Auto, ade!
«-Mein Auto gestohlen?! La soll mir gleich der ganze nationale Sozialismus gestohlen bleiben!'
Die Sache der Demokratie. Die geistigen Wurzeln des Rnndfunk-Konflikts. Ministerialrat Scholz Hot dem staatsparteilichen Ab» geordneten Riedel in der Angelegenheit des Rundfunk» konflikts den folgenden Brief geschrieben: „1. Die Behauptung, ich hätte den Vortrag(5)öltermanns) �.offenbar völlig mißverstanden", weise ich zurilck. Klar war und ist mir vielmehr, daß das Manuskript des Vortrages in seiner mir zur Prüfung vorgelegten Fassung Ausführungen enthielt, die von weitesten Kreisen der Frontkämpfer als eine Verletzung ihrer Ge- fühle empfunden werden mußten. 2. Unrichtig ist ferner Ihre Behauptung, ich hätte ein Zitat streichen wollen, das die Teilnahme des Abgeord- ncten Frank am Weltkriege vaterländisch begründete. Die Streichung habe ich im Gegenteil deshalb gefordert, weil die von mir beanstandeten Worte den Anschein erweckten, als hätte Frank, der nach allgemeiner Kenntnis aus durchaus patriotischen Gründen ins Feld zog, dies aus parteipolitischen Mo- t> o e n g e t a n.?ch habe meine Bedenken zurückgestellt, als Herr .Heilmann darauf hinwies, daß es sich um die wörtliche Wiedergabe einer Stelle aus einem Briefe von Frank handele." Herr Ministerialrat Scholz hat, wie dieser Brief be- weist, weder Verständnis für die Persönlichkeit und die Motive eines Ludwig Frank , noch für die deutsch « Demokratie, noch dafür, in welchem Staate und unter welcher Aerfassung er lebt. Die Darlegung der Motive Ludwig Franks hat kein anderer als Frank selbst erschöpfend und eindeutig gegeben. Hier ist sie: Am 2 8. Juli 1914 sprach Ludwig Frank in einer Friedenskundgebung der Mannheimer Sozialdemo- kratie: „Ist Deutschland für den Krieg gerüstet? Heer, Waffen und Kriegzschatz sind vorhanden. Aber ein sehr wichtiger Teil der 'Rüstung ist vernachlässigt. Ich möchte es die psychologische Rüstung nennen. Die Regierung hat versäumt, durch eine vernünftige freiheitliche Politik im Innern die Klassen des Volkes zu einer nationalen Einigkeit zusammenzuschweißen. Man hat den Sozialdemokraten, also dem dritten Teil der Ration, die Gleichberechtigung versagt. Es sei nur erinnert an die Verurteilung der Leute, die das Charlottenburger Denkmal bepinselt haben und zu je anderthalb Iahren Gefängnis verurteilt wurden, während Studenten für schlim- meres Tun mit geringen Geldstrafen wegkommen. Und wie hat man die Arbeiterjugend verfolgt. In Braunschweig hat man sogar den Arbeiterkindern verboten, in den herzoglichen Wäldern frisch« Luft zu schöpfen, und in Sachsen nimmt man den Gewerkschaftlern durch die Streitverordnung das Koalitionsrecht. Leute, die so etwas tun, benehmen sich, als wollten sie den deutschen Arbeitern den kisten Funken von Vaterlandsliebe im Herzen ersticken. Sie schwächen die Wehrkraft des Reiches und müssen sich also den Vor» murs des Vaterlandsvcrrats gefallen lassen. Wir vaterlandslosen Gesellen wissen aber, daß wir, wenn auch Stiefkinder, s o d o ch Kinder Deutschlands find, und daß wir uns unser Vaterland gegen die Reaktion erkämpfen müssen. Wenn ein Krieg ausbricht, so werden also auch die sozialdemo- t ratischen Soldaten gewissenhaft ihre Pflicht erfüllen." Aus einem Brief von Frank an Friedrich Stampfer �oom 29. August 1914: „Mein Motiv war, durch die Tat zu zeigen, daß unser Beschluß vom 4. August nicht äußerem taktischen Zwang, sondern einer in- ivc-i c a 9lp t w c n itat e.it-ctüspronj,. baß es uns, olfg. intt.dCT Pflicht vor Verteidigung der Heimat bitter ernst ist." Aus einem Brief an Südatum vom 31. August 1914: „Ich lasse mich nicht davon abbringen, daß in diesem Krieg die Grundlagen für einen unabsehbaren Fortschritt gelegt werden." Was soll demgegenüber das kleinliche Gemäkel um „patriotische" oder.parteipolitische Motive"? Es ging Lud- wig Frank um die Sache der deutschen Demo- kratie, er war«in besserer Patriot als die reaktionären Hurrapatrioten, er wollte den Staat und die Arbeiter zu- sammenbringon, die die Reaktion auseinandergerissen hatte! In der"Tat, er ist nicht„für den König oon Preußen" ins Feld gezogen, sondern Vaterland und Freiheit waren für ihn untrennbare Begriffe. Es scheint, daß man in reaktionären Amtsstuben von heute so wenig Sinn für die Verbundenheit von äußerer und innerer Freiheit hat. wie nach 1813! Im Kriege selbst ist die Wucht des demokratischen Gedankens selbst bis in die höchsten Amtsstuben gedrungen! Daß ein Volk, das ein Volksheer bildet, nicht in den Fesseln eines Obrigkeitsstaates gehalten werden kann, dämnrerte selbst Wilhelm II. ! In seiner Osterbotschaft vom Jahre 1917 hieß es: „Bei verschiedenen Anlässen haben Sie dargelegt, in welchem Geist« die Formen unseres staatlichen Lebens auszubauen sind, um für die freie und freudige Mitarbeit aller Glieder unseres Volkes Raum zu schaffen.... Roch stehen Mil- lionen Volksgenossen im Felde, noch muß der Austrag des Meinungsstreites hinter der Front, der bei einer eingreifen- den Verfassungsänderung unvermeidlich ist, im höchsten vaterländischen Interesse verschoben werden, bis die Zeit der Heim- kehr unserer Krieger gekommen ist und sie selbst am Fortschritt der neuen Zeit mitraten und mittaten können.... Nach den gewal- tigen Leistungen des ganzen Volkes in diesem furchtbaren Kriege ist nach meiner Ueberzeugung für das Klaffen- Wahlrecht in Preußen kein Raum mehr." Die Sache der Demokratie und die Sache Deutschlands sind untrennbar verknüpft! Die Demokratie ist die Grundlage des Staates von heute, der nicht der Staat Wilhelms II., sondern der Staat des deutschen Volkes ist. Aber der Freiheitswille der sozialdemokratischen Arbeiterschaft im Kriege, das Bekenntnis zur Demokratie, das Bekenntnis zum Staat von heute— das ist für einen hohen politischen Be- amtcn des Staates von heute— eine„parteipolitische Angelegenheit", die Andersdenkende verletzen könnte!
Giudenienmut— iji Jena . Oer Rückzug zum Lichtenhain«? Vier. Am Mittwoch veranstaltete ein Teil der Korporationsstudenten der Universitäten Jena , Halle und Leipzig auf dem Marktplatz in Jena eine Kundgebung gegen Rektor und Senat d»r Universität Hall«. Die Kundgebung klang in einer.Lampfansage" aus gegen die, die„der Kriegsdienst. Verweigerung Rechte einräumen", gegen die, die diese Leute schützen und stützen und gegen die Kulturpolitik des preußischen sozialdemo- kratischen Kultusminister Grimme. Die deutsch « Jugend werde— so schloß der offizielle Redner—„aus den Trümmern des von den Rovember-Verbrechern von 1918 geschaffenen Systems" ein Vaterland errichten.
Zwickau , 11. November.(Eigenbericht.) Am 12. November findet vor dem Gericht in Zwickau die Fort- setzung der Berusungsverhandlung gegen den Redakteur W a l t h e r Victor vom„Sächsischen Volksblatt" stall, der vor diesem Forum nach anfänglicher Freisprechung und erfolgreicher Revision der Staatsanwaltschaft wegen„Gotteslästerung" zu vier Mo- naten Gefängnis verurteilt worden war. Der Anklage liegt eine im„Sächsischen Volksblatt" veröffent- lichte Satire zugrunde, in der ein sterbender Zuchthäusler seinen Anstaltsdirektor und Gesängmsgeistlichen rechts und links von sich Platz nehmen heißt und dann zu ihnen sagt:„Nun kann ich be- ruhigt sterben Unser Jesus starb ja auch zwischen zwei Halunken." Die StaatsanwaUschast glaubte' daraufhin die Gotteslostening kon- struieren zu müssen, obwohl in Wirklichkeit nur eine scharfe Satire gegen den Strafvollzug vorliegt. Bereits in der e r st« n Berufungsvsrhandlung konnte der Angeklagte nachweisen, daß die Anekdote, die er nicht als Ver- sasser, sondern lediglich als verantwortlicher Redakteur zu ver- antworten halle, die Neufassung eines ganz alten Scherze» sei. So erzählt man sich in Süddeutschland im Volke seit Jahr und Tag die Geschichte vom„Pfeffer vo Stella sei letzter Stroich", in der genau der gleiche Vergleich zur Anwendung ge- bracht ist. Auch in einem vom Christlichen (!) Verlags- haus Stuttgart G. m. b. H. gedruckten Buch ist diese Anekdote enthalten. Der Pfefser ist ein alter Uebeltäter, der stets mll Be- Hörde und Geistlichkeit in Konslikt lag und beim Sterben ganz wie jener Volksblatt-Zuchthäusler den Pfarrer und den Schultheiß kommen läßt, die rechts und links neben ihm sitzen müssen, worauf dann Pfeffer vo Stella sagt: „Wenn setzet goht en d' Ewichkeit, Noka-n-i-ei verdcrba! Jetzt goht mrs wia am Heiland no, Dear Hot oo müassa zmischa so Zwe Uebeltäter sterba!" Als Staatsanwalt und Gericht die Rezitation dieses Gedichts vernommen hatten, vertagten sie schleunigst die letzte Verhandlung, die nun ihren Fortgang nehmen wird. Immerhin hat diese Ver- tagung dazu beigetragen, daß noch weiteres Material zum Thema „Zwischen zwei Halunken" bekannt geworden ist. So wurde zum Beispiel in einer Kritik der Gotteslästerungsanklage gegen Victor in
Das geheimnisvolle Flugzeug. Die Verhaftungen von Konstanz. — Flug über Italien geplant? Konstanz . 11. November.(Eigenbericht.) Auf dem hiesigen, zur Zeit außer Betrieb befindlichen Flugplatz wurde aus Anordnung der Staatsanwaltschaft ein aus Berlin ftam- mendes Flugzeug beschlagnahmt. Die Führer der Ma- schine, ein Viktor H a e f n e r aus Berlin und ein belgischer Graf de L o o z, wurden in Polizeihast genommen. Das Flugzeug war bereits Ende der vergangenen Wo6)e in Konstanz eingetroffen. Am Sonntag wunde die Maschine mit schwerem Gepäck beladen, das hauptsächlich aus a n t i f a s ch i st i- s ch e n Flugblättern in italienischer Sprache bestand und in einem Auto mit französischer Kennummer nach Konstanz gebracht morden war. Als das Flugzeug dann nachmittags starten wollte, ereignete sich ein leichter Unglücksfall. Die Maschine stellte sich auf den Kopf, so daß der Start verschoben werden mußte. Das Gepäck wurde deshalb wieder ausgepackt. Am Montag wurde der Start schließlich oon dem Bezirksamt Konstanz untersagt. Die beiden Flieger, die angeblich bestrebt waren, sich einer Kontrolle zu ent- ziehen, wurden festgenommen. Unterdessen war da» Gepäck mit dem gleichen Auto, das es herangeschofft hatte, au» dem Hotel der Flieger wieder abtransportiert worden. In Freiburg wurde der Wagen später von der Polizei angehallen und durchsucht. Die Insassen, drei antifaschistische Italiener, die in Frankreich leben, wur- den verhastet. Die Behörden nahmen auf Grund des Gepäcks an, daß die Flieger van Konstanz aus antifaschistische Flugblätter über Italien abwerfen wollten. Die Flieger und die Automsassen be-
der Presse eine Anekdote aus dem 17. Jahrhundert wiedergegeben, wonach einmal Ludwig XIV. , der Sonnenkönig, ei» Kruzifix durch sein Lorgnon in Augenschein nahm, von dem rechts und links die Porträts ihrer Allerchrisilichsten Majestät und das seines Kriegsministcrs Louvois hingen, wobei er in die Worte aus- brach:„So erfahre ich endlich die Namen der beiden Schacher, in deren Mille Christus gekreuzigt wurde." Eine andere und insofern interessante Entdeckung, weil sie dem sozialen Schrifttum entstammt, wurde aus dem Auslande mit- geteill. Es handelt sich um den böhmischen Volksdichter und Sozialistcnsührer Joses Schiller(184ö bis 1897), dessen gesammelles Dichtwerk in Reicheillierg 1928 neu erschienen ist. Darin findet sich «in Gehjcht ,�De.r.storb eind.i.H.p astv ogel", in dem ein. reicher Tunichtgut, der zum Starben kam und sich ähnlich wie der Volk«- blall-Zuchchäusler in diesem Fall« dem Doktor der Recht« und den Pfarrer ans Sterbebett kommen ließ. Gagen beide hall««r aus irgendwelchen Gründen einen rechtschaffenen Haß. Das Gedicht schildert nun, wie die beiden in der Hossrning, es gäbe etwas zu erben, erschienen, umständlich dos Bctt des Sterbenden in die Mitte rückten, damit sie auch nur gut rechts und links von ihm Platz nehmen könnten, und dann heißt es: „Nun nahten die letzten Minuten heran, Da sagte der Psoffe, der geizige Mann, „Wer wird Eure Reichtümer erben?" „Ihr nicht", sprach der Kranke,„doch laßt das Geplärr. Denn ich will ja jetzt nur wie Christus, der Herr, So zwischen zwei Spitzbuben sterben." Man sieht, der Verfasser der Anekdote, deretwegen Victor nach der Meinung des Zwickauer Gerichts vier Monate Gefängnis wegen Gotteslästerung abbüßen soll, hat seinen satirischen Beitrag nicht gerode selbst erfunden. Nachdem aber weder er noch die früheren Benutzer des biblischen Vergleichs in Anklagezustand versetzt wurden, sondern nur der aus lokalön Gründen mißliebige sozialdemokratische Redakteur, nachdem sogar ein christlicher Verlag die Sachs für harmlos genug hält, um den Vergleich mit den zwe« Schachern erneut zu verbreiten— das Buch mit der schwäbischen Volksanekdote ist erst nach dem Krieg erschienen!—, muß man wohl oder übel zu der Ueberzeugung kommen, daß es sich hier um einen der üblichen Tendenzprozesse einer im Sinne der Kultur- reaktion handelnden Prooinzjustiz handelt.
streiten dos. Festgestellt ist bisher lediglich einwandfrei, daß die be- teiligten Ausländer im Besitz falscher Pässe waren. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschkossen.
Sozialisten feiern Waffenstillstandstag. L6on Blum gegen Verschleppung der Abrüstung. In Paris , London und anderen Hauptstädten der ehemaligen Entente wurde der Wafsenstillstand durch Truppenparaden und oll- gemeines schweigendes Stillstehen gefeiert. Die Pariser Sozialisten veranstalteten in einem Kino eine große Kundgebung für Frieden und Abrüstung. Leo» Blum stellte fest, daß im vergangenen Jahre die Idee der Abrüstung einen Rückschlag er- fahren hat und bekämpfte die These der Regierung, daß die Ab- rüstung von der erhöhten Sicherheit abhängig gemacht werden müsse. Die Sicherhell wird eine Folge der Abrüstung sein. So- lange die Nationen gerüstet sind, wird keine wahre Schiedsgerichts- barkeit möglich sein, wie der chinesisch-japanische Konflikt gezeigt habe. Das Schicksal der Abrüstungskonferenz wird durch die fron - zösische Kamm erwähl im nächsten Jahre entschieden werden. „Wir wollen— so schloß Blum— das gegenwärtige Deutschland und das gegenwärtige Frankreich annähern, aber nicht «in imaginär«» Deutschland und Frankreich ."