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BERLIN Montag 2. November

1931

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Zugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 m. pro Monat. Redaktion und Erpedition: Berlin SW68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Donhoff( A 7) 292-297

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Rr. 514

B 257 48. Jahrgang

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Berlin für Braunschweig

Morgen sozialdemokratische Massenversammlungen

Die nationalsozialistische Regierungsfomödie von Braun­ schweig mit ihren blutigen Folgen hat eine tiefe Bewegung in den Maffen des arbeitenden Boltes hervorgerufen und den Abwehrwillen aufs äußerste gesteigert. In Erkenntnis dieser

Wahltag in Mecklenburg

Stimmung veranstaltet der sozialdemokratische Bezirksvor- Amtsvertretungen neu besetzt/ Nationalsozialisten saugen bürgerliche Parteien auf

fland von Berlin morgen. Dienstagabend,

15 Maffenversammlungen

Schwerin , 2. November. ( Eigenbericht.).

Im Freistaat Medlenburg- Schwerin wurden am Sonn­tag die Neuwahlen der Amtsvertretungen vollzogen,

Amt Hagenow : Sozialdemokraten 9212( bei den letzten Reichs­tagswahlen 7959), Kommunisten 2189( 2199), Nationalsozialisten 9676( 4766), Bürgerliche Einheitsliste 3914( 1930: 7114). Amt Ludwigsluft: Sozialdemokraten 7027( 8229), Kommunisten

in denen neben Berliner Genossen auch Redner aus Braunschweig sprechen werden. Durch diese Versamm­lungen foll zum Ausdruck gebracht werden, daß die Arbeiter- die etwa den preußischen Kreistagen entsprechen. Die Wahlen zeigen 2279( 1872), Mecklenburgischer Bauernverein 1135, Liste für Handel

klasse eine faschistische Gewaltherrschaft in Deutschland nicht dulden wird und schon ihren Anfängen zu wehren ent­schlossen ist.

Sofort nach dem Braunschweiger Blutsonntag hat der Borwärts" einen Borstoß in das Bürgerkriegsgebiet unternommen, und die Braunschweiger Arbeiter, denen ihr Blatt durch den Minister lagges vorübergehend ge­nommen worden war, über die Ereignisse vom Sonntag und ihre Bedeutung aufgeklärt. Einige Tage darauf hat Genoffe els in einer überfüllten Riefenversammlung in Braun­fchweig gesprochen und den Braunschweiger Geneffen erflärt, daß die Gesamtpartei zu ihnen steht. Durch die morgigen diesmal in Berlin Bersammlungen soll zum drittenmal felbft- in wuchtiger Weise zum Ausdruck gebracht werden, daß man in Berlin an den Braunschweiger Borgängen leiden­schaftlich Anteil nimmt und zu jeder Unterstützung der schwer tämpfenden Arbeiterschaft Braunschweigs bereit ist.

mehr denn je gilt in dieser Zeit verschärften Kampfes das Wort: Einer für alle! Alle für einen!"

Wir sind überzeugt, daß die morgigen Versammlungen bei massenhafter Beteiligung einen würdigen Verlauf nehmen

werden!

Braunschweig und der Vorwärts".

Mißglückte Berufung auf eine Notverordnung. Daß man in Braunschweig mit den Notverordnungen des Reichspräsidenten nicht recht umzugehen versteht, ist nicht Einen eindrucksvollen Beweis dafür erhielt die Re­daktion des Vorwärts", als ihm am 25. August dieses Jahres folgender Brief des Braunschweigischen Staatsministerums zuging:

neu.

Mit Schreiben vom 15. d. M. habe ich Sie unter Hinweis auf § 1 der Zweiten Berordnung des Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 10. d. M.( RGBl. I S. 436) ersucht, eine Entgegnung gegen eine von Ihnen in der Abendausgabe Nr. 376/ B 188 Ihrer Zeitung vom 13. d. M. unter der Ueberschrift ,, Deutschnationale Korruption" enthaltene Meldung aus Braun­ schweig vom 13. d. M. in Ihrem Blatte aufzunehmen. Die Ent­gegnung sollte an derselben Stelle der ersten Seite der nächsten Nummer Ihres Blattes im selben Fettdrud wie die Meldung aus Braunschweig vom 13. d. M. erscheinen. Diesem durch die genannte Verordnung nebst Ausführungsbestimmungen begründe­ten Ersuchen haben Sie nicht Folge geleistet. Sie haben vielmehr die Entgegnung in der Morgenausgabe Nr. 383/ A 193 Ihrer Zeitung vom 18. d. M. auf der dritten( nicht der ersten) Seite und nicht im gleichen Fettdruck wie die bezeichnete Meldung aus Braunschweig vom 13. d. M. gebracht. Dadurch haben Sie den Bestimmungen der genannten Verordnung zuwidergehandelt, die Entgegnung ist dem hiesigen Ersuchen entsprechend nicht ausgeführt. Ich erjuche Sie daher nochmals dringend, meinem Ersuchen nun­mehr stattzugeben und die Entgegnung an derfelben Stelle der ersten Seite der nächsten Nummer Ihres Blattes im selben Fettdruck wie die Meldung aus Braunschweig vom 13. d. M. zu bringen unter der von mir gewünschten lleberschrift, die in Buch­staben der gleichen Größe wie die Ueberschrift Deutschnationale Korruption" in der Nummer vom 13. d. M. wiederzugeben ist.

Sollten Sie meiner erneuten Aufforderung wiederum nicht nachfommen, so behalte ich mir ein Vorgehen gegen Ihre Zeitung gemäß§ 2 Abs. 2 3iff. 1 der genannten Berordnung vor.

Darauf erging am 26. Auguft an das Braunschweigische Staatsministerium folgende Antwort unserer Redaktion: In Beantwortung Ihres Schreibens vom 24. August teilen wir Ihnen mit, daß wir nicht beabfichtigen, 3hre ( Fortfegung auf der 2. Seite.)

und Handwerk und Bauern 2263, Nationalsozialisten 8040( 6882) Landvolklifte 2188(-)( 1980: bürgerliche Parteien 8928).

Amt Grevesmühlen : Sozialdemokraten 4182( 5166), Kommu­nisten 1055( 758), Nationalsozialisten 4024( 2822), Einheitsvorschlag für Stadt und Land 3091( 1930: bürgerliche Parteien 4977).

das Bild faft aller in letzter Zeit vorgenommenen Abstimmungen: eine starke Radikalisierung der Wählermassen. Vor allem haben die Nationalsozialisten im Vergleich zu den letzten Reichstagswahlen ihre Stimmenziffern noch beträchtlich gesteigert. 3hr Sieg" geht vor allem auf Kosten der bürgerlichen Mitte. Die bürgerlichen Parteien haben seit den letzten Reichstags. Amt Güstrow : Sozialdemokraten 8093( 9388), Kommunisten wahlen nicht weniger als zwei Drittel ihrer Stim- 3003( 2704), Nationalsozialisten 10 501( 4867), Bürgerliche Liste für Die Kommunisten haben Stadt und Land 2771(-), Medlenburgische Heimatliste 693( 1930: men an die Nazis verloren. weniger start zugenommen. Ihre Gewinne halten sich in be- burgerliche Barteien 8094). fcheidenen Grenzen.

Die Sozialdemokratie hatte wie überall in letzter Zeit einen außerordentlich schweren Wahlkampf zu bestehen. Von jeder zu dem Wahlkampf aufmarschierten Gruppe und jedem Grüppchen wurde wochenlang in Wort und Schrift, mit plakaten und Flug blättern nur gegen die Sozialdemokratie geschimpft. Dazu wurde die Partei in ihrer Wahlarbeit behindert. Auf dem flachen Lande fam es immer häufiger vor, daß ihr Wahllotale verweigert wurden. Den Steigbügelhaltern der Nazis, den Kommunisten, gab man die Lokale um so lieber. Angesichts dieser Umstände bleiben die eingetretenen Berlufte zwar bedauerlich, aber fie tönnen nichts an der Tatsache ändern, daß auch in Mecklenburg die Sozialdemokratie immer noch der im Kern unerschütterte Fels der Republik bleibt.

Im einzelnen gestalten sich die Ergebnisse wie folgt: Amt Rostoc: Sozialdemokraten 7175( 11 476), Kommunisten 2338( 2169), Nationalsozialisten 11 638( 8135), Beamte 1282, Natio­nale Wirtschaftsliste( bürgerliche Einheitsliſte) 4473( bürgerliche Parteien 14 716). Die Mandate verteilen sich wie folgt: Sozial­demokraten 7, Kommunisten 2, Nationalsozialisten 11, Beamte 1, nationale Wirtschaftslifte 4.

Amt Wismar : Sozialdemokraten 6999( 8361), Rommuniffen 1737( 1525), Nationalsozialisten 7723( 4398), bürgerliche Einheits­lifte 1073(-), Rationale Wirtschaftspartei 2684(-).( 1930: Bür gerliche Parteien 7475.)

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mmarxistischen Kundgebungen!

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Ami Schwerin: Sozialdemokraten 5242( 6589), Nationalsozia liften, 7888( 3644), Bürgerliche Einheitsliste 2181( 1930: Bürger­liche Parteien 7200), Kommunisten 719( 607). listen 10 625( 6906), Kommunisten 2839( 2506), Nationale Oppo­fition( Bürgerliche Einheitsliſte) 5265( 9466).

Amt Malchin : Sozialdemokraten 7606( 10 165), Nationalsozia­

Amt Parchim: Sozialdemokraten 6026( 7857), Nationaljazia­listen 11 388( 7280), Kommunisten 2672( 2260), Liste für städtische Wähler 1020, Nationale Lifte für Stadt und Land( Bürgerliche Einheitsliste) 2386( 1930: Bürgerliche Parteien 9205).

Amt Waren: Sozialdemokraten 6520( 8386), Chriftlichsozialer Boltsdienst 894( 728), Wirtschaftsliste für Stadt und Land( bürger­liche Einheitsliste) 1817, Kommunisten 2491( 2309), unpolitische Beamtenliste 659(-), Nationalsozialisten 9400( 4985)( 1930: bürgerliche Parteien 9478).

Bei genauer Prüfung der Einzelergebnisse stellt sich heraus, daß der Prozeß der Aufsaugung der bürgerlichen Parteien durch die Nationalsozialisten auch in Mecklenburg sich fortsetzt. Wir fehen, daß die bürgerlichen Parteien bei diesem Wahlkampf fast keine Rolle mehr spielten, mochten sie als Wirtschaft" oder Stadt­und Land" oder als Bürgerliche Einheitslifte" auftreten. Um eine Vergleichsmöglichkeit zu geben, haben wir nach dem Ergebnis der Reichstagswahlen von 1930 die sämtliche bürgerlichen Partei­ftimmen zusammengezählt( die Nationalsozialisten dabei natürlich ausgenommen). So ergibt sich, daß die überaus starken Verluste des Bürgertums vollkommen von den Nazis aufgesogen sind. Die Vereinheitlichung der Parteiumbildung auf dem Wege über Hitler und unter der Flagge des ,, nationalen Sozialis mus", das ist das Kennzeichen auch dieser letzten Wahl.

In Hugenbergs Montag" heißt die Balkenüberschrift diesmal nicht: Großer nationaler Sieg in Mecklenburg " oder Siegeszug der nationalen Opposition" oder sonst ähnlich wie einst sondern ganz schlicht: Auch gestern wieder Wahlen, diesmal in Mecklenburg- Schwerin ."

Bisher hatte man bei solchen Gelegenheiten immer noch illu­miniert. Diesmal, zum erstenmal, bleiben die Fenster dunkel.

Hitlermann als Mörder.

Wieder drei Arbeiter ermordet.

Rostod, 2. November.( Eigenbericht.) In Doberan wurden von einem Nationalsozia­listen zwei Kommuniffen, die im Begriff standen, Wahlzettel anzufleben, meuchlings niedergeschossen. Einer der Arbeiter war auf der Stelle tot, der andere starb auf dem Transport ins Krankenhaus. Nach vollbrachter Tat steckle der Nazi­mörder, ein Maschineningenieur Walter Gaedice, sein Mord­inftrument ungesichert in die Hosentasche. Plötzlich ging ein Schuß in der Tasche los. Die Kugel drang dem Mörder in den rechten Oberschenkel. Der Mordgeselle wurde ins Krankenhaus geschafft. Die Polizei teilt mit, daß die am Sonntag von einem National­fozialisten erfchoffenen kommunisten nicht im Besitz von Aber das, Herr Groener, werden Sie mir doch laffen?" Waffen gewesen find. Die polizeilichen Ermittlungen haben

Groener

Leim

Klagges