Nr. 509 48. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Freitag, 30. Oftober 1931
Um die BVG.- Grundstücke Betrunkene Schimpftolde.
Aussprache im Stadtparlament Abrechnung mit den Nazis
Debatten über die
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Die gestrige Stadtverordnetenversammlung brachte| Bau einer weiteren Bolts Doppelschule in endlich einmal die in der Oeffentlichkeit seit langem geführten Tempelhof wurde ausgefeßt. Zuvor gab Genoffe Faust den Kommunisten, die sich als besonders eifrige Befürworter des Schulbaues in Tempelhof aufspielten, noch einige Wahrheiten zu hören. Faust sagte, daß
Grundstücksankäufe anläßlich der Untergrundbahn bauten
zum Abschluß. Aus dem Haushaltsausschuß berichtete Stadtverordneter Schäfer( Soz.): Bei den zur Verhandlung stehenden Grundstückstäufen handelt es sich um die Antäufe, die in den Jahren 1926 bis 1930 nötig waren. Vor allem sei, so betonte Schäfer, zu bedenken, daß bei Bahnbauten, die die Hochund Untergrundbahngesellschaft begann, als sie noch im Privat besig war, städtebauliche Rücksichten nicht genommen werden brauchten. Das änderte sich dann allerdings, als die Bahnen in Stadtbesig übergingen. Insbesondere famen für die Stadt folche Städtebaulichen Notwendigkeiten an der Jannowigbrüde und am Alexanderplatz in Betracht, wobei wiederum festzustellen ist, daß z. B. die Durchlegung einer neuen Straße zwischen dem Alexanderplatz und der Frankfurter Straße auch noch von der olten Hochbahngesellschaft geplant und durchgeführt wurde. Eine übermäßige Berteuerung der anzutaufenden Grundstücke ist von der städtischen Hochbahngesellschaft und den zum Zwecke des Ankaufs gebildeten Baugesellschaften dadurch verhindert worden, daß man Strohmänner vorschickte. Insofern sei also der Stadt kein Vorwurf zu machen. Der Ankauf einiger Grundstücke am Molten markt, über den ursprünglich auch eine Untergrundbahnlinie laufen
follte, ist seinerzeit auch vom Stadtbaurat Wagner warm empfohlen worden( demselben, der sich nach seinem Austritt aus der Sozialdemokratischen Partei in Wort und Schrift scharf gegen die Grundstückskäufe gewandt hat. Red.). Der Bericht erstatter erörterte dann in längeren Ausführungen die Notwendig keit des Ankaufs der einzelnen Grundstücke und stellte fest, daß vom Haushaltsausschuß in fast allen Fällen die Berechtigung und die Notwendigkeit für die Anfäufe anerkannt wurden. Jedenfalls wurden im Ausschuß Beanstandungen besonderer Art, so wie man sie in einer gewissen Sensationspresse bis zum UeberDruß lesen konnte, nicht gemacht. Nach den Beschlüssen des Haushaltsausschusses erforderten bis zum 31. März 1930 die Grundstücksanfäufe 162 Mill. Mart. Bom städtischen Grunderwerbsstod werden 93,5 Mill. übernommen. Davon werden 44,5 mill. abgeschrieben, weil die Grundstückspreise jezt anders find als zur Zeit des Antaufs. Der Berlust wird von der Kämmerei false getragen. Die Tiefbauverwaltung übernimmt für 31,8 mill. Mart Grundstüde und schreibt davon 12.3 Mill. ab, während die Berliner Verkehrs- Gesellschaft 40,1 Min. Mart übernimmt, woDon 17,9 Mill. auf ihr Grundstücksfonto und 22,2 Mill. Mart auf die Bahnanlagen aller Art entfallen. Die Verwaltung der Grundstücke ift bereits seit dem 1. Oktober d. 3. auf die zuständigen Bezirke übergegangen. Schäfer betonte am Schluß, daß die Berab schiebung der Vorlage dringend notwendig sei, weil auch die Stabt ein Interesse daran hat, die Grundstücke endlich aus den Händen ber Derschiedensten Gesellschaften in eigene Berwaltung zu über nehmen. Damit würden dann auch die Stadtverordneten ein Mit bestimmungsrecht in diesen Grundstücsangelegenheiten befommen.
Für die Sozialdemokratische Partei sprach Genosse Robin fon die Zustimmung zur Vorlage aus unter der Voraussetzung, baß Grundstücksveränderungen nur mit der Zustimmung der Stadt nerordnetenversammlung vorgenommen werden dürfen. Robinson rechnete im übrigen mit den Nationalsozialisten und ihren fommu nalpolitischen Schandtaten gehörig ab. Herr Engel von den Nazis antwortete sehr erregt und laut in einer Sportpalastrabe.
Die Borlage murde schließlich nach den Beschlüssen des Aus schusses angenommen.
Für die Wiederaufnahme der Notstandsarbeiten zur Herstel lung der Schmugmasserleitung in Mahlsdorf wurden die Mittel vom Magistrat angefordert, die Abstimmung über den
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Foumilie Soviet
Roman Don Elfe Möbus
Tiefe Nacht. Draußen tobt der Sturm. Er fegt Steine und Schindel von den Dächern, er pfeift und heult in den Wipfeln der Tannen. Bei jedem Windstoß flappern die alten Fensterkreuze, und die Scheiben flirren, als wenn der zweifelte Hände sie hin- und herrissen.
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Drinnen in der Stube beugt sich die Theres mit ermutigendem Lächeln zu der Kranten nieder. Da, trintet Gie e Schlüdle von der gute Milch- frischgemolke heut Abed fomas Guts friegst Sie in der Stadt net..." Sie streicht der Frau mit der breiten, warmen Hand über die Stirn. Ja, die Eisebahn- sell isch au so e Teufelszeug- allerdings: Unfre Fraue fahre net mit der Bahn, und dene gehts oft au so, wie Ihne jetz! Sell macht die schwer Arbeit auf dem Feld un so... Aber wartet Sie es bißle, morge früh, wenn d' Sonn aufgeht, da habet Sie ihr Büeble im Arm, da könnet Sie lache!"
Ueber das blasse, verzogene Geficht fliegt ein heller Schein. Woher wiffen Sie denn, daß es ein Junge sein wird?" fragt fie leise. Die Theres lacht behaglich vor sich hin. Wer soviel in der Wochestub gewese isch, wie i, der fanns de Fraue an der Najespis ablese! Un auf Ihrer Nase spizi mill doch glei noch amal nachschaue, damit i nig Falsches sag" die Theres holt umständlich ihre Brille aus der Tasche, pußt sie und setzt sie sich auf ,, da steht ganz deutlich: E Büeble!"
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Aber Frau Loriot lächelt trübe, obwol ihr der harmlose Humor wohl tut.
,, Ein Siebenmonatskind!" Aber da ereifert sich die Theres. A was, sagt sie wegwerfend, hier bei uns laufe viele Siebemonatsfinder rum un sin gfund und start. Was i noch sage wollt", fügt sie ablenkend hinzu, d' Germäne isch bei der Frau Gamsert un schläft dort. Hier isch kein Aufenthalt für so e Kind! Und jetz will i schnell noch verschiedenes reinhole..."
Draußen aber klopft sie die Bäuerin aus dem Schlafzimmer. Kreuzwirtin", sagt sie leise, i weiß net, mir
die Sozialdemokraten schon viel früher als die Kommunisten die Schulnof in Tempelhof entdeckt hätten, daß sie aber mit den Kommunisten auch jezt einig wären in der Erkenntnis, daß die Stadt Geld für den von den Kommunisten geforderten großen Schulbau nicht übrig hat Die Sozialdemokraten fordern vielmehr, daß eine Prüfung über die nicht nach Tempelhof zuständigen, dort aber zur Einschulung gekommenen Kinder vorgenommen wird dergestalt, daß die nicht nach Tempelhof gehören den Kinder ausgeschult werden. Auf diese Weise fann man Blas für etwa 120 Kinder schaffen. Die Sozialdemokraten for bern auch weiter, daß für die kommenden Einschulungen eine Ne u- einteilung der Schulbezirte vorgenommen wird, so daß in die Tempelhofer Schulen tatsächlich nur Tempelhofer Kinder gehen Aus diesen Gründen werden die Sozialdemokraten den fommunistischen Antrag auf Neubau einer neuen Doppelschule ablehnen.
Die Angriffe gegen Kämmerer Asch abgewiesen.
Wie wir bereits in dem Bericht über die Stadtverordnetenver
sammlung in der vergangenen Woche mitteilten, wurde über die Angriffe, die gegen den Berliner Kämmerer Genossen Asch in der Berliner Boulevardpresse erhoben wurden, lang und breit debattiert. Dem Kämmerer war zum Vorwurf gemacht worden, daß er unrechtmäßig und zu oft nach Frankfurt a. M., feiner früheren Wirtungsstätte, gefahren und daß er in Berlin zuviel in städtischen Autos gefahren sei. Die Deutsch nationalen und auch die Kommunisten hatten diese lächerlichen Angriffe zum Anlaß von Anfragen und Anträgen gemacht und ein Ausschuß mußte sich sogar in mehreren Sizungen mit der Angelegenheit, die so recht das fommunalpolitische Niveau dieser Parteien beleuchtete, befassen. Die Feststellung des Ausschusses, daß
alle Angriffe gegen den Kämmerer unbegründet sind, wurde gestern in der Abstimmung mit den Stimmen der Sozialdemokraten und der Mittelparteien gutgeheißen. Der vom Ausfchuß angenommene Antrag, den Magistratsmitgliedern jegliche Benugung der Dienstautos für andere als dienstliche Zwecke zu unterjagen, wurde mit den Stimmen derselben Parteien abgelehnt. Die Deutschnationalen, die Nationalsozialisten und die Kommunisten vereinigten sich dabei wieder einmal in trauter Gemeinschaft für den Antrag.
Im Haushaltsausschuß hatte in der gestrigen Vormittagssigung der Oberbürgermeister erklärt, daß er auf Grund der Behauptungen des deutschnationalen Stadtverordneten v. Jedlin, der erklärt hatte, feine Informationen aus dem städtischen Finanzburo erfahren zu haben, sämtliche Beamte bes thanz büros noch einmal eingehend vernommen habe. Auch dabei stellte fich heraus, daß die unverantwortlichen gehäffigen Behauptungen des deutschnationalen Herrn jeder Grundlage entbehren.
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Alkohol entschuldigt immer noch viel.
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Der Dentist Bethmann und der Händler Rausch hatten an einem Sonntag schon frühzeitig eine Kneiptour unternommen und richteten in der Trunkenheit soviel Unfug an, daß sie eine Anklage wegen ruheftörenden Lärms, Hausfriedensbruchs, groben Unsugs, Beleidigung und Beschimpfung der Reichsfarben erhielten. Geldstrafe laufen lassen wollen, aber wenn sie auch Geld hatten, um Ursprünglich hatte man sie trotz der Delikte mit einer einfachen sich zu betrinken, Geld zum Strafezahlen wollten sie nicht haben. Sie erhoben gegen den geringen Strafbefehl Einspruch, und so kam die Sache vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte zur Verhandlung. In ihrer Trunkenheit waren die Angeklagten am Abend des Kneiptages auf einem Polizeirevier erschienen und hatten stürmisch 50 Pfennig Fahrgeld verlangt, da sie ihr ganzes Geld ausgegeben hätten und nun nach Hause müßten. Es wurde ihnen bedeutet, daß die Polizei dafür kein Geld habe. Sie lärmten aber so grölten sie meiter und verlangten das Geld, denn wofür zahlten sie als Staatsbürger ihre Steuern. Schließlich warf man sie hinaus. Nun taumelten sie nach Hause. Statt sich aber ins Bett zu legen und den Rausch auszuschlafen, trieben sie im Hause allerhand Allotria und klingelten die Hausbewohner heraus, bis man die Störenfriede auch hier an die Luft beförderte. Bei Durchsuchung ihrer Taschen fanden sie noch 60 Pfennig, die sie schleunigst in Bier anlegten. Zum zweitenmal erschienen sie auf der Polizeiwache und verlangten wieder 50 Pfennig. Man warf sie von neuem hinaus. Bethmann hängt sich draußen an die Glocke und klingelte ununterbrochen, bis ein Beamter herunterkam, um ihn wegzujagen. Darauf rief er:" Ihr sozialdemokratischen Lumpen und Strolche mit Eurer Republik." Ein altes lateinisches Sprichwort heißt: in vino veritas. In freier Uebersetzung würde das heißen: Wenn einer betrunken ist, kommt sein wahrer Charakter zum Ausdruck. Das scheint auch hier der Fall zu sein, als der betrunkene Dentist Bethmann und der betrunkene Händler Rausch die Polizei, die Republik und die Sozialdemokratie schmähten. Das Gericht hatte natürlich Verständnis für den Zustand der Angeklagten und nahm als Milderungsgrund an, daß sie gehörig„ einen sizen" hatten. Deshalb wurde die Sache als eine ,, betrunkene Geschichte" behandelt und Bethmann erhielt für sämtliche Anklagepunkte zusammen insgesamt 60 Mark Geldstrafe. Rausch, tam sogar mit mur 10 Mark weg.
Reichsgesundheitsrat gegen Calmette. Der Fortgang des Lübecker Prozesses.
Lübed, 29. Oftober.
Bei Beginn der heutigen Verhandlung fam es zu heftigen 3usammenstößen. Die Schwester Gertrud Hoff. mann behauptete, vom Borsigenden der Lübecker Elternschaft während der Hauptverhandlung arg bedrängt worden zu sein. Sie Derneinte aber die Frage, ob dieser sie zu einer falschen Aus: fage unter Eid hätte beeinflussen wollen. Der Zwischenfall rief heftige Erregung hervor. Eine Frage eines der Vertreter der Nebentläger war paber in der allgemeinen Aufregung gegangen: Als sich bei Wiederaufnahme der Frage Wiber prudy erhob, verlor der Rechtsanwalt die Nerven, riß sich die Anwaltsrobe herunter und erflärte, nicht mehr mitarbeiten zu wollen. Das Gericht beruhigte den Anwalt.
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Wichtiger für den Fortgang des Prozesses war die Aussage Die Unterschlagungen bei der Straßenbahn Schöneiche. Der des Präsidenten des Reichsgesundheitsamtes, Dr. Samel. Er frühere Berwaltungsgehilfe Erich Rohnert aus Schöneiche wird äußerte sich über die Stellungnahme des Reichsgesundbeschuldigt, 1800 Mart, bie er für Fahrscheinhefte der Straßenheitsamtes und des Reichsgesundheitsrates zum bahn vereinnahmt hat, unterschlagen zu haben. Das Schöffen- Calmette- Verfahren. Da sich Bestrebungen gezeigt hätten, das gericht verurteilte ihn desmegen zu vier Monaten Gefängnis. Die Calmette- Berfahren in größerem Umfange in Deutschland anzuvierte Große Straftammer des Landgerichts II in Moabit hat in der wenden, habe das Reichsgesundheitsamt empfohlen, das Ergebnis weiterer Untersuchungen abzuwarten. Das Reichsgesundheitsamt Berufungsverhandlung das 11rteil bestätigt.
isch's ne geheuer. Laffet Sie schnell anschpanne und den Dottor hole!"
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Die Sonne steht hoch und leuchtend am Himmel. Siej hat längst die Tauperlen getrocknet, die auf den Wiesen lagen, und die Tannenmälder auf den Bergen, hinter denen sie jeden Morgen herauskommt, liegen voll und warm ihrem Licht preisgegeben. 3arte, weiße Wolken stehen über den dampfenden Medern, auf denen tiefgebüdte Frauen und Mädchen ihre Feldarbeit verrichten. Bald ist Mittagszeit. Schon zerren die Gäule, die gewohnt sind, um eine bestimmte Stunde zurückzufahren, ungeduldig an ihren Halftern.
In der Ferne erhebt sich eine Staubwofte. Ein Auto faust mit Höchstgeschwindigkeit in die Kurve ein und hält mit gewaltsamem Rud.
Bum goldenen Kreuz, wohin!" schreit der Chauffeur aufs Feld hinüber.
Immer gradaus!" ruft die Kreszens zurück, die sich am schnellsten gefaßt hat. Aber als der Wagen im Augenblic verschwunden ist, brummt sie mißvergnügt vor sich hin: ,, Als ob mir net scho genug Staub und Dred auf dem Land hätte! Solle in ihre Städt rumrase, soviel sie wolle, aber uns zufriede laffe, die verrüdte Sommerfrischler!" Und die anderen niden beifällig.
Loriot läßt dem Fahrer kaum Zeit, zu halten. Er drückt ihm einen viel zu hohen Betrag in die Hand und eilt ins Haus. Es riecht nach Karbol und Verbandwatte, nach Alether und Weihrauch, eine Mischung, die ihm auf die Nerven fällt und llebelteit in ihm aufsteigen läßt. Oben auf der Treppe steht eine dicke, perweinte Frau mit einem Rosenkranz in der Hand. Halblaut murmelt sie eintönige Worte vor sich hin. Der Professor hält sich mit beiden Händen am Geländer. Betet die Frau für eine Tote? Ist er zu spät gekommen? Im gleichen Augenblick öffnet sich eine Tür. Germaine tritt heraus. Sie ist totenblaß und stürzt dem Vater schluchzend in die Arme.
Im Nebenzimmer wäscht sich der Arzt die blutigen Hände, und die Theres trocknet sich den Schweiß von der Stirn. Ihr Gesicht sieht nicht mehr so zuversichtlich aus wie am Vorabend, aber sie lächelt, als Loriot mit der Tochter an der Hand eintritt.
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,, E Büeble mie i gsagt hab!" Aber als der Professor ihr dankend die Hand entgegenstrect, mehrt sie bescheiden ab: ,, Diesmal isch der Herr Doktor die Wehmutter gewese wenn er heut Nacht net gleich fomme wär...!" Bielsagend wiegt sie den Kopf hin und her.
Aber die Kreuzwirtin, die an der Tür steht, faßt ihren Rosenkranz fester. Sie weiß es besser, wer die Frau nebenan vor dem Berbluten bewahrt hat. Der Doktor mit seinen 3angen und Meffern was hätte der vermocht, wenn nicht ein höherer Wille gewaltet hätte! Die allerseligste Jungfrau sie allein hat das Wunder vollbracht. Inbrünstig drückt fie die Perlen an die Lippen. Die ganze Nacht hat sie wach. gelegen und gebetet, Stunde um Stunde. Alles hat sie der Mutter Maria erzählt und anheimgestellt, bis sie Mutter und Kind in ihren allerheiligsten Schutz genommen hat. Aber das braucht teiner zu erfahren nur dem Hochwür digen Herrn wird sie's wieder erzählen, wenn sie ihm die Kerzen bringt zum Weihen, die sie der Jungfrau heute Nacht gelobt hat.
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,, Und jetz solls also bald heimgehe!" Die Kreuzwirtin wiegte bedauernd den Kopf.
Frau Loriot lächelte. Sie werden froh sein, wenn Sie uns los find. Diesmal hatten Sie uns ja nahezu ein Bierteljahr! Und was haben Sie sich Sorgen und Mühe mit uns gemacht!"
Die Kreuzwirtin wehrte bescheiden ab. Der Herr Profeffor hats net lang hier ausghalte", sagte sie ablenkend. Er wohnt lieber drobe im Kurhaus. Wenn er an unserem Mischtes vorbeigange isch, dann hat er sich jedesmal die Nas Bughalte!" Sie lachte. Mir gehts umgekehrt. Wenn i drin in der Stadt bin, dann halt i mir d' Nas zu, wenn die Autos vorbeirase, un i bin froh, wenn i wieder in unser Tal fomm!" Frau Loriot warf ihr einen warmen Blick zu.„ Ich bin auch gern hier. Und wir werden auch nächstes Jahr im Sommer wiederkommen, denn so gut sind wir nirgends untergebracht wie bei Ihnen. Mein Mann braucht Menschen um sich, Leben, Anregung, aber ich lebe gern eine Zeitlang ganz für mich. Ich habe daheim gesellschaftliche Verpflich tungen genug! Außerdem würde mich die Erinnerung, daß Dolf so gern hier war, immer wieder zu Ihnen zurückbringen." Mit feuchten Augen sah sie vor sich hin.
,, Und d' Germänle hat sich ausgmacht!" Die Kreuzwirtin fah wohlgefällig aus dem Fenster hinaus in den Garten, wo Germaine unter dem großen Apfelbaum saß. Sie sah frisch und blühend aus, und das armfreie, weiße Sommerkleid, über das die dunklen 3öpfe herabfielen, hob noch die gesunde, sonnenverbrannte Gesichtsfarbe. Behutsam schaukelte sie die alte, geschnitzte Wiege, in der ihr kleiner Bruder lag und schlief. ( Fortsegung folgt.)
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