Erich K. Schmidt: Angst
Als die Sonne strahlend über Siziliens Borgebirgen aufgeht, rüstet sich Ch. F. Wahle, der junge danische Künstler, zu einer jener Maltouren, die ihn tagelang tief ins Land hineinführen, und von denen er, förperlich beschwingt und bepackt mit einer farbenfrohen Ausbeute, in sein einsames Hügelhaus zurückkehrt. Er stopft Nahrungsmittel und Malutensilien in den Rudsad hinein, schnallt die leichte Staffelei zwischen den Lederbändern fest, schließt die Jalousien, deren Querstäbe er horizontal stellt, damit der Wind des Nachts die Zimmer frisch durchwehe und tritt vor die Tür, die er gleichfalls mit doppelten Schlössern versichert.
Schon zieht sich, hinter abwärts fallenden Rebhügeln, Mandelbäumen und Zitronenhainen, die den bestridenden Bogen der Meeresbucht umfäumen, eine rosigflimmernde Lichtbrücke über das Tyrrhenische Meer , neben dieser Reflerbahn der Sonne blizen die blaßblauen Wasser von Millionen Diamanten, und um die Felsen zur Linken, darauf ein alter Sarazenenturm fich verwittert redt, erscheint eine Regatta von durchglühten Segelbooten: die Fischer aus dem Nachbardorf in der Zicfe fehren heim vom nächtlichen Fang.
Dieses Bild, schon mehrfach auf der Leinwand festgehalten, darf an diesem Morgen die hellen Augen des Malers nicht allzu lange feffeln, obwohl es ihn wieder entzüdt; ein paar Züge nur aus der furzen Pfeife, und schon wandert der Künstler rüstig gegen die hinter dem Hause ansteigenden Berge, sein Krückstod flirrt metallisch auf dem felsigen Pfad. Die Schmetterlinge find längst unterwegs auf ihren zackigen Streifereien, Bergziegen flettern, fast unsichtbar, über steile, graubraune, nur targbewachsene Trifte, zmei Falken schwingen durch das Aetherblau, aber plöglich stodt Wahles Fuß: zwischen durchlöcherten Steinen ringelt sich eine braune Schlange davon. Unwillkürlich umfaßt der Maler seinen Stod mit härterem Griff, als wollte er den feuchtglänzenden Leib zerschmettern, dort, wo sich am Genid der Kopf der Biper verbreitert. Aber schon ist die Schlange hinter Felsen verschwunden, verzudt wie eine Vision, von der für den Maler nichts zurüdbleibt als eine Warnung vor drohenden Gefahren.
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Wahle denkt lächelnd an die alte Frau, die mehrmals in der Woche aus dem Fischerdorf zu ihm herauskommt, um sein Zimmer zu fäubern und für ihn zu fochen. Sie erschien eines Tages sehr erregt und berichtete von einer Schlange, die sie soeben heftig erschreckt habe. Wie lang fie gewesen sei? Nun, sofie zeigte eine Entfernung von drei, vier Metern auf und so did! Als der Maler jedoch, ungläubig lachend, diese Ausmaße bezweifelte, murden sie, im Laufe des Tages, in jeder Dimension harmloser, bis ein meterlanges Schlänglein übrigblieb. Und viel größer mar auch die Biper taum, die soeben zwischen den Steinen verschwand. Trazdem fagt fich Wahle, daß es nicht auf die Anzahl der Zenti meter, sondern auf den Giftgehalt der Zähne ankommt, und da es die erste Schlange ist, der er in diesen Bergen begegnete, geht nun sein Blick vorsichtig prüfend über die Steine, indessen sich immer neue Prospekte, pittorest und farbig, wie wechselnde Kulissen vor ihm aufbauen...
Am Abend des dritten Tages steigt Wahle von den Bergen gegen das Meer hinab. Er verzehrt die Reste eines Brotes, das er in einem Gebirgsdorfe faufte, ein paar Früchte, die ihm ein Bauer gab, er ist müde von der langen Wanderung, von seiner Arbeit und den tausend Gefichten, die ihn in diesen Tagen bedrängten. Bährend er eſſend weiterschreitet, spürt er eine warme Luftwelle gegen seinen Rücken stoßen, er blidt zum Himmel, über dessen tiefdunkles Blau himbeerrote Abendwolfen in merkwürdigen Streifen ziehen, auch der Vollmond, der eben aus hohen Bergschroffen taucht, hat ein seltsam verschleiertes Gesicht. Es ist so still wie in einem leeren.Dom, nur bisweilen, wenn die warmen Stöße der Luft an den Ohren des Malers vorbeiziehen, ist es ihm, als ginge ein ätherfeines Musizieren von den Stacheln der Kakteen aus, die schon bizarre Schatten über die Felspfade werfen, eine erregende Unruhe schwillt in den Buchten der Berge an, die den Fuß vorwärts treibt. Aber da sich. Wahle, Schweiß auf der Stirn, seinem Hügelhaus nähert, vernimmt er wie erlöst die kleinen Glocken der Siegenherden, die von den kahlen Riffen herabstieg, da der Abend fam.
Als der Maler die Riegel seiner Haustür öffnet, aufatmend den Rucksad von den Schultern nimmt, beginnt der Schirokko heftiger um die Giebel zu pfeifen. Eine tiefe Müdigkeit läßt den Einsamen wie trunken durch sein fahles Zimmer schleichen, und da das Mondlicht gestreift durch die Stäbe der Jalousien fällt, entzündet er weder Lampe noch Kerze, zieht die Kleider herab und fällt auf sein hartes Bett.
Bedrückend stürzt der Schirokko auf das kleine Haus, die Südwand scheint zu beben, das geschlossene Fenster darinnen klirrt, auch die offene Jalousie gegenüber speftafelt, Wahle vermag nicht einzuschlafen. In mirrem Wechsel ziehen die Bilder der letzten Tage vor seinen Augen vorüber: die Konturen der Berge überschneiden einander wie zudende Barabeln, die Felsendörfer sausen gelöst in die Tiefe, Opuntien tanzen, mit ihren fleischigen Gliedern, gleich aufgeregten Gespenstern um seine Stirn, und tief in seine Pupillen sticht das Himbeerrot des Abendhimmels ebenso wie das gelbe Licht des verschleierten Mondes. Durst plagt ihn, doch er ist unfähig, wieder aufzustehen, um aus der nahen Zisterne Wasser zu schöpfen. Blöglich lähmt ihn der Gedanke, er sei nicht allein im Raum. Obwohl er sich erinnert, daß die Tür gut verschlossen war, mie auch die Riegel der Jalousien niemand von außen zu öffnen vermochte, peinigt ihn der Gedanke, daß er es versäumte, unter sein Bett zu schauen, ehe er sich niederlegte. Er möchte über fich lachen, meil noch nie dieses Gefühl der Angst ihn bedrängte; auf seinem unsteten Wanderleben in Europa mar er durch viele, nicht immer alltägliche Situation gegangent. Aber nun scheint sein Herz bald still zustehen, bald fieberhaft zu rajen. Er sagt sich: steh' auf, ent zünde die Kerze, und du wirst sehen, daß nichts als dieses bißchen Schirotto dein Blut in Wallung bringt, dazu die anstrengenden Zage, die vorangingen Aber er ist nicht fähig. fich zu rühren. Und da er nun die Lider hebt, rinnt ein Schauer über seinen Rüden: bewegte fich dort, zwischen den Streifen des Mondlichts, nicht ein lebendiges Wesen? Ihm war, als schliche ein Tier lautlos über die blanken Fliesen. Der Schreden lähmt seine Pupille, daß sie schmerzhaft im Augapfel hängt.
Während er atemlos auf den Boden starrt, scheint sich ihm das Rätsel zu lösen: es ist seine Wandermüße, die er vorhin versehentlich wohl auf den Boden warf. Natürlich, da liegt sie, rund und still, harmlos, aus buntlem Tuch fabriziert, er glaubt ihren Schirm zu erkennen, den dunklen Knopf, der sich aus ihrer Mitte wölbt, und er beginnt laut zu lachen, er schilt sich einen Greis, würdig des Altmännerhauses von Konenhagen.
Doch da rollt der Müzenschirm auseinander, der Knopf hebt sich steil empor, und nun vernimmt der Maler ein leises Rischen im Raum. Das ist nicht der Schirokko, der durch die Rizen schießt. Seine Müge wird zu einer dunklen Schlange, die sich wie Gummi auseinanderzieht, das Schwanzende zuckt, der Kopf steigt gewunden aufwärts, sieht er nicht die gespaltene Zunge im offenen Rachen? Den grünlich schillernden Blid, der ihn feftbannen mill?
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Bahle wird, unter einer Sturzflutt von Gedanken, brennend
badon, einer
mach, ihm ist nun klar, daß die Viper durch die Stäbe der Jalousien schlich, in den Lagen, da das Haus leer und verlassen lag. Doch er findet keinen Entschluß. Wie soll er den nackten Fuß über den Bettrand setzen? Wenn das Tier gegen ihn führe, er wäre verloren, eine Viertelstunde ist das Fischerdorf entfernt, doch wer hilfe ihm dort? Und bis zum Arzt in der nächsten Stadt muß man eine Stunde mit der Bahn fahren
Unverwandt blicken Mensch und Tier einander in die Augen. Mahle erwägt, ob er das Kopfpolster schleudere, doch damit läßt sich eine Schlange nicht töten. Sie vermag auch nur über sein Beft hinweg durch die Stäbe der Jalousie zu entweichen, so wie sie in das Zimmer eingedrungen war. Hinter dem Reptil, an der Wand, sieht Wahle seinen Stod hängen, es sind nur ein paar Meter Entfernung, doch keine Macht der Erde vermag ihn in seine Hände zu ziehen, und zwischen ihnen ringelt sich, wachsam und fpähend, der Feind, der Erbfeind des Menschen, dem er schon in biblischen Zeiten den Kopf zertrat und den er heute noch fürchtet wie je.
Der Maler, überreizt durch förperliche Anstrengungen, erregt durch die Einsamkeit und Stille der Nacht, spürt, wie das Blut siedend sein Herz durchzieht, er fühlt, daß der Schweiß seinen ganzen Körper bedeckt, er sieht sich, vom Schlangengift durchwogt, anschwellen, während seine Haut sich schwärzlich verfärbt. Es ist Zeit, denkt er frampfhaft, einen Plan zu fassen, denn schon beginnt ein Schwindelgefühl seine flare Dentkraft zu schmächen, es ist, als höbe sich der steinerne Fußboden ihm fchräge entgegen, so daß die Viper unaufhaltsam seinem Bett entgegengleitet.
Wenn das Tier giftig faucht, so will er es durch seine gewaltige Menschenstimme betäuben, denkt Wahle, und beginnt, in einem Barogysmus von Wut und Entsezen, zu brüllen, daß die kahle Stube dröhnt und der Schiroffo unhörbar wird. Er tastet mit dem
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Möbus:
Im Elternhause Klabunds
Rot und grün und gelb strömt wilder Wein vom breiten Balfon herab auf die Straße, flatternde, bunte, farbenleuchtende Bänder, die der Herbstwind padt und in die Luft wirft. Sie tanzen vor den Fenstern, sie verhüllen die Eingangstür der alten Apotheke, ein spielerischer, schwankender, festlich lockender Borhang.
Der junge Mensch im weißen Apothefertittel, der über Billen und Schachteln gebeugt ein Rezept verarbeitet, steht in geheimnis vollem Bunde mit den Mächten, die um das Haus am Marktplatz ihr Wesen treiben. Das bleiche Gesicht mit den dunklen Augen, dem gewellten, tiefschwarzen Haar gehört nicht hierher, in die kleine Stadt Krossen an der Oder. Dieser Künstlerkopf hat irgendwo unter einer südlichen Sonne seine Heimat, an den Ufern der blauen Adria , in den schmalen, musikerfüllten Straßen Neapels oder an der festlichen Küste Capris. Es ist ein Mensch der Renaissance und des Barod, der da im Gemand des Apotheters arbeitet, und es gibt nur eine Erklärung und eine Antwort, die alles Fremdartige und Rätselvolle dieser Umgebung und seiner Menschen umfaßt: Hier war der ältere Bruder des jungen Apothekers, hier war Klabund daheim
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Das legte Geheimnis eines Menschen, einer schöpferischen Kraft
iſt unenthüllbar. Weder Eltern, noch Bruder, noch Umwelt, noch Heimatstadt vermögen auszusprechen, was über die Bergänglichkeit hinweg mirft, lebt, atmet, mas noch im Tode die Kraft hat, Geister und Seelen an sich zu reißen. Sie alle fönnen nur ein paar bunte, leuchtende Farben auf der Palette mischen und einen Hintergrund malen, einen geheimnisvollen tiefen, vielfarbigen Hintergrund, der tender Vorhang, der die letzte Tür verhüllt. aber doch nichts weiter ist als eine Kulisse, ein spielerischer, schwan
Niemand kann die tiefsten Fäden zwischen Vater und Sohn enimirren. Der Bater Klabunds- Krossens langjähriger zweiter Bürgermeister, nach dem die Dr.- Henschke- Straße ihren Namen trägt ein Mensch der Tat, der organisatorischen Kraft, der starken, geistigen Beweglichkeit; mas mag von ihm auf den Sohn übergegangen sein? Die Kroffener kennen die Werke des Baters besser als die des Sohnes, und sie zählen eifrig auf, was sie ihrem Bürgermeister verdanken: Die Betriebswerke der Stadt, Gas, Wasser, Elektrizität, die Bauten der Volksschule und des Realgymnasiums, der Volksbücherei, des Heimatmuseums. Sie können fein Ende finden und verstummen erst, wenn man sie nach den Werken des Sohnes fragt. Das Sicht- und Greifbare, das Festgefügte des Alltags steht ihnen näher als die luftige, nicht zu fassende Welt der Träume und Dichtungen.
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Klabunds Mutter zart und schmal imb still sitt sie am breiter Tisch des blumengeschmückten Zimmers. Immer wieder mandert der Blick hinüber zur Bronzebüste des Sohnes, während die Hände vergilbte Briefe und Bilder ordnen. Dann reicht sie eine alte Photographie herüber, auf der ein hübscher, kleiner, pausbäckiger Schlingel in die Welt lacht. Das ist der fleine Alfred Henschke , als er noch nicht Klabund mar. Kinderbriefe, Zettel, Hefte, eine humorvolles, fleines Schülermachmert, eine winzige, vierfeitige Zeitung als erste journalistische Leistung alles hat die Mutter in unerklärlicher Ahnung sorgsam aufgehoben und verwahrt. Bild fügt sich an Bild, allmählich fommt etwas Reifes, Bemußtes in das junge Gesicht, die Schrift verliert das Haltlos- Kindliche, aber in den Briefen an die Mutter bleibt er der zärtliche, anschmiegende, fleine Junge. Nach dem Bilde der Mutter wählt er auch die Frau, das zarte, blonde Mädchen, das der Tod nach kaum einjähriger Ehe von seiner Seite reißt. Innerhalb weniger Tage verliert er Frau und Kind, es ist der furchtbarste Schlag, der auf sein Leben niederdröhnt. Die Briefe an die Eltern sind Schmerzensschreie eines selbst zu Tode Getroffenen.
einen Fuß über den Bettrand, ohne, unter wildem Geschrei, den Blick von der Viper zu menden, er ergreift mit den Zehen seine Hausschuhe, nun find menigstens die Füße durch das Leder geschützt, und mährend er auf den Boden gleitet, nimmt er das breite Kopfpolster mit, pact es in der Mitte mie einen Schild, den er auf den Gezisch, da er, noch immer schreiend, der Schlange näherkommt, sie Gegner zermalmend zu stoßen gedenkt, deutlich hört er spizzes
zieht sich, den Kopf noran, schnell auseinander und sucht zu entfliehen. Aber da faust das Kissen gewaltig auf sie hinab, so daß nur der Kopf dunkel unter der Leinwand hervorquillt, Wahle fühlt, durch das dicke Bolster hindurch, mie sich der sehnige Leib krampfhaft bäumt, er unterbricht jäh sein Geschrei und greift, indessen er auf dem Kissen kniet, zähnekirschend nach dem feuchten Genick.
Da, ehe er zupadt, wirft sich ihm der Rachen der Schlange entgegen, ein winziger Schmerz im Ballen des Daumens, der Maler brüllt von neuem auf, er preßt seine Finger wie stählerne Klammern in die schleimige Haut und löst sie erst, als er feine Abgründe einer Ohnmacht, aus der er nicht früher erwacht, als Budung mehr spürt. Aber' nun sinft er unvermittelt in die tiefen bis Schläge an seine Haustür dröhnen und die Sonne wohltuend durch die Stäbe der Jalousie gegen seine Augen dringt.
Er wirst seinen Morgenrod über und öffnet der alten fizilianischen Frau, die starr zu seinem verstörten Gesicht aufblickt. Dann, als sie die tote Schlange sieht, schreit sie laut und will fliehen. Aber der Maler zieht sie ins Zimmer, bis sie vor dem zu sagen: Kadaver steht, und endlich vermag sie, nach einem prüfenden Blick,
..Non è velenoso."
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,, Nein, giftig ist sie nicht!" bestätigt Wahle mie lächerlich dünkt ihn jetzt sein heimlicher Kampf und die betäubende Angst dieser Nacht. Er stößt die Jalousie auf, das Sonnenlicht fällt wie ein gelber Sturzbach in das Zimmer, der Maler dehnt die steifgewordenen Glieder und fährt, in seiner Muttersprache, lachend fort:
,, Denn dafür bin ich in der Tat ein lebendiger Beweis!"
Puck:
Kanonen, Kurgäste, Kabeljau
Lage ist Schicksal. Und so mußte denn aus dem friedlich hinter dem Elbdeich hindämmernden Bauern- und Fischerstädtchen Curhaven Deutschlands modernste Seefeftung werden, als der Imperialismus des zweiten Wilhelm nach der Seeherrschaft grijs. Ber Curhaven besaß, der besaß die Elbmündung und beherrschte durch sie Deutschlands größten Handelshafen, Hamburg . Militärisches Denten zog die Folgerung, zwischen Deich und Düne, zwischen den beiden Schenfein des stumpfen Winkels, auf dem Curhaven zwischen Wattenmeer und Elbe liegt, Batterie neben Batterie, Fort hinter Fort aufmarschieren zu lassen. Hinter Panzer, Erdwall und Beton lag Rohr neben Rohr , vom leichtesten bis zum schwersten Kaliber. Eine Militäreijenbahn fuhr mitten durch alte Fischerviertel und trostlose Beamtenhäuser und Kasernen. Um die Stadt herum und bis in die Stadt hinein stand ein Drahtverhau von Warnungstafeln: Festungsgelände, Betreten verboten.. Photographieren verboten. Zeichnen verboten Wenn der rote Ball am Mast hochgezogen, wegen Scharfschießen gesperrt....
Das war das faiserliche Curhaven. Im Kriege murde es vollends, trotzdem kein Schuß gelöst zu werden brauchte, zu einer belagerten Festung mit Benjur und Drahtverhauen, aufgerissenen oder gesperrten Straßen und Spionenriecherei, Militärdiktatur und Hinfiechen des zinilen Erwerbs. Hungerfalten, Krankheitsflecken gruben sich in das starte Kriegsgesicht der Elbefeftung. Und als der Zufammenbrud da war, da schien auch Cuxhavens Schicksal besiegelt. Lage ist Schicksal. Jede neue Zeit aber ist neue Lage, birgi neue Möglichkeiten. Heute sind die Forts soweit sie der Frieden bestehen ließ tote Punkte im Leben Curhavens, stehen wie gigantische Hünengräber der Bergangenheit an Anid und Deich. Curhaven hat, seiner imperialistischen Aufgabe ledig, die Arbeit des Friedens entdeckt. Kurgäste und Kabeljau, Bad und Fischerei prägen heute das Gesicht der Elbmündung. Und es ist ein Gesicht, aus dem lebendige, hoffnungsvolle Augen schauen.
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Zwischen den beiden Blutbahnen Elbstrom und Eisenbahn ge= lagert, von ihnen mit feinen Seitenäderchen durchspült, liegen Fischereihafen, Fischhallen und Fischindustrie. Ja Industrie: denn die hundert verschiedenen Formen, in denen verbraucht wird, mas als Seefisch aus dem eisgekühlten Magen der schwarzen Fischdampfer gelöscht wurde, sind das Produkt einer mit allen Hilfsmitteln modernster Technik aufgebauten Apparatur. Bücklinge am laufenden Bande, Fischfilets und Fischkonserven, Lebertran und Fischmehl; es reiht sich Fabrik an Fabrik an den riesigen Auktionshallen, die nach) dem Fischereibaffin hin flaffen wie ein nimmersattes Maul, dem die Hochseedampfer Bissen auf Bissen heranschleppen. An die 150 Fischdampfer, derbe, gedrungene Burschen, lächerlich flein für den Atlantik, die Nordsee und das Weiße Meer , dem sie seine Fischherden entreißen, liegen in dem langen Schlauch des Fischereihajens. Mehrere tausend Familien leben im Rhythmus von Erfolg und Mißerfolg der Fangdampfer. Tausende meiterer Familien erhalten Arbeit und Brot von Hafen, Handel und Verarbeitung. Und jede Kabeljausaison, jede Heringssaison gibt Tausenden von Arbeiterin
nen aus dem Ruhrgebiet monatelang Brot in Curhaven.
Drüben aber, jenseits des Binnendeiches, der die Hafenbassins umrahmt, den Elbdeich entlang bis zum schwarzen Dreieck der Kugel. bafe und dann am offenen Meere, liegt das zweite Curhaven, das Nordseebad. Erst nach dem Kriege kam der Aufschwung, und das rote Cuxhaven , das rote Hamburg , prägten das Bad Curhaven mit Kindererholungsheimen, Ferienheimen und anderem Beginn einer Gemeinschaftskultur.
Die Stadt, zwischen Fischerei und Bad, wächst und verjüngt sich. hinüber in Jahre der Einsamkeit, in die nur raufhartig entstandene Bie durch ein Wunder überlebt er diese Monate und rettet sich Gegen den verstaubten, häßlichen Kern der ehemaligen Beamten Werte Höhepunkte der Erfüllung bringen. Längst hat Klabund und Salbatenstadt stoßen Siedlungen und Wohnblöde roter inferdie teine Start an der Oder hinter sich gelassen. Wahl tehrt er bauten in einfachen, ruhigen Linien vor. Die sozialdemokratische Stadtverordnetenfraktion jeit 1919 bis heute steigen die sozia!- mehrmals zurüd ins Elternhaus, die Reifenutze tief ins Gefiant demokratischen Wahlziffern ständig in Curhaven, unberührt vom mehrmals zurück ins Elternhaus, die Reifenute tief ins Gesicht gezogen, den Koffer an der Hand, wie ihn ein Bild zeigt, aber dann Rückschlag der letzten Jahre im übrigen Deutschland war führend Städten, Herzen, Seen sucht den Weg zu sich selbst, zu seiner fünft- hütte" wurden die Wohnblocks geschaffen, die auch der nichtsozia drängt es ihn wieder hinaus. Der Wanderer zwischen tausend in der großzügigen Schaffung des neuen Curhaven. Von der Baulerischen Bollendung. listische Kurgast bewundert, und am Hauptplatz der Stadt baut sich das Parteiblatt, die Alte Liebe", ein neues Heim von moderner 3weckmäßigkeit und Schönheit.
Sie läßt Briefe und Bilder für sich selbst sprechen, die zarte, innerliche Frau, die zur Hüterin des Nachlaffes ihres Sohnes berufen ist. Vielleicht aber sichtet sie in aller Stille das unoeröffentlichte Material und erfüllt die Aufgabe der Mutter Anselm Feuerbachs, Emil Götts, Heinrich Herb': Und die Biographie Klobunds zu schenken, die uns immer noch fehlt. Denn sie, die Mutter, hat das Recht und die Kraft dazu.
Hoch über den Mauern der kleinen Stadt, auf dem Berg. friedhof, schläft er, der truntene Sänger der Schönheit, unter alten, breitäftigen Stämmen und blühenden Beeten. unter dunklen Tannen und Lorbeer. Aber er ist nicht allein. Sie find alle bei ihm, die Gefährten seines Lebens, das dunkelglühende Weinlaub und die ziehenden Bögel, die weite Ebene, der strömende Fluß und die breiten, weißen Wolkenkähne, die zeitlos durch das unendliche blaue Licht steuern
Das Meer als Medizin und als Jagdgrund hat das Meer ofs Tuminelplatz grauer Panzerfolosse und als Schußfeld schwerer Langrohre übermunden. Der Kurgast und der Kabeljan find die let ens. froheren Erben der alten Seefeftung. Sieghaft überheulen die Sirenen der Fischdampfer die ftummgewordenen Strandbatterien. Tag und Nacht pocht der Rhythmus harter Arbeit am Hafen, und draußen, am Strande des Wattenmeeres, tummeln sich Großstadtfinder und müde gearbeitete Erwachsene gesund.
Berantwortlich für Volit Bietor Schiff: Wirtidaft: 6. Alingelhöfer:
Gewerkschaftsbewegung: Setcinez; Feuilleton: Dr. John Schifomsti; Lofalce und Sonstiges: Frig Karstadt : Anzeigen: Th. Glode; fämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Berlaa G. m. b. S.. Berlin . Drud: Borwärts- Buchbruckerei und Berlagsanstalt Baul Ginger n. Co. Berlin 68, Sindenſtraia 3. Sieraz 2 Beilagen