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A Tarifexperimente?

Leistungstarif unfozial und für Berliner   Berfehr untragbar. Innerhalb der Berliner   Berlehrsgesellschaft scheinen Bestrebun­gen vorhanden sein, den erst fürzlich eingeführten Berkehrstarif wieder durch ein anderes Tarifsystem zu ersetzen. Es scheint beinahe, als ob verantwortliche Leute der BVG. der Meinung wären, der Berkehrsgesellschaft sei mit Tarifegperimenten gedient. Mit besonderem Eifer versucht man, für die Abschaffung des Einheits­tarifes und für die Einführung eines Leistungstarifes

Stimmung zu machen.

Die Einführung eines Tarifes nach Leiſtung" würde für Berlin  

unhaltbare Zustände schaffen. In einer Zeit, in der überall in der Belt Stadtverwaltungen daran gehen, bestehende Leistungstarife zu­gunsten des Einheitstarifes abzubauen, sollte Berlin   einen so verhängnisvollen Schritt dwärts tun?

Man trägt sich angeblich mit dem Gedanken, bei diesem Tarif= fystem für die fürzeste Strecke einen Fahrpreis von 15 Pfennig ein­zuführen. Zwangsläufig würde sich dann ergeben, daß man, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu erhalten, für längere Strecken Fahrpreise fordern müßte, die zum Teil über das Doppelte des jezigen Einheitsfahrpreises hinausgehen würden. Verkehrssachver= ständige haben berechnet, daß dabei Preise für Fahrten von den Außenbezirken in das Zentrum von 50 bis 60 Pfennig heraus­kommen würden. Man verweist mit Recht auf das abschreckende Bei­spiel von London  , wo bei dem Nebeneinanderbestehen vieler privater Verkehrsunternehmungen Fahrpreise für längere Strecken von 1 Mark und darüber an der Tagesordnung sind.

Der Leistungstarif muß sich in einer Stadt von der Riesenaus­dehnung Berlins   als unsozial und ungerecht auswirken. Die Leidtragenden wären wieder in erster Linie die Arbeiter und Angestellten, die fast ausschließlich lange Strecken von der Wohnung zur Arbeitsstelle zurückzulegen haben. Für die Bewohner der großen, an der Peripherie gelegenen Siedlungen würde ein der= artiges Tarifsystem untragbare Berkehrsverteuerungen mit sich bringen. Der Leistungstarif ist für Berlin   unmöglich. Er schädigt die Interessen der Allgemeinheit und er könnte in dieser Wirtschaftskrise die Verkehrsgesellschaft in die größten Schwierigkeiten führen. Wir marnen mit dem größten Nachdruck vor einem derartigen Experiment.

Alle mußten geben.

Böß' Spendensystem und die Gflarefs.

Das Spendensystem des Berliner   Magistrats, insbesondere des Oberbürgermeisters Dr. Böß, nimmt in den Erörterungen des heutigen Bormittags im Stlaret- Prozeß noch größeren Raum ein als gestern. Der Angeklagte Gaebel fühlt es zu seiner Verteidi­

gung an.

11. a. soll der Kommerzienrat Schöndorff in Gegenwart des Bürgermeisters Schneider für die Firma Karstadt dem Ober= bürgermeister einen Sched von 10 000 Mark über= reicht haben. Der Oberbürgermeister Böß habe auch zu seinen Beamten gesagt, wenn die Herren mit uns arbeiten, dann können sie auch etwas spenden. Diesen Standpunkt hätten auch die verschiedenen städtischen Einrichtungen vertreten. So habe das Landesjugendamt 3. B. eine Werbeschrift herausgegeben, die sich durch Inserate der städtischen Lieferanten bezahlt gemacht habe. Das Virchow- Kranken­

haus habe auf diese Weise die Kosten einer Festschrift bestritten. Die Firma Tiek habe die vollkommene Verpflegung der 25 Austausch schüler übernommen usw. usw. Dieses Spendensystem bestehe auch heute noch bei der Stadt Berlin  . Man könne also Gaebel feinen

Vorwurf daraus machen, daß er von Sklareks Gelder zu wohltätigen Sweden erhalten habe. Ueber die Verwendung dieser einlaufenden Gelder habe der Oberbürgermeister selbst verfügt. Willi Sklarek er­klärt: die städtischen Lieferanten seien sehr ungehalten gewesen über Das ewige Schnorren" des Oberbürgermeisters Böß. Man sah sich aber gezwungen, große Summen hinzugeben, damit die Geschäfts­beziehungen nicht gestört wurden. Man fürchtete, daß andere Firmen bevorzugt werden könnten. Die Firma Israel   habe z. B. einen be­stimmten Auftrag erst erhalten, nachdem sie eine Spende gegeben habe.

Es wird dann in der Vernehmung des Angeklagten Ga e bel fortgefahren. Haben Sie fein bares Geld von Sflarefs bekommen? Nie, antwortet darauf Gaebel. Ich habe während der ganzen Zeit nicht mehr als 1500 bis 2000 m. für wohltätige Zwecke erhalten. Ich habe auch viele Leute zu Sklarefs hingeschickt, damit ihnen dort ge­holfen werde. Der Vorsitzende stellt fest, daß laut der Anklage der Angeflagte Gaebet in den Jahren 1927 bis 1929 laut der Bücher 27 700 m. erhalten haben soll, und zwar in regelmäßigen Raten von 300 M. monatlich. Sie sind unter dem Dednamen Ga briel" verbucht worden. Der Angeflagte Gaebel bleibt bei feiner früheren Behauptung. Leo Sklaret glaubt eine Erklärung vielleicht darin zu finden, daß er in all den Fällen, wo er auf Gaebels Beranlaffung Leuten Geld gegeben habe oder, wenn er am Abend vorher eine Beche, an der auch Gaebel teilgenommen hatte, zu be­gleichen gehabt hatte, er die Gelder auf Gabriel" habe buchen lassen. Der Angeklagte, Buchhalter Lehmann, will aber wissen, daß sowohl Leo als Willi Sflaret immer sehr besorgt waren, daß die 300 Mark für Gaebel bereitlagen. Ob Gaebel persönlich sich das Geld geholt hat, kann Lehmann nicht sagen.

Rücksichtslosigkeit eines Anglers.

Weberfährt mit Motorboot eine wehrlose Frau. Am 2. Juli d. J. hatte der 36jährige Musiker Arnold Ebel aus Romam es von seinem Motorboot aus in der Wasserenge von Nedlig Angelruten ausgelegt. Gerade als der Angler einige Bisse bemerkte, gingen zwei Frauen ins Wasser, um zu schwimmen. Darüber erbost, kurbelte der Musiker den Motor an und fuhr direkt auf eine der schwimmenden Frauen, eine Frau Erna F. aus Friedenau  , los. Die Frau tauchte hilfeschreiend unter, wurde aber trotzdem von dem Motorboot erfaßt und schwer an Brust und Beinen verlegt. Als die beiden Frauen ans Ufer tamen, riefen Angehörige Ebels vom Motorboot den Frauen nach: ,, Habt euch man nicht so! Nehmt man' n bißchen Schweine­schmalz. Von uns ist nichts zu holen." Das Potsdamer Amts gericht verurteilte Ebel wegen vorsätzlicher Körperverlegung zu drei Monaten Gefängnis, einer Strafe, die wegen des ungewöhnlich rohen Verhaltens des Mannes einer wehrlosen Frau gegenüber durchaus angebracht ist.

Verbot der Deutschen Zeitung" aufgehoben. Auf Grund einer Erklärung der Redaktion und des Berlages hat der Berliner   Polizei: präsident das am 10. November verfügte Berbot der Deutscher Zeitung" aufgehoben, so daß das Blatt am Freitag wieder erscheinen konnte.

In der Humboldt- Hochschule spricht in einer Gedenkfeier zur 100. Wiederkehr von Hegels Todestag Brof. Otto Gramzow über Segels 28 citum segelung des Gedankens" Sonnabend, 8 Uhr, Doro­theenstraße 12.

Vorträge. Der Begründer der Paläo Epigraphik Prof. Dr. Hermann Birth, Marburg  , balt Sonntag, vormittags 11.30 Uhr, im Planetarium ginen Bortrag über feine Forschungen

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Hans Pfitzners neues Musikdrama

,, Das Herz" in der Lindenoper

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Hans Pfitzner   selbst war es, der einmal behauptete, das Wesen| dichterische Idee, vielmehr erst durch die Art bestimmt ist, wie sie des Musikdramas um ein solches handelt es sich hier bestünde zur finnlichen Erscheinung wird, wie sie dramatisch gestaltet ist. darin, daß es von den Künsten, aus denen es entsteht, aus Drama Aus dieser prinzipiellen Ueberschäzung der Idee und Unterschätzung und Musit nämlich, jenes Element herausgreife, welches jeder dieser des Gestaltwerdens erklären sich wohl alle unzulänglichkeiten des Künste allein angehört und ihr wesentlich ist: die allgegenwärtige von Hans Mahner Mons gezimmerten Stücks, das Neben­dichterische Idee und den musikalischen Einfall. Da die Musik, einander starker und schwacher, geschmackvoller und geschmackloser deren Wert sich nach dem der Einfälle richtet, das Werf nur im Szenen, vor allem der vielleicht theatralische, sicherlich aber theater­einzelnen gefährden könne, von der dichterischen Idee aber das fremde Schluß. Ganze abhinge, hätte der Dichter die wesentlich verantwortlichere Aufgabe.

Wie ist nun diese Aufgabe hier gelöst, wie ist die dichterische Idee gestaltet?

es

Der Inhalt: Der große Arzt, der meise Doktor Athanasius  , leidet wie weiland Dr. Faust, an der Beschränkung seines Könnens, ja menschlichen Vermögens überhaupt. Um jede Krankheit heilen zu können, um stärker zu sein als der Tod, unterliegt er, der Meister der schwarzen Magie, der Versuchung; und beschwört gilt die Heilung eines Prinzen den Dämon Asmodi, der ihm die gilt die Heilung eines Prinzenden Dämon Asmodi, der ihm die Macht gibt, auch Unheilbare zu heilen, auch Gestorbene wieder auf erstehen zu lassen. Dafür nun hat er dessen gräßliche Bedingung zu erfüllen und ihm ein Herz zu opfern, irgendein im Traumreich wahllos geraubtes Herz, das nach Ablauf eines Jahres dem Dämon zu eigen werden soll. Die Frist verstreicht, der Geist erhält das Herz, das Helge gehörte, der geliebten Frau des Athanasius  . Sie stirbt, und da des Prinzen Leben zur gleichen Stunde endet, wird er zu qualvollstem Tod verurteilt. Er könnte fliehen; Helge, die ihm als Geist erscheint, bittet ihn darum doch er verschmäht die Flucht, wissend geworden, geläutert, reif für die Sühne, die er ersehnt. Hier ist Bende- und Höhepunkt des Dramas; er ist erlöst, sein Geist folgt dem der liebsten Frau in unsagbare Fernen; was sterblich an ihm war, liegt zwischen Hentersknechten

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tot.

Die dichterische Idee des ,, armen Heinrich" ist hier noch einmal auferstanden; auch Athanasius   ist der einfame, faustische Mensch, der schuldig- unschuldig zugleich zum Frevler wird, um sich durch Opfer und Entsagung zu erlösen. So steht er auch allein und ohne Gegenspieler; weder Asmodi selbst ist ein Gegenspieler noch etwa der Geheimrat Modiger oder Wendelin, des Doktors junger Gehilfe, beide Berkörperungen des Guten und Bösen, Allegorien der Schuld und des Gewissens, wenn man will. So läuft die Handlung eigentlich episch ab, mehr undramatische Erzählung von seelischer Entwicklung als finnenfälliges Geschehen, als Produkt aus Spiel von Kraft und Gegenkräften. Was Pfitzner   zu diesem Text greifen, ihn gutheißen ließ, war wohl ein Grundirrtum über das Wesen des Musikdramas selber, dessen Wert keineswegs schon durch die

Die neuen Nobelpreisträger.

Bosch und Bergius  .

Nobelpreisen ausgezeichnet wurden, deren Forschungen zunächst mur Während in den vergangenen Jahren meist Chemiker mit theoretisches Interesse hatten und erst auf Umwegen in den Groß­betrieb umzusetzen sind, werden in diesem Jahr zwei Chemiker mit diesem Preis ausgezeichnet, deren Hauptarbeitsgebiet die chemische Großindustrie ist. Jene Chemikalien, für die fie neue Erzeugungs­wege aufgefunden haben, wurden schon in Mengen von Hundert­ist das eine gemeinsam, daß sie dazu dienen, Deutschlands   sehr enge tausenden von Tonnen erzeugt. Den Erfindungen beider Chemiker

Prof, Friedrich Bergius  

Prof. Karl Bosch  

Rohstoffbafis zu erweitern. So ist es kein Wunder, daß die grund­legenden Gedanken dafür gerade in die Kriegszeit zurückreichen, zum Teil in dieser gereift sind.

Bei Dr. Karl Bosch  , dem Generaldirektor der IG.- Farben industrie, liegt ein ausgesprochenes Talent für das Wesen der chemischen Apparatur vor. Bielleicht spielt hier Bererbung mit, denn sein Vater hatte in Köln  , wo Karl Bosch   1874 geboren wurde, ein Installationsgeschäft. So konnte sich schon der Junge in allen möglichen Basteleien üben, die ihm später bei der Entwicklung des Ammoniakverfahrens besonders zugute kamen, da gerade hier die Apparaturfrage ausschlaggebend war. Nach Studien an der Tech nischen Hochschule in Charlottenburg   und in Leipzig   trat Karl Bosch  1899 in die Badische Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen   ein, mo er es schon 1914 zum stellvertretenden Direktor, 1916 zum Vor standsmitglied gebracht hatte, bis er endlich 1919 zum Borsigenden des Vorstandes ernannt wurde.

Seine größte Tat liegt in der technischen Ausgestaltung des von aber erdachten Verfahrens, Ammoniakgas aus den Be­standteilen Stickstoff und Wasserstoff zusammenzusetzen. Als Haber im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts mit Rossignol dieses Ber­fahren auszuarbeiten begann, und als Mittasch die richtigen Kataly­fatoren dafür gefunden hatte, war es Bosch, der auf die Wichtigkeit des Fernhaltens aller die Kontaktsubstanzen schädigenden Gifte hin­wies. Er setzte auch, allen Hindernissen zum Troß, mit größter Energie die Bersuche fort. Denn die Apparaturschwierigkeiten beim Arbeiten mit Temperaturen von etwa 400 Grad und Drucken von 200 Atmosphären waren sehr groß. Er kam auf den genialen Trid, die eisernen Reaktionsrohre zum Schuß vor Angriffen des Wasser­stoffes mit einer den hohen Druck aufnehmenden Ummantelung zu umgeben, das innere, vom Druck entlastete Eisenrohr aber aus einer dünnen, wenig druckfesten, aber gegen Wasserstoff sehr widerstands fähigen Eisenlegierung zu gestalten. Man konnte also in dem neu­gegründeten Leunawert bei Merseburg  , das im Mai 1916 eröffnet wurde, 1918 bereits täglich 250 Tonnen Ammoniak her stellen und in diesem Werk und in Oppau schließlich soviel, daß man nach Umwandlung eines Teiles in Salpetersäure und Düngemittel die chilenische Salpeterindustrie beinahe lahm | legte.

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Im Textbuch gibt es, wie man sieht, viel verstaubtes und im üblen Sinn romantisches Gerümpel: Studierstube, Gefängnis, Zauberei mit allen Requisiten, Richter und Henkersknechte, Gebet vor dem Kreuz und Geistererscheinungen, auch Folter und Holzstoß fehlen nicht halb Märchen, halb Historie, bleibt es ein uner­freuliches Spektakelstück. In der Musik aber lebt etwas von echter Romantik. Wir wollen uns hier daran erinnern, daß keine Zeit nur einen Sinn hat, nur eine Richtung fennt, daß auch unsere künstlerische Gegenwart ein polyphones Gewebe ist, in dessen Stimmen Zuendegehendes so gut gehört wie Neubeginnendes. Mag diesem Neuen auch unser Herz gehören hier flingen Afforde aus, die stark und schön waren, hier schreibt ein großer Meister, sich selber treu, ein Werk in einer Sprache, die er sich in einem langen Leben in heißem Ringen um wertvolle Werke schuf- hier grüßt uns, zum letzten Male vielleicht, große Vergangenheit, vor der wir Ehrfurcht haben müssen. Gewiß, nicht alles ist beglückt, wie vieles ist nicht trocken und skurril; dann aber wieder welche Einfallsfülle, Kraft der Charakterisierung, Meisterung des Klanges! Um von vielen eines nur zu nennen: das Vorspiel zum zweiten Aft, diese süße, traurige Mufit gespielter Fröhlichkeit", an Haendel   ge= mahnender strenger Bau über schreitenden Bässen, von farbigen Klängen verschleiert..

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Unter Pfigners Regie erstand das Werk in berufendster Wiedergabe; in eindrucksvollen Bildern, von denen wir nur den Schluß ausnehmen möchten( Gesamtausstattung: Lothar Schenk von Trapp); in finngemäßer dramatischer Bewegung und größten­teils auch vorzüglich gesungen. Neben Furtwängler  , der das Werk, in den sinfonischen Parteien vor allem, unnachahmlich leitete, ist vor allem anderen Walter Großmanns außerordentlicher Leistung als Athanafius zu gedenken. Soot war ein prächtiger Geheimrat Modiger, der insbesondere das Doppeldeutige, unheimlich Groteske seiner Auftrittsszene gut herausbrachte. Ausgezeichnet auch Else Ruziczka als Wendelin; am schwächsten von den größeren Parteien wohl die Helge der Delia Reinhardt  . In den kleineren Rollen: Otto Helgers, Margarethe Klose   und Charles Kullmann  . Großer Beifall.

Arnold Walter.

Professor Bergius   ist besonders durch sein seit 1913 be­gonnenes Verfahren der Kohlenverflüssigung, das Bergin­Verfahren, bekannt geworden. Es soll dazu dienen, das über riesige Kohlenvorkommen verfügende Deutschland   von der Benzinein­fuhr unabhängig zu machen. Der Grundgedanke ist der, aus den verhältnismäßig wenig Wasserstoff enthaltenden Kohlen durch ge= waltsame Anlagerung von Wasserstoff unter Druck und Hize die wasserstoffreichen Schmieröle und Treibstoffe zu gewinnen. Die Ver­fuche hierzu, die seit 1921 im Werf Mannheim- Rheinau der Badischen   Anilin- und Sodafabrik durchgeführt wurden, sollen allein mendete Verfahren der Verarbeitung von mit Del zu feinen Basten 10 Millionen Mark verschlungen haben. Das ursprünglich ange­angerührtem Kohlenstaub wurde verlassen, da die Apparatur der Beanspruchung nicht dauernd standhielt und fein genügend wider­standsfähiger Werkstoff gefunden murde. Heute nimmt man als Ausgangsprodukt Braunkohlenteer- Schwelöle und erzeugt bereits in den Leunawerken jährlich einige Hunderttausend Tonnen synthe= tisches Benzin, so daß man durchaus imftande ist, Deutschlands  Gesamtbedarf von 900 000 Tonnen in absehbarer Zeit decken. 311 können. Ein zweites aussichtsreiches Verfahren des 47 Jahre alten Nobelpreisträgers ift die Umwandlung von Holzin zuder haltige Nährstoffe und ihre Bergärung zu Alkohol. Das schon lange bekannte Verfahren, Holzzellulose durch Kochen mit Salz­fäure in Buder zu verwandeln, scheiterte daran, daß der Zucker immer weiter zersetzt wurde. Bergius aber fonnte durch Zusatz von leicht flüchtigen organischen Substanzen, Benzin oder Benzol, die Salzsäure restlos wiedergewinnen und auch eine befriedigende Aus­beute an Zuder erzielen. Doch hat dieses Verfahren im Augenblick noch keine große technische Bedeutung.

Herbstkonzert der ,, Typographia".

Philharmonie.

Der hervorragende Männerchor Typographia" scheint endlich zur Ruhe zu kommen. Der riesige Schatten Alexander Weinbaums, ihres Gründers, bedrohte seine Nachfolger allzusehr. Und sein erster, Dr. Strelitzer, war nicht imstande, ihn zu bannen. Aber Prof. Martens hat alle Anwartschaft darauf. Warum ,, scheint" und Anwartschaft"? Ich will dieser heiflen Frage sofort auf den Leib rücken. In dem riesigen Programm mit seiner durchweg vor­bildlichen Ausführung erweckten nur die beiden Schlußnummern einiges Bedenken. Diese( nebenbei sehr schweren) Kampflieder des bestafkreditierten Frizz Eschbach und Walter Rein  ( die Ur­cufführung feines frischen und frechen Wir stempelt ihn zu einer großen Hoffnung) wurden zwar sehr korrekt und einwandfrei er­ledigt, vermochten jedoch keineswegs hinzureißen. Nun gehört aber die Pflege unserer Tendenzlieder zu den wichtigsten Aufgaben eines Mitglieds des DASB. Sollte dies die Achillesserse Professor Martens sein?

Alles andere war hervorragend. Die Lieder der ,, alten Meister" und die internationalen Volkslieder waren so vollendet, wie man es von einem solchen Spezialisten" nur erwarten fann. Auch der Zeitgenosse Heinrichs, dessen Bekenntnis" seine Erstauffüh­rung erlebte, mit seinem warmblütigen, allerdings christlich- natio­nalen Idealismus verdiente eine so ausgezeichnete Wiedergabe. Nur die Solistin, die als ,, Borfängerin" für diese beiden Chöre assistierte, Margarete Roll, ist für solche Aufgaben nicht reif genug Auch die Ausführung der gehaltvollen Schottischen   und walisischen Bolkslieder" für Mezzosopran und alte Instrumente von Jos. Haydn zeigte nur eine schöne Stimme, die aber namentlich in der Höhe noch allerlei Hemmungen hat. Im übrigen war in der dreistündigen Vortragsfolge den verschiedenen Solisten in einer Weise Raum gegeben, die bei einem Männerchorkonzert sonst kaum

üblich ist. Zumal die alten, für eine Philharmonie doch allzu marionettenhaft wirkenden Instrumente Cembalo( der vorzügliche Prof. Erwin Bodky  ). Viola( die tüchtige, aber sehr unruhige il= degard Heinig) und die Gambe( die mit Recht berühmte Cellistin Eva Heiniz) schwelgten sich in einer Ausführlichkeit aus, als ob mir in die alten ,, Collegia musica" zurückversetzt worden

wären.

H.M.