Morgenausgaben founded
Nr. 531
A 267
48.Jahrgang
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Der Bormärts" erscheint mochentäg lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, bie Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Juustrierte Gonntagsbeilage Bolt und Zeit".
Donnerstag
12. November 1931
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Bartels
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Genosse Friedrich Bartels ist gestern abend gegen Uhr entschlafen. Wochenlange schwere Krankheit hatte ihn so geschwächt, daß ihm eine letzte Operation feine Rettung mehr bringen konnte.
Viele qualvolle Wochen hat Friedrich Bartels mit dem Tode gerungen; ein schon schwach gewordenes Herz leistete Ungeheures im Widerstand gegen die zerstörenden Krankheitsstoffe, die den Körper durchwühlten, ohne daß die Aerzte die Möglichkeit sahen, helfend einzugreifen. Als es endlich dennoch geschah, mar es zu spät. Nun hat der Allbezwinger Tod ihn doch bezwungen, das widerstrebende Herz hat seinen letzten Schlag getan.
Im Frühjahr hatte Bartels das sechzigste Jahr seines Lebens vollendet, damals in anscheinend gefestigter Gesundheit, nachdem er nicht lange zuvor erst eine schwere und langdauernde Krankheit überstanden hatte. Die neue Erkrankung, die im Herbst auftrat und ihn nun für immer von uns nahm, fam so heimlich, daß es schwer fiel, an ihren Ernst zu glauben. Ms jedoch seine Aufnahme in das Sanatorium sich als notwendig erwies und die ersten ärztlichen Mitteilungen über den Befund der Untersuchung herausfamen, mußte man damit rechnen, daß er bald Abschied für immer nehmen werde.
Mit Friedrich Bartels geht ein schlichter Mensch, ein gerader Charakter, ein treuer Sachwalter der Partei von uns. Ihm hatte die deutsche Sozialdemokratie vor Jahren schon die Berwaltung ihrer Finanzen übertragen, ein verantwortungsvolles Amt, für das ein besonders ruhiger, sachlich arbeitender Mann vonnöten war und ist.
Ruhige Sicherheit und fachliche Nüchternheit waren Eigenschaften, die Bartels besonders eigneten. In dem kleinen vorpommerschen Städtchen Loiz geboren, hatte er nach dem üblichen Volksschulbesuch das Malerhandwerk erlernt und war dann in die Fremde gezogen, wo er weitere Wirkungsfreise suchte. In Hamburg wurde er, 33jährig, zunächst Angestellter seiner Berufsorganisation, des Malerverbandes. Dann berief ihn 1906 die Partei als ihren Bezirks sekretär für Schleswig- Holstein. Seine Arbeit auf diesem Felde war nicht ohne Erfolg; gehörte doch sein Bezirk zu den vorbildlichst organisierten im ganzen Reiche. Im Jahre 1913 mählte dann der gleiche Parteitag, der Friedrich Ebert als Nachfolger Bebels zum Vorsitzenden der Partei bestimmt hatte, den Genossen Friedrich Bartels als neuen Setretär in den Parteivorstand. So übersiedelte Bartels von der Wasserfante nach Berlin, wo er in den schweren Kriegsund Nachkriegswirren unbeirrbar in aufopfernder Gewissenhaftigkeit für die Partei der Arbeit und ihre Einrichtungen wirfte.
Nach der Revolution, als auch in Preußen das Dreiklassenwahlrecht durch das gleiche Wahlrecht beseitigt war, wurde Bartels in die verfassunggebende Landesversammlung und in der Folge selbstverständlich auch in den Landtag gewählt. 3mar gehörte er nicht zu den Oft- und Bielrednern, aber seine Meinung hatte im Rate Gewicht und sie wurde selten überhört. Seit einer Reihe von Jahren leitete er die Verhandlungen als Landtagspräsident in seiner schlichten Art, die ihm viele Freunde machte. Als Präsident des Landtags wird er bestattet werden, als Präsident eines Barlaments, um dessen Zusammensetzung in wenigen Monaten Rämpfe entbrennen werden, wie sie in solcher Heftig feit wahrscheinlich seit langem nicht mehr erlebt wurden. Bartels hat in diesem seinen legten Amte die Partei der Arbeit und der Arbeiter so ernst und würdig vertreten, wie es seine ganze Art war.
Es ist fennzeichnend für den Mann und die Achtung, die er einflößte, daß auch der bösartigste Klatsch der Nachfriegszeit nicht an ihn heranreichte. Er hat im stillen gewirft gis- Bertreter der Klaffe, die unter schweren Kämpfen sich erst
die Gleichberechtigung im Staate hat erobern müssen und diese Gleichberechtigung nun wieder verteidigen muß gegen eine Flut des Hasses, wie sie selten erlebt wurde.
Der Maler Bartels aus der pommerschen Kleinstadt war im Kampfe für seine Klasse und mit ihr gewachsen. Er blieb ihr verbunden in allen Aufgaben, die neue Zeiten und neue Verhältnisse ihm stellten: ein zielsicherer Freund und Führer, ein zuverlässiger Treuhänder der ihm anvertrauten Interessen,
einer, der nie schwankte, wenn es galt, für die Demokratie und den Sozialismus die ganze Person einzusetzen!
Die Partei verliert in ihm einen der Treuesten unter den Treuen. Der Parteivorstand als Körperschaft besonders einen unermüdlichen Arbeiter und treuen Kameraden, die Gesamtarbeiterbewegung einen vorbildlichen Kämpfer für die Rechte und den Aufstieg des Proletariats.
Auch der Vorwärts" betrauert in Friedrich Bartels einen treuen Freund. Biele Jahre hindurch, bis die Krankheit ihn daran hinderte, wirfte er als Vertreter des Parteivorstandes an den Beratungen der Pressefommission mit, allzeit getragen von dem Bestreben, dem Zentralorgan und damit der Partei zu dienen.
Die sozialistische Arbeiterschaft steht in Trauer an der Bahre des ausgezeichneten Mannes, des vorbildlichen Kameraden und des kampferprobten Führers. Mit ihr trauert die Gemertschaftsbewegung, der er durch viele Jahrzehnte verbunden geblieben war. Mit ihr trauert um ihn der große Kreis der Freunde aus der Internationale, die seine vornehme Würde und schlichte Sachlichkeit kennen und schäßen gelernt haben.
Am gleichen Tage, da man seinem und unserem Freunde Hermann Müller ein Grabmal errichtete, schloß Friedrich Bartels den Lauf seines Lebens ab.
Sein Andenken wird in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung fortleben als das eines der Besten, die ihr je gedient!
Die Trauer der Partei.
lungen der Sozialdemokratischen Partei statt. Ueberall, wo die In ganz Berlin fanden gestern abend MitgliederversammTrauerkunde bekannt wurde, gedachten die Borsitzenden der Berdienste des verstorbenen Führers. So ehrien bereits viele Taufende von Berliner Genoffen den dahingeschiedenen Landlagspräsidenten Friedrich Bartels,
Beileidskundgebungen.
Der preußische Ministerpräsident Otto Braun hat an Frau Bartels folgendes Telegramm gerichtet:
Zu dem unerfeßlichen Verlust, den Sie durch das Hinscheiden Ihres von mir hochgeschätzten Herrn Gemahl, des Präsidenten des Preußischen Landtags Friedrich Bartels erlitten haben, spreche ich Ihnen und Ihrer Familie zugleich im Namen des Staatsministe riums die herzlichste Anteilnahme aus. Der Verstorbene hat sich in feiner langjährigen parlamentarischen Tätigkeit und im politischen Leben um Bolt und Staat hohe Verdienste er= morben, die ihm über das Grab hinaus ein ehrendes Andenken fichern.
An das Präsidium des Preußischen Landtags hat Otto Braun folgendes Telegramm gerichtet: Dem Präsidium des Landtags spreche ich zugleich im Namen des Staatsministeriums zu dem Ableben des Präsidenten des Landtages Friedrich Bartels das herzlichste Beileid aus. Das Staatsministerium wird der hohen Berdienste des Verstorbenen um die parlamentarische Arbeit stets dankbar gedenken.
Der Ministerpräsident hat angeordnet, daß der Preußische Landtag ab sofort bis zum Tage der Beisezung und die Preußischen Zentralbehörden am Tage der Beisetzung alb ma st flaggen.
Preußen weiter voran!
Dreizehn Jahre Freistaat am 12. November.
12. November 1918: Der alte Herr Dr. Fried berg, Vizepräsident des Preußischen Staatsministeriums, war nicht wenig aufgeregt, als am Vormittag des 12. Nopember 1918 der Diener Tür vom Vorzimmer zu seinem Arbeitsraum aufriß und meldete:„ Die Herren vom Arbeiterund Soldatenrat sind da!" Hatten schon die vergangenen Tage nicht wenig an seinen Nerven gezerrt- obwohl ihm und seinen Beamten bisher kein Härchen gekrümmt worden war, so hatte er doch jetzt eine schwere und historisch hoch bedeutsame Amtshandlung, seine letzte, zu begehen. Schwerfällig stand der bald Siebzigjährige auf und erwartete die Eintretenden, die sich, voran die beinahe überlebensgroße Figur des Führers der preußischen Landtagsfraktion, Paul Hirsch, ohne viele Formalitäten in das Allerheiligste begaben. Da mar Otto Braun, der nach außen so fühle großgewachsene Ostpreuße, der doch so leidenschaftlich vorstoßen konnte, menn er im Landtag als Anwalt des schwergeplagten und entrechteten Landarbeiterstandes in wuchtiger Anklage sein schwerwiegendes Material gegen die Regierung und gegen das ostelbische Junkertum in das Haus hineinschleuderte, da mar der alte Kämpe Adolph Hoffmann, neben ihm Ströbel und der schwarzbärtige Eugen Ernst, der Or