Beilage
Sonnabend, 24. Oktober 1931
Sarotterbersteiombat of Der Abrind
llawal
Tsiborquod die M bau lewat na Spätausgabe des Vorwärts
Geschichte der Woche
Antons feltsame Geschichte
Bon Gerhart Herrmann Mostar
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Anton sitt ganz vorn an der Tür, wo es schön ungemütlich ist, und wo es hübsch zieht, obwohl das Lokal sehr lang und schmal ist, und obwohl Anton um die Stunde, zu der er hier auf tauchte, recht gut auch weiter hinten noch einen Platz bekommen hätte. Aber er hat sich nun mal hier vorn niedergelassen, weiß der Teufel weshalb, vermutlich wollte er ursprünglich nur eine einzige Molle trinken oder einen einzigen Korn wird schon so gewesen sein, ist ja immer so. Kein Mensch weiß ja heutzutage, wo was hingeht, wenn was anfängt na also! Ueberdies ist Anton ganz ohne Gesellschaft, hat sich ganz alleine besoffen, ist auch was wert was muß zum Beispiel der dicke Mann am Nebentisch, der vor einer Stunde etwa, in einem massigen Pelz gehüllt, hereinwanfte- also was muß so'n Mann alles für seine beiden Kumpane bezahlen, mit denen er trinkt...
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Eine wohlbekannte Melodie reißt Anton aus seinen felbftzu friedenen Gedanken. Sie fommt aus den heiseren Kehlen zweier Straßenfänger, die sich in der Tür aufgestellt haben. Anton packt die unwiderstehliche Lust mitzusingen. Er gröhlt los: ,, Waldäsluhuhust, Waldäsluhuhuft-"
Der Dide am Nebentisch unterbricht ihn wütend:„ Paß doch uff'n Text uff, olle Schnapsnase! Is doch' n janz andara Text, Mensch!" Anton flappt erschrocken den Mund zu und hört hin, und ihin wird ganz schwiemelig vor Traurigkeit; denn dies ist doch das Lied, was sie jetzt in Berlin auf allen Höfen fingen, was die schöne, alte Melodie von der Waldeslust und den trübseligen, neuen Text hat: Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit,
Oh, wie bringst du uns so weit!
Troßdem wir stempeln jehn,
Is von Arweet nischt zu sehn-
Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit,
Oh, wie bringst du uns so weit...
Der dide Belzmann, anscheinend ein Viehhändler vom Lande, Das sieht man am grünen Hut, den er aufbehielt- ja, der ist ganz gerührt, und er läßt den Sängern zwei Mollen bringen. Anton zwar ist auch gerührt, aber außerdem ist er plötzlich ganz grau vor Erschreden: aus den tiefsten Bindungen seines bierdurchnebelten Hirns taucht irgendwas auf, irgendwas schrecklich Böses und Wahres, das er hier drinnen vergessen wollte, vergessen hatte schnell bestellt er ein neues Glas. Die Straßenmufitanten fahren indessen fort: Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit...
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Verflucht! Das will er heute nicht hören, das kann er heute nicht aushalten! Glatt nicht aushalten! Der Viehhändler, freilich, der gudt wie gebannt auf die Singenden, aber einer, dem' s felber so geht... Denn, um die Wahrheit zu sagen: Anton hat das ganze bißchen Wohlfahrtsgeld, das er heute mittag befam, vertrunten, es reicht gerade noch für die letzten Gläser, die er jetzt rasch bezahlt. War ja nicht richtig, gewiß nich, wovon soll er nu leben, war ja aber sowieso zum Leben zu wenig... fonnte einfach nich mehr, mußte den ganzen Jammer einmal, ein einziges Mal vergessen, so war das... also Schluß! Anton stürzt die letzte Molle runter, da ist die selige, herrlich vergeßliche Stimmung schon wieder da, gott feidanter reißt den Mantel vom Hafen, der hinter ihm hängt, und segelt aus der Kneipe; niemand beachtet ihn, der Wirt nicht, der Dide nicht, Herrgott, wenns einem ginge wie einem von den beiden, na, aus der Traum, der Suff jedenfalls ist schön für arm und reich, ist immer schön... das Lied von der Arbeitslosigkeit verhallt hinter der Tür, die Straße lärmt und brodelt...
Bis hierhin war Anton die Sache klar. Was aber nun tam, das war feine Geschichte mehr, das war einfach ein Märchen, seltsam und beglückend, wie nur Märchen sind...
Mensch, Justo, da biste ja endlich! Tag, Justav! Nu komm man, Justavchen, tomm! Hier jleich jejenüber jibts een Töppken,
sar id dir, Justav..."
Und Anton fühlt sich plötzlich untergefaßt, warm und herzlich, von zwei Seiten sogar; so viel er noch erkennen kann in seinem Zustand, handelt sichs um zwei nette, stämmige junge Leute; schon schleppen sie ihn ab, er will mit stammelnder Zunge erklären, daß er gar nicht Gustav heiße, sondern Anton, aber er kommt nicht dazu, man steht bereits in einer anderen Kneipe, es gibt ja hier am Aler genug davon, und seine Begleiter bestellen Bier und Korn und sagen Prost, und Anton- Justav trinkt... Wahrhaftig, die beiden jagen noch immer Justav zu ihm, aber Anton ist so weit, daß er seine eigenen Vornamen nicht mehr auseinanderhalten fann, fann ja auch
sein, daß er Gustav heißt, is ja auch' n ganz schöner Name, und warum soll man den netten Leuten nicht das Vergnügen lassen...? Und es macht ihnen sichtlich Vergnügen, den beiden, sie lassen fich nicht lumpen, sie bestellen und bestellen und bezahlen und bezahlen, und Kneipe und Leben und Welt werden immer schöner für Anton. Auch zu präpeln gibt's ein paarmal, Bockwurst mit Salat und Bouletten, na wunderbar! Dann geht's in die nächste Kneipe, die liegt in einer dunklen Seitenstraße, so hübsch schummrig ist's da drin und so schön leer, und es gibt einen Schnaps, der hat's in fich, das kann man wohl behaupten, und es wäre noch eine ganze Weile so weiter gegangen, wenn nicht.
Wenn nicht sich plötzlich die Tür geöffnet hätte, und wenn in dieser Tür nicht dieselben beiden Straßenfänger erschienen wären, die Anton vorhin schon gehört hat. Sie stellen sich hin und beginnen zu singen, und Anton will es verhindern, er weiß ja, was tommt, aber seine Bewegungen sind zu verschwommen und seine Zunge ist zu schwer, die beiden können nicht wissen, was er will, und schon geht's los:
Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit, Oh, mie bringst du uns so meit! Vom Loofen immaßu
Jehn taputt Doch unsre Schuh, Arbeitslosigkeit
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Da ist's mit Anton zu Ende, mit einem Mal. Da ist alles micder da, mas morgen sein mird: irres, vergebliches Rennen nach Arbeit, Hunger, Kälte, Berzweiflung. da ist das Märchen zu Ende, es war ja munderschön, daß es so mas gibt, daß mildfremde Leute fommmen und einen unterfassen und sich ein Vergnügen daraus machen, einen armen Arbeitslosen einzuladen aus und vorbei. 2ba Juftaufen!" läßt sich der eine der beiden Wohltäter ver.
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nehmen, als die Sänger das Lotal verlassen haben, aber lieba Justav! Wat weenste denn so! Det braucht dir doch nich zu rühren." ,, Wie wieso denn wieso denn nich schluchzt Anton in erwachender Hoffnung: will man hier vielleicht was für ihn tun? Ihm vielleicht sogar Arbeit geben?"
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,, Na", meint der zweite und streicht mit prüfender Hand über den Aermel seines Mantels ,,, na meeste, Justav, et kann eenen doch nich schlecht jehn, der son scheenen Pelz an hat...!"
Pelz...? Wieso Pelz...?" Anton besitzt lediglich einen uralten, jammervoll zerschliffenen, lächerlich dünnen Mantel. Den will er sich nun ansehn, blidt an sich herunter,- und wird rot und blaß und verliert fast die Sprache: er hat wahrhaftig einen Pelz an, einen dicen, warmen Belz...!
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Det
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,, Wie mie id", stottert Anton ,,, also, wie ich in den Pelz hier jekommen bin det weeß ich bei Jott nich- det erste rauh. Und der andere beschwört ihn: Justav, besinne dir! Biste denn nicht Viehhändler, hö...?" unterbricht ihn der Du bist doch een reicha Bichhändler, Mensch!" Erstens bin ick nich bin ich nich Justav, sondern man bloß Anton, un zweetens un zweetens bin ich keen Bichhändla,
sondern man bloß a
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arweetslos..."
Anton wird gewedt. Fühlt sich durch einen Schupo von einer Pritsche hochgezogen. Starrt schmerzenden Kopfes in einen grauen Morgen, der durch das Fenster des Polizeigewahrsams friecht.
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Drinnen in der Wachtstube steht der dice Mann, der gestern abend am Nebentisch des Lokals saß, in dem Anton zuerst zechte. Er hat Antons fadendürren Mantel an und sieht darin aus wie ein hilfloser Clown. Wie Anton den erblickt, kehrt bligartig die Erinnerung zurüc die Erinnerung an alles, an das Elend und an das Märchen und dann die Prügel und wieder an das Elend... Man zieht ihm den Pelz aus, den er noch anbehalten hatte, und langsam tommt sein ausgemergelter Körper unter der dicken Umhüllung zum Vorschein, und langsamer noch tommt aus seinem stotternden, fast meinenden Munde die Geschichte dieser Nacht: das Verwechseln des Mantels, die Wut der betrogenen Betrüger..
war man bloß ein alter Schafpelz, Wert unter Brüdern vielleicht ,, Der Pelz", sagt der Viehhändler, der Pelz is ja nu hin. Es noch sieben Mark. Aber daß ich zwölfhundert Emm in der Brieftasche hatte, das stimmt. Un daß mir der arme Kerl sozusagen unfreiwillig das Geld gerettet hat, das stimmt ooch. Er hat meine Dresche gekriecht, sozusagen spielt, jawoll... Na, un mo die Sache so liegt, können wir ihm er hat for mir den Blizableiter gedenn nich loofen lassen, Herr Kriminaler...?"
Der Wachthabende bedauert. Anzeige müsse ja mun mohl erverleih'n", sagt gutgelaunt der Händler und zieht einen Zwanzigſtattet werden. Aber es würde schon gut ausgehen. ,, Na, denn will id ihm wenigstens die Lebensrettungsmedaille markschein. Un außerdem schenke ich ihm den Belz!" Mantel.„ Det Jeld nehm' idk jerne, Herr, dank ooch scheen. Aba vom Aber da greift Anton schleunigst nach seinem alten, dürren Pelztragen ha'd nu jenuch! Nich um de Welt...!" Und seither, und besonders seit das Verfahren gegen ihn wegen Geringfügigkeit niedergeschlagen wurde seitdem gibt's einen merkwürdigen Arbeitslosen in Berlin . Wenn der auf den Höfen das Lied von der Arbeitslosigkeit fingen hört dann fühlt er nach den Beulen und Flecken, die noch nicht ganz verschwunden sind, hüllt sich in seinen dünnen Mantel und sagt laut:
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,, Wat? Wat...?! Un dazu ham wa den dicen Kerl aus Frankfurt ausbaldowert, det du ihm den Mantel flaust un wir uff dir rinfallen...?! Warte, Freundchen, warte ma!" und auf den Tisch des Lokals fliegt das Geld für die Zeche, und Anton fühlt sich gepackt, gar nicht mehr herzlich und warm, und durch die Tür auf die Straße geschleppt, die dunkel liegt und einsam und dann hageln die Schläge und Knuffe und Büffe, und dann fliegen die Haare des Pelzes, und dann wird es Nacht um Anton, der fühlt ,, Imma noch bessa als wie Viehhändler...!!" gerade noch, wie man ihm den Pelz vom Leibe reizen will, hört Und die das hören, die halten ihn für nicht ganz richtig; und gerade noch ein halb geflüstertes, halb gerufenes: Teilachen! ein Märchen ein Märchen ist somit am Ende doch noch draus Bollente!" dann weiß er nichts mehr...
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Igma21 mi
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geworden.
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,, Es ist Herbst, die Blätter fallen", besingt( etwas schmalzig) ein, mit hundert multipliziert, zur Sensation, zum Symbol unerhörter altes Wiener Lied die Vergänglichkeit irdischer Herrlichkeiten- und der Refrain: Wenn die Schwalben wiederkommen, die wer'n schaun" wurde seinerzeit gleich auf die unmöglichsten und anzüglichsten Metamorphosen angewendet, denn große wirtschaftliche und politische Sorgen hatte oder machte man sich damals nicht. Seitdem hat die Welt das Grufeln fennengelernt. In feinem Herbst mar die allgemeine Ungewißheit so groß.
Ich hatte in einem amerikanischen Magazin einen Stoßseufzer gelesen: drowned in oil". Man schwimmt im Ursprungsland in eben demselben Del, das für unsere schwereren Autos so foftspielig fommt, daß man sie jetzt zu Schleuderpreisen verkaufen muß. Ein Faß Erdöl kostet drüben halb so viel wie ein anständiges Beefsteak ( und auch im Hamburger Hafen , höre ich, nicht mehr als. 6 Pfennig) ich legte das Blatt beiseite, über dem mir die Messe in den Sinn gekommen war und lenkte meine Schritte nach den Kaiser dammhallen.
Welcher Wandel! Als ich bei der vorigen Automesse ebenfalls mit schneenassen Schuhen hier eintrat, standen stolze vom Straßenleben unberührte Debütantinnen vor reservierten Kaufherrennischen. Run werden einem solche noch immer unnahbar aussehende Schöne mit mehr oder weniger ,, bewegter" Vergangenheit, aber blizzblant aufpoliert natürlich, wie Ladenhüter angeboten:„ Was kann ich Ihnen verkaufen, mein Herr", flang es bedienungsbereit an
mein Ohr.
Ein Lurusford: ein vornehm gleißender Lincoln stand vor
mir, der einer eminent- prominenten Schauspielerin saure 32 Mille gekostet hatte. Und für dreizehn, vierzehn solcher Billettchen, menn ich sie zufällig gerade bei mir hätte, soll die Chose mir gehören. So gut wie neu: nur 8000 Kilometerchen herumgetrudelt, und im
mattroten Innern noch von der Besizerin duftend, die sich etwas verkleinert hat in bezug auf Pferdekräfte. Ein hochmütiger Packard steht wie vom Schicksalsblitz in seiner Lebensfahrt eingehalten stumm daneben, und um und um stehen lauter hochherrschaftlich durftige Benzinschluder, die der Marktpreis des drüben in Sintfluten springenden Dels herren- und brotlos gemacht hat... Der Aussteller, nach der Frage: ob ich wisse, daß ich bei der ersten Firma sei, ließ mich, den Maschinendeckel indiskret in die Höhe ziehend, einen Blick in die Eingeweide werfen. Ich sollte mich überzeugen, daß Herz und Nieren der schönen Amerikanerin in Ordnung seien.
In meiner Verlegenheit fräufelte ich die Stirne und tat unmäßig fachmännisch. Glaube er, ich wisse nicht, daß die neuzeitlichen Errungenschaften der Medizin heute auf das Auto angewendet werden, fragte ich den bedauernswerten Mann, der mich: mich als Käufer ausersehen hatte. Nur eine Röntgenisierung fönne mich von der Solidität des Achsenknochengerüftes überzeugen. Und was die Motorlunge anlangt, die muß, das ist jetzt das Neueste, unbedingt mit dem Hörrohr abgehorcht werden. Können sich nicht schleichende TBC.- Keime in diese fürchterlich wogende Lunge eingeschlichen haben und sich später entwickeln...? Man fann nicht vorsichtig genug sein heutigentags...
Ich besah mir noch einige andere erwerbslose 60 bis 200 PS, drückte mein Bedauern darüber aus, daß der schönste deutsche Wagen", der von 46 auf 21 herabgesetzte Mercedes- Benz, sich auf Probefahrt außer Hauses befände, schnüffelte an den Namen Chrysler"( prich nicht Krisler) und Buif" herum, besah mir Riefenlastquetschkästen, die eine Elefantenherde zermalmen fönnten, und schuffelige fleine Lieferwagendinger... und ebenfalls zu dreiziffrigen Preisen angebotene Miniaturcabriolets.. und nach vielem, vielem, zum Schluß einen nach der Aous schmedenden Bugatti, der mich an eine sonderbore Feststellung erinnerte, die ich an einem heißen Sommertag zwischen Dornengestrüpp einge Memmt gemacht hatte. Daß nämlich derselbe Autolärm, der einen im Arbeitszimmer sämtliche Flüche der Welt entlockt, dort draußen,
Menschenleistung wird; so daß alles aufjauchzt, wenn sie vorbeigedonnert fommen die großen Brummer. Dann winkte ich dem stolzen Stand ein geniertes Lebewohl zu( ich werde sehen") und ging in Ermangelung des Trambahngeldes zu Fuß nach Halensee . schließlich auch auf die Abnutzung des menschlichen Organismus Im herabprasselnden Hagel fielen mir unterwegs die sich übertragen lassenden Worte eines Tagbriefes ein: ,, Unter Berüdsichtigung des allgemeinen Zustandes, des Alters, ersichtlicher Mängel und anderer den Wert des Objekts beeinflussender Umstände. Was ist man schließlich noch wert, auch der Mensch, homo sapiens: weniger als das abgefahrenste Auto, nämlich 0,00.
Aber in Halensee , in einem warmen Bücherzimmer voll frischabgeftaubter Autoren, wieder gutbürgerlich zurechtgepäppelt, ein mund mischend: da beginnt das Leben neu zu pulsieren. Interviewpaar Mark in die Tasche schiebend, sich den Butterbemmel- Sahnenteebereit schlentert fäffig im fardinalroten Morgenanzug, der frisch aus Mentone eingetroffene Sohn des Hauses, ein jugendlicher Hoteldirektor, auf und ab. Rede wert, daß er schon eine Stütze des elterlichen Hauses geworden. als sei es weiter nicht der llnd was das( französische) Mentone betrifft, so gibt es dort sowohl deutsche als auch englische Kurgäste aber keine Spur von einem französischen je schlechter es Deutschland geht. und Deutsche gibt es um so mehr,
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Was aber nun die Hoteldirigiererei betrifft, so fiel mir während des Fragens ein, daß diese zwischen Kriminalpsychologie, Salontrottererfahrungen her überbekannt ist diplomatie und Hauspolitik herumpendelnde Tätigkeit aus Globeund daß das, was man meiß, erst wieder interessant wird, wenn man vergessen hat, daß man es weiß. Wahrscheinlich habe auch ich viele Interviews als
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interessante Neuigkeit gelesen, weil der Tatbestand so ins Sensationelle verzerrt war, daß ich ihn bei der Lektüre gar nicht wieder.
erkannt hätte.
Das Interview griff jetzt auf die von einem Wiener Reinhardt
Gastspiel zurückgekehrte Tochter des Hauses über, eine junge Künstlerin, die englische Werke übersetzt, auf französisch Filmterte fynchronisiert und als deutsche und englische Schauspielerin erfolgreich ist, ihrerseits die elterliche Familie stützend, die in dieser Zeit glücklich zu preisen, wo, wenn das Geld zum Teufel gegangen, die Hauptsache ist, daß noch Kräfte da sind, daß wieder Kräfte da find.
Ja- Wien ? Daß das Publikum heute in Berlin spontanerer Begeisterung fähig ist als in der alten Theaterstadt an der Donau ( was ich noch vor zwei Jahren anders konstatieren konnte), erfuhr ich wehmutsvoll mit der wehmutsvollen Begründung, daß sie eben schon zu lange gewährt und sich ins Herz eingefressen hat, die graue Zeit der Not. Der traurige Wandel der Zeit hat auf den Volks= charakter abzufärben begonnen, und wenngleich es noch immer zahlreiche scharmante und gefällige Leute gibt, so obwaltet doch die Stimmung des Mißvergnügens. Ein Allerseelentagswind der Bitternis weht durch die Straßen, deren einstmalige Fröhlichkeit uns das Kino taktloserweise so oft und so kitschig vor Augen führt.
Nein, auch in den Geschäften ist man gegen die Fremden, die man doch braucht, nicht gerade entgegenkommend. Man bedankt sich nicht wie in Berlin in einem guten Geschäft auch für ein kleines 1- Mart- Sträußchen, und zuschicken soll man für 2 Schilling auch noch etwas? Vergeblich warf ich ein, daß weanern könnende für jedes Geld etwas erreichen können...
Auch zu deutschen Schauspielern, erfuhr ich, verhält man sich wenig freundlich in einer Stadt, die doch ihrerseits so viele ihrer Kräfte nach Berlin importiert, denen sich hier kameradschaftliche Hände entgegenstrecken.
So ist das Leben: geht's einem schlecht, so wird man leicht fleinlich und mürrisch und verdirbt sich sein Los noch mehr.