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Nr. 523+ 48. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonnabend, 7. November 1931

Strafanträge im

Helldorf - Prozeßordtommiffion im Grunewald

Frau aufgefunden.

Drei Jahre Gefängnis für Helldorf und Ernst, zweieinhalb Jahre für Brandt wurde gestern abend nach dem Grunewaldforft alarmiert, wo in

Staatsanwaltschaftsrat Herf beantragte zum Schluß seines| delte hier zwei Stunden íang hin und her, mechselte mit den De­Plädoyers gegen die Angeklagten im Prozeß Brandt und Genossen monstranten Zuruse, unterhielt sich mit den jungen Stahlheimern, folgende Strafen: gegen den Angeklagten Brandt wegen schweren schickte sie aber nicht nach Hause, wie es seine Pflicht gewesen wäre, Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Aufrcizung zum Klaffenhaß sondern amüsierte sich köstlich" mit den anderen Autoinsassen über zwei Jahre sechs Monate Gefängnis und Einziehung die Borgänge auf dem Kurfürstendamm . Er hat somit die Ge­feines Kraftwagens; gegen Graf Helldorf und Ernst unter walttätigkeiten nicht nur gebilligt, sondern sie auch zu Freisprechung im übrigen wegen der gleichen Delikte drei Jahre Los, zur Gedächtniskirche!" sich auch als Rädelsführer betätigt. fördern gesucht. Er hat durch den Zuruf aus seinem Auto: Gefängnis und wegen öffentlicher Beleidigung 300 Marf Geld­Das gleiche gilt von Helldorf und Ernst. Als Graf Hell­ftrafe, erfahweise 30 Tage Gefängnis, mit der Maßgabe, daß die torf zum Afrikakasino in der Lüßowstraße im Auto vorfuhr, wußte Geldstrafe durch die erliffene Untersuchungshaft als verbüßt gilt; er bereits, daß auf dem Kurfürstendamm etwas los fei. Es kommt gegen Damerow, Schulz, Hell und Hagemeister wegen gar nicht darauf an, ob er und Ernst selber Gewalttätigkeiten be­einfachen Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Aufreizung zum Klaffenkampf je ein Jahr Gefängnis und Einziehung.des Motorrades des Damerow, gegen Samersti wegen derselben Delikte neun Monate Gefängnis. Dem Kaufmann Friedrich Deferding und dem Kaufmann Hugo Simon, die gegen Graf Helldorf und Ernst Strafanzeige wegen Beleidigung angestrengt haben, wird die Publikationsbefugnis im Berliner Tageblatt", in der Deutschen Allgemeinen Zeitung" und im Berliner Lokal- Anzeiger" zugesprochen.

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Nachdem Staatsanwaltschaftsrat Dr. Ste enig die Planmäßig­keit der Aktion auf dem Kurfürstendamm nachgewiesen hatte, charat terisierte er die Art und Weise, wie diese Aktion zustande ge= tommen war. Es kann hier nicht von Zufälligkeiten gesprochen werden; es lag Verabredung vor, alles mar bis ins einzelne vorbedacht, auf verschiedensten Wegen gelangte man unbemerkt auf den Kurfürstendamm , mischte sich unter die Passanten, ballte sich dann unter gemeinsamer Führung zusammen, um planmäßig über mehrlose Passanten herzufallen. Kein Zufall auch, daß Mitglieder von menigstens 13 Stürmen, daß eine so große Anzahl von Führern anwesend waren. Die Aussage des Standarten führers Knippel darüber, wie ihn schon am Nachmittag der SA.­Mamt begrüßte: Staff heute abend auf dem Kurfürstendamm , und die Befundung des Heimleiters Kosmol, wie er sich gefreut habe, daß die Juden verdroschen werden würden und vieles andere be­weisen, daß zu der Demonstration auf dem Kurfürstendamm weit­gehende Borbereitungen getroffen worden waren. Nicht ergeben hat dagegen die Beweisaufnahme, daß die Ausschreitungen auf dem Kurfürstendamm von der SA.- Leitung veranlaßt worden seien. Es fonnte auch nicht festgestellt werden, daß die SA.- Leitung vor dem 12. September von etwaigen Unternehmungen am 12. September auf dem Kurfürstendamm Kenntnis gehabt habe. Als festgestellt muß aber gelten, daß der Standartenführer Knüppel am 12. Septem­be: dem Stableiter Ernst Mitteilung davon gemacht hat, daß am Kurfürstendamm etwas geplant sei. Es ist nicht anzunehmen, daß Ernst das vergessen haben konnte, da es in seinem Aufgaben freis lag, Helldorf von der Mitteilung in Kenntnis zu setzen. Graf Helldorf, mußte demgemäß spätestens um 6 Uhr von der beabsichtig ten Demonstration. auf dem Kurfürstendanim gemußt haben Der Tatbestand des Landfriedensbruches ist für sämtliche An­getlagten gegeben.

Der§.125 StGB. hat zur Aufgabe, die öffentliche Ordnung, Sicher heit und Ruhe zu schützen. Sein Tatbestand erfordert, daß eine öffentliche Zusammenrottung stattgefunden habe und Gewalttätig feiten begangen worden seien. Es sezt durchaus nicht eine Billigung der Gewalttätigkeiten voraus. Es genügt, sich einer Menge an­zuschließen, die Gewalttätigkeiten begehen könne.

Staatsanwaltschaftsrat Dr. Herf befaßt sich darauf mit den einzelnen Gruppen der Angeklagten. Zu allererst mit dem Jung­stahlhelmführer Brandt. Als dieser in seinem Auto vom Hause abfuhr, mußte er, was auf dem Kurfürstendamm los sei. Er pen

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Familie Soviet

Roman von Elfe Möbus

Der alte Herr stand auf und ging im 3immer auf und ab. Dann blieb er vor der Frau stehen. Frau Loriot , ich muß Ihnen eine Mitteilung machen. Gestern war auch Ihr Gatte bei mir, um sich meinen Rat zu erbitten. Aber auch mit ihm bin ich zu feinem Ziel gekommen. Er ist zwar mit der Scheidung einverstanden, sobald Sie es wünschen. Aber auch er hat fein einziges abfälliges Wort gegen Sie geäußert. Im Gegenteil. Er nennt Sie die beste, rücksichtsvollste Frau und Mutter. Er behauptet, niemals im Leben soviel Achtung vor einer Frau gehabt zu haben, wie vor Ihnen. Aber es scheint da wohl ein einziger Punkt zu sein, wo Sie beide nicht recht zusammenstimmen. Herr Loriot ist sehr heißblütig veranlagt, und Sie sind das Gegenteil. Aus dieser Ver­schiedenheit scheinen mir alle Konflikte Ihrer Ehe zu fommen." Frau Loriot sah mit geröteten Wangen vor sich hin. Ich habe drei Kinder geboren, und so darf ich wohl fagen, daß ich meine Pflichten als Ehefrau erfüllt habe."

Ihre Pflichten, ja", erwiderte der Rechtsanwalt, für Sie sind es eben nur Pflichten gewesen das ist der Unter­schied zwischen Ihnen und Ihrem Gatten. Berzeihen Sie, daß ich dieses Thema berührt habe, ich sehe es Ihnen an, wie unangenehm es für Sie ist. Aber das ist meiner Auffaffung nach der Kernpunkt, vor dent Sie nicht die Augen schließen dürfen."

Ich will mein Bersagen in diesem Kernpunkt gern auf mich nehmen", erwiderte Frau Loriot bitter. ,, Unter Liebe in der Ehe verstehe ich etwas anderes."

,, Niemand macht Ihnen einen Vorwurf daraus, ver­ehrte Frau Loriot ", sagte der alte Herr. Auch Ihr Gatte nicht. Gerade auf diesem Gebiet müssen wir den Schuld­begriff überhaupt ausschalten.

Ich verurteile meinen Mann auch keineswegs, denn ich fühle mich ebenfalls dazu nicht berechtigt. Aber meinen Kindern gegenüber habe ich die Verpflichtung, einzugreifen, Herr Rat! Wir leben nun einmal innerhalb einer fest

Revolutions- Feier

Die Feier findet Montag, 9. November, 20 Uhr, im Sport­

Die 2. Refervemordkommission des Berliner Polizeipräsidiums dichtem Gestrüpp, am Rande einer Schonung die Leiche einer etwa 45 Jahre alten Frau gefunden wurde. Die Cage der Leiche und mehrere schwere Verletzungen geben dem Ber­dacht Nahrung, daß die Frau ermordet und dann in das Gebüsch geschleppt worden ist.

Der Fundort liegt einige hundert Meter vom Jagdschloß Grunewald und vom Restaurant Paulsborn entfernt, am südlichen Ende des Grunewaldsees. Spaziergänger entdeckten gegen 16 Uhr die Tote. Die alarmierte Polizei stellte an der Leiche schwere Verlegungen fest. Zunächst glaubte man an einen Selbstmord; die Art der Verlegungen lassen aber auch auf ein Verbrechen schließen. Beide Schienenbeine und beide Puls­adern wiesen schwere Wunden auf. Außerdem wurde am Halse der Frau eine lange Rißmunde, die parallel zur Halsschlagader verläuft, festgestellt. Da bei der Toten keine Papiere ge­funden wurden, gehen die Ermittelungen der Polizei zunächst darauf hinaus, die Personalien der Frau zu ermitteln.

palast, Potsdamer Straße 72 statt mit folgendem Programm: Der Bubenstreich am Märchenbrunnen. Die Fahnen werden hereingetragen unter den Klängen d. Liedes: Viele sind stark! Dichtung von Grete Hartung. Musik von Kurt

Manschninger. Gesungen von Chören des Arbeitersängerbundes. Das Orchester begleitet.

Satz der fünften Sinfonie von Beethoven .

von Otto Meier .

So pocht das Schicksal an die Pforte. Erster Erinnerung und Mahnung. Ein Vorspruch. Dichtung GELÖBNIS! Weckruf( Marseillaise ), bearbeitet von Heinz Tiessen . Sonnenhymne, von Mussorgski, bearbeitet von A. Guttmann. Chöre. Vorwärts zum Kampf, Rakoczy, Marsch von Berlioz . FESTANSPRACHE. RUDOLF WISSELL . Signale aus der sechsten Snfonie von Tschaikowsky . Aufmarsch. Vier Sätze aus dem Chorwerk von Heinz Tiessen für gemischte Chöre mit Orchester. Bergleute Schnitter Vorwärts wagen!

Bruno Schönlank .

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Arbeit

Wie lange noch Prolet. Ein Chorwerk für Sprechchor von DIE INTERNATIONALE . Gemeinsamer Gesang.

muß­

Drei Schuljungen die Täter.

Die Demolierung des Märchenbrunnens im Friedrichshain hat eine schnelle Aufklärung gefunden. Die Täter, die mehrere Figuren finnlos zerstört haben, sind jetzt als drei Schuljungen im die 161. Gemeindeschule in der Georgenkirchstraße besuchen.

Alter von etwa 9 Jahren ermittelt worden, die

Die schnelle Aufklärung ist darauf zurückzuführen, daß ein an­derer Schulkamerad von der Tat der Drei gewußt und am gestrigen Freitagvormittag dem Klassenlehrer davon Mitteilung gemacht hat. Der Lehrer nahm die drei Schüler sofort in ein eindringliches Verhör, in dessen Verlauf sie gestander, daß sie am Dienstag unt 6 Uhr, als der Friedrichshain für den Publikumsbesuch ge­schlossen war, über einen Zaun in die Anlagen geklettert seien und mit Stöcken aus. Mutmillen die Figuren beschädigt hätten. Der Lehrer machte dann sofort der zuständigen Revier­polizei von dem Geständnis der drei Uebeltäter Mitteilung. Die drei Jungen werden der weiblichen Kriminalpolizei zum Zwecke der weiteren Ermittelungen zugeführt werden. Die Annahme, daß es sich um einen Racheatt von Glücksspielern handele, gegen die in der legten Zeit fast täglich Razzien unternommen worden sind, hat sich also nicht bestätigt.

Schließung eines GA.- Heimes.

Auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Aus­

merkt haben, es genügt, daß fie mit Gewalttätigkeiten rechner- ten. Ebenso wie Knüppel und Kosmol, die in dieser Weise die De­monstrationen auf dem Kurfürstendamm einschätzten, war auch ihnen die Einstellung der SA.- Leute bekannt. Sie haben sich sagen müssen, daß es bei einer Zusammenballung der SA.- Leute auf dem Kur­ fürstendamm zu Gewalttätigkeiten kommen müsse. Helldorf hat auch nichts unternommen, um schon am Nachmittag des 12. Septem- freitungen vom 6. Oktober 1931 ist das Sektions( SA.)- Heim der ber die geplante Demonstration zu unterbinden. Wenn diese Unter­fassung für die Feststellung seiner Rädelsführerschaft vielleicht auch nicht ausreicht, so wird diese unter allen Umständen dadurch ge­fennzeichnet, daß er sie durch sein Erscheinen auf dem Kurfürstendamm psychisch stärkte, daß seine SA.- Leute den Eindruck haben mußten, die Gewalttaten würden von der SA.- Führung gebilligt. Staats­anwaltschaftsrat Herf beschäftigte sich darauf ganz fürz mit den übrigen Angeklagten, stellte fest, daß sie wußten, was auf dem Kur­ fürstendamm gespielt werden sollte, und sich des einfachen Land­friedensbruchs schuldig gemacht haben.

Rechtsanwalt Dr. Boß bemühte sich, den Nachweis der Unschuld des Angeklagten Brandt zu erbringen; Rechtsanwalt Dr. Triebel tat das gleiche hinsichtlich der übrigen Angeklagten: Sie seien sämte lich freizusprechen. Die Rechtsanwälte Dr. Frank II, Dr. Freißler und Dr. Sad tommen heute zu Worte. Ob noch heute das Urteil gefällt wird, erscheint fraglich.

gefügten Ordnung, auch auf dem Gebiet der Moral. Das Verhalten meines Mannes wirft auf uns alle ein trübes Licht. Unmöglich kann ich es fdyweigend dulden. Die Kinder haben durch ihre Erziehung in Haus und Schule die Werte Reinheit"," Treue", Wahrheit" als durchaus fest­stehende Werte tennen gelernt, an denen nicht gerüttelt werden darf. Wie soll das auf sie wirken, menn wir, ihre Eltern, ihnen das Beispiel geben, daß diese Werte nur relativ sind, daß wir sie nach Belieben umstürzen tönnen, sobald es uns past? Müssen die Kinder nicht den Boden unter ihren Füßen wanten fühlen, müssen sie nicht an sich und der Welt irre werden!"

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Sie

Der Rechtsanwalt nickte. Shre Gründe sind durchaus anzuerkennen. Sie sehen die großen Gefahren, die aus solcher Ehe für Ihre Kinder erwachsen, ganz flar. Aber, liebe Frau Loriot , wenden Sie einmal den Blick von sich ab und schauen Sie hinein in die Ehen Ihrer Umgebung! Glauben Sie, daß das Ehen sind, in denen diese Werte absolute Gültigkeit haben? Ich tenne nicht eine ſtellen eben doch zu hohe Anforderungen stellen eben doch zu hohe Anforderungen denken Sie an Ibsens Brand, wer sich zu sehr an die Idee flammert, muß scheitern in der Wirklichkeit. Die Idee, der absolute Wert, kann nur Ideal, Antrieb, Ziel sein, nie Verwirklichung. Und vergessen Sie auch nicht die Werte, die Germaine und Walter ihrem Vater verdanken! Ihre Tochter hat eine außergewöhnliche Bildung erhalten, Sie geben selbst zu, daß Herr Loriot hier mehr getan hat, als er, felbft an strengstem Maßstab gemessen, verpflichtet war. Er unterstützt die Kinder, gibt ihnen geistige Anregung, läßt sie reisen. Er steht auf freundschaftlichem Fuß mit ihnen. Glauben Sie mir, das alles miegt schwerer als die paar kleinen Seiten fprünge, die sich jeder Künstler gestattet und nicht nur der und nicht nur der Künstler. Wir Männer find allzumal Sünder!" Er lachte. Ich glaube, verehrte Frau Loriot , Sie sehen aus Liebe zu Ihren Kindern und erlauben Sie mir, das auszu­sprechen aus einer uneingestandenen Eifersucht doch zu schwarz. Keine Frau und auch die beste, kann dieses Gefühl in fich zum Schweigen bringen, zumal wenn Sie den Mann liebt. Und nun hören Sie meinen Rat. Germaine macht im nächsten Jahr ihr Abitur. Schicken Sie sie dann ein oder zwei Jahre in die Heimat Ihres Mannes, wie Sie es schon lange vorhaben. Entfernt von Ihnen werden ihr die Vor­gänge im Elternhaus in ganz anderem Licht erscheinen. Sie wird sich dann erst ganz darüber flar merden, wie unendlich viel sie Ihnen beiden verdantt, Ihr Junge aber das ist

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Sektion Berlin- Reinickendorf- West, Sturm 42, auf dem Grundstück Berlin- Reinickendorf- West, Scharnweberstr. 101-104, geschlossen worden. Ausgenommen von der Schließung ist das Sektionsbüro und die zum A. Heim gehörige Küche..

Telephonräuber gefaßt.

DELIAIA

Die Ferniprechzelle am Küstriner Play wurde in den letzten vier Wochen ständig von einem Automatenmarder heim­gesucht. Dem Täter fielen häufig Beträge bis zu 40 M. in die Hände. Gestern abend ereilte den Dieb unerwartet sein Geschick; er hatte wieder den Automaten erbrochen und war gerade beim Ber­stauen des Geldes rund 39 m.-, als Polizeibeamte hinzueilten und den Täter festnahmen. Es handelt sich um einen 23jährigen wohnungslosen Heinrich G. Die Post hatte in aller Stille eine Alarmleitung von dem Kiosk zum nächsten Polizeibüro legen lassen

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so ein lustiger, frischer Bengel geworden, noch gestern traf ich ihn, wie er mit Fröschen und Molchen beladen an meinem Fenster vorbeitrabte der macht sich zur Zeit noch keine Kopfschmerzen über das Eheproblem seiner Eltern! Ich habe Ihren Gatten auf morgen nochmals hergebeten, ich bitte Sie, ebenfalls zugegen zu sein, dann wollen wir in Güte alles besprechen. Ich werde dann auch gerade auf Ihren Haupt­einwand, nämlich die seelische Schädigung Ihrer Kinder, großen Nachdruck legen ich weiß, Herr Loriot wird daran nicht leichtsinnig vorbeigehen. Und dann versuchen Sie es noch einmal! Reißen Sie Ihre Familie nicht auseinander. Ich habe schon manche Ehescheidung durchgeführt- aber immer habe ich die Kinder bedauert, viel mehr als die zwei Erwachsenen. Wie oft ist in den Kindern etwas totgeschlagen worden, das nie mehr zum Leben erwachte!"

Forschend sah der Rechtsanwalt zu seiner Klientin hin­über, die blaß und mit zusammengepreßten Lippen vor sich niedersah.

Endlich stand Frau Loriot langsam auf ,, Verschieben Sie die Aussprache um einen Tag" sagte sie endlich. Ich werde mir dann in aller Ruhe noch einmal alles überlegen. Morgen abend, spätestens übermorgen früh werde ich Sie anrufen und Ihnen meine Antwort sagen."

13.

Ueber den blauen Fluten des Genfer Sees liegt leuch tender Sonnenschein. Dem wolkenlosen Himmel und der schimmernden Wasserfläche, die am Horizont in eine einzige Ebene zusammenfließen, entströmt ein Meer von Licht. Es hüllt das alte Genf in seine Strahlen ein, es gibt den grünen Barkflächen, den Landhäusern und Villen, den Mietstasernen und Baracken, den eleganten Strandcafés und den prunken­den Hotels, aber auch der alten Kathedrale und den wink­ligen Gassen Leuchtkraft und Festlichkeit.

Das ist einer jener unvergleichlichen Tage, wie sie nur der Süden fennt. lleber allem liegt ein berauschender Duft von Jugend, von Lebensfreude. Man atmet ihn ein mit der milden, köstlichen Luft. Die breiten Verkehrsstraßen, die Boulevards, die gepflegten Restaurationsräume der großen, internationalen Lurushotels, die Cafés, die Landungsstege alles ist überfüllt von einer Menge lachender, festlich gestimmter Menschen. Pfeilschnell huschen die mouettes, die Möwen, zierliche, kleine Verkehrsboote, dahin, kreuzen geschickt zwischen Segelbooten und Dampfs schiffen hindurch. ( Fortsetzung folgt.)