schä- kert mit dem Mädchen, stürzt sich in Verkleidungen und ist leiden- schaftlich bemüht, die Fäden des allzu durchsichtigen Gewebes der Handlung zu verwirren, ohne daß diese paar Szenen das lahme Libretto zu beflügeln vermöchten. Zu diesem Text nun schrieb Ermanno Wolf Ferrari, der mit einer ganzen Anzahl komischer Opern bereits Glück und Erfolg hatte, die Musik. Eine Musik, die so tut, als hätte Mozart vor wenigen Iahren noch gelebt, die von der Entwicklung der letzten hundert Jahre nichts weiß, nichts wissen will. Wenn' auch eine stUistische Hauptströmung eine Zeit nicht ganz auszufüllen vermag. wenn wir sicherlich nicht alles für die Moderne in Anspruch nehmen dürfen, was in unserer Zett an Musik geschrieben wird, und auch anders geartete Künstler fruchtbar zu wirken vermögen, so ist wohl die Entfernung zu groß, die diese Musik von dem Empfinden un- serer Tage trennt, mag sie ihre Existenz bewußter Nachahmung
oder einem Musikempfinden des Komponisten verdanken, das dem vergangener Zeiten entspricht. Auch in diesem Rahmen aber scheint uns Wolf Ferraris Musik— eine liebenswürdige Musik voll Fein- heit und Grazie— nicht kraftvoll genug im melodischen Einsall (auf den ja letzten Endes alles gestellt ist) und ohne rhythmische Fantasie, wenn ihr auch Meisterschaft im Detail, in der Orchester- behandlung, Meisterschaft überhaupt nachgerühmt werden muß. Franz Ludwig Hörth hatte das Werk staatsopernmähig prunkvoll, wenn auch nicht immer geschmackvoll in Szene gesetzt (Gesamtausstattung: Teo Otto ). Die Aufführung unter Blech war ausgezeichnet. Vera Schwarz meisterte die schwierige und nicht sehr dankbare Titelpartie, Scheidt. Soot, Li st und W i t- irisch waren die vier ominösen Kavaliere; besonders rühmend zu erwähnen der Arlecchino Domgraf-Faßbaendcrs und die im Spiel entzückende Marionette der Tilly d e G a r m o, die Schwung und Bufostimmung in das Ganze brachten. Ein geschmack- volles Ballett(Laban) erhöhte die Schlußwirkung der färben- prächtigen pompösen letzten Szene. Großer Beifall. •Arnolck Walter. Gertrud Rauh und Elfriede vechmann, zwei der Klamt-Schul« entsprossene junge Tänzerinnen, sah man im Robert-Schu- mann-Saal. Beiden gemeinsam eine unfehlbare Technik und ein vornehmer Kunstwille, der nur mit soliden Mitteln wirkt und augenoerblendende Effekte ablehnt. Im übrigen aber zwei grund- verschiedene Persönlichkeiten, die nicht zusammenstimmen und kluger- weise nur einmal, im Eingangstanz, zu einem(zerflatternden und übergangslosen) Duo sich vereinten. Die Rauh kraftvoll, sicher be- rechnend und meist sicher wirkend, offenbar willens und befähigt. ein Günstling des Publikums zu werden. Die Bechmann nach innen gekehrt, suchend, in kargen Linien und zarten Farben schwer sich erschließend, aber in der tiessten Tiefe, in dem was not tut. vielleicht gehallvoller als die Kolleain. Iedensalls zwei wertvolle Hoffnungen für die moderne Tanzbühne. J. S. USA . ohne Licht— zu Ehren Edisons. Am Tage der Bei- setzung Edisons wird die Stadt New Ziork eine Minute lang am Abend in Dunkelhett gehüllt sein, um dem Andenken des großen Erfinders huldigen. Die anderen Städte der Vereinigten Staaten haben sich dem Beschluß New Jorks angeschlossen. Das Shubert-Iheater in New Jork, Amerikas größtes Bühnen- unternehmen, mußte seinen Bankerott erklären. Die Passiven be- tragen 20 Millionen Dollar. Der Shubert-Konzern unterhielt in Amerika Dutzende von Bühnen, die sehr häufig deutsche Stücke spielten und auch oft deutsche Schauspieler beschäftigten. Der Zu- sammenbruch des Konzerns ist nicht zuletzt auf die schwierig« Wirt- schaftslage, in der sich auch Amerika heute besindet. zurückzusührem Franziska Elmeareich, di« bekannte Tragödin, ist im Alter von 84 Iahren gestorben. StaatSoper Unter de« Lind«: Hans P s i tz n e r hat die Inszeniening seines am 12 November zur Uraufführung gelangenden Werkes„Tas Herz" übernommen. Di« Galerie Flechtheim eröffnet am 24. eine Ausstellung von neuen Gemälden von Karl Schmidt-Rottluff und Skulpturen des lata- konischen Bildhauers M a n o I o.
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