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Freie Sozialistische Hochschule. Hilferding über die Anarchie der Kreditorganisation. Am Sonnabendabend sprach Genosse chilferdmg für dieFreie Sozialistische chochschulc" im überfüllten Plenarsaal des ehemaligen Herrenhauses über das ThemaDie Krise der kapitalistischen ..Lreditorganisation". Wie es zu der heutigen Weltwirtschaftskrise gekommen ist. zeigte der Redner in weitausholenden, interessanten Darlegungen. Der heutige Zustand hat sich herausgebildet aus der zwangsläufigen Entwicklung des Kapitalismus zurHerrschaft des Finanzkapitals" und zum andern aus der Unterbrechung der wirtschaftlichen Eni- Wicklung durch dieaußerökonomische Gewalt des Krieges". In der Vorkriegszeit war der Kapitalismus in die Periode des (Imperialismus eingetreten. Die Konkurrenz, in früheren Zeiten das wesentliche Element des Kapitalismus, war durch eine Einigung der Unternehmen über ihren Anteil am Absatz weitgehend ausge- schaltet. Dabei hatten die Banken stark mitgewirkt, da sie durch hohe Kredite an allen Unternehmen interessiert, wemr man nicht sagen will beteiligt waren. Der Kapitalismus hatte sich monopolistisch organisiert: er suchte durch Schutzzölle das Inlands- Monopol zu sichern und den politischen Einfluß der Staatsmacht für den Kapitalexport in fremde Länder auszunutzen. Der Krieg unterbrach alle wirtschafllichen Beziehungen zwischen den einzelnen Bolkswirtschaften. Aus dem Bestreben, die eigene Produktion kräftig zu steigern, folgte eine Erweiterung der Agrar- Produktion in aller Well und die Industrialisierung der Uebersee- länder. Technische Fortschrille kamen zunächst in den vom Krieg unberührten Ländern(Vereinigte Staaten ) zur Einführung. Die europäischen Länder konnten sich erst nach Abschluß des Krieges und nach Ueberwindung der Währungswirren diese Fortschrille zu eigen machen. Die technische Umstellung brachte den europäischen Ländern in den Iahren tSSM und 1929 eine Inoestitionskonjunktur. Die wichtigste Ztriegsfolge aber war d i e Aenderung der Kreditbeziehungen zwischen den einzelnen Ländern. Dafür das eine Beispiel der Vereinigten Staaten : Im Jahre 1913 hatten die Bereinigten Staaten im Auslande Kapitalsanlagen in Höhe von 10 Milliarden Mark. Sie schuldeten aber an Europa 16 bis 20 Mil­liarden Mark. Nach dem Krieg« hatten die Vereinigten Staaten an die europäischen Regierungen Forderungen in Höhe von 25 Milliar- den, dazu private Forderungen im Betrage von 65 Milliarden Mark: dieser Summe von 90 Milliarden Mark Forderungen stehen nur 20 Milliarden Mark Schulden gegenüber. Wichtiger noch ist viel- leicht, daß die Kapitalisten ihre Gelder ans Ausland wegen der Unsicherheit nach dem Kriege nicht mehr wie früher langfristig, fon- dorn kurzfristig ausliehen. Diese Kapitalien wurden aber von den Schuldnerländern als Anlagekapital benutzt, also langfristig fest- gelegt: wie es ökonomisch nicht anders möglich war. In das Jahr 1929 fällt nun der Beginn der Weltwirtschafts» krife. Sie begann bei der Rohstoffprodukllon: die Preise für Metalle und andere Rohstoffe(Kautschuk), wie für Agrarprodukte, stürzten in nicht gekanntem Maße. Ganz Südamerika aber ist wirtschaftlich von der Ausfuhr dieser Rohstoff« abhängig. Mit dem Preissturz dieser Rohstoffe fielen die Einnahmen der südamerikanischen Länder, was nicht ohne Rückwirkung auf die Staatfinanzen blieb. Sehr bald konnten die Zinsen und Rückzahlungssummen auf die Anleihen nicht mehr gezahlt werden, was ein Ueberspringen der Krise auf die Gläubigerländer, in erster Linie England und Bereinigte Staaten, bedeutete. Nachdem die beginnende Krise ganze Länder(Südamerika , Süd- Osteuropa) ergriffen halle, oersuchten die Banken in aller Welt, ihre Kredite aus diesen Ländern zurückzuziehen. Das gleiche geschah. als nach dem Zusammenbruch der Oesterreichischen Credll-Anstalt das Mißtrauen in die österreichisch« und in die deutsche Wirtschaft . riesig anwuchs. Aus Deutschland wurden im Juni und Juli drei bis vier Milliarden Mark kurzfristige Auslandskredite abgezogen, bis das Stillhalteabkommen den Abziehunges ein Ende berettets. Dadurch konnten englische Banken beispielsweise ihr Geld aus Deutschland nicht zurückerhollen. Da Englands kurzfristig« Verpflichtungen(in erster Linie an Frankreich und die Bor­einigten Staaten) um fünf Millionen Mark höher als sein« kurz- fristigen Forderungen sind, entstanden nunwehr Zweifel an der Zahlungsfähigkeit Englands. Die Abziehungen kurzfristiger Kredite aus England führte dazu, daß der Goldstandard aufgegeben werden mußte." Und weil die kurzfristigen Schulden der Vereinigten Staaten an Frankreich , Schweiz und Holland um etwa i'A Mil­liarden Mark höher als die Forderungen an diese Länder sind, sind jetzt auch die Vereinigten Staaten in Schwierigkeiten geraten. Die Weltwirtschaftskrise hat also ihren Anfang und ihren Grund in einer Produktionskrise. Was die heutige Weltwirtschaftskrise so ungeheuer verschärft hat. ist die Tatsache des Zusammenfallens von Agrarkrise und Industrie krife. Wenn nun die Krise ins Sta- oium der Kreditkrif« eingetreten ist. dann deshalb, weil die finan- ziollen Verbindungen zwischen den Ländern sich gegenüber der Vor- kriegszell geändert haben, weil die Ausleihungen von Kapital nicht mehr langfristig, sondern kurzfristig erfolgt sind. Bei der Kreditkrise handelt es sich also in keiner Weise um einen Mangel an Zahlungs- milleln, wie es das Beispiel der Verewigten Staaten lehrt, die trotz niedrigster Zinsen und groß« Gold- und Geldsülle von der Krise nicht verschoill blieben. Es ist also auch völlig unsinnig, eine Krisenheilung durch Währungsexperimente, durch irgendeine infla- tionistifch« Vermehrung der Zahlungsmittel versuchen zu wollen. Eine Milderung der Kreditkrise könnte vielleicht erreicht werden, wenn Frankreich und die Bereinigten Staaten ihren Goldschatz benutzen würden, die kurzfristigen Kapitalverpflichtungen der Länder zu stabilisieren, das heißt in langfristige umzuwandeln. Siraßer will nicht enteignen. Verbeugung vor derprivatwirtschastlichen Energie". Wie lange ist es her. daß die Nationalsozialisten für die Eni- eignung desraffenden Kapitals" schwärmten, ja daß sie sogar im Reichstag in Anllagsform dieEnteignung der Bank- und Börsen- forsten" verlangten! Am Freitag hat aber mm Gregor Straßer im Sportpalast gesprochen und die nationalsozialistische Forderung von gestern in aller Form widerrufen. Darüber berichtet derVerl . Lokol-Anzeiger": Der Abgeordnete Straßer erklärte dann noch über die wirt- schaftspolllischen Ziele der Nationalsozialisten, daß der national- sozialistische Staat nicht enteignen werde. Er müsse mit der privatwirtschastlichen Energie arbeiten, ober die Wirtschaft im nationalsozialistischen Staat erhalte eine Verantwortung, die größer sei als jetzt., DemBerliner Lokal-Anzeiger" Hugenbergs scheint dieser Passus so wichtig, daß er die entscheidenden Wort« sogar in Fettdruck wiedergibt. Um so auffallender ist. daß man in dem viel ausführ- licheren Bericht de« nationalsozialistischenAngriff" auch nicht die kleinste Spur von ihm erblicken kann. Ein Raliovalsozialist Präsident der bremischen Bürgerschaft. Die bremische Bürgerschaft wählte am Freitag an Stelle des von seinem Posten zurückgetretenen sozialdemokratischen Präsidenten Osterloh in der Stichwahl den nationalsozialistischen bisherigen BiZeprästdenten Dr. Backhaus zum Präsidenten der Bürgerschaft

Braunschweiger Ordnung

Am Hitler-Tag herrscht musterhaste Ruhe und Ordnuug.

Auch der Kommandeur der Reichswehr kann keine Verletzung der Ordnung erblicken.

Für das weitere, soweit es noch nötig ist, sorgt der Innenminister.

Und nun ist bestimmt alles in Ordnung!

Die im Dunkeln sterben... Grauenhaftes aus den italienischen Kerkern.

Locaruo, 2i. Oktober.(Eigenbericht.) L au ro de Basis ist in der Helle gestorben,unendlich Licht mit seinem Licht verbindend" nur der weit« Himmel und das endlose Meer sahen sein Ende. Die Menschen sind erschüttert von solchem Sterben. Aber die Kämpfer gegen den Faschismus sterben nicht nur dieses leuchtenden Todes, dem die Welt ihre Aufmerk­samkeit nicht versagen kann. Man stirbt unbekannt und unbewundert in der dunklen Enge der Gefängnisse, stirbt ohne den jähen Absturz aus der Höhe, langsam zu Tode gemartert. Und in seiner brutalen Gräßlichkeit ist auch dies ein Werben für ein Ideal, von dem sich die öffentliche Aufmerksamkeit um so weniger abwenden darf, als es sich hier um Verbrechen handelt, die der Faschismus hinter Gefänznismauern begeht. Don den politischen Gefangenen in Lncona haben die Fa­milien s«'t zwei Monaten keine Nachricht mehr. Man weiß, daß sie in einen Hungerstreik getreten sind, daß bei der Ernährung mit der Sonde mehrere schwer verletzt wurden und daß die meisten. trotz ihres elenden Gesundheitszustandes, bei Wasser und Brot in Einzelhaft sitzen. Unter den Opfern befindet sich der kommunistische Abgeordnete March ioro und der Anarchist Boldrmi. In Trieft ist «in junger Arbeiter im Polizeigefängnis gestorben, Mario Orlando, an den Folgen der Mißbandlungen, durch die man ihm Geständ­nisse zu erzwingen suchte. Die Mutter wurde zuletzt zu dem Sterben- den zugelassen, der bis an den Hals zugedeckt war. Als st« ein wenig die Decken lüftete, sah sie den von Vunden bedeckten Körper des Sohnes und brach in furchtbare Verwünschungen aus. Man zerrte sie fort und ließ den sterbenden Burschen allein auf seiner Pritsche. Im berüchtigten Kerker Regina Coeli in Rom ist der Kommunist Amanzio Biagioli an den Folgen der Tortur gestorben. Besonders entsetzlich ist der Fall des jungen Anarchisten Doro Raspollini aus Spezia. Raspollini war noch ein Kind, als die Faschisten seinen Vater in grauenhafter Weise ermordeten: sie banden ihn an ein Auto und schleiften ihn durch die Stadt, bis er den Geist aufgab. Dies Bild grub sich in das Hirn des Knaben und als er siebzehn Jahre war. verschafft« er sich einen Revolver und schoß den Schuft tot, der das Auto geführt hatte. In Er- Wartung des Prozesses ist nun der Rächer seines Vaters im Ge- fängnis gestorben. Als die Verwandten sich zum Begräbnis ein- stellten, erfuhren sie, daß Raspollini schon begraben war. Mitge- fangene oersichern, er wäre unter der Folter gestorben. Andere haben die Schmerzensschreie gehört, die die Tante de» Anarchisten, die wegen Mitschuld oerhaftet ist, ausgestoßen hat. Das Entsetzliche ist, daß all die. die in der Untersuchungshaft gefoltert werden, nie wieder die Freiheit erlangen. Solche Zeugen dürfen nicht leben bleiben. Einige Schandurteile, die Verurteilung von Vinciguerra zu fünfzehn Jahren Zuchthaus, die Verurteilung Contrans zum Tode, obwohl für diese Urteil« kein Grund vorlag, erklären sich einzig daraus, daß diese Leute ge- foltert wurden und als Zeugen gegen das System beseitigt werden müssen. Warum treffen vor dem Ausnahmegericht immer die befand«? schwere Strafen, die in der HauptverhandlungGe- ständnisse" der Voruntersuchung widerrufen? Weil es sich um 'Aussage,, handelt, die durch Mißhandlungen erpreßt worden sind. Mochte doch etwas von dem Interesse, das sich der Tat von Laura de Basis zuwendet, auch für dies« obskuren Opfer absallen! Und für die. die kein Meer mitleidig aufnahm, die lebendig den Schergen in die Hände fielen, wie Domenico Lovone, dem tu Genua ein« Bombe unter den Händen explodiert«, wobei er beide Arme j verlor. Di« Mutter wie« die von außen herbeietlenden Helfer mit der Bemerkung zurück, es sei nur eine harmlose Gasexplosion, und versuchte das weitere Sprengmateriol zu verbergen, ehe sie dem blutüberströmten Sohne zu Hilfe eilte. Dabei fand sie durch ein« zweite Explosion selbst den Tod. Der Sohn wurde verhastet,«eiler acht angeblich« Mitschuldige, darunter auch die Braut de» Bovone, eine Oesterreich«!» mit Namen Margaret« Bloha.

Soll sich für diese Märtyrer keine Stimme erheben, nur, weil si« keinen Glorienschein, keinen Lorbeerkranz haben? Soll kein Interesse des Auslandes in das undekorative Dunkel der safchisti- scheu Gefängnisse dringen? Neuer Mussolini -Terror angekündigt. Gedenkfeier des Marsches auf Rom . Rom . 24. Oktober.(Eigenbericht.) In Neapel feierte der Faschismus in Anwesenheit Mussolinis den Tag. an dem vor neun Iahren am gleichen Ort der Marsch auf Rom beschlossen worden ist. In einer Rede erläuterte Mussolini die internationalen Ereignisse der letzten Zeit. Er beschäftigte sich besonders mit der politischen und wirtschaftlichen Krise. Bei de? Behondlung von Parteiangelegenheiten befohl er größte Streng« gegen alle Ueberreste des Anti- f a f ch i s m u s. Auf dem Bauche vor dem Schah. Wie das Auswärtige Amt »nationale" Würde wahrt. Unter den wenigen hundert Persern, größtenteils Studenten. die es in Deutschland gibt, wird eine Zeitschrist(Pclar", der Kamps» »erbreitet. Ihre Aufgabe ist es, Aufklärung über die Diktatur- Herrschaft des Schahs von Pcrsicn zu verbreiten und für eine persische Republik zu werben. Dieses, in persischer Sprache gedruckte Blättchen ging dem persischen Selbstherrscher auf die Nerven. Er verlangte die Unterdrückung des Blattes und die Aus- Weisung des jungen Herausgebers. Er soll dabei damit gedroht haben, den neuen deutschen Gesandten in Persien nicht zu empfangen und seinen eigenen Gesandten zurückzurufen, wenn die Reichs- regierung seinem Wunsche nicht nachkäme. Nach einigem Hin und Her ist die Ausweisung dann auch erfolgt. Für diese Nachgiebigkeit werden die deutschen Handelsinteressen ins Feld geführt, die nicht hätten gestört werden dürfen. Dabei hätte Persien an dem Verlust des deutschen Absatzgebietes weit mehr verloren, als Deutschland an der persischen.(Deutsche Ausfuhr nach Persien 9 Millionen Mark, persische Einfuhr nach Deutschland 36 Millionen Mark im letzten Jahr.) Aber es hätte dem Schah sofort von vornherein klar gemacht werden müssen, daß es ein Afylrecht gibt und die Reichsregierung sich zur Unterdrückung der politischen Meinungsfreiheit nicht hergibt. Die Konsequenzen dieser Schwäche vor den Wünschen eines orientalischen Potentaten sind auch schon eingetreten: jetzt wird auch schon gegen deutsche Schriftsteller eingeschritten, weil sie Berichte über Persien und seinen Herrscher veröffentlichten. So soll die München « Illustrierte Zeitung " erklären, daß sie mit einem bei ihr erschienenen Aufsatz von Leo Mathies sichnicht identifiziert". Jetzt soll die preußisch« Polizei sogar die Aufenthaltserlaubnis für einen Offizier des persischen Kriegsministeriums erteilen, der nach Deutsch - land entsandt wird, um die hier lebenden Perser zu bespitzeln! Wir verwahren uns gegen diese Art, aus dem Ressortintereste an guten diplomatischen Beziehungen zum Pcrserschoh sich in die polizeiliche Aussicht über die Fremden hineinrede» zu lasten. Würden derartige Praktiken auch in anderen Fällen gebräuchlich, so hieße das, daß auf Wink« von Moskau , Warschau oder Rom hin. die russischen, polnischen oder italienischen Emigranten aus Deutschland auszuweisen wären! Der ganze Vorgang ist um so beschämender, als z. B. der Regierung Frankreichs gegenüber ein derartiges Ver­langen vom Perserschah niemals auch nur gestellt worden Ist, obschon dort viel« Tausende von Persern lebe» und die dortige Propaganda bestimmt nicht mtt sanfteren Ausdrücken geführt wird.

Der Landtagsabgeordnete der Wirlschaftsparlei im Wahlkreis Frankfurt a. d. Oder-Grenzmark, Buchdrmkcreibesitzer Lldolf L e o n- Hardt, hat, wie der Demokratisdhe Zeitungsdienst mitteilt, seinen Austritt aus d« Wirtschastspartci erklärt. Er ist der Deutschen Staatspartei beigetreten und so Mitglied der staat»- parteilichen Landtags sraktto» geworden.