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5 fßeitage Montag, 9. November 1931

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3n diesen Tagen jähren sich zum dreizehnten Male die trüben Novembertage 1918. Ein Volk, ausgemergelt bis auf die Nnochen, brach zusammen; ein tjeer, das Erich Ludendorff zu Todesiegte", wurde von der gegnerischen Uebermacht erdrückt... November 1918. Die Schuldigen flohen. Sie ließen Heer, Volk und Vaterland in der Stunde höchster Gefahr im Stich. Sie krochen in die Schlupfwinkel. heute aber sind sie wieder<chenauf. heute prahlen sie, heute lügen sie wie nie. Ihr größterTrumpf" ist der Schwindel vom Dolchstoß. Sie lügen, die Sozialdemokraten hättendie?ront von hinten erdolcht" und so den Zusammenbruch verschuldet. Es gehört die ganze Demagogie der Nationalisten dazu, diesen Schwindel zu verbreiten. Kber sie tun's. In Millionen Ilugblättern und Plakaten, in tausend und aber tausend Versammlungen greifen sie immer wieder diese Verleumdung auf. Daß die Dolchstoßlegende eine dreiste, eine schmutzige, ehrabschneidende Lüge ist. beweist die neueste Schrift der Sozialdemokratischen Partei. Genosse Dr. Lothe hat im Kuftrage der Partei unter dem TitelDer Zusammenbruch" ein 40 Seiten starkes Heft oerfaßt, das aufräumt mit diesem üblen Nazi­schwindel. Die kleine empfehlenswerte Schrift kostet nur l S Pf., sie sollte von jedem gelesen werden.Der Zusammenbruch" schildert die wiedererstehung der Dolchstoßlegende, prangert die Fälscher der geschichtlichen Wahrheit an, um dann an Hand der amtlichen Kriegskritik der Kriegsgeschichte selbst das wort zu erteilen. In kurzen Luszügen entsteht ein vild der von Monat zu Monat, von Kriegsjahr zu Kriegsjahr fortschreitenden Aushöhlung, Er­schöpfung, Vernichtung der deutschen Armeen bis zum tragischen Zusammenbruch, wir veröffentlichen im nachfolgenden einige Kapitel aus dieser Schrift: Als der strömende Novemberregen die Einstellung der Schlacht erzwang, war auf einer Lreite von. 40 Kilometern und einer Tiefe von 10 Kilometern eine wiifte geschaffen, in der unter den Kesten ehemaliger Dörfer, zwischen den Spänen gewesener Wälder und in dem kilometertiefen Trichterfeld hunderttausende blühende Menschen begraben lagen. Ein anderes Ergebnis Hatto die Somme -Schlacht nicht...

ILorelto 1915 Im Kriegsjahr 1915 waren die Fronten im Westen in endlose zermürbende Grabenkämpfe verstrickt... Es war jene Zeit, wo die Heeresberichte aus dem Dsten Sieg über Sieg von der zusammenbrechenden Kussenfront meldeten, die Lerichte aus dem Westen aberim wesentlichen nichts Neues" brachten. Es war jene Zeit, wo bereits in auflodernden Schlachten an der Lorettohöhe und in der Champagne die westfrönt zum ersten Male unter einem Artilleriefeuer er- zitterte, für das der berüchtigte NameTrommelfeuer" ge- prägt wurde. Damals schon begann der moderne Krieg sein Gesicht zu zeigen und ließ in den Soldaten eine dumpfe Ahnung aufdämmern, was ihrer in den folgenden Jahren harrte.... Aber diese Kämpfe sollten schnell verblassen, als im Mai und Juni die große französisch-englische Offensive einsetzte. wenige Tage genügten, um lebensstrotzende Kegimenter zu Schlacke auszubrennen. So verlor das sächsische Infanterie- regiment Ivb in vier Tagen über 1450 Mann, also die Hälfte seines Bestandes, völlig aufgerieben wurde das badifche Armeekorps, dessen Kegimentern die Lorettohöhe seit dem herbst 1914 zum Schicksal geworden war... Ois Hölle von Verdun ... verdun hat die Kraft zweier Völker gefressen. Seine , Erde ist mit dem Blute von einer Million Menschen gedüngt. Don diesen liegen 200 000 auf den öergkuppen in den zer­splitterten Wäldern, den Schluchten und Trichtern begraben. Aber auch Ungezählte von den anderen, die dem Leben wieder- geschenkt wurden, hat vordun nicht mehr losgelassen, wer wird es jemals vergessen können, mit welcher Heimtücke der Tod sich hier seine Opfer suchte, welche Schliche und Wege er benutzte, um den Menschen aus dem Hinterhalte anzufallen---- Somme -Schilacht 1916 ... Keiner Frage bedarf es, daß eine Truppe, die in diese Abgründe menschlichen Leides geschaut hatte, in ihrem innersten Kern erschüttert war. Die Kriegskritik des Keichsarchivs nagelt mehrfach die Tatsache fest, daß die rücksichtslosen Forderungen der Generalität die Grenzen jeder körperlichen und moralischen Kraft bei der Truppe über­schritten hatten. Der Prozeß der inneren Aus­zehrung hatte nicht nur bei den verwundeten, die wieder ins Feld rückten, eingesetzt, sondern alle Kegimenter von verdun ohne Ausnahme erfaßt. Und doch gab es für viele Kegimenter nur wenige Wochen Erholung, da hatte bereits die Somme -Schlacht ihre Fänge nach ihnen ausgestreckt, jene vom Juli bis Ende

vis I.vftE»vn von Douaumont Oktober 1916 anhaltende Materialschlackst zwischen Lapaume und pcronne. Noch blutdürstiger als verdun hat diese Schlacht> 250 000 Menschen gefressen! An der Somme gab es keine Schluchten, keine Bergwälder, wie bei verdun. platt wie ein Tisch dehnt sich dort die Ebene der pikardie. hier gab es an den englischen Frontabschnitten wenigstens nicht die weit ins Hinterland reichenden Feuer­überfälle, dafür lag hier auf den eigentlichen Kampfstellungen ein r a s e n d e r? e u e r o r k a n. der die Gräben weg­wischte, die Unterstände zerstampfte und die kleinen Wälder zu Spänen hieb. Sieben Tage und sieben Nächte hielt das Trommelfeuer an, pausenlos lagerte es als feuriger Vorhang über den Infanteriestellungen, den befestigten Dörfern und den Batterien. Bevor am achten Tag der General­angriff der englischen und französischen Infanteriemassen einsetzte, war das Leben in den zermahlenen vorderen Stellungen so gut wie erstorben...

Dos war kein Kämpfen mehr, das war namen­loses Leiden Flandern 1917 ... wie die Somme -Schlacht. begann diegroßeFlan- dernschlacht von 1917 mit einem ununterbrochenen Trommelfeuer, das vierzehn Tage und vierzehn N ä ch t e so gut wie pausenlos anhielt. Die deutsche Artillerie wehrte sich bei ihrer starken zahlenmäßigen Unterlegenheit mit einem neuen gefährlichenGas, womit sie sich gegen die Masse der englischen Batterien behaupten konnte. Allein in der Woche vom 12. bis 19. Juli verbrauchte die Artillerie der deutschen Flandernarmee 582 000 Schuß, und in der darauffolgenden Woche, dicht vor Eröffnung der feindlichen Großangriffe, sogar 870 000 Schuß. Ver en-ylische Munitionsverbrauch wird auf das Vierfache geschätzt. Und dieser Hagel von glühendem Eisen ging auf eine Kampf­front von nur 20 Kilometer Breite nieder... 9erschwarze Tag*', 8. August 1918 ... Da brachte der 8. August,der schwarze Tag in der Geschichte des deutschen Heeres", ein grausames Er­wach e n. An diesem Tage wurde vor Amicns mit frischen englischen und kanadischen Truppen der Massentank- angriff von Villers-Totterets wiederholt. Als sich der Abend des 8. August über das Schlachtfeld der zweiten Armee herabsenkte, war die schwerste Niederlage des deutschen Heeres seit Kriegs­beginn zur vollendeten Tatsache geworden. Die zwischen der Somme und der Avre vom feindlichen Angriff betroffenen Stellungsdivisionen waren fast r c st l o s ge­schlagen... Der Gesamtverlust ist auf 650700 Offiziere und 26 000 27 000 Mann zu schätzen. Bis zu elf Kilo­meter Tiefe erstreckte sich der feindliche Einbruch in die deutsche Front."(Keichsarchiv: Die Katastrophe des 8. August 1918.)

Die Katastrophe vom 8. August 1918 bildete aber nur den Auftakt für das blutige Drama, das sich nun in rascher Folge abrollen sollte. Der Angriff vor Amicns war die Brandfackel, die von der Nordsee bis nach Loth­ ringen die ganze w c st f r o n t in Flammen setzte. Es begann eine ungeheure Leidenszeit für die feldgrauen Männer. Es gab keine Unterbrechungen der Kämpfe mehr, keine Kuhe- paufen hinter der Front Es gab Truppenteile, die vom Sommerbiszumwaffenstillstandstageim No­vember. also vier Monate, nicht aus den verlauften und ver­schmutzten Kleidern herauskamen, und die nur zu dem Zweck aus der Front herausgezogen wurden, um in andere brüchige Frontstellen hineingeworfen zu werden. Zwar konnten Durch- brüche der Entente mit vernichtender Niederlage im freien Feld immer noch im letzten Augenblick verhindert werden, aber die Kampftruppe schmolz in dem feurigen Kessel

der ununterbrochenen Angriffe Armeen rapide zusammen...

der vereinigten Ententc-

Das Friedensangebot Die verzweifelten Bemühungen Ludendorffs, die Verant­wortung für das deutsche Waffenstillstandsangebot von sich und der übrigen Heeresleitung abzuwälzen, waren klägliche versuche am untauglichen Objekt. Mit ehernem Griffel hat die Geschichte die Ereignisse jener Sturmtage 1913 festgehalten. die über das Schicksal des deutschen Volkes entschieden: Großes Hauptquartier, den I. Oktober 1918. Der Kaiserliche Legationsrat an Auswärtiges Amt . General Ludendorff bat soeben Freiherrn o. Grünau und mich in Gegenwart von Oberst Heye, Euer Exzellenz seine dringende Bitte zuübermitteln.daßunser Friedensangebotsoforthinausgeht. heute halte die Truppe noch, was morgen ge­schehen könne, sei nicht vorauszusehen... gez. Leisner. Der neue Keichskanzler, Prinz Max von Baden , ver­wahrte sich auf das energischste, den ersten Tag seiner Kanzler­schaft mit dem Friedensangebot herauszukommen, weil er mit Kecht die verheerenden politischen Folgen dieses Schrittes erkannte. Darauf kam am 2. Oktober folgendes Telegramm hindenburgs: Die Oberste Heeresleitung bleibt auf ihrer am 29. Sep- tember dieses Jahres gestellten Forderung der sofortigen Herausgabe des Friedensangebotes an unsere Feind« be- stehen... Noch steht das deutsche Heer festgefügt und wehrt sieg- reich alle Angriffe ab. Die Lage verschärft sich aber täglich und kann die Oberste Heeres­leitung zu schwerwiegenden Entschlüssen zwingen. Unter diesen Umständen ist es geboten, den Kampf abzubrechen, um dem deutschen Volk und seinen Verbündeten nutzlose Opfer zu ersparen. Jeder versäumte Tag kostet Tausenden von tapferen Soldaten das Leben. gez. o. hindenburg , Generalfeldmarschall. ... Die Oolchstoßlegendc. die von der Erdolchung eines bis zum Schlußsiegreich kämpfenden Heeres" durch eine verräterische Heimat fabelt, ist. das beweisen diese durch nichts wegzuleugnenden historischen Tatsachen, nicht allein eine der gröbsten geschichtlichen Lügen aller Zeiten, sie ist vielmehr noch eine infame Beschimpfung des deutschen Volkes, das in den 51 Monaten des Weltkrieges wie kein zweites Volk der Welt Opfer gebracht hat... Die Sozialdemokratische Partei weiß, was für Deutsch - land und Europa bei einem künftigen Kriege auf dem Spiele

Der 8. AugustDer schwarze Tag in der Geschichte des deutschen Heeres" steht. Sie ist sich ihrer Verantwortung für das Schicksal der werktätigen Massen bewußt, die im Kriege die schwersten Blutopfer bringen und heute noch 12 Jahre nach dem Welt­krieg die ganze Last der materiellen Not tragen müssen. Die sozialistisch organisierten Massen sind sich völlig im klaren, daß ein künftiger Krieg noch viel ärger wüten würde als der Weltkrieg. Sie werden daher unter Führung ihrer Partei, unbeirrt durch die Hetze der Natio­nalisten, ihre ganze Kraft einsetzen, um Seite an Seite mit ihren Brüdern in den anderen Ländern eine Wieder­holung dieses Massenmordens zu ver­hindern. Sie werden die Chauvinisten mit der potttifchen Waffe, die ihnen die Demokratie in die Hand gegeben hat, schlagen, und sich mit ihren Klassengenossen in der Welt an den Gräbern der zwölf Millionen Toten des Weltkrieges in dem Kuf vereinigen: Vie Waffen nieder! Nie wieder Krieg!