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Nr. 513 48. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 1. November 1931

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und

Väter Söhne.

Eher vermag ein Vater sechs Kinder zu ernähren, denn sechs Kinder einen Vater. Auf wen dieses boshafte Sprichwort gemünzt war, über den wurde immer ein wenig die Nase gerümpft. Heute schiert das Wort keinen Menschen mehr. Im Gegenteil, ein Vater, der sein exmittiertes Kind ins Asyl mandern ließe, anstatt es zu beherbergen, oder ein Vater, der seinen arbeitslosen Sohn bei fremden Leuten hungern ließe, den würde man einen Rabenvater oder sonst etras nennen. So haben sich die Zeiten geändert. Denn die Jugend, jene unglückliche Nachkriegsgeneration, die in einen der größten gesellschaftlichen Umformungsprozesse hineingeboren wurde, mußte beim Stärkerroerden der Arbeitslosigkeit zuerst daran glauben. Zuerst kamen die jungen Unverhei­rateten an die Reihe, wenn es Freitags die Papiere gab; sie werden sich schon durchschlagen, sagte man leichtfertig. Dabei dachte man immer an den einen, der sich durchschlagen sollte, aber in Wirklichkeit maren es Millionen, die desgleichen tun sollten.

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fiizen hat, muß Speise und Trank für alle sieben heranschaffen. Nicht weit ab von dem Glasbläser wohnt ein Schneider. Der arbeitet teils ,, fürs Geschäft" und teils für Kundschaft. Wenn Saison mar, ging es bis in die späte Nacht hinein und es blieb immer soviel übrig, daß auch in stilleren Zeiten Sonntags der Braten auf dem Tische stand. Der Mann hat drei Töchter. Die eine nahm einen Bäder. Sie schafften und sparten und glaubten immer noch an die eigene Bäckerei, wenn nur die 9000 Mark für den Patenta ofen   zusammen wären. Obwohl aus dem Ofen mitde m Patent audy noch kein Brot herauskommt, wenn man nur die 9000 Mark hat. Aber nicht einmal die waren da, denn der Bäcker wurde arbeitslos. weil der Meister selber einen Sohn hatte, den er unterbringen mußte, da konnte er keinen Gesellen mehr gebrauchen und so fuhr eines Tages ein Möbelwagen vor des Schneiders großer Wohnung vor und man trug die Möbel des Bäckers zu den Möbeln des Schneiders. Die zweite Tochter nahm einen Lehrer. Beim großen Schulabbau aber wurde der Mann entlassen. Also zog der

Heute sind die Betriebe beinahe entoölfert von der Jugend, I wohnung da gibt es nur zwei Wege: entweder die Miete zu zahlen| langen Umgang mit dem Quecksilber schon sehr in den Knochen zu was noch zu schaffen ist, das machen gut und gern die alten Stamm- und zu hungern oder die Miete schuldig zu bleiben und schlecht arbeiter. Die Jugend siht auf dem Nachweis. Um und recht zu leben. Diese Neubaumieten sind ein schweres Kreuz diefes festzustellen, bedarf es keiner Statistik, der bloße Augenschein für den Proletarier. Nun ja, dann war es eines Morgens mit dem genügt. Große Kinder, die längst flügge geworden waren, sind mit Sohn so weit, daß er ,, rückte", nachdem er noch den Baukosten­Sad und Pack wieder zu den Eltern zurückgekehrt, und sofern die zuschuß abgewohnt hatte. Die Möbel murden auf den Speicher ge­Söhne oder Töchter verheiratet waren, haben sie ihre Ehegatten stellt, die Speichermiete bezahlt der Vater, und mit Frau und Kind gleich mitgebracht. In Stube und Küche siten mitunter drei Familien, ging es zurüd zum Glasbläser. man geht stempeln, pellt Kartoffeln, bastelt am Radio oder spielt Schaffopp. Dabei wartet jeder darauf, daß ihn der Vater einmal ,, mitnimmt". Mitnimmt in seinen Betrieb, wo er geblieben ist, sofern sich leise wieder einmal eine Konjunktursträhne zeigen sollte und zwei oder drei Mann gebraucht werden. Hier sitzt nebenbei der Ausgangspunkt einer gefährlichen Entwicklung: das Arbeit annehmen um jeden Preis, die Umgehung des Arbeitsnachweises. Nachher sieht man dann jene merkwürdigen Maurer in den blauen Kitteln auf den Leitergerüsten stehen und Fassaden puzen. Daß diese Entwicklung nicht ins Uferlose ausartet, ist das Verdienst unserer Sozialversicherung. Deshalb missen auch die Harzburger, warum sie die Sozialversicherung so sehr berennen: denn bricht diefer Damm vor dem Elend, hätten sie die industrielle Reservearmee, die sie brauchen. Dann wird es bald wieder so weit fein, wie damals, als man den Bahnunterhaltungsarbeitern Stunden­löhne von 21 Pfennig gab, das war, als die Eisenbahn noch ,, könig­lich" mar.

Der Glasbläser.

Die nachstehenden Fälle sind nicht aus dem siebenten Himmel geholt. Sie stammen aus dem verhältnismäßig kleinen Blickkreis eines einzigen Berliners. Die Fälle sind typisch. Wer genau hinsieht, wird sie unschwer auch in seinem eigenen Kreis entdecken. Da ist zuerst der Herr X. Geboren in jener eigenartigen Glasbläser gegend Westpreußens, wo die Glashütten   nicht ein für allemal jest: stehen, sondern wandern wie die Taler, von einem Drt zum anderen. Weil man nämlich alles alte Glas in einer bestimmten Gegend sammelte und es gleich an Ort und Stelle einſchmolz. Benn es kein altes Glas mehr zu sammeln gab, zog man weiter mit dem ganzen Laden. Also aus diefer Gegend war der Herr X. Selber ein

Glasbläser. Er warf sich beizeiten auf eine ganz besondere Spezialität von Thermometern, die macht ihm in der ganzen Welt feiner nach. Hydrographische Institute, Observatorien, For­schungsexpeditionen, die brauchen solche Thermometer. Allein an Forschungsexpeditionen gondeln ja genug in der Welt herum und

mer in einer Tiefe von 8000 bis 9000 Metern die Temperatur des Wassers messen will, der muß sich beim Herrn X ein Spezialthermo­meter bestellen. Man kann ja auch ein Badethermometer 9000 Meter himunterlassen, aber wenn das wieder oben ist, dann zeigt es eben die Temperatur des Wassers von oben an. Jedenfalls ernährt das Geschäft seinen Mann.

Söhne fehren zum Bater zurück.

Wenn die Söhne nicht wären. Da hat der erste Werkzeug­macher gelernt. Das ging mit der Werkzeugmacherei so lange, bis die große Krise kam. Vorher hatte er geheiratet und war in eine Neubauwohnung gezogen. Eigentlich brauchte man alles übrige gar nicht mehr erzählen. Denn für einen Arbeitslosen in einer Neubau­

Der zweite Sohn hatte Mechaniter gelernt, dem ging es wie dem Werkzeugmacher, was nützte alles Fachwissen, wenn feine Arbeit mehr da war. Der sitzt nun auch zu Hause beim Alten und dieser Tage ist auch noch der dritte Sohn gekommen. Der war vom Gymnasium ins Adlon   gegangen, um Kellner zu lernen, dann ging er nach Bremen   zum Lloyd und fuhr auf dem Columbus" ais Steward  . Ein seines Geld hat er verdient, wenn der Columbus" seine Weltreisen machte, schrieb Ansichtskarten aus Ceylon und Hawai  , brachte den Männern Zigarettenetuis aus Osaka   und den Frauen Seidenschirme aus Yokohama   mit, der feine Sohn mar er, bis, ja bis im Herbst der Columbus nebst den anderen großen Weltreisefästen aufgelegt wurde, und jetzt sitzt der Steward als frebender mit in der Wohnung am Wedding   und hat noch seinen Spektakel mit dem Arbeitsamt, weil die sagen, er wäre nach Bremer  haven zuständig. Und der alte Bater, der es von dem jahrzehnte­

Lehrer mit Sad und Back zu dem alten Schneider. Jekt stehen bei dem Schneider mehr Bettstellen als alles andere, der Bater piriemt wie immer seine Naht herunter und die Jungen sehen ihm zu und laſſen die Köpfe hängen. Mit ihrer kleinbürgerlichen Men talität hatten fie fich alles fo schön gedacht; gewerkschaftlich, er zogenen Eisendrehern, die um die kapitalistischen   Zyklen von Kon­junttur und Krise besser Bescheid wissen, würde das nicht ganz so schwer fallen. Die dritte Tochter dankt unterdessen ihrem Schöpfer,

Wieder Kaffenraub in Pankow  . daß sie noch underheiratet iſt.

" Hände hoch- die Ladenkasse her!"

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In den gestrigen Abendstunden wurde auf die Butterfiliale der Firma Thürmann in der Steegerstraße 18 in Pankow   wieder ein verwegener Banditenstreich verübt. Kurz vor Ladenschluß drangen etwa 10 bis 12 junge Burschen in den Laden ein. Mit vorgehaltenen Pistolen und mit dem Ruf: Hände hoch die Laden­kaffe her" wurde das Verkaufspersonal und einige Kunden so ein­geschüchtert, daß niemand Widerstand wagte. Zwei der Burschen raubten die Ladenkasse aus, in der sich etwa 200 Mark befanden, während die übrigen Täter Wurst- und Speckwaren stahlen. Mit der Bente flüchtete die Bande in das nahegelegene Laubengelände. Die Verfolgung durch Beamte des Ueberfallkommandos verlief er­gebnislos. In der Graefeftraße 77 war das Buttergeschäft von bensmittel erbeuteten. Auch in diesem Falle gelang es den Tätern, Hoffmann das Ziel von sechs jungen Leuten, die gleichfalls Le­zu fliehen.

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Preußenregierung hebt Todesurteil auf.

Die im März dieses Jahres wegen Mordes und Brandstiftung zum Tode verurteilten Saffian und kipnik sind vom preuzi­schen Staatsministerium begnadigt worden.

Die nächste Sitzung der Stadtverordnetenversammlung ist für den kommenden Donnerstag festgesetzt. Auf der Tagesordnung erscheint noch einmal die Beratung der Vorlage über die städtischen Gesellschaften und Gesellschaftsbeteiligungen. Beginn der Beratungen um 16% Uhr.

Einer nach dem andern rückt wieder an. Der dritte Mann, der hatte zuletzt eine Gastwirtschaft. Go­lange die Arbeiter Geld hatten, ging es auch ihm gut und an Taler von der Wirtschaft in die Wohnung zu tragen. Er brauchte nur zu bestimmen, ob er Kalbsschnitzel mit Spargel oder Rebhuhn Wirtschaft für einen schönen Batzen Geld und setzte sich zur Ruhe. mit Preißelbeersoße zu essen wünschte. Schließlich verkaufte er die Seine Tochter hatte er noch vorher ,, Kaufleuten" zur Frau gegeben. Der eine Schwiegerjohn wurde arbeitslos.

manchem Wochenende reichte das Sacktüchle nicht aus, um die blanken

Er pumpte den

Alten um einen Tausender an und machte in den heißen Junitagen

eine Eiskonditorei auf. Wir haben das oft genug erzählt mit den Eiskonditoreien, in die die Sonne nicht schien. Auf alle

Metallfabrik. Der hatte mit der Direktion einmal einen Krach wegen Fälle ist der Tausender meg und der Mann sitzt mit Frau und Kind auf der Wohlfahrt. Der zweite, der war Expedient in einer einer Ueberstundenangelegenheit, man ging zum Arbeitsgericht, der Mann befam recht, aber bei der nächsten passenden Gelegenheit saß er wegen Arbeitsmangel draußen. Der pumpte den Alten auch um einen Tausender an und beteiligte sich an einem Winfelunternehmen. Der Teufel mag wissen, was die da produzieren wollten, jedenfalls mar der Mann froh, daß er den Taufender rettete, denn er wäre beinahe Kautionsschwindlern aufgesessen. Jetzt geht er mit seiner Frau zu dem Alten essen. Der dritte Schwiegersohn, der hat zu guter Letzt vor einem Monat die Kündigung zum Jahresschluß bekommen. Und sitzt in einer teuren Neubauwohnung. Damit den Alten nicht der Schlag rührt, hat er noch gar nichts davon gesagt, daß er gefündigt ist. Wenn nicht ein Wunder eintritt, wird er auch zum Alten ziehen müssen.

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