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Beilage

Montag, 2. November 1931

olubleDer Abend

Shalausgabe des Vorward

Landschaften im Wandel der Zeit

Otto Benzin:

Vier kleine Ausschnitte aus Deutschland

Ein Dorfkrug geht ein

Weißgrau liegt die Landstraße, ein leiser Wind jagt die leichten Staubtörner vor sich her. Langsam schlendere ich die Straße ent­

lang, an der no.1, der alte Dorfkrug steht. Vier uralte geborstene

Linden spenden Schatten, drei steinerne Stufen, an deren Seiten Steinbänke zur Rast einladen, führen in die Gaststube

Weißer Sand ist auf die flobigen Dielen gestreut; so war es schon vor vielen, vielen Jahren, als ich mit dem Vater hier des öfteren Erfrischung suchte. Auch der Wirt war der gleiche: mit seiner halblangen Pfeife, deren Kopf fast verkohlt ist, sitzt er immer noch in der Ofenecke und grüßt mit einem behäbigen Kopfnicken den Gast. Fast schwer scheint es ihm zu fallen, dem Wanderer ein Gläschen Bier und eine Zigarre zu reichen.

Abgestanden und warm ist das Bier, wie trodenes Moos brennt die Zigarre. Wieder sucht der Alte seine dunkle Ecke auf, aus dem Mundwinkel hängt schief und kalt sein Pfeifchen. Sein Schnarchen erfüllt den rauchgeschwärzten, niedrigen Raum und ist meine ein­zige Unterhaltung.

Meine Augen gleiten durch die grünen Fensterscheiben, meine Gedanken schweifen um Jahre zurück, als dieses Gasthaus noch für viele eine Dase an der grauen Landstraße war. Gar nicht zu lange ist es her, daß die Post kutsche unter den Linden haltmachte und die Reisenden dem Wirt Neuigkeiten brachten. Damals war er der wandelnde Ortsanzeiger; denn abends fanden sich alle ein, um unter dem rötlichen Schein der Petroleumlampe die Weltereignisse zu erfahren. Noch sehe ich im Dahindösen die endlosen Bauern­

wagen an meinem geistigen Auge vorüberholpern, die im Herbst

das Korn zur Stadt brachten. Dann schallten fernige Stimmen durch den verräucherten Raum, braune Männer saßen auf den schweren Bänken und ließen sich ihr Maß Bier zum Käse und Brot gut schmecken. Denn weit war damals ihre Fahrt und durftig ihre durch den Landstraßenstaub trocken gewordene Kehle.

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Tiefer schnarcht der Wirt, meine Zigarre fnistert plötzlich hell auf vielleicht ein Aufflammen der alten Zeit, die ebenso wie die vergilbten Bilder an den Wänden verblaßte und verblassen mußte: der Fortschritt eilte über sie hin. In der Ferne rollt ein Eisen­bahnzug: die neue Zeit. Sie nahm der Landstraße das ruhige Gepräge und dem Dorfkrug den Zwed.

Dann baute man Chausseen , auf denen die Leute mit Fahr­rödern und Autos schnell vorbeihasteten. Niemand nahm sich eine furze Stunde, um sich an dem fühlen Orte unter den alten Linden. ein wenig Rast zu gönnen. Bald wird alles vorbeirasen, und der graue Wirt und summende Fliegen werden die einzigen Lebe= wesen unter diesem Strohdach sein. Mit gleichmäßigem Tidtack nickt die bunte Messinguhr meinen Gedanken zu.

Zum legtenmal fauge ich an der strohigen Zigarre und lege mein Geldſtüd auf den eichenen Tisch, um nicht den Hausherrn zu wecken. Doch der weiße Sand knirscht unter den harten Sohlen, und mit trüben Augen blickt der Alte auf. Langsam und steif erhebt er fich und reicht mir die Rechte. Mir ist, als ob ich einer entschwin= denden, weltenden Zeit noch einmal die Hand drücke. Ge. bückt steht der Wirt auf der ausgetretenen Schwelle, schief hängt die Pfeife noch im Munde; er paßt nur zu gut in das Ganze des Dorf­fruges, wie das graue Haus in den Sand der Straße.

junge süddeutsche Dichter und Hauslehrer Wilhelm Hauff S. Pepper:

und es ist leicht verständlich, daß diese sagen- und märchenumwobene Umwelt auf sein empfängliches Gemüt starken und nachhaltigen Eindruck machen mußte. Eichen und Buchen wölbten sich über ihm, und wenn ihre Wipfel leise tönend zusammenflangen, dann war er nicht mehr allein. Neben ihm wanderten sie im gleichen Schritt mit ihm, die Gestalten seines Wirtshaus im Speffart", der junge Zirkelschmied, der Fuhrmann, der Student, die Gräfin und ihr tapferer Beschützer, der junge Goldschmied. Und als der Abend hereinbrach, und der Sturm in den Wäldern des Spessart rauschte, da saß der junge Dichter in der ärmlichen Wirtsstube einer bäuerlichen Herberge und zeichnete beim Schein einer Wachsterze auf, was er erlebt hatte.

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Es war damals ein langes, aber niedriges, einfaches Haus, dieses Wirtshaus im Spessart, in dem nur selten wandernde Hand­werksburschen oder Reisende mit ihren Pferden und Reisekutschen Schutz und Ruhe suchten. Unheimlich genug lag es auf der Höhe, dort, wo die Straße nach beiden Seiten durch dichte Wälder hinab in die fruchtbaren Täler des Mains führt. Kein Haus, fein Hof weit und breit, nur uralte Eichen, Buchen und Tannen. So galt es, mit Recht oder Unrecht, im Volksmund bald als Räuber hlupfwinkel, und die Einheimischen vermieden es ängstlich, in seine Nähe zu kommen. Man flüsterte sich heimlich Schauer­geschichten zu, von Reisenden, deren Spur sich hier auf ewig ver­loren hatte, von Ueberfällen und Plünderungen, von Gewalttaten und Erpressungen. Hauff gestaltete diese Geschichten nach, er gab ihnen neues Leben, und seiner Dichterfraft gelang, was feine Ge­walttat vermocht hatte: Die nur wenigen bekannte, einsame Her= berge wurde weltberühmt, und mancher Fremde kam von weither und wanderte hinauf auf die Höhen des Gebirges, um den Schau-| platz der Sagen und Märchen kennenzulernen. Die kleine, bäuer­liche Herberge genügte bald nicht mehr. Ihre Räume waren zu flein, die Mauern baufällig, das Dach schadhaft geworden. Go wurde ein neues ,, Wirtshaus im Spessart " auf den Fundamenten des alten gebaut, und nur ein Teil des alten Stalles, einige Holz türen und der breite, geräumige Hof an der Innenseite sind er­halten geblieben.

Schlesische Heide

der wie ein dunkler Ring um den Horizont liegt, begrenzt von Landstraßen und Wege von den Dörfern führen in den Wald, Wiesen und Feldern, über die der Bind der Ebene geht, den die Wipfel der tausend Bäume dann in ein schweres Rauschen voller eintöniger Melodie verwandeln. Zu spüren ist die Nähe der Heide an dem färglichen, trockenen Sandboden, mit dem ihre Kiefern zufrieden sind und auf dem spärliches Heidekorn, Hafer und, zur Not, auch Kartoffeln gedeihen. Nichts ist in ihrer Nähe von der Fruchtbarkeit fetter Ackererde, von Weiden für das Vieh; die Heide und ihre Bäume leben auf einem Boden aus Lehm und Sand, der ohne die Kiefern eine Einöde wäre.

Ganz plötzlich beginnt der Wald und unvermittelt, es gibt keine llebergänge, die ihn von weitem andeuten, er ist wie eine Ueber­raschung da mit hohen, schlanken Kiefern, eine an der anderen, nadte, rotbraune Stämme bis zur Krone, die ein einwandfreies Nuhholz abgeben und die Reichtum bedeuten. So beginnt die Heide, eine dunkelgrüne Unendlichkeit von Wipfeln, die vom Flugzeug aus wie ein grünes Wasser aussehen müssen.

Es ist, als ob die Heide sich nur ihres Nutzens bewußt wäre, denn sie geizt mit ihren Schönheiten, sie ist monoton und ab­mechslungslos, ein Wald ist wie der andere, und die Straßen, die fie durchkreuzen, sind schnurgerade in den Wald hineingelegt und wo sie sich schneiden, entstehen Quadrate, nüchterne geometrische Figuren, die aussehen, als habe man sie mit dem Lineal einge­zeichnet; es fehlt die Abwechslung und der Reiz, der in einer Kurve liegt, alles ist offen und gerade, und so könnte man überhaupt den Charafter dieses Waldes definieren. Nichts von dem schwarzen Dunkel eines Tannenwaldes, den nicht einmal die Sonne erhellt und in dem die Stille etwas Totes hat, nichts von der Aufdring­lichkeit der Laubwälder, die ihre Farben versprühen und ihre Schönheiten aus Ueberfluß verschenken; wenn der Tannenwald ein Extrem des Ernstes ist und der Laubwald eines der Heiterkeit, so könnte man diesen Wald ernst heiter nennen und ihn mit dieser Bezeichnung erfassen. Er wirkt beruhigend, niemals auf­regend, und es gibt feine Stelle in ihm, wo man die Landschaft als Kitsch empfinden könnte. Und auch, wenn das Heidekraut blüht, wird nie eine füßliche Schönheit daraus, sondern es bleibt immer die Empfindung, daß dieses Blühen ein Schmuck sei, den die Heide geschenkt bekommen hat als Entschädigung für ihre Eintönigkeit.

Wenn man in unseren Tagen hinaufwandert nach Rohr brunn, dann ist im Spessart selbst vieles noch wie einst. Noch immer führt ein steiniger, schmaler, mühsam zu gehender Fußpfad durch die alten Wälder, aber daneben gibt es eine breite, bequeme Autostraße, die nichts mehr von der Räuberromantik vers gangener Jahrhunderte weiß. Und wenn man endlich hoch oben angekommen ist, dann liegt eine breite Wiese vor dem Blid, in die man über eine fleine Treppe und ein Gitter hineinklettern fann. Und doch ist diese Eintönigkeit nur eine Täuschung, es ist, als Auf schmalem Pfad fommt ein schönes, einladendes Haus in Sicht, ob die Heide sie nur als Kuliffe benutte, um sich und ihre Wunder das neue ,, Wirtshaus im Spessart ", das heute noch von dem Ruhm dahinter zu verbergen. Man muß ihre Schönheiten suchen, dieser der alten Herberge lebt. Ein Dugend Autos stehen vor seiner Tür, Wald will nicht im Kilometertempo durchhastet sein. Dann bleibt das Knattern der Motorräder erfüllt die Luft. Es ist wohnlich er verschlossen und stumm, unheimlich. Und gerade, weil seine und behaglich eingerichtet, das neue Wirtshaus, und doch vermißt Schönheiten in dem seltsamen Wuchs eines Baumes, in der An­man irgendein Erinnerungszeichen an den Dichter, dem das Hausordnung von Baumgruppen und den Kontrastwirtungen von Licht Ruhm und Namen verdankt. Nur die alten, ins Riesenhafte ge- und Schatten liegen, muß sich das Auge erst daran gewöhnen, ehe wachsenen Eichen wenige Minuten hinter dem Hause, deren Stämme es diese Dinge sieht. Aber dann werden Wunder daraus. Ich einen seltenen Umfang angenommen haben, erinnern sich noch des weiß, wie schwer es heute ist, sich diesen Dingen ganz hinzugeben, Märchenerzählers, der hier aus Umwelt und Phantasie lebendige und ich weiß, daß das Zurüd- zur Natur höchstens ein Ausweg ist, Gestalten und Bilder schuf. aber feine Rettung, und diese Heideschilderung soll feineswegs eine Flucht aus der Wirklichkeit befürworten. Denn dazu ist die Heide selbst zu sehr Wirklichkeit und, wenn auch ihre Dörfer abseits liegen und man nie von ihren Menschen hört, so ist doch das Geschehen dort genau denselben allgemeinen Gesetzen unterworfen und wenn man die Menschen der Heide reden hört, so reden sie auch von den schlechten Zeiten, von Arbeitslosigkelt und dem be­vorstehenden Winter.

Die letzten Häuser des Dorfes liegen hinter mir, rüftig schreite Fritz Elfert:

ich aus. Treibt mich das Grauen vor einer vermoderten Zeit, die einem im Kruge durch die Nase zog, oder das Einbiegen in die Zeit des Vorwärtsdringens? Dunkle Maschinen reißen den Schotter auf, schwarze Ungeheuer speien Dampf und Asphalt aus langen Rüsseln. Eine Motorwalze drückt Steinsplitter in die zähe, teigige schwarze Masse. Man baut Asphaltstraßen.

Armer, verlassener Dorfkrug, denke ich, dein letztes Stündlein hat geschlagen. Noch mal wirst du mit deinem lauen, trüben Bier die wettergebräunten Asphaltarbeiter laben, dann wird der Verkehr an dir vorbeirollen. Du wirst es nicht mehr mit deinen alten Augen sehen, nur hören, wie du schon seit langem das ferne Rollen der Eisenbahn vernimmst. Auch paßt du mit deinem schiefen Ge­bälk und grauen Aeußeren nicht mehr zur schwarzen, geraden Straße.

Else Möbus:

Das graue Elend

In einem nördlichen Borort der großen Stadt, mo Scharen Werftätiger wohnen und der Rauch der Fabrikschornsteine die Luft trübt, errichtete man vor zwei oder drei Jahren einen großen Wohn­hausblock. In die alte Stadt hinein baute man eine neue; eine ,, weiße Stadt".

Kutscher fuhren Sand und Steine heran. Automobile brachten Kalt und Mörtel . Dann kamen Maurer , Zimmerleute, Dackdecker, Glaser, Rohrleger, Maler und viele andere. Sie alle halfen das Werk vollenden.

Es kamen die Möbelwagen. Einzogen die Mieter. Proletarier, die bis dahin in feuchten, dumpfen, engen, ungefunden Räumen gewohnt hatten. In Kammern, an deren Wänden das Wasser herabperlte. In Kellern, die nie ein Sonnenstrahl erhellte. Räume, in denen man frank wurde und elend dahinsicchte. Kinder, die bis dahin nur ein Spiel fannten: sich auf den engen, düsteren, schmuzi­Das Wirtshaus im Spessart gen Höfen mit den hohen, grauen, fahlen Häuserfassaden hinter In sanfter Steigung führt der Weg von dem kleinen Main - Müllkästen zu verstecken. Kinder, die bis zum ersten Schulausflug Man wandert durch eine Land- feinen Wald gesehen hatten, die auch jetzt noch nicht Kiefer und dorf Hafenlohr aufwärts. schaft, die verwunschen und weltenfern anmutet, durch endlose ein Eiche unterscheiden fonnten. same Wälder, in denen nur selten einmal Menschen anzutreffen sind. Es hat sich wenig verändert hier seit zwei Jahrhunderten. Immer noch vermag die bescheidene Waldwirtschaft, verbunden mit etwas Anbau von Getreide, Kartoffeln und Obst, nur eine be­schränkte Anzahl von Bewohnern zu ernähren, und so ist der Spessart bis auf den heutigen Tag noch wie der Räuberwald anzusehen, als der er im 18. Jahrhundert galt. Die uralten Stämme der Bäume, das moosbedeckte, von Dickicht und Unterholz durch­alles das ist 30gene Berggelände, die dunklen Tannenwaldungen wie geschaffen für unheimliche Schlupfwinkel, und es gehört menig Phantasie dazu, um bei einbrechender Dunkelheit hinter den fnorrigen Stämmen unheimliche Gesichter und Teufelsfragen zu sehen. Das Hämmern des Spechtes, der seltsame Schrei des Hähers, das dem Jäger wohlbekannte ,, Schreden" des Wildes, der geheim­nisvolle Widerhall des Echos tommt hinzu, um eine unheimliche, für Gespenster und Spufgeschichten vorbereitete Stimmung zu schaffen. Nur die lichten Buchenmälder, der freundliche Ausblid von den Höhen hinab auf saftig- grüne Matten, auf sprudelnde, plätschernde Quellen und wohnliche Gehöfte unterbrechen von Zeit zu Zeit die düstere Gebirgslandschaft und geben ihr dann leuch tende Helligkeit, heitere Abwechslung.

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Durch diese Landschaft manderte vor einem Jahrhundert der

Sie ziehen alle ein in die neuen, weißen Häuser. Unter ihnen eine fünfköpfige Familie. Gewiß, die Miete ist nicht billig. Aber Vater, Mutter und Tochter haben Arbeit. Die beiden kleinen Söhne gehen in die Schule. Noch einmal leben sie auf. Die Wan­gen werden rot und dick. Die Leistungen in der Schule verbessern sich. Und der Appetit! Stets haben sie Hunger. Sorglos, froh und unbekümmert leben sie dahin. Spielen mit ihren Kameraden. Mutter fät Blumensamen. Der Same sprießt, die Blumen blühen rot, gelb und blau. Ins Fenster lacht die Sonne. Blickt man heraus, dann sieht man den blauen Himmel. Und Vater? Tags­über arbeitet er auf dem Kohlenplatz. Staub und Schweiß ver­fleben die Poren. In seiner alten Wohnung gab es fein Bade­zimmer. Und jetzt? Abends nimmt er ein Bad. Sein Frohsinn tehrt zurück. Er spielt mit seinen Kindern.

Doch Proletarierglüd ist vergänglich. Zuerst wurde der Bater arbeitslos, dann die Mutter, zuletzt die Tochter. Das Stempelgeld ist gering. Die Miete bleibt unbezahlt. Hinausgemorfen. Wohin? Ins graue Elend.

Andere Familien erlitten das gleiche Los. Heute stehen viele Wohnungen leer. Keine Gardinen an den Fenstern, feine Blu­men auf dem Balkon. Grau sind auch die Häuser geworden. Auch aus der weißen Stadt wurde das graue Elend.

Nur, daß manche, von ihren Lebensbedingungen und ihrer Um­gebung beeinflußt, etwas anders darüber denten als die Menschen der Stadt. Die männlichen Bewohner der Dörfer sind in den verschiedensten Produktionszweigen tätig. Die wenigsten sind noch in der Landwirtschaft und, wenn auch manche ein eigenes fleines Besitztum haben, so können sie doch von ihrem Grund und Boden, der unfruchtbar und schwer zu bestellen ist, nicht leben. Die Männer sind in Glashütten, Sägemerfen und im Bergwert beschäftigt. Boll gearbeitet wird nur noch auf der Braunkohlengrube, die in der Mitte der Heide liegt und deren Schornsteine das grüne Wipfelmeer überragen. Gefördert wird über Tag und unter Tag, und das Hauptprodukt der Grube sind Preßkohlen. Die Grube gehört der Stadt Görlig, wie überhaupt der größte Teil der Heide, und die Beamten der Forstverwaltung sind Angestellte der Stadt.

Die anderen Männer der Dörfer sind Waldarbeiter, Holz= fäller, stille, verschlossene Menschen, die das, was sie sagen wollen, faum richtig ausdrücken können. Ihre Vorfahren waren hörige Bauern und sie sind Lohnarbeiter geworden und heute gehen die meisten stempeln. Die Industrien der Umgebung liegen still, die fleinen Gemeinden fämpfen mit den größten Schwierigkeiten und, wenn einer noch Arbeit hat, so verdient er so wenig, daß er kaum sich und seine Familie davon ernähren kann.

Diese Menschen kennen die Heide, sie wissen, wo es die meisten Pilze und Beeren gibt. Für viele ist das Sammeln von Bilzen und Beeren der einzige Verdienst und davon müssen sie auch noch im Winter leben. Schon einmal, im Kriege, erfüllte die Heide eine lebenswichtige Funktion für die ganze weitere Umgegend. Da famen sie bis aus Görlig mit der Bahn und trugen in der Hand einen Korb mit Beeren oder Pilzen und auf dem Rücken ein Bündel Holz.. Und jetzt, im Sommer und im Herbst, ist die Heide lebendig von Arbeitslosen, die ihre Tage draußen verbringen, um für den Winter zu sorgen. Sie trauen der Heide mehr zu als dem Wohl­fahrtsamt. Nur vor dem Winter haben sie Angst. Denn dann stirbt die Heide und ihre verschneiten Wege lassen niemanden herein. Dann müssen sie in den Dörfern stzen und untätig sein und sie missen, daß darin eine große Gefahr liegt. Aber wann wird die Zeit kommen, die ihnen wieder ausreichend Arbeit gibt und mit der Arbeit ein Auskommen, das fie vor Hunger schützt?