Jtr. 513• 48. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Sonntag, 4. November 1934
Ter Ausfall der Ernte in der Sowjetunion entscheidet nicht allein darüber, ob die russischen Arbeiter und Bauern sich satt- essen können oder darben müssen. Rußland bezahlt seine Einfuhr ausschließlich mit seiner Ausfuhr. Da nun Agrarp.odukte in dieser Ausfuhr eine ganz Heroorragende Rolle spielen, beeinflußt die russische Ernte nicht nur die Getreidepreise auf dem Weltmarkt, sie bestimmt auch in hohem Maße den Umfang des industriellen Exports aus Westeuropa und Amerika nach der Sowjetunion . Eine Miß- ernte oder eine ungenügende Erfassung der Ernte durch den Er- porteur Staat müßte unweigerlich, wenn auch nicht unmittelbar, zu einer Einschränkung des russischen Maschinen- i m p o r t s führen, was wiederum nicht allein die Industrialisierung verzögern, sondern auch die Krise in den Industrieländern ver- schärfen müßte. Ob die russischen Lauern genug ernten uud, was nicht weniger wichtig ist, ob sie genug abliefern, gehl also auch uns direkt an. Das russische Wirtschaftsjahr begann früher mit dem 1. Oktober. 1930 wurden die Monate Oktober, November und Dezember zu einem„SonderquartaT erklärt und feit 1931 fallen Wirtschafts- jähr und Kalenderjahr zujaminen. Diese Aenderung im Kalender will die Aenderung in der Wirtschastsstruktur de5 Landes zum Ausdruck bringen. Rußland, heißt das, ist nicht länger das alte Agrarland, das von Ernte zu Ernte wirtschaftet: jetzt führt die Industrie. Sie bestimmt den wirtschaftlichen Rhythmus, I i e teilt die Zeit. Freilich ist das vorerst mehr Programm als Wirklich- k e i t. Tatsächlich hängt das Schicksal des.Industriestaates" Ruß- land noch immer unendlich mehr von der Weizen- und Roggen- Produktion ab, als von der Stahl- und Walzeisenproduktion. Roch immer überschattet die Frage, wie die Getreideaufbringung aus- fallen wird, alle anderen Fragen. Jedes Jahr wiederholt sich das gigantische Ringen des Staates mit der Bauernschaft um chr Arbeitsprodukt. Auch in diesem Jahr, auch noch dem Sieg der Kollektivisierung. Die Fronten haben sich verschoben, das Schlachtfeld sieht heute anders aus, aber es sind die alten Gegner geblieben. Wie die Ernte selbst in Menge und Qualität ausgefallen ist, läßt sich wegen der überaus dürftigen Meldungen nicht genau sagen. Anscheinend wird«s nicht die Rekordernte des Aorjahres sein, aber aller Wahrscheinlichkeit nach wird man mit einer guten Mitte lernte rechnen dürfen. Damit ist aber infolge der Eigenart der russischen Agrarverhält- nisse keineswegs auch schon gesagt, daß die russisch « Stadt aus- reichend versorgt sein wird und Rußland viel ausführen wird können. Man erfährt erst jetzt, daß von der vorjährigen
Ernte ungeheure Mengen verloren gingen. Die Ber- luste werden auf 167 Millionen Doppelzentner, rund «in« Milliarde Pud, beziffert(siehe z. B.„Sozialistitschc- skoje Semled elie" vom 27. August), und das bei einer Ernte von 514 Milliarden Pud. Auch in diesem Jahre werden die Wirlschafksorgaue des Staate» wieder von der bangen Sorge beherrscht, ob es gelingen wird, die Ernte gut und rechtzeitig einzubringen, und weiter, ob die eingebrachte Ernte in dem vorgesehenen Umfang auchstn die Hände des Staates kommen wird. Die Voraussetzungen dazu sind ungleich g ü n st i g e r als im Vorjahr. Mehr als die Hälfte aller Bauernhöfe sind jetzt in Kollek- tio wirtschaften zusammengeschlossen, und die Sowchose, die Staats- guter, haben sehr viel mehr Land bestellt als vor einem Jahr. Um so auffälliger ist es daher, daß gerade die„s o z i a l i st i- s ch e st e n" Teil« des„sozialistischen Sektors ", die Sowchos«, die ihnen gestellten Aufgaben sehr unvollkommen erfüllen. Aus dem Schwarze: de-Gebiet wird der„Ekonomitscheskaja Schisn" am 29. August berichtet:„Bis zum 20. August ist der Monatsplan der Aufbringung erst zu 60 Proz. erfüllt worden. Viele Rayons, sogar solche im Süden, haben noch nicht den zehnten Teil der Aufgabe erfüllt. Die Sowchose, die führend sein sollten, haben sich ganz besonders schwach gezeigt. Schlechte Organisation der Arbeit und andere Fehler, schärffter Mangel an Arbeitern haben dazu geführt, daß sie bis zum IS. August nicht mehr als 3,9 Proz. des Iahresplanes erfüllt haben, bei einer durchschnittlichen Planerfüllung im ganzen Gebiet von 9,4 Proz." Bis zum 23. August wurde der Augustplan von den Sowchosen in der ganzen Union zu 51,6 Proz. erfüllt, schlechter als von den Kollektivwirtschaften. E» hat sich herausgestellk, daß die Staatsgüter vielfach zu groß sind, so groß, daß mit den verfügbaren Mitteln«ine gute Bcwirtschaf- tung gar nicht möglich ist. Die vielgerühmten„Giganten" werden daher, einem dieser Tage gefaßten Beschluß gemäß, ver- k l e i n e r t auf einen Umfang, der rationelles Wirtschaften erlaubt. Doch da» ist nur e i» Grund für die„Fehler", der andere ist der Mangel an Arbeitern. Dieser aber kann solange nicht be- hoben werden, als sich nicht d:« Struktur der Kolchose(Kollektiv- wirtschaften) gründlich ändert. Wir haben gezeigt(„Vorwärts" am 16. August), wie die Kolchose die halbbäuerlichen Arbeiter der Stadt ausgesogen haben und sie im Dorf feschalten. Ebensowenig wie es den Werbern der Staatstrusts gelingt, die Leute aus dem
Kollektiv in die Stadt zu brmgen, ebensowenig gelingt es den Sowchosen, die notwendigen Arbester aus der Kollektive anzu- werben. Die Eigenart der agrarsoziali(tischen Gebilde tritt während der Ernte besonders deutlich zutage. Wenn in früheren Jahren die Bauern die Anbaufläche einschränkten, nur soviel Land bestellten, daß ihr Konsum gedeckt war und genug Saatgetreide übrig blieb, so haben sie jetzt chre Mechoden geändert. Die Bauern wissen, daß Nichtbestellung die unangenehmsten Folgen mit sich führt: erhöhte Steuern, Krediiverweigenrtg usw.'Es gibt aber andere Mittel zu dem gleichen Zweck. Eines davon ist, die Ernte nur in einem Umfang einzubringen, der etwa dem entspricht, was auf der verkleinerten Anbaufläche geerntet worden wäre. Das ander« bleibt liegen und man kann sich dann auf das Wetter hinausreden. Wenn das nur bei den Einzelbauern geschehen wäre, brauchte man sich nicht zu verwundern. Das überaus bemerkenswerte aber ist, daß auch Kolchose zu diesen Praktiken greifen. Die russischen Blätter dieser Tage sind voll von Klagen über Saumseligkeit bei der Einbringung der Enste in einer Unzahl von Kolchosen. Natürlich sind daran die Kulaken schuld, obwohl sie doch bekanntlich liquidiert such und gar nicht in die Kolchose aufgenommen werden dürfen. Man wird hoffen dürfen und auch anzunehmen haben, daß die barbarische Methode, als Mittel gegen die Ansprüche des Staates das Getreide auf dem Feld oerfaulen zu lassen, überwunden werden wird. Viel schwieriger dürfte es fein, wenn es überhaupt gelingt, der sogenannten„ftonsumlendenzen" Herr zu werden. Was damit gemeint ist, kann den solgenden Zitaten entnommen werden. Ein Bericht von der unteren Wolga : „In einet Reche von Kolchosen herrschen Konsumtendenzen, welche die Erfüllung des Planes bedrohen. Man korrigiert die Kontroll- Ziffern(welche bestimmen, wieviel an den Staat abzuliefern ist) und behält den Löwenanteil für sich. Viele Kolchose liefern nicht eher ab, als bis sie die Ernte unter ihre Mitglieder ausgeteilt haben. Ein Kolchos verteille auf den Kopf, wobei sogar Säuglinge voll gerechnet wurden, 3,4 Zentner." Oder:„Von den geernteten 7400 Zentnern lieferte der Kolchos bloß 1300 5)ektar ab, das andere wurde aufgeteill." Aus dem Schwarzerdegebiet:„Die Kolchose beschlossen, erst beiseste zu schaffen, was sie für den Winter brauchen, dann die Verteilung unter ihre Mitglieder vorzunehmen und den Rest abzuliefern." Die Zitate sind der„Ekon. Schisn" vom 24. und 29. August entnommen. Die Ueberschrift lautet:„Z u e r st für uns und dann erst für die Regierung." Doch schon vor eineinhalb Iahren schrieb I. Wareikis, ein be- kannter Agrarfachmann:„In manchen Kollektiven herrscht die un- gesunde, den Interessen des Staates faktisch feindliche Tendenz, bloß„für sich" zu produzieren. In einer Reihe von Fällen be- trachten die Kolchosmitglieder ihre Wirtschast als dazu bestimmt. ihre engen persönlichen Interessen zu befriedigen." Da heute nur der Staat taust und die Getreidepreise niedrig hält, wehren sich die Kollektiven gegen die Ansprüche des Staates in der rohen Form der Vernichtung eines Telles der Ernte oder aber sie.Huldigen
. und das
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sieht sie nicht!
Aber Sie, gnädige Frau, werden weder die vollendete Schönheit dieser Kleidung übersehen, noch ihre modische Linie.'
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