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Morgenausgabe

Air. 535

A 269

48. Jahrgang

öchentlich 85 Bf., monatlich 3.60 ( dapon 95 Bf. monatlich für Suffel-. Jung ins Haus) im norans zahlbar, Boftbezug 4,32 M. einschließlich 60 Bf. Boitzeitungs- und 72 Bf. Boftheftelige hiihren. Auslandsabonnement 6,-. pro Monat; fir Länder mit ermäßige tem Drudsachenporto 5,- M

Der Bormärts erscheint modhentäg lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendousgabe für Berlin und im Sandel mit dem Titel Der Abend", Juftrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit".

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Sonnabend 14. November 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Ronpareillezeile 80 PL Reflamezeile 5, RM. Kleine An­zeigen" das fettgedruckte Wort 25 B1. ( zulaffig zwei fettgedruckte Borte), jedes meitere Bort 12 Pf. Rabatt It Tarij. Stellengesuche das erste Mort 15$ 1. jedes meitere Wort 10 Bf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Barte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pf. Familien­anzeigen Beile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, mochen­täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutſchlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3 Kernspr.: Donhoff( A 7) 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Vorwärts Verlag G. m. b.H.

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Weltwirtschaftskonferenz?

Der Vorstand des JGB. an den amerikanischen Gewerkschaftsbund.

Der Borstand des Internationalen Gemert schaftsbundes schloß am Freitag seine Beratungen über die Bekämpfung der Wirtschaftsfrise ab. Er sprach seine Zustimmung zu dem von Albert Thomas , dem Direktor des Internationalen Arbeitsamts ausgearbeiteten Plan für inter­nationale öffentliche Arbeiten aus und beschloß die Einberufung von Wirtschafts- und Finanzsachverstän digen zur Beratung der durch diesen Plan gestellten Aufgaben. Die Sachverständigen sollen auch zur internationalen Geld und Kreditkrise Stellung nehmen, um Wege anzugeben, die zur leberwindung der Krise führen können.

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Ilm in dieser für das Weltproletariat so ernsten Zeit eine einheitliche Stellungnahme und ein gemeinsames Borgehen der Gemertschaften aller Länder herbei zuführen, erwog der Borstand die Möglichkeit der Abhaltung einer Wellkonferenz der Gewerkschaffen zur Beratung der Wirt­schaftskrise und ihrer Bekämpfung.

Der Vorstand beschloß, bei dem Amerikanischen Gemert­schaftsbund telegraphisch anzufragen, ob er gewillt sei, an einer solchen Konferenz teizunehmen.

In dem Telegramm teilt der Vorstand des JGB. mit, daß. er die Weltwirtschaftskrise und die Mittel zu ihrer lleberwindung und zur Wilderung ihrer Auswirkung auf die Arbeiterklasse besprochen und die Notwendigkeit erkannt habe, internationale Maß Die unumgängliche Voraussetzung für cine erfolgreiche Aktion sei die Einheit der Kräfte der Arbeiterschaft der ganzen Welt. Deshalb schlage der Borstand des IGB. nor, in der zweiten Januarhälfte in Paris eine Weltwirtschaftskonferenz aller nationalen Gemertschafts­zentralen abzuhalten, um die Lage zu prüfen und ein gemeinsames Borgehen zu ermöglichen. Zu dieser Konferenz lädt der JGB: be­

Hakenkreuzterror in Dresden . Auswärtige GA- Kolonnen an der Arbeit. Dresden , 13. November.( Eigenbericht.) In Dresden haben sich in den letzten Tagen tolle Zu­stände entwickelt. Es häufen sich die Uebergriffe der Hitler 2cute. In den Vororten liegen aus: wärtige SA ..Abteilungen. Fortgesetzt werden auf der Straße friedliche Passanten belästigt. Wieder holt wurden Sozialdemokraten und Reichs bannerleute überfallen. Flüchtende Einwohner wurden bis in die Häuser verfolgt. Am Donnerstagabend murde ein Sozialdemokrat und Reichsbannerkamerad von ciner Nazikolonne von 70 Mann, die zum Sturm 50 ge­hören, auf der Straße überfallen. Mit einem Schlag­instrument wurden ihm schwere Wunden am Kopf beigebracht.

Der schießende Amtsrichter. Disziplinarverfahren mit Amissuspension gegen Amts: gerichtsrat Gidon in Trier .

Wie die republikanische Bresse berichtet hat, ist in der Nacht vom 26. zum 27. Oktober 1931 auf die Wohnung des Gewerkschafts: sekretärs Jakobs ein Schuß abgefeuert worden. Der dringende Berdacht der Täterschaft richtet sich gegen den Amtsgerichts rat Sidon, der angeblich sinnlos betrunken gewesen sein soll. Sidon mar eine Zeitlang Mitglied der NSDAP .

Wie der Landgerichtspräsident Dr. Braun- Friderici in Trier nunmehr der Republikanischen Beschwerdestelle Berlin mitteilt, iſt ,, Don dem Großen Disziplinarsenat beim Oberlandesgericht in Köln das förmliche Disziplinarverfahren eröffnet und die Amtssuspension verfügt worden".

Eine Warnung an die Hitler - Partei.

Magdeburg , 13. November.( Eigenbericht.) Der sozialdemokratische Polizeipräsident hat an die hiesige Leitung der NSDAP . folgende schriftliche Warnung ge­richtet:

In letzter Zeit sind wiederholt im Anschluß an öffentliche Bersammlungen der NSDAP . Schlägereien porgetom men, bei denen fast durchweg SA ..Angehörige beteiligt gewesen find. Diese Fälle haben gezeigt, daß die NSDAP . ihre Anhänger nicht durchweg in der Hand hat und nicht darauf hinwirken fann, daß ein friedliches Auseinandergehen ihrer Anhänger nach Ber­fammlungsschluß unbedingt gemährleistet ift: Sollten derartige Bor. fölle fich wiederholen, in murhe ich bis auf weiteres nicht in der Saga fein, öffentliche Bersammlungen der RGDAB. genehmigen

sonders den Amerikanischen Gewerkschaftsbund ein und fügt hinzu, daß für den Fall des Zustandekommens dieser Konferenz auch die Aussicht bestehe, daß

neben den meisten europäischen Gewerkschaftszentralen auch die von Australien , Japan , Indien , Cateinamerika und Kanada

von

Der lebendige Hegel.

Bum100jährigen Todestag des großen Philosophen

Von Adolf Grimme .

Es gibt zwei Möglichkeiten der Fortentwicklung großer geistiger Persönlichkeiten. Die eine: man beschäftigt sich mit Person und Werk literarisch, indem man sorgt, daß ihre Schriften immer wieder aufgelegt und in neuen Ausgaben gelesen werden können, indem man sie kommentiert, indem daran teilnehmen mürden. Der Vorstand des IGB. bittet schließ sammenhang einordnet, indem man sich kritisch und selbst­man sie interpretiert, indem man sie in den historischen 31­lich um eine möglichst baldige Antwort. Rach Entgegennahme denkerisch mit ihrem Gedankengut auseinandersetzt, indem Berichten Jouhaur' und Schevenels über die Gemertschaftsbewegung im nahen man von Generation zu Generation neu untersucht, was das Osten beschloß der Vorstand, das Sekretariat zu beauftragen, Gestrige an ihnen sei und worin ihre bleibende Bedeutung be­meiterhin die Entwicklung der Gewerkschaftsbewegung in den in stehe, indem man sich also ihre Allgegenwärtigkeit zum Be­Frage tommenden Ländern zu verfolgen und alle Maßnahmen zu mußtsein bringt. Auf diese Weise bringt der schöpferische ergreifen, um eine größere Einheit der Gewerkschaftsbewegung im geistige Mensch der Vergangenheit auch über seinen Tod nahen Osten herbeizuführen. Weiter setzte der Vorstand die hinaus eine anregende und die Diskussien bestimmende Macht; Tagungen für die nächste Ausschußfizung bzw. die Kon­ferenz der internationalen Berufssetretariate fest. aber diese ihre Macht beschränkt sich im wesentlichen auf den Sie sollen am 12. März 1932 und den folgenden Tagen in Bern Bezirk der an ihr und ihrem Werk in besonderem Maße inter­abgehalten werden. Die nächste Zusammenkunft für jüngere Ge- essierten Gelehrten, Schriftsteller und Liebhaber der von ihr merkschaftsmitglieder wird in den Tagen vom 24. bis 30. Juli 1932 aufgezeigten geistigen Welt und geistigen Werte. Die in cole in Brüssel stattfinden. -ianer eines großen Mannes helfen so, daß sein Andenken nicht veriorengeht.

Eine Einladung der Sozialistischen Arbeiterjugend­Internationale an das Komitee für Jugend- und Bildungs­fragen des Internationalen Gemertschaftsbundes zur Teilnahme am Kongreß der Internationale sowie an einer internationalen Aktion zugunsten von Frieden und Abrüstung wurde in zustimmendem Sinne beantwortet. Ein Anschlußersuchen einer Landeszentrale in holländisch 3ndien, die 32.000 Mitglieder zählt, soll in empfehlendem Sinne dem Ausschuß unterbreitet werden.

Die nächste Sigung des Vorstandes des Internationalen Gemertschaftsbundes findet am 4., 5. und 6. Januar 1932 in

Berlin statt.

zu können. Ich glaube, daß diese Warnung genügt, um ihre An­hänger von Unbesonnenheiten und Reibereien mit politisch Anders­denkenden fernzuhalten."

Die Angstpsychose des Mordschützen. 200 natalinoBad Kreuznach, 13. November.( Eigenbericht.).

Der Pfadfinderführer Zumsteg wurde von dem hiesigen Schöffen gericht zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, meil er andere Schußverletzungen beigebracht hatte, so daß dieser mehrere einem Reichsbannermann einen Bauchschuß und mehrere Monate im Krankenhaus liegen mußte. Das Gericht glaubte dem Angeklagten, daß er in Angst psychose" gehandelt habe. Der Staatsanwalt hatte zwei Jahre Gefängnis beantragt.

Parteitag in Desterreich.

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In der Hauptstadt des Putschlandes Steiermarks . and thin thun Graz , 13. November.( Eigenbericht.) Am Freitag murde hier der Parteitag der österreichi schen Sozialdemokratie eröffnet. Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ist durch Friedrich Stampfer vertreten.

Den Bericht der Parteivertretung und der Parlamentsfraktion erstattete Abg. Dr. Deutsch. Die Organisation hat sich trotz der schweren Krise gut behauptet. Bergebens sind Hakenkreuzler und Kommunisten gegen die Partei angerannt. Bielmehr ist die öfter­reichische Sozialdemokratie im letzten Jahre zu einer Massen­organisation geworden.

das Referat über die wirtschaftliche und politische Lage erstatten. In der Sitzung am Sonnabendvormittag wird Otto Bauer

Alfons verurteilt. Aberfennung aller Rechte durch Nationalversammlung.

Madrid , 13. November.( Eigenbericht.) Erkönig Alfons ist von dem Staatsgerichtshof der Majestätsbeleidigung gegen das souveräne Bolt und der militärischen Rebellion für schuldig befunden worden. Das Urteil lautet auf berkennung aller Rechte, Würden und Titel. Falls der Erkönig nationales Gebiet betreten sollte, wird er auf Lebenslänglich in Haft genommen werden. Sollte sein Er scheinen den Bestand der Republik gefährden, so soll er hingerichtet merden.

Die Nationalversammlung tritt in der nächsten Woche zu einer Geheimberatung über die Antiageschrift und das Urteil zusammen. Sobald die Nationalversammlung dem ilrteil zugestimmt hat, ist es rechtsträftig

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Es gibt aber noch eine ganz andere Art der Fortwirkung eines Geisteshelden. Es ist die, daß er zu einer Macht wird, die einem Zeitalter das Gepräge gibt oder die eine Gruppe von Menschen erfaßt und sie formt und ihr seine 3üge in ihr geistiges Gesicht schreibt. Bei dieser Wirkung ist gar nicht einmal nötig, daß sich die Menschen dessen bewußt sind, wer eigentlich sie in ihrem Wesen geprägt hat. Und vielleicht ist das sogar der stärkste Beweis für die überragende Bedeutung eines großen Geiftes, daß von ihm eine menschen­bildende Macht und eine die Menschen einander verwandt­machende Kraft ausgeht, die anonym wirkt und nur dem Blick des betrachtenden Forschers die gemeinsame geistige Her­kunft verrät.

Solch eine anonyme Kraft geht von Hegel noch heute, hundert Jahre nach seinem Tode, auf die breitesten Massen unseres Volkes aus, gewiß nicht unmittelbar, bestimmt aber Marg, Engels und Lassalle. Dabei ist die Frage mittelbar durch die Väter der sozialdemokratischen Bewegung: haben, wieweit sie ihn übernommen, wieweit sie ihn um­von geringem Gewicht, ob und inwieweit dieje Theoretiker des Sozialismus auf des Meisters Worte ihren Schwur geleistet gebildet, in welchen Punkten sie sich lediglich eine Anregung von ihm geholt, aber seine Gedankenmassen in eine selbst­gewachsene Richtung weitergeleitet haben. Ist es nicht sogar die größte Berbeugung vor dem Genius eines Mannes, wenn man auch und gerade diese seine anonyme Erziehungskraft und Bildungsmacht mit Respekt und Ehrfurcht betont? Und ist es nicht beschämend, daß diese im eigentlichen Sinn leben­zeugende und lebendig gebliebene Kraft des großen Mannes gen dieser Wochen wenn überhaupt, dann mir nebenher er­in vielen, in gar zu vielen Auffäßen, Reden und Rundgebun­mähnt wird, anstatt daß man ausgerufen hätte: Seht her, welch ein Mensch, der noch heute nach hundert Jahren mitten unter uns als einer der wesentlichsten Erziehungsfaktoren einer ganz breiten Schicht unserer Station lebt!

Auch wer seinen Blick nur auf die erstgenannte Art, auf die literarische Art der Weiterwirkung einer geistigen Persön­lichkeit richtet, müßte gerade diese Seite seiner Birtung auf das allerſtärkste unterstreichen, es sei denn, man wolle bewußt darauf verzichten, die ganze Größe dieses Menschen, das Werk dieses Mannes, der doch einer der größten deutschen Denker überhaupt war, in seiner Ganzheit zu erfassen. Es heißt. Hegel verengen, es heißt, ihn vereinseitigen, es heißt, die Ge­fchichte vergewaltigen, wenn man von dieser seiner anonymen Wirkung nur im Vorbeigehen oder überhaupt nicht spricht. Es ist, als wenn man den Hegelschen Saß, daß das, was ist, vernünftig ist, aller Vernunft und allen Tatsachen zum Troz dahin umkehren möchte, daß nur das sein darf und nur das gewesen sein darf, was dem Privatintellett als Aeußerung der Vernunft erscheint. Selbst angenommen, Marr und Engels und Lassalle hätten ihren Meister am Ende sogar in entschei­denden Punkten misverstanden, Hand aufs Herz: müßte man dann ehrlicherweise nicht wenigstens auch das zugeben, daß dieser gewaltige Denfer auch noch durch die Setten seines Werkes, die mißverstanden und umgebildet worden sind. stärker gemirft hat als die, die ihn, richtig" zu verstehen glauben, die aber für diese Richtigkeit so nit den Kaufpreis gezahlt haben, daß von ihrem Hegel- Berständnis auch nicht