Männer, die den gleichen Weg etwa um 24.20 Uhr entlangtamen, wollen den Wagen ebenfalls beobachtet haben. Sie hätten weiter auf der Karomer Chaussee in der Nähe des Bahnhofs zwei junge Männer gesehen, die mit offenen Mänteln, anscheinend war ihnen vom schnellen Laufen warm geworden, auf den Bahnhof zugingen. Die Mordkommission ist nun bemüht festzustellen, wo Pohl mit seiner Tage nach 23% Uhr gesehen worden ist.
Gemeindewahl an der Unterweser.
Bürgerparteien durch Hitler zertrümmert.
Bremerhaven , 9. November. ( Eigenbericht.) Die hier am Sonntag abgehaltenen Stadtverordneten wahlen hatten folgendes Ergebnis:
Sozialdemokraten.
Zentrum
Staatspartei.
Wirtschaftsliste
Nationalsozialisten
Deutschnationale Kommunisten
Bürgerliche Vereiniguug
Stimmen Mandate
3809
12
385
11
517
1 J
652
3098 1291
1867 846
*) Einschließlich Deutschnationale.
129452
2836
1349 3035*)
Die Sozialdemokratie verlor im Vergleich zu ihrer bisherigen Vertretung im Stadtparlament drei Mandate, die Wirtschaftspartei vier, die Staatspartei drei und die Bürgerliche Vereinigung fünf. Die Kommunisten gewannen drei Mandate, während die Nationalsozialisten auf Kosten des Bürgertums neun Mandate erzielten. Im Vergleich zu der Bürgerschaftswahl 1930 hat die Sozialdemokratie ihre Stimmen behauptet.
Aehnlich gestaltete sich das Wahlergebnis in dem zum Freistaat Bremen gehörigen Städtchen Vegesad. Dort erhielten die Sozialdemokraten 575( bei der Bremischen Parlamentswahl 1930: 590) Stimmen und 4 Mandate, Kommunisten 245 Stimmen und 1 Mandat, Bürgerblod 427( 3), Deutschnationale 302( 2), ale 302( 2). Nationalsozialisten 935( 6).
Sonneberg , 9. November. ( Eigenbericht.) Die am Sonntag hier abgehaltenen Kommunalwahlen hatten folgendes Ergebnis: Sozialdemokraten 5, Kommunisten 4, Nationaler Bürgerblock 2 und Nationalsozialisten 10 Mandate. Die bisherige sozialistisch- kommunistische Mehrheit im Stadtparlament ist durch den Wahlausgang beseitigt.
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Der ,, Berliner Lokal- Anzeiger" glaubt einen besonders kräftigen Trumpf gegen den Vorwärts" ausspielen zu können, indem er einige Urteile zitiert, die wir vor sechseinhalb Jahren über die Kandidatur Hindenburgs zur Reichspräsidentschaft gefällt haben.
Nun hat der„ Lofal- Anzeiger" soweit ganz recht, als sich jene Urteile als unzutreffend und alle Warnungen vor der Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten als überflüssig erwiesen haben. Der gute Lokal- Anzeiger" vergißt nur eines: Unsere Warnungen haben sich deshalb als überflüssig erwiesen, meil die Hoffnungen, die der Lokal- Anzeiger" auf Hindenburg als Reichspräsidenten gesetzt hatte, enttäuscht worden sind.
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Hatte der„ Lokal- Anzeiger" damals mit seinen Hoffnungen recht, dann hatte der Vorwärts" mit seinen Warnungen auch recht. Da aber die Hoffnungen der Rechten auf Hindenburg getrogen haben, erwiesen sich unsere Warnungen als überflüssig.
Wir geben gerne zu, daß wir damals irrten. Will der gute ehrliche Lokal- Anzeiger" nicht zugestehen, daß wir uns beide getäuscht haben?
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Künstliche Veränderung des Markwerts?
Ein deflationistisches Projekt.
Die Kommissionen des Wirtschaftsbeirats treten heute wieder zusammen. Die Montagspost" behauptet, daß ihnen bereits ein fertiger Plan einer neuen Notverordnung vorliege, der eine Preis-. sentung um 20 Proz. mit entsprechender Senkung aller Einfommen vorsehe. Ein echt deflationistischer Plan mit allen seinen Gefahren.
Der Preisabb au steht längst auf der Tagesordnung, und die Regierung hat seit langem Vollmachten, um ihn herbeizuführen- sie hat sie nur nicht angewandt! Dafür sind die Löhne gesenkt worden. Eine Preissenfung darf heute nicht der Anfang einer neuen Lohnsentung sein, sie hat nachzuholen, was die Lohnjentung vorgeleistet hat.
Der Planfalls er überhaupt vorhanden ist- entspringt mechanistischen und deflationistischen Vorstellungen, er würde für die Arbeiterschaft nicht minder gefährlich sein als die inflationistischen Projekte.
Siedlung von Erwerbslosen.
Der Reichskommissar vor dem Reichstagsausschuß.
Der neuernannte Reichskommissar für Ermerbs= lofensiedlung gab am Montagmorgen im Siedlungsausschuß des Reichstages die Richtlinien für die Schaffung von Kleingartensiedlungen und Schrebergärten für Erwerbslose bekannt.
Sturmlauf der Eisenbahner
Gegen die drohende Lohnkürzung
Morgen vormittag werden die Verhandlungen über die Kürzung| versammelt neben mehr als 1000 Funktionären und Mitgliedern der der Reichseisenbahnerlöhne wieder aufgenommen und durch einen Schiedsspruch beendet werden.
Am Sonntag haben daher die Vertreter der freigewerkschaftlich organisierten Eisenbahner in den einzelnen Direktionsbezirken der Reichsbahn nochmals ihre warnende Stimme erhoben und ihre schweren Bedenken gegen eine weitere Lohnfürzung in Entschließungen zusammengefaßt. Die Entschließung des Berliner Bezirks lautet:
..Bezirksvorstand und Bevollmächtigte von 34 Ortsgruppen im Direktionsbezirk Berlin erheben namens der von ihnen vertretenen Mitgliedschaft entschiedenen
Protest gegen die Lohnabbaupläne
der Reichsbahn. Auch in dem angeblich hochtarifierten Direktionsbezirk Berlin werden für schwerste Arbeit( Bahnunterhaltung) nech Stundenlöhne von 56 Pf. gezahlt. Feierschichten in Werkstätten, Güterböden, Bahnbetriebswerken drücken das Gesamteinkommen noch weiter herab. Eine derartige Bezahlung für eine Berufsgruppe, die täglich mit einem Fuß im Grabe, mit dem anderen im Gefängnis steht, der Leben und Gefundheit des reifenden Publikums anvertraut ist, stellt eine Gefahr für den Reichsbahnbetrieb dar. Die Konferenz legt entschieden Verwahrung ein gegen Bezirk Berlin stellt sich geschlossen in die Abwehrfront und ist bereit, Versuche, Tarifrecht und Sozialversicherung zu verschlechtern. Der einem Aufruf des Hauptvorstandes zum Kampf Folge zu leisten."
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Dresdener Ortsgruppe. Das Referat hatte der Verbandsvorsitzende Franz Scheffel übernommen. In ihrer Entschließung bringen die sächsischen Eisenbahner zum Ausdruck, daß ihre färglichen Bezüge in ihren Familien das größte Elend verursacht haben. Sie wenden sich mit aller Entschiedenheit gegen jede weitere Kürzung der Löhne im Reichsbahnbetrieb, da diese von jeher die schlechtesten innerhalb der in den öffentlichen Betrieben bezahlten gewesen sind. Die Eisenbahner betonen gegenüber der Reichsbahn, der Reichsregierung und dem von dieser bestellten Sonderschlichter, daß ein weiterer Lohnabzug, der für sie wirtschaftlich einfach untragbar ist, zu ernsthaften Auseinander segun gen führen muß, für die sie dann nicht verantwortlich gemacht werden können."
Aus dem Direktionsbezirk Kassel wurden uns u. a. Bhotographien von vier Eisenbahnern im Adamskostüm übermittelt. Drei dieser Männer im Alter von 40 Jahren haben ein Körpergewicht von 50, 55 und 56 Kilogramm, der vierte mit 42 Jahren wiegt 57 Kilogramm. Der Bericht weist insbesondere auf die körperlich schmere gefährliche und gesundheitsschädliche Arbeit der am schlechtesten bezahlten Bahnunterhaltungsarbeiter hin. Die Eisenbahnarbeiter erwarten vom Schlichter und Dom Reichsarbeitsminister, daß die färglichen Löhne nicht noch weiter gekürzt werden.
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Wozu bei der Reichsbahn Geld da ist, wurde beispielsweise in Der Bezirksbetriebsrat bei der Reichsbahndirektion Berlin hat einer Vorstandssitzung des von der Reichsbahn unterstützten Eisenin seiner letzten Vollsigung zu dem beabsichtigten Lohnabbau bahnervereins in Rottbus verraten. Der Sport- und WerfschulStellung genommen und erklärt, daß die Eisenbahner aller Dienstleiter konnte berichten, daß die Hauptverwaltung der Deutschen meige ihren Willen bekundet haben, jedem Cohnabzug mit dem Reichsbahngesellschaft 1000 mart für Sportzmede zur Mittel des Streifs entgegenzutreten. Der Bezirksbetriebsrat fühlt Verfügung stelle, die man zum Bau einer Regelbahn verfich verpflichtet, die Reichsbahnverwaltung auf diese Stimmung wenden werde. Das ist nur ein einziger der vielen von der Reichsa hinzuweisen. bahn unterstützten Werkvereine. Für welche Nebenzwecke die Reichsbahn sonst noch Geld in Hülle und Fülle ausgibt, ist hinreichend
Der Bezirk Sachsen hatte in seiner Konferenz in Dresdeni im Deutschen Hygienemuſeum über 300 Delegierte aus dem Lande bekannt.
Reparations Dämmerung
Prophezeiung eines Pariser Nationalistenblattes
Paris, 9. November. ( Eigenbericht.)
Es ist unzutreffend, dem jezigen Besuch des Botschafters Fran çois Poncet bei Laval und Briand die Ueberbringung von bestimmten Vorschlägen der deutschen Reichsregierung zuzuschreiben. Man kann überhaupt nicht von Vorschlägen sprechen, da Frankreich und Deutschland allein gar keine Beschlüsse über eine neues Zahlungsregime fassen können. Es gilt zunächst nur einen Meinungsaustausch über die Rolle des im Young Plan vorgesehenen Sachperständige na usichuffes, wobei sich Meinungsverschiedenheiten in der Auslegung des§ 120 des Young- Plans ergeben haben, die einer Klärung bedürfen.
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Das Echo de Paris" behauptet, Deutschland werde in den nächsten Tagen bei der BIZ. die Einberufung des Sachverständigen ausschusses beantragen. Der Ausschuß würde sich hauptsächlich mit den Reparationen befassen; in der Frage der kurzfristigen Kredite würde er, wie im August, das Schiedsrichteramt ausüben, falls fich die Schuldner und Gläubiger nicht einigen. Das nationalistische Blait sagt, Frankreich dürfe sich in bezug auf die Reparationszahlungen
9. November.
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feine Illusionen machen. Deutschland betrachte sich als vollkom men zahlungsunfähig und verlange nicht nur ein Moratorium für die geschüßten und ungeschützten Zahlungen, sondern endgültige Annullierung der Reparationen. Deutschland , rechne dabei auf die Unterstützung Englands, dessen Stellung sich seit dem Sturz des Pfundes geändert habe.
England würde von Deutschland nur entwertete Pfundzahlungen erhalten, während es seine Schulden an Amerifa weiterhin in Golddollars zahlen müßte. Daraus würde fich für England ein Debetfaldo ergeben. Es habe also fein Intereffe, die Reparationszahlungen zu verteidigen.
Léon Blum verlangt im ,, Populaire" die gleichzeitige Lösung des Reparations- und des Kreditproblems. Nur eine solche Lösung würde es vielleicht ermöglichen, den Reparationen noch einen zu bestimmenden Teil der verfügbaren Aktiven vorzubehalten. Wenn man die Kredite nicht konsolidiere, seien keine Reparationszahlungen mehr möglich und wenn man von vornherein die Reparationsschuld ausschalte, könne feine Konsolidierung der Kredite zustandekommen.
werden. Die Kulatentlasse hätte gerade jetzt bei der Ge= treideeinsammlung viel zu schaffen gemacht! Auch der Arbeiterschaft des Transportwesens, das wegen schlechter Organisation zurückbleibt, wurden am Staatsfeiertag scharfe Maßnahmen und Strafen angekündigt. Vertreter der KPD. ergingen sich in den wüstesten Beschimpfungen der Reichs- und der Preußenregierung. Der Borsigende der KPD. - Delegation, sein Name wurde schamhaft verschwiegen, tobte besonders gegen die SPD. ; man werde noch dieses Jahr alles daran setzen, in Deutschland zur Macht zu kommen. Dann aber werde man alles tun, um die Sozialdemokratie auf tschetistische Weise zu liquidieren. Aehnliche Drohungen ließen auch die anderen KPD.- Vergnügungsreisenden vom Stapel.
Politischer Mord vor Gericht. Zuchthausffrafen für politischen Totschlag. Neuruppin , 9. November. Das hiesige Schmurgericht verurteilte den Kommunisten Plötz aus Wittstock wegen Totschlags in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung, megen vollendeten Totschlags und wegen unbefugter Führung einer Schußwaffe zu fünf Jahren sechs Monaten Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust.
Der Angeklagte hatte am 2. August dieses Jahres bei einer Schlägerei, die sich in Wittstock nach einer nationalsozialistischen Bersammlung entwidelt hatte, den SA.- Mann Rühmling und den Reichsbannermann Runzler erschossen und den damaligen SA.- Führer Haase durch einen Schuß schwer verletzt. Der Staatsanwalt hatte gegen Plötz acht Jahre Zuchthaus und 5. fünf Jahre Ehrverlust beantragt.
„ Borsicht, Nazi, da ist grad das Loch, in dem Du vor 13 Jahren gesteckt haft!"
Die Richtlinien sollen bereits am Dienstag der Deffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Bon der sozialdemokratischen Fraktion gaben die Abgeordneten Tempel und Biester die Erklärung ab, daß die Sozialdemokratie die Deffentlichkeit dringend davor warne, irgendwelche übertriebenen Hoffnungen auf den Gedanken der Erwerbslosensiedlung zu setzen. Im Rahmen dieser Einschränkung erklärten sie im allgemeinen ihre Zustimmung zu den beabsichtigten Maßnahmen. Sie beantragten, mehr als es in den Richtlinien vor- Friedensreden an Kapitalisten- Krieg der Sozialdemokratie! gefehen sei, den Gedanken der Schrebergartensiedlung zu fördern, um dadurch einer möglichst großen Anzahl von städtischen Arbeitslosen helfen zu können.
Gefordert wurden weiter flare Erklärungen darüber, daß den ausgesiedelten Erwerbslosen die bisherigen Unterstüzungssäge in vollem Umfange weiter bezahlt würden. Endlich wurde verlangt, daß man von dem Gedanken der Anwendung des freiwilligen Arbeitsdienstes auf die Erwerbssensiedlung abrüden möge, schon im Interesse der Be| leb- mg des Bauhandwerks. Die Beratungen werden voraussichtlich Dienstag beendet werden.
Russischer Revolutionstag.
Anläßlich des 14. Jahrestages der Sowjetrevolution verbreitete der Moskauer Rundfunk Sondersendungen in beinahe allen euro päischen Sprachen, dabei wurde deutsch bevorzugt. Die Erklärungen der Sowjetregierung sind bemerkenswert zurückhaltend und biplomatisch gehalten. Reichskanzler Molotom sprach im Moskauer Rundfunk über die guten Beziehungen der Sowjetunion zu den kapitalistischen Regierungen, sogar Pilsudski- Polen sagte er milde Worte und sprach überhaupt nicht zum proletariat.
Welt=
Eine Erklärung Stalins, die norgelejen wurde, wendet sich bemerkenswerter Weise mit größter. Schärfe gegen die Opposition in seiner Partei: Noch immer beständen Ueber refte der Oppofition und sie müßten im nächsten Jahr liquidiert
Hitlermann und Messerheld.
Ein Kommunist niedergestochen.
Altenburg , 9. November. ( Eigenbericht.) Am Sonntag wurde in Wintersdorf ein Kommunist von einem Nationalsozialisten mit einem stehenden Messer in den
Unterleib gestochen. Der Kommunist wurde schwerverletzt ins Krankenhaus geschafft. An seinem Aufkommen wird gezweifelt. Der nationalsozialistische Mörder wurde nach vollbrachter Tat von der Bevölkerung so zugerichtet, daß cr ebenfalls ins Krankenhaus geschafft werden mußte.
45. Abt. Die Funktionärsizung fällt heute aus, dafür morgen, Dienstag, bei Thielert, Liegnizer Straße, um 19 Uhr.
Wetter für Berlin : Meist stärker bewölkt, feine crheblichen Niederschläge, mild, nach Südwest drehende auffrischende Binde. Für Deutschland : Im Often troden und vielfach heiter, im Wester ftärfer bemöttt und mindig, mit einzelnen Regenfällen, im übrigen Reiche start moltig, aber feine wesentlichen Niederschläge, Tempere turen nirgends mefentlich verändert.